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Perspektiven aufs Leben. Der wöchentliche Podcast rund um Glaube, Religion und Spiritualität. Wir erzählen, erklären, debattieren und sinnieren. Immer nah am Menschen. Sind den grossen Fragen auf der Spur. Glaube, Zweifel und die Frage nach dem guten Leben haben hier Platz. Leitung: Judith Hardegger Team: Judith Wipfler, Nicole Freudiger, Léa Burger, Dorothee Adrian, Mirella Candreia Sonntags um 08:30 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur. Am Samstag ab 18 Uhr als Podcast. Kontakt: redaktion.religion@srf.ch
- 541 - Hans-Jürgen Hufeisen – Spiritualität mit der Blockflöte
Er kam in einem Hotelzimmer zur Welt und wurde dort von seiner Mutter ausgesetzt. Trotzdem nennt sich Hufeisen «Hans im Glück», denn: In einem liebevollen Kinderheim entdeckte er die heilende Kraft der Blockflöte. Er begleitete Mystik-Grössen wie Dorothee Sölle und bis heute Anselm Grün auf Tournee. Hans-Jürgen Hufeisen ist so etwas wie ein Kirchenstar: Wenn er zur Blockflöte greift, füllt er die Kirchen und Hallen auf Kirchentagen. Sein Geheimnis ist wohl aber nicht nur seine Virtuosität auf dem zu Unrecht mitunter verspotteten Instrument. Wenn Hufeisen Flöte spiele, dann tue ihm das selbst gut: körperlich und seelisch. Mit seinem Spiel tröste er sich und gleichzeitig das Publikum. – Der mittlerweile 70jährige Hufeisen ist auch als Arrangeur und Komponist erfolgreich: Im Zürcher Grossmünster liess er bereits mit einem Oratorium über den evangelischen Theologen und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer aufhorchen. Jetzt wird dort sein neues Bruder-Klaus-Friedens-Oratorium präsentiert. Die Texte dazu schrieb der ehemalige Grossmünsterpfarrer Christoph Siegrist. Am zweiten Advent, 8.12.24, ist Uraufführung. Hören Sie hier das einfühlsame Portrait, das Uwe Birnstein vom Hessischen Rundfunk hr2kultur mit und über Hans-Jürgen Hufeisen gestaltet hat.
Sat, 09 Nov 2024 - 540 - Warum Leonard Cohens gebrochene Stimme trösten kann
Cohen suchte zeitlebens und obsessiv nach Spiritualität: in der jüdischen Mystik Kabbala, im Zen-Buddhismus wie auch in christlichen Texten. Cohen lebte aber auch obsessiv: mit viel Sex, Zigaretten und Alkohol. Erst vor der letzten Welttour verschwanden seine lebenslangen Depressionen: «Halleluja!» Der Singer Songwriter Leonard Cohen wurde auch «Nachtigall vom Sinai» genannt. Und zwar weil er für die israelischen Soldaten im Jom-Kippur-Krieg 1973 auf dem Sinai sang. Im Song «Who by fire» zitiert Cohen sogar Verse aus der Jom-Kippur-Liturgie. Im Judentum kannte sich der anerkannte Lyriker Leonard Cohen ebenso gut aus wie in der Weltliteratur, erzählt der Basler Kulturwissenschaftler Caspar Battegay. Caspar Battegay findet in Cohens Songs jede Menge Bezüge zu Bibel, Talmud, jüdischer Liturgie und Mystik, aber auch zur Bergpredigt Jesu und buddhistischen Texten. Leonard Cohen praktizierte Zen-Meditation und lebte mehrere Jahre als Mönch in einem strengen Zen-Kloster bei Los Angeles. Gleichzeitig behielt Leonard Cohen die jüdische Identität: Auf dem jüdischen Friedhof seiner Heimat Montreal liegt er begraben. Und bei der letzten Einspielung des Songs: «You want it darker» begleitet ihn der Synagogenchor. In Perspektiven spüren wir dem Düsteren wie Tröstlichen bei Leonard Cohen nach, denn: «There is a crack, a crack in everything. That's how the light gets in», singt Cohen im Lied «Anthem»: Es sei ein Bruch, ein Knacks in allem, - auf diese Weise kommt das Licht hinein. Buchhinweis: Caspar Battegay, Leonard Cohens Stimme, Verlag Klaus Wagenbach 2024.
Sat, 02 Nov 2024 - 539 - Wenn ewige Liebe endet: Geht eine Trennung ohne Drama?
Vom achtsamen Umgang am Ende einer Liebesbeziehung: «Perspektiven» fragt nach, wie Heiliger Geist und Zeitgeist eine heilsame Allianz eingehen könnten, damit Schuld und Scham nicht das letzte Wort behalten. Wenn eine lange Paarbeziehung, eine Ehe auseinandergeht, empfinden viele Menschen das als Scheitern. Das hat mit einem bestimmten Ideal zu tun, das nicht nur im christlichen Kontext wirkmächtig ist: das der grossen, lebenslangen Liebe. Dem setzen die Kulturwissenschaftlerin und Zeitgeist-Forscherin Kirstine Fratz sowie der römisch-katholische Moraltheologe und Familienvater Daniel Bogner etwas entgegen. Statt an einem fixen Ideal zu zerbrechen, ermutigen sie zu Entwicklungsgrosszügigkeit und einem gnädigen Blick auf real existierende Beziehungen. Ein Paradigmenwechsel beim «Scheitern» einer langen Liebesbeziehung könnte in die Richtung gehen, den anderen freizugeben und sich gegenseitig zu fragen: «Was brauchst du jetzt, damit es dir wohl ergeht?» Dann endet die Liebe nicht, sondern verändert sich, sie wechselt die Form. Im Podcast zu hören sind: * Kirstine Fratz, Kulturwissenschaftlerin, Zeitgeist-Forscherin (https://zeitgeistforschung.com ) * Daniel Bogner, Professor für Theologische Ethik in Freiburg i. Ü. (https://www.unifr.ch/te/de/ ) und Autor u.a. des Buches «Liebe kann nicht Scheitern» (Herder-Verlag) und jeden Monat zu hören bei "OMG. Der Podcast über mehr als alles" (https://omg-podcast.com ).
Sat, 26 Oct 2024 - 538 - Lieder fürs Klima: Warum Klimaschutz neue Songs braucht
Neue Songs sind gefragt, um den Umweltschutz auch in Köpfen und Herzen einzupflanzen. Der Earth Song von Michael Jackson war so eine Hymne. Christliche Liedermacher schreiben jetzt neue, etwa im Projekt Songs of Peace. Für neue Lieder fürs Klima braucht es zudem neue Lyrics: neue Schöpfungspsalmen. Dennis Thielmann und seine Frau Karin Franz tüfteln im Musik-Keller des mennonitischen Bildungszentrums auf dem Bienenberg neue Lieder für den Frieden aus. «Songs of Peace» heisst Ihr Projekt. Frieden verstehen sie ganz biblisch, also umfassend als Frieden für die und mit der Schöpfung. In den Kirchen weltweit ist «die Bewahrung der Schöpfung» zwar schon viele Jahrzehnte in aller Munde. Jedoch fehle es an Liedgut dafür, meint der Theologe und Musiker Dennis Thielmann. Mit Schöpfungsspiritualität setzt sich auch Basler Jesuit Andreas Schalbetter auseinander. Im Dialog mit den biblischen Schöpfungspsalmen verfasst er neue Psalmen. Diese Lyrik tröstet, aber sie motiviert auch, den Kampf für die Bewahrung der Schöpfung nicht aufzugeben. Der Klimakampf braucht eben neue Hymnen. Buchhinweis: Andreas Schalbetter, Wasser fällt wie Staub. Lyrische Anstöße zur Bewahrung der Schöpfung, Verlag echter, 2024. Für diesen Beitrag wurde SRF dankenswerter Weise eine Live-Aufnahme vom Kunstlied "Traumhafte Himmelskörper" vom Komponisten und Pianisten Tilman Clasen zur Verfügung gestellt. Es singt: die Mezzosopranistin Xenia Lemberski.
Sat, 19 Oct 2024 - 537 - US-Wahlen und der Nahostkonflikt: Wie wählen Juden und Muslime?
Sie sind zwar nur eine kleine Minderheit, doch sie könnten das Zünglein an der Waage spielen: Die muslimischen und jüdischen Wählerinnen und Wähler in den USA. In entscheidenden Swing States haben sie Gewicht. Wie also wählen Jüdinnen und Muslime in den USA? Und was beeinflusst ihre Entscheidung? Eines haben sie gemeinsam: jüdische und muslimische US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner wählen mehrheitlich demokratisch. Allerdings aus verschiedenen Gründen: Die Jüdinnen und Juden in den USA wohnen mehrheitlich im demokratischen Nordwesten, sind meist gut gebildet und politisch liberal eingestellt. Mit Ausnahme der Orthodoxen, die dann auch eher der republikanischen Partei die Stimme geben – will heissen: Donald Trump. Allerdings sind die Stimmen der Jüdinnen und Juden stets auch geprägt vom wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Klima. In den Präsidentschaftswahlen 2024 dürfte der Nahostkonflikt und vor allem der steigende Antisemitismus ein grosses Thema sein. Die muslimischen Wählerinnen und Wähler stimmen seit 2001 ebenfalls mehrheitlich für die Demokraten. Allerdings hat die Beziehung dieses Jahr Risse erhalten – wegen des Kriegs in Israel / Palästina. Eine Umfrage zeigt, dass der Nahostkonflikt die Wahlentscheidung der Musliminnen und Muslime so stark beeinflusst wie nie. In entscheidenden Swing States wollen nur noch 18 Prozent für die Demokraten stimmen – bei den letzten Wahlen waren es 60 Prozent. Die Musliminnen und Muslime sind unzufrieden mit der Politik von Präsident Biden und mit den Ankündigungen von Kandidatin Kamala Harris. Und haben ihre politische Macht entdeckt: Denn in entscheidenden Swing States wie Pennsylvania und Michigan können sie die Präsidentschaftswahl entscheidend beeinflussen. Zu Wort kommen in der Sendung: * Herb Weisberg, Professor emeritus an der Ohio State University und Verfasser des Buches «The Politics of American Jews». * Saher Selod, Professorin an der Simmons University, Boston. Sie forscht zu Diskriminierung und dem Wahlverhalten der Musliminnen und Muslime in den USA.
Sat, 12 Oct 2024 - 536 - Der jüdisch-muslimische Blick auf ein Jahr Krieg in Nahost
Als am 7. Oktober 2023 die Terrororganisation Hamas Israel überfiel und das israelische Militär kurz darauf im Gaza-Streifen einmarschierte, hatte das auch handfeste Konsequenzen für Jüdinnen und Muslime in der Schweiz. Wie geht es ihnen, ein Jahr danach? Die Messerattacken auf einen jüdischen Mann in Zürich und auf eine muslimische Familie in Bad Ragaz waren die traurigen Tiefpunkte eines Jahres, das für viele jüdische und muslimische Menschen in der Schweiz grosse Veränderungen bedeutete: Sie sorgen sich um Angehörige in Israel oder im Gaza-Streifen, fühlen sich hilflos angesichts des steigenden Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus in der Schweiz. Doch es gibt auch Lichtblicke, etwa gelebte jüdisch-muslimische Solidarität. Die Schweizer Jüdin Timrah Schmutz und die Schweizer Muslimin Raschida Bouhouch, sprechen in «Perspektiven» über ihr letztes Jahr. Darüber, wie wichtig Empathie und Dialog ist. Und was sie sich von der Schweizer Gesellschaft wünschen. Hörtipp Nahostkonflikt: Woher kommt der Einfluss religiöser Extremisten? Der Angriff der Hamas auf Israel hat eine Gewaltspirale ausgelöst und einmal mehr gezeigt, wie schnell die Situation eskalieren kann. Doch wie kommt es, dass die Hamas derart viel Einfluss hat? Und wie beeinflussen Ultraorthodoxe und Nationalreligiöse in Israel die Politik und den Konflikt? https://www.srf.ch/audio/perspektiven/nahostkonflikt-woher-kommt-der-einfluss-religioeser-extremisten?id=12474684 Interreligiöser Dialog in Zeiten des Nahost-Krieges Die Gewalteskalation im Nahen Osten stellt den interreligiösen Dialog in der Schweiz auf eine harte Probe. Das zeigte sich etwa bei den Spannungen im Vorstand von Iras Cotis, der eine Mediation nötig machte. Wie also im Gespräch bleiben, wenn die Positionen so unvereinbar scheinen? Hält der interreligiöse Dialog der Krise stand? https://www.srf.ch/audio/perspektiven/interreligioeser-dialog-in-zeiten-des-nahost-krieges?id=12523085 Evangelikale und Israel: ist das echte Zionsliebe? Viele US-Evangelikale sehen im aktuellen Krieg zwischen Hamas und Israel Armageddon und Endzeit herbeigekommen. Sie geloben Solidarität für Israel und beten doch gleichzeitig für die Bekehrung der Juden zu Jesus «als Messias Israels». Ist das wahre Israelliebe? https://www.srf.ch/audio/perspektiven/evangelikale-und-israel-ist-das-echte-zionsliebe?id=12480654 Antisemitismus und Islamophobie - Was leistet Zivilcourage? In Zürich wird im Frühling ein Jude angegriffen. Passanten greifen ein und verhindern so Schlimmeres. Keine Selbstverständlichkeit, denn die Erfahrung zeigt: Zivilcourage zeigen wir vor allem dann, wenn wir uns mit Opfern identifizieren. Was bedeutet das für Minderheiten wie Musliminnen und Juden? https://www.srf.ch/audio/perspektiven/antisemitismus-und-islamophobie-was-leistet-zivilcourage?id=12599243
Sat, 05 Oct 2024 - 535 - Buch «Grenzgänge»: Religion als Schutz in den Alpen?
Berge wecken Sehnsüchte, können Kraftorte sein. Aber sie bergen auch Gefahren. Verschiedenste Mythen und Rituale sind entstanden, die diese vielfältigen Grenzerfahrungen fassbar machen. Das interdisziplinär angelegte Buch «Grenzgänge – Religion und die Alpen» geht dieser Vielfalt nach. Mit dem Klimawandel haben Naturkatastrophen in den Schweizer Alpen zugenommen: Verheerende Überschwemmungen, Murgänge oder Felsstürze lassen die Berge bröckeln, machen das alpine Leben gefährlich. Und das in einer Zeit, in der Dank technischem Fortschritt Berge bezwungen werden, wie sich am Bau des Gotthardtunnels eindrücklich zeigt. Seit jeher spielen religiöse Rituale und mythische Erzählungen in der Bergwelt eine wichtige Rolle. Da ist etwa die Figur der Heiligen Barbara: als Schutzheilige der Bau- und Sprengmeister oder Tunnelbauer stand sie auch 2010 im Rampenlicht, als der Durchstich des Gotthards gefeiert wurde. Dass die Schutzpatronin wichtig sei, habe weniger mit Aberglaube, als mit den speziellen Arbeitsbedingungen der Mineure tief im Berg zu tun, sagt Religionswissenschaftlerin Daria Pezzoli-Olgiati. Solchen religiösen Phänomenen und Entwicklungen geht das im TVZ Verlag frisch erschienene Buch «Grenzgänge – Religion und die Alpen» nach: es erforscht inter- und transdisziplinär den Kulturraum der Alpen. Für «Perspektiven» steigen die Mitherausgeberinnen Daria Pezzoli-Olgiati und Anna-Katharina Höpflinger auf den Berg und blicken in die alpine Religionslandschaft Schweiz. Auch die Sternstunde Philosophie widmet sich den bröckelnden Bergen, vgl. https://www.srf.ch/play/tv/sternstunde-philosophie/video/naturkatastrophen---wenn-der-klimawandel-die-heimat-zerstoert?urn=urn:srf:video:46f7d95d-ee56-48f5-b3e9-8b9d5d830132
Sat, 28 Sep 2024 - 534 - Mit allen Sinnen in den Wald eintauchen – Waldbaden im Trend
Waldbaden ist eine etablierte Praxis aus Japan, die auch hierzulande Fuss fasst. Dabei spaziert man langsam und achtsam durch den Wald. Alle Sinne werden aktiviert. Waldbaden soll Stress reduzieren und sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken. An der ZHAW wird geforscht, ob das stimmt. Shinrin Yoku – so heisst das Waldbaden auf Japanisch – ist in Japan Bestandteil des Gesundheitssystems. Dort kann Shinrin Yoku Menschen, die unter stressbedingten Erkrankungen leiden, ärztlich verschrieben werden. Auch in der Schweiz erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Wirkung des Waldes auf den Körper; und zwar mit dem Ziel, Waldbaden auch hier in das Gesundheitssystem zu integrieren. Eine dieser Forschenden ist Hortikultur-Ingenieurin Martina Föhn von der ZHAW. In Perspektiven spricht sie über ihre Forschung. Ausserdem besuchen wir einen Waldbaden-Kurs und sprechen mit Kursleiterin Zoë Lorek. Und Kunstvermittlerin Sylvia Seibold erzählt, wie Shinrin Yoku im kulturell-religiösen Kontext Japans verstanden werden kann.
Sat, 21 Sep 2024 - 533 - Kulturgut «Kirchengesangbuch» (W)
So unscheinbar ein Kirchengesangbuch erscheinen mag, so anspruchsvoll ist es als «Kulturgut». Denn jedes Lied, jeder Text hat eine Geschichte, und wer sie entschlüsseln will, braucht ein vielfältiges Fachwissen. Es gibt fast nichts, was er nicht weiss - wenn es um das Thema Kirchengesangbücher geht: Andreas Marti ist Hymnologe und stolzer Besitzer der grössten hymnologischen Bibliothek der Schweiz. Darin spiegelt sich nicht nur die theologische Entwicklung des Kirchengesangs bis hin zur Ökumene und Öko-Theologie. Da steckt auch viel politische Schweizergeschichte drin. – Eine überraschende Reise in die Welt der Kirchenmusik. Zum 500. Geburtstag des Gesangbuchs, dieser genialen Erfindung der Reformation, wiederholen wir diesen Beitrag aus dem Jahr 2020. Tipps zum Thema: Bücher: Johannes Schilling / Brinja Bauer (Herausgebende): 500 Jahre Evangelisches Gesangbuch (1524–2024), Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2023. Andrea Hofmann / Esther Wipfler (Herausgebende): 500 Jahre Evangelisches Gesangbuch. Musik – Theologie – Kulturgeschichte, Schnell & Steiner, Regensburg 2024. Überall in Deutschland finden Ausstellungen mit Originalausgaben evangelischer Gesangbücher statt, etwa im Bach-Haus Eisenach, im Kreis-Archiv Ladenburg oder auch mit der Wanderausstellung «500 Jahre Evangelisches Gesangbuch» der Württembergischen Landeskirche. Schweizweit: Am 1. Advent (1.12.2024) lädt die reformierte Liturgie- und Gesangbuchkonferenz wieder zu einem nationalen Singsonntag ein, unter dem Motto: «enchanté. Gemeinsam singen in der Kirche».
Sat, 14 Sep 2024 - 532 - Herrscht in der Kirche eine «Täter-Theologie»?
Vor einem Jahr erschütterte die Pilotstudie über sexualisierte Gewalt im Umfeld der römisch-katholischen Kirche die Schweiz. Die Aufarbeitung wirft nun Fragen auf – auch theologische. Hat eine Täter-zentrierte Theologie, in deren Zentrum die Vergebung steht, die Betroffenen zu wenig im Blick? Reaktionen seitens der beiden grossen Kirchen wirken oftmals hilflos. «Perspektiven» fragt: Kann es sein, dass ein wichtiges Puzzleteil in der Theologie fehlt? Dass es zu schnell um den Täter und seine mögliche Vergebung geht, für Betroffene sich aber die Aufforderung, zu vergeben, nicht hilfreich, ja falsch anfühlt? Was bräuchte es stattdessen? Und was wünschen sich pointierte Kritikerinnen und Kritiker von den Amtskirchen? Zu Wort kommen unter anderem Daniel Bogner, Professor für Moraltheologie und Ethik in Freiburg i. Ü., der den römisch-katholischen Kontext beleuchtet, sowie Birgit Mattausch. Die Pastorin kritisiert den Umgang der Evangelischen Kirche in Deutschland mit den dortigen Missbrauchsfällen. Buchhinweis: «Entstellter Himmel. Berichte über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche», Herder Verlag, 2023
Sat, 07 Sep 2024 - 531 - Was hat Taizé, was Kirchen vor Ort fehlt?
In der ökumenischen Gemeinschaft in Taizé geschieht, wonach man in lokalen Kirchgemeinden lange suchen kann: religiöse Vergemeinschaftung in einer ansonsten weitgehend säkular gewordenen Gesellschaft. Die Frage nach Gott, nach Glaube und religiöser Gemeinschaft steht heute nicht mehr im Zentrum jugendlichen Erlebens. Sie ist eine Frage unter vielen geworden. Trotz engagierter Arbeit in vielen Kirchgemeinden rennen junge Menschen den Kirchen nicht gerade die Türen ein. Doch ein kleiner Ort im französischen Burgund zieht jährlich etwa hunderttausend junge Menschen aus aller Welt an, um gemeinsam zu singen, zu beten, zu meditieren. Religiöse Erfahrung, so scheint es, liegt hier im Trend. Mit Offenheit, Akzeptanz und der Einladung zur spirituellen Erfahrung schafft Taizé, was Kirche heute selten zu gelingen scheint. Wir waren für «Perspektiven» vor Ort, um den Taizé-Spirit zu erleben und nachzuvollziehen: Was macht die Erfahrung hier so besonders? Und was kann Kirche davon vielleicht lernen, in einer Zeit, die eher von Traditionsabbrüchen gekennzeichnet ist? Zu Wort kommen * Joel Gerber, Doktorand am Lehrstuhl für Praktische Theologie der Uni Zürich. * Hannah, Kindergartenlehrerin und Taizé-Besucherin * Dominik, Volunteer bei Taizé * Sabina, Volunteer bei Taizé * Tabea, Taizé-Besucherin
Sat, 31 Aug 2024 - 530 - Das faszinierende Leben der Äbtissin Katharina von Zimmern
Vor 500 Jahren stand Zürich am Rand eines Bürgerkriegs. Die Reformation war im vollen Gang und eine Frau verhinderte das Blutvergiessen: Katharina von Zimmern, Äbtissin des Fraumünsters. Sie übergab ihr Kloster freiwillig der Stadt. Wer war diese hochadelige Frau? Wir schreiben den 30. November 1524. Katharina von Zimmern übergibt ihre Abtei der Stadt. Freiwillig, um den Frieden zu wahren, wie es in der Urkunde heisst. Katharina verhindert damit wüste Szenen, die es andernorts beim Auflösen von Klöstern gab. Sie besiegelt aber auch ihr eigenes Schicksal. Denn: Sie verhandelt geschickt, erhält nach der Auflösung eine lebenslange Pension und ist wohl die einzige Frau in Zürich zu der Zeit, die keinen männlichen Vormund benötigt. Die neuste Forschung zeigt Katharina als intelligente, humorvolle, starke Frau. Mit einer schwierigen Kindheit, einem langen Leben im Kloster, dessen Ende sich abzeichnet. Mit einer Liebesgeschichte, die wohl schon vor ihrem Austritt aus dem Kloster begonnen hat – und einer Tochter, die sie wohl während ihrer Zeit als Äbtissin geboren hat. In «Perspektiven» erzählen wir die Geschichte der letzten Äbtissin des Fraumünsters und ihre Rolle als Wegbereiterin der Reformation. Buchhinweis: Irene Gysel. Katharina von Zimmern. Flüchtlingskind, Äbissin, Bürgerin von Zürich. Theologischer Verlag Zürich, 2024. Christine Christ-von Wedel. Die Äbtissin, der Söldnerführer und ihre Tochter. Katharina von Zimmern im politischen Spannungsfeld der Reformationszeit. Theologischer Verlag Zürich, 2020.
Sat, 17 Aug 2024 - 529 - Verletzlichkeit: Ressource statt Schwäche
Jeder Mensch ist verletzlich. Aussen wie innen. Die Verletzlichkeit schwingt immerzu im Hintergrund mit. Doch es muss keinesfalls immer schief gehen. Es kann auch gut kommen. Deshalb sieht der Arzt und Philosoph Giovanni Maio die Verletzlichkeit als Ressource. Giovanni Maio, der mehrfach ausgezeichnete Medizinethiker aus Freiburg im Breisgau, liebt es, über grosse Themen des Menschseins zu schreiben. Nach seiner Arbeit über das Vertrauen liegt nun die «Ethik der Verletzlichkeit» vor. Die Coronakrise und ihre Folgen haben verdeutlicht, wie verletzlich das menschliche Leben und die ganze Gesellschaft sind. Nicht nur der menschliche Körper ist verletzlich. Der Mensch ist auch deshalb verletzlich, weil er auf andere angewiesen ist. Ohne Unterstützung, ohne Beachtung von anderen kann der Mensch nicht leben. Deshalb plädiert der Medizinethiker für Sorgekulturen, die es Menschen in Krisensituationen ermöglichen, wieder Tritt zu fassen und in ihrem Leben neuen Sinn zu finden.
Sat, 24 Aug 2024 - 527 - Unterwegs zur Stille: Schaffhausens verborgene Ruheoase (5/5)
Es gibt sie noch: Oasen der Ruhe mitten in der Stadt. Zum Beispiel das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen. Früher war hier ein Kloster. Der malerische Kreuzgang und der zauberhafte Kräutergarten sind Kraftorte für Stillehungrige. Schon im Mittelalter waren Städte laut: Schmiede hämmerten, Fuhrwerke rumpelten und polterten über die Pflastersteine. Die Architektur des Klosters war darauf ausgelegt, möglichst wenig Lärm hineinzulassen. Yvonn Scherrer, die blinde Redaktorin, lotet den einzigartigen Klang und die Atmosphäre der altehrwürdigen Räume aus und schliesst ihre Ohrenwelt auf. In der Sendung kommen zu Wort: * Bettina Bussinger – sie macht im Museum zu Allerheiligen Führungen und kennt die stillsten Orte im Museum und kennt ihre Geschichte und Geschichten. * Urs Weibel – stellvertretender Direktor und Leiter der naturkundlichen Abteilung, er erläutert die Bedeutung des dufterfüllten Kräutergartens damals und heute.
Sat, 10 Aug 2024 - 526 - Unterwegs zur Stille: Vipassana Retreat auf dem Beatenberg (4/5)
Bei Vipassana wird in Stille meditiert. Das soll helfen, den Blick nach innen zu wenden, Körper und Sinneseindrücke bewusst wahrzunehmen. Fred von Allmen ist in der Schweizer Meditationsszene so etwas wie ein Urgestein und hat das Meditationszentrum Beatenberg mitbegründet. Ein Besuch. Bei Vipassana kommt dem Schweigen eine wichtige Rolle zu: In Stille soll die Wahrnehmung geschärft und der achtsame Umgang mit Gefühlen eingeübt werden. Ist das schwer, drei Tage oder zwei Wochen zu schweigen? «Heute ist es für die Leute schwieriger, das Handy abzustellen», weiss Fred von Allmen aus Erfahrung. «Wir haben aber keine Meditationspolizei auf dem Beatenberg, manche gehen im Wald telefonieren.» Mit Grosszügigkeit und liebevoller Güte schaut Fred von Allem auf die Welt – beides wichtige Werte in seiner Meditationspraxis. Im Retreat wird denn auch nicht komplett geschwiegen: Bei Einzel- und Gruppengesprächen können die Kursteilnehmenden über ihre Retreaterfahrungen oder persönliche Lebensfragen sprechen. Wichtig sei, die Erkenntnisse mit in den Alltag zu nehmen, dranzubleiben. Wie gelingt das, etwa als Sozialarbeiterin oder Führungsperson? Im Gespräch mit Teilnehmenden eines 4-Tage-Retreats und beim Rundgang mit den Lehrenden des Beatenbergs wird der Frage nachgegangen, was genau Vipassana ist und wie sich diese Meditationspraxis gestaltet. In der Sendung sind zu hören: * Fred von Allmen, geboren 1943, Pionier der Vipassana-Meditation in der Schweiz und Mitbegründer des Meditationszentrums Beatenberg, wo er regelmässig Retreats anleitet * Irene Bumbacher, geboren 1964, von Fred von Allmen als Meditations- und Dharmalehrerin autorisiert, körperbasierte Trauma-Therapeutin * Verschiedene Teilnehmende eines 4-Tage-Stille-Retreats auf dem Beatenberg
Sat, 03 Aug 2024 - 525 - Unterwegs zur Stille: Wie sie wohl schmeckt? (W) (3/5)
Essen in Stille. Den eigenen Atem und das Klingen des Löffels im Ohr. Wer sich aus freien Stücken schweigend ins gemeinsame Essen vertieft, kostet eine spirituelle Delikatesse. Sie ist vielen spirituellen Traditionen eigen. Im Moment Café in Basel lässt sie sich niederschwellig erleben. Die dritte Folge der Sommerserie «Unterwegs zur Stille» besucht drei Orte, an denen im Schweigen gegessen und getrunken wird. Zuerst gibt es einen Abstecher ins «Moment Café». Der Architekt Thomas Fries lernte in Zen-Meditationsretreats das Essen im Schweigen kennen und lieben. Er träumte von einem Café mitten in der Stadt, in dem man dem Lärm und dem Stress entfliehen und eine kleine Mahlzeit oder ein Getränk im Schweigen geniessen kann. Der Traum hat sich erfüllt: Das Moment Café gibt es seit bald zwei Jahren. Auch die buddhistische Meditationslehrerin Dagmar Jauernig liebt es, im Schweigen zu essen. «Oft essen wir gar nicht unser Essen, sondern vielmehr unsere Gedanken», sagt sie. «Doch wenn ich mich bewusst dem Essen zuwende, wird jeder Bissen zum Erlebnis.» In christlichen Klöstern ist das gemeinsame Essen im Schweigen die Regel. Priorin Irene vom Kloster Fahr erzählt von ihrer täglichen Praxis. Perspektiven ist bei einem Mittagessen im Kloster dabei, zu dem immer eine Lesung serviert wird. Das gemeinsame Essen im Schweigen hat seinen ganz eigenen Klang. Perspektiven lädt in eine Klangwelt ein, die es sonst kaum je zu hören gibt. Erstsendung: 07.04.2023
Sat, 27 Jul 2024 - 524 - Unterwegs zur Stille: Frieden finden im Ranft (2/5)
«Für äusseren Frieden braucht es zuerst inneren Frieden», heisst es im Ranft. Wie aber komme ich zu innerer Ruhe, zu Stille und Frieden? Im Ranft – bekannt durch Bruder Klaus – führen verschiedene Wege dorthin: interreligiöse Meditation, Schweigewallfahrten, Yoga, Wandern-in-Stille, Friedensgebete. In der Ranftschlucht bei Flüeli OW kommt vieles zusammen: Mächtige Natur, das Brausen des Bergbachs Melchaa, gotische Kirchlein und die Klause vom Schweizer Nationalheiligen Bruder Klaus. Das zieht Stille-Suchende unterschiedlichster Couleur an: von naturreligiösen bis zu traditionell katholischen Menschen. Seit rund 600 Jahren, seit Bruder Klaus hier als Einsiedler Menschen beriet, ist der Ranft auch ein Hotspot politischer Friedensbewegungen. In den 1980ern etwa unterstützten die Dorotheaschwestern den Bau eines Friedensdorfs durch die katholische Jugend. Sie nahmen in Flüeli Asylsuchende auf. Das Areal der Schwestern ist heute ein unabhängiges Mediationszentrum: Als «ZentrumRanft» ist es offen für interreligiöses Meditieren, für Stille- und Selbstfindungsseminare wie auch Yoga-Retreats. An den «Ranfter Gesprächen» sprechen Menschen über Spiritualität als Ressource für nachhaltige Umwelt- und Friedenssicherung. Lassen sich im Ranft tatsächlich Stille und Frieden finden? Was macht die Mystik dieses «Kraftorts» aus? In ihrer Reportage begegnet Judith Wipfler Menschen, mit denen sie hier gar nicht gerechnet hätte. Zu hören sind: * Achtsamkeitstrainerin und Wanderleiterin Karin Breyer * Dorotheaschwestern Rita und Charlotte * Die Ukrainerin Marija Bereznitska, die im «ZentrumRanft» Zuflucht und Frieden fand. * Pfr. Christoph Sigrist aus Zürich und der Blockflötist Hans-Jürgen Hufeisen. * Meditationslehrerin und Präsidentin des «ZentrumRanft» Ursula Bründler Stadler In der nächsten Folge unserer Serie «Unterwegs zur Stille» probiert Yvonn Scherrer aus, wie es sich anfühlt, in einem Stille-Restaurant schweigend zu essen. Mahlzeiten in Stille sind eine alte klösterliche Tradition, aber funktioniert das auch im urbanen Umfeld?
Sat, 20 Jul 2024 - 523 - Unterwegs zur Stille: Wie viel Stille darf es sein? (1/5)
Flugzeuge, Baumaschinen, Verkehr und Berieslung über Kopfhörer: Wir leben in einer lärmintensiven Zeit. Wie wichtig sind Ruhe, Stille und Innehalten? Der Neuropsychologe Lutz Jäncke ordnet ein. Aus der Forschung ist bekannt: Zu viel Lärm macht krank. Viele Menschen suchen deshalb immer wieder Orte der Stille, sei es bei der täglichen Meditation, in der weiten Natur oder im Kloster auf Zeit. Zum Auftakt der Sommer-Serie von Perspektiven «Unterwegs zur Stille» sprechen wir mit dem Neuropsychologen Lutz Jäncke darüber, welches Potenzial Stille hat, wann sie gefährlich werden kann und was das für eine Ohrstöpsel-Gesellschaft bedeutet. Lutz Jäncke gehört zu den meistzitierten Forschern, wenn es um das Gehirn geht. Er forscht seit über dreissig Jahren zu Hirnaktivitäten im Zusammenhang mit Musik. Wenn es um Musik geht, reagiere der menschliche Körper mit einem Ausnahmezustand, einem eruptiven Ausstoss von Dopamin. Und was geschieht bei Stille? Fragen, die in der Sendung beantwortet werden * Was ist Stille? * Was passiert im Hirn, wenn es still wird? * Wann tut Stille gut? * Warum kann Stille beunruhigen, überfordern? * Wann wird Stille zur Folter?
Sat, 13 Jul 2024 - 522 - Serie «The Chosen»: Mega-Hype und völlig unbekannt zugleich
«The Chosen» heisst eine Serie, die aktuell in der 4. Staffel läuft. Diese erzählt die Geschichte rund um Jesus von Nazareth. In manchen Kreisen hat sie einen regelrechten «The Chosen»-Hype ausgelöst. Anderen wiederum ist sie gänzlich unbekannt. Wie kommts und wen erreicht die Serie? Zwischen 100 und 150 Millionen Zuschauende, Events mit roten Teppichen und ein Haufen Fanartikel: «The Chosen» hat weltweit viele Fans, keine Frage. Sie warten sehnlichst auf neue Staffeln, fiebern mit, wenn Jesus heilt oder werden bewegt, wenn er Kindern auf Augenhöhe begegnet. Jesus-Filme gibt es viele. Aber «The Chosen» ist die erste Serie, die den ganzen Stoff der vier Evangelien im Neuen Testament verfilmt. Dabei wurden viele Lücken des biblischen Textes gefüllt. Knapp beschriebene Personen mussten zu filmreifen Charakteren entwickelt werden. Das sei gut gelungen, findet Moisés Mayordomo. Er ist Professor für Neues Testament an der Universität Basel und Filmkenner. Zunächst sei er der Serie gegenüber zurückhaltend gewesen – inzwischen kann er ihr etwas abgewinnen. Mitglieder der Kirche Wigarten im Zürcher Oberland schauen «The Chosen» jeweils gemeinsam an und hören sonntags Predigten darüber. Für «Perspektiven» haben wir sie besucht und fragen nach, was ihnen an der Serie gefällt, und was sie kritisch sehen. In «Perspektiven» geht es u.a. um diese Fragen: * Wen erreicht die Serie und warum? * Welches Ziel verfolgen die Macher:innen von «The Chosen»? * Wie wird Jesus in «The Chosen» dargestellt? * Wie «biblisch» sind Jesus und die Geschichten, die in der Serie erzählt werden? * Inwiefern unterscheidet sich «The Chosen» von bisherigen Jesusfilmen? Zu Wort kommen: * Mitglieder einer Kleingruppe der Kirche Wigarten * Moisés Mayordomo, Professor für Neues Testament an der Universität Basel und Filmliebhaber * Karoline Kuhn aus dem deutschsprachigen «The Chosen» - Team
Sat, 06 Jul 2024 - 521 - Raus aus der Erschöpfung – rein ins Leben (W)
Der christliche Psychotherapeut Jörg Berger zeigt Wege aus der Erschöpfung und Burn-Out. Im Gespräch mit ihm wird deutlich: Tipps und Tricks allein helfen nicht. Vielmehr präsentiert Berger einen ganzheitlichen Ansatz, in dem auch Spiritualität und Neinsagen zu Menschen Raum haben. Jörg Berger ist Paartherapeut mit eigener Praxis in Heidelberg. Zu ihm kommen insbesondere gläubige Menschen, die andernorts für ihre Religiosität pathologisiert wurden. Doch Berger schaut genau hin: Auch Religion oder ein religiös übersteigertes Pflichtbewusstsein können erschöpfen. Das muss nicht sein. Berger macht Mut, sich ohne schlechtes Gewissen von «stacheligen Menschen» zu befreien. Sein Buch ist niederschwellig und weltanschaulich offen. Der Psychotherapeut macht Angebote auf Augenhöhe, gewürzt mit einer Prise Selbstironie. Seine «Anti-Erschöpfungsstrategie» will befähigen, die Sachen selbstreflektiert anzugehen, ohne dabei schon wieder in Selbstoptimierungsstress zu verfallen. Buchhinweis: Jörg Berger, Die Anti-Erschöpfungsstrategie, Herder Verlag 2023. Erstsendung: 01.10.2023
Sat, 29 Jun 2024 - 520 - Mit Sufismus zum inneren Frieden?
Sufismus – das ist eine alte Strömung im Islam, die den Fokus auf eine innere Einheit mit Gott legt. Alle Praktiken, auch das Drehen der Derwische, dienen dazu, dieser inneren Verbindung mit dem Göttlichen näher zu kommen. Sufismus existiert heute in fast allen islamischen Ländern – und auch im Westen gibt es Sufi-Orden und deren Anhänger, auch in der Schweiz. Etwa die Teilnehmerinnen eines Derwisch-Abends im Sufi Zentrum Omega in Zürich Schwamendingen. Das Besondere ist: Man muss nicht zwingend zum Islam konvertieren, um Sufismus zu praktizieren. Es stellt sich die Frage, was Menschen in der Schweiz am Sufismus fasziniert. Ist das einfach eine weitere Form von «New-Age-Spiritualität» oder die echte Suche nach einer neuen religiösen Heimat? Haben wir im Westen einen romantisierenden Blick auf den Sufismus? Und wie blickt die muslimische Welt heute auf diese mystische Strömung des Islam?
Sat, 22 Jun 2024 - 519 - Bubbles of Happiness: In diesem Waschsalon menschelt es
Während die Wäsche in der Waschmaschinentrommel dreht, bietet der Waschsalon «Bubbles of Happiness» im Zürcher Niederdorf einen Raum für Unterstützung. Sei es bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche, in schwierigen Lebenssituationen oder für eine kleine Auszeit. Im Waschsalon arbeiten Sozialarbeiter:innen. Willkommen sind zwar alle, aber besonders Menschen in schwierigen Lebenssituationen bietet dieser Ort die Möglichkeit, ihre Wäsche günstig zu waschen. Der Waschsalon soll ein Begegnungsort sein für Touristen, Nachbarinnen und Menschen ohne Zuhause. Das Projekt wurde von der Stiftung der evangelischen Gesellschaft des Kantons Zürich ins Leben gerufen. Obwohl der Waschsalon Hilfeleistung bietet, bezeichnen sie sich selbst nicht als Sozialwerk, sondern als Dienstleistung. Warum hat der Waschsalon den Anspruch eine Dienstleistung zu sein? Warum braucht es einen solchen Waschsalon? Wir haben den Waschsalon für Perspektiven besucht.
Sat, 15 Jun 2024 - 518 - Antisemitismus und Islamophobie - Was leistet Zivilcourage?
In Zürich wird im Frühling ein Jude angegriffen. Passanten greifen ein und verhindern so Schlimmeres. Keine Selbstverständlichkeit, denn die Erfahrung zeigt: Zivilcourage zeigen wir vor allem dann, wenn wir uns mit Opfern identifizieren. Was bedeutet das für Minderheiten wie Jüdinnen und Muslime? Beleidigungen, Schmierereien, tätliche Übergriffe: Seit dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel und dem darauffolgenden Krieg im Gaza-Streifen haben antisemitische und antimuslimische Vorfälle in der Schweiz zugenommen. Tiefpunkt waren eine Messerattacke auf einen orthodoxen Juden in Zürich und wenig später ein Angriff mit einer Machete auf eine muslimische Familie in Bad Ragaz. Beide Gemeinschaften, die muslimische und die jüdische, wünschen sich mehr Solidarität aus der Zivilbevölkerung. Doch wie kann man sich zivilcouragiert verhalten, ohne sich selbst zu gefährden? Folgende Personen kommen zu Wort: * Ebnomer Taha, Vorstandsmitglied VIOZ, Verein Islamischer Organisationen Zürich, muslimischer Seelsorger Unispital Zürich und Psychiatrische Uniklinik Zürich * Jonathan Kreutner, Generalsekretär Schweizerisch-Israelitischen Gemeindebund SIG * Andi Geu, Co-Geschäftsführer NCBI, NGO Antirassismus, Antisemitismus und Interreligiöser Dialog * Johannes Ullrich, Professor für Sozialpsychologie, Universität Zürich
Sat, 08 Jun 2024 - 517 - Vogel: Seelenspiegel und Götterbote
Vögel können zum Himmel auffliegen und wieder auf die Erde zurückkehren. Deshalb verbinden sie die sichtbare und die unsichtbare Welt. Sie überbringen Botschaften und dienen als Bild für die menschliche Seele und ihre Reise ins Jenseits. Vögel sind wilde Tiere, die den Menschen überall und ständig begegnen. Vögel können fliegen und wunderschön singen. Deshalb messen die Menschen ihnen seit jeher aussergewöhnlich viel Bedeutung zu. Anton Bierl ist in den Geschichten der alten Griechen zuhause. Er spricht über den Vogel als Symbol für die menschliche Seele. Detta Kälin kennt sich mit den Vogelabbildungen christlicher Kunstwerke aus und erläutert die Bedeutung des Vogels für die Christ:innen. Emily Doolittle schliesslich hat den Gesang eines Vogels erforscht, der als himmlische Botschaft gilt.
Thu, 09 May 2024 - 516 - Islam in der Schweiz: Wie die ersten Moscheen entstanden
Die Kasernenmoschee in Basel ist eine der ältesten der Schweiz, gegründet als Verein wie so viele Religionsgemeinschaften. Denn die türkischen Familien mussten erst eine Moschee aufbauen, als sie in die Schweiz kamen. Über Herausforderungen, Integration und warum die Moschee der Zukunft. Orhan Sahin war 13, als er mit seiner Familie in die Schweiz kam. Keine einfache Zeit: «Ich hatte kaum Freunde, denn ich verstand die Sprache nicht», erinnert er sich. Die Moschee, nicht nur ein Haus für die Freitagspredigt, sondern auch ein sozialer Treffpunkt, mussten sie erst aufbauen. Sie gründete einen Verein, DIE Organisationsform für religiöse Gemeinschaften in der Schweiz, abgesehen von den Landeskirchen. Unterdessen ist aus der Moschee (offiziell Moschee Kommission Basel), hervorgegangen aus dem Türkenverein, eine internationale Gemeinschaft geworden. Die Freitagspredigt wird aus dem Türkischen auf Arabisch und Deutsch übersetzt. Und: Die zweite und dritte Generation der Musliminnen und Muslime beginnt, sich zu engagieren. Serdar Adibelli etwa ist in der Jugendarbeit tätig – und möchte später Imam werden. Er sagt: «Die erste Generation hat sich oft versteckt. Nicht, weil sie etwas zu verbergen hatte, sondern um nicht aufzufallen.» Die jüngere Generation, in der Schweiz aufgewachsen, sieht sich als Schweizer Muslime. Und will den Moscheeverein in die Zukunft führen. Keine einfache Aufgabe, denn Moscheevereine stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie andere Vereine. Und sie stehen im Spannungsverhältnis zwischen den Erwartungen der Gesellschaft und jener der Mitglieder. Folgende Fragen werden beantwortet: * Wie sind die ersten Moscheen in der Schweiz entstanden? * Warum sind Moscheen oft als Vereine organisiert? * Welche Herausforderungen erwarten Moscheen in Zukunft?
Sat, 01 Jun 2024 - 515 - Naturspiritualität – eine neue grüne Weltreligion?
Gehen Sie auch gerne in den Wald? Finden Sie dort einen inneren Frieden? Oder spüren Sie vielleicht sogar eine Verbindung zu Bäumen, Moos und Tieren? Damit sind Sie nicht allein. Immer mehr Menschen suchen spirituelle Erfahrungen in der Natur, sagt der Religionswissenschaftler Bron Taylor. Bron Taylor ist Professor für Religion, Natur und Umweltethik an der «University of Florida». Schon seit Jahrzehnten untersucht er die Schnittstelle zwischen Natur und Religion und hat ein Buch unter dem Titel «Dark Green Religion» geschrieben. Der Begriff Dunkelgrüne Religion umfasst für ihn ein breites Spektrum: von Menschen, die Rituale in der Natur durchführen, bis zu Menschen, die sich vor allem auf die westliche Wissenschaft stützen. Für viele sei die westliche Wissenschaft unbestritten. Es gibt aber andere, die glauben, dass nicht alles durch wissenschaftliche Methoden erklärt werden könne. Oftmals seien es Erfahrungen in der Natur, die einem das Gefühl vermitteln, dass es noch mehr gebe, meint Bron Taylor. In dieser Perspektiven-Sendung wird ausgelotet, was Naturspiritualität alles sein kann, und der Frage nachgegangen, ob das bald einmal eine neue Weltreligion sein könnte.
Sat, 25 May 2024 - 514 - Die Magie der Kraftorte der Schweiz
Menschen lassen an Kraftorten die Seele baumeln oder tanken Energie für den Alltag. Orte der Kraft sind en vogue. Sie finden sich in der freien Natur oder in Kirchen und Klöstern. Ihre Wirkung ist aus naturwissenschaftlicher Sicht umstritten. Die Engstligenfälle bei Adelboden, der Bachalpsee oberhalb von Grindelwald, die Felsformation Creux du Van, die prähistorische Steinreihe von Clendy oder die Klosterkirche von Romainmôtier im Kanton Waadt gelten als bedeutende Kraftorte der Schweiz. Touristendestinationen bewerben Kraftorte mit opulenten Bildern. Menschen reagieren unterschiedlich auf Kraftorte. Die einen spüren ein wohltuendes Kribbeln an Händen und Füssen, ein angenehmes Gefühl im ganzen Körper oder auch gar nichts. An Kraftorten soll es erhöhte natürliche Energie geben. Es gibt Methoden, um die Wirkung von Kraftorten zu messen und zwar mit Hilfe eines Pendels oder einer Wünschelrute. Die Intensität der Erdstrahlung wird auf Tabellen in sogenannten Bovis-Einheiten bestimmt, benannt nach dem französischen Physiker André Bovis (1871-1947). Die Messmethoden sind aus naturwissenschaftlicher Sicht umstritten. Zu den Pionierinnen der Kraftort-Forschung in der Schweiz gehört die Geobiologin Blanche Merz (1919-2002). Ihr Erbe führt Andrea Fischbacher von der «Forschungsstelle Kraft- & Kulturorte Schweiz» weiter. «Perspektiven» begleitet sie an Kraftorte in Luzern. Die Religionswissenschaftlerin Dorothea Lüddeckens ordnet die Faszination für Kraftorte ein.
Sat, 18 May 2024 - 513 - Philosophie als konkrete Lebenshilfe?
Anstelle von Psychologie oder Religion mal eine Portion Philosophie einsetzen... Vielleicht hilft auch das bei Seelenschmerz oder konkreten Lebensfragen? Ja, meinen Personen wie Martina Bernasconi, die in ihren Philosophischen Praxen Denk- und somit Lebenshilfe anbieten. Ja, meint auch Omar Ibrahim, der gerade dabei ist, an der Universität Bern einen neuen Studiengang in philosophischer Seelsorge zu entwickeln. Was ist da dran? Es gibt unterschiedlichste Arten sich mit Sorgen, Nöten oder mit grossen existentiellen Fragen auseinanderzusetzen. Je nach Situation bietet die Religion Unterstützung durch Seelsorge, die Psychologie durch Beratung und Therapie. Doch die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse verändern sich. Und so sind manche überzeugt, die Philosophie könne ihre Stärken nutzen und gerade heute in der Lebenshilfe Lücken schliessen. Welche Chancen bietet die Philosophie? Und wo sind ihre Grenzen? Diesen Fragen geht die Perspektiven-Sendung nach. In der Sendung zu Wort kommen: * Omar Ibrahim, Doktorand und Assistent an der Universität Bern, Institut für Praktische Theologie * Martina Bernasconi, Philosophin, Philosophische Praxis «Denkpraxis» Basel
Sat, 11 May 2024 - 511 - Das Daodejing mit Balts Nill und David Steindl-Rast
Nach der Bibel gilt es als meist übersetztes Werk: Das «Daodejing» des chinesischen Meisters Laozi. Musiker Balts Nill, Mitbegründer der Kultband «Stiller Has», hat es nun zusammen mit dem Benediktinermönch David Steindl-Rast neu übertragen – poetisch und interreligiös. Alles begann vor rund 15 Jahren, als Balts Nill an einer Mundartversion des Daodejing herumpröbelte. Geht das überhaupt, diesen Weisheitstext in den Berner Dialekt zu übertragen? Zuerst widerwillig, liess ihn den Klang des Textes nicht mehr los. 2020 veröffentlichte Balts Nill schliesslich «vo wege DO» im Lokwort Verlag. Das schmale Büchlein kam später David Steindl-Rast in die Hände. Er gilt als einer der bekanntesten spirituellen Lehrer der Gegenwart und ist seit über 50 Jahren mit fernöstlichen Philosophien bestens vertraut. Der 97-Jährige war von «vo wäge DO» dermassen begeistert, dass er den berndeutschen Text kurzerhand ins Hochdeutsche übersetzen wollte. Entstanden ist das Buch «Der Fliessweg». Nebst dem Daodejing ist es mit anderen kurzen Texten oder Gedichten angereichert. Zur Buchvernissage im Kloster, in dem Bruder David lebt, haben wir Balts Nill begleitet. Was bedeuten dem Musiker die 81 Weisheitssprüche? Wie erlebte er die Zusammenarbeit mit David Steindl-Rast? Und was hat dieser zur Interreligiosität zu sagen, für die «Der Fliessweg» exemplarisch stehen kann? Buchhinweise: David Steindl-Rast, Balts Nill: «Der Fliessweg» Tryolia 2024.
Sat, 04 May 2024 - 510 - Nonne mit 27 – warum junge Menschen heute noch ins Kloster ziehen (W)
Diese Perspektiven-Sendung über junge Leute, die ein Leben im Kloster erwägen, hat den katholischen Medienpreis 2023 gewonnen. Zum Anlass der Preisverleihung wiederholen wir die Sendung, in der junge Menschen über ihre Fragen, Hoffnungen und Zweifel vor diesem einschneidenden Schritt erzählen. Deborah ist 27, studiert Informatik, spielt gern E-Gitarre und geht auf Rock-Festivals. Eines Tages nimmt sie sich eine Auszeit im Gästehaus des Dominikanerinnen-Klosters Cazis – und möchte bleiben. «Es war, wie wenn ich nach Hause kommen würde», erzählt sie heute, vier Jahre später. Das Leben im Kloster zieht sie an. Doch von Familie und Freundinnen erntet sie Erstaunen und Unverständnis. Trotzdem wagt sie den Schritt und lebt nun seit zwei Jahren im Kloster Cazis. Schwester Deborah erzählt uns von ihrem Weg ins Kloster, ihren Fragen, Zweifeln und Hoffnungen. Zudem treffen wir drei junge Männer im Kloster Einsiedeln, die sich einen Eintritt ins Kloster vorstellen können, den Entschluss aber noch nicht gefasst haben. Welche Fragen stellen sich ihnen?
Sat, 27 Apr 2024 - 509 - Die Religionskritik bei Kant: Hat der grosse Aufklärer Gott getötet?
Heinrich Heine hat einst gesagt, Kant habe den Himmel entvölkert und Gott umgebracht. Doch schaut man sich die Religionsphilosophie von Kant an, so zeigt sich ein anderes Bild: Kant hat einen Mittelweg aufgezeigt zwischen Atheismus und religiösem Fanatismus. Vor 300 Jahren kam einer der grössten Denker des deutschsprachigen Raumes zur Welt: Immanuel Kant. Er gilt als DER Philosoph der Aufklärung und hat die Vernunft wie kaum ein anderer ins Zentrum seiner Philosophie gestellt. Dieser Fokus auf die Vernunft gilt oft als Beginn der Säkularisierung und damit auch des Bedeutungsverlustes von Religion oder zumindest von religiösen Institutionen. Doch das war ganz und gar nicht Kants Absicht. Zwar hat er dezidiert gesagt: Die Existenz von Gott lässt sich nicht beweisen. Doch Kant glaubte an Gott - und entwickelte eine eigene Religionsphilosophie. Sie stellt die Moral ins Zentrum und das Individuum, das aber trotzdem in der Gemeinschaft aufgehoben ist. Kants Religionsphilosophie hat auch heute noch Antworten auf drängende Fragen wie das Zusammenleben in religiös pluralen Gesellschaften, den Umgang mit religiösem Fanatismus und der Vereinzelung. Folgende Fragen werden beantwortet: * Was sagt Immanuel Kant über die Religion? * Was ist laut Kant moralisch gut? Warum spielt Gott bei dieser Frage keine Rolle? * Was sagt Kant zur Pluralisierung, Individualisierung, zum religiösen Fanatikerinnen und Fanatikern? * Was ist Kants Rezept für ein friedliches, interreligiöses Zusammenleben? * Warum ist Kant auch für die Religionsphilosophie so wichtig? Zu Wort kommt in der Sendung: * Volker Gerhardt, emeritierter Professor für Philosophie an der Humboldt Universität Berlin
Sat, 20 Apr 2024 - 508 - Der Klage Worte geben. Warum schreiben Menschen heute Psalmen?
Nachdem sie lange über ihre Erfahrung mit sexualisierter und spiritueller Gewalt schwieg, fand die Ordensschwester Sophia Weixler ihre Stimme wieder. Der Weg dahin führte über die Auseinandersetzung mit den biblischen Psalmen. Klage, Wut, Zorn, ja sogar Rachegelüste: Alles habe in den Psalmen Platz, sagt Sr. Sophia Weixler. Als sie weder fühlen noch beten konnte, da seien die biblischen Psalmbeter ihr zum Vorbild geworden. Gerade weil dort nicht beschönigt wird. Sie fing an, Psalmen mit ihrer eigenen Erfahrung zu tränken und neue Versionen zu schreiben. So heisst es etwa in Weixlers 55. Psalm Vers 14: «Du gabst mir vor, mein Freund zu sein. (...) Ich habe dir mein Vertrauen geschenkt. Und du hast mich missbraucht.» Und Vers 16: «Dir soll alles genommen werden, damit du niemandem mehr schaden kannst. Du sollst wissen, wie es sich anfühlt: zu leben, sich aber wie tot zu fühlen.» Das Dunkle, die Klage, das Fluchen – all das habe im Schreiben Platz gefunden. Doch dabei sei es nicht geblieben. Das Schreiben erlebte sie als transformative Kraft. Der Patmos-Verlag publizierte ihre Verse als «Psalmen jenseits von Gewalt und Missbrauch». Auch Michael Peter Fuchs widmet sich dem Psalmenschreiben – auf Schweizerdeutsch und zu Liedern vertont. «Mit Gott im Rugge» heisst etwa einer seiner gesungenen Psalmen. Beide erzählen in «Perspektiven», warum ausgerechnet «Psalmen» eine Form sind, in der sie Existenzielles ausdrücken. In dieser Sendung zu Wort kommen: * Sr. Sophia Weixler, Autorin des Buches: «Ich atme Hoffnung. Psalmen jenseits von Gewalt und Missbrauch», Patmos Verlag, 2023 * Michael Peter Fuchs, Pädagoge, Autor & Liedermacher. Seine CDs «gottesschmerz» und «mit gott im rugge» werden in der Schweiz über den rex Verlag vertrieben. * Dr. Nancy Rahn, Mitarbeiterin am Institut für Altes Testament in Bern, promovierte über die biblischen Psalmen. Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung zur Sendung: redaktion.religion@srf.ch
Sat, 13 Apr 2024 - 506 - Mit Tanz zur Trance – Ecstatic Dance in der Schweiz
Jeden Donnerstagabend tanzen sich bis zu 100 Menschen beim Ecstatic Dance Zürich in Trance. Dies ist nur eine von vielen solcher Veranstaltungen, denn Ecstatic Dance, bei dem man sich ohne Vorgaben frei zur Musik bewegt, scheint einen Boom zu erleben. Mit dem Aufkommen alternativ-spirituellen Praktiken in den 1960er-Jahren in Europa und Nordamerika, rückte auch der Zusammenhang zwischen dem Körper und mystischen Erfahrungen immer mehr ins Zentrum. Spirituelle Praktiken, die auf Bewegungen des Körpers basieren, gehören heutzutage in der Schweiz fast selbstverständlich zur alternativ-spirituellen Landschaft dazu. Daraus haben sich neue Tanzformen entwickelt, wie zum Beispiel der Ecstatic Dance. Bei dieser Tanzform sollen sich die Tänzer:innen vom Rhythmus leiten lassen und ohne Anweisungen tanzen bis sie idealerweise in einen Trancezustand versetzt werden. * Wie sehen solche Veranstaltungen genau aus? * Was suchen die Teilnehmenden? * Wie funktioniert dieser Zusammenhang zwischen Körper und Trance? * Wie hängt Ecstatic Dance mit Spiritualität zusammen? Die Sendung Perspektiven sucht nach Antworten auf diese Fragen bei Menschen, die sich in Trance tanzen und bei Expert:innen. Es sprechen Johanna Köb, Gründerin von Ecstatic Dance Zürich, Manéli Farahmand, Religionswissenschaftlerin und Teilnehmende einer Ecstatic Dance Veranstaltung. Manéli Farahmand hat innerhalb eines Forschungsprojekts des Nationalfonds unter Oliver Krüger über den Zusammenhang von Spiritualität und Tanz geforscht.
Sat, 06 Apr 2024 - 505 - Und erlöse uns von - was eigentlich?
Ostern ist das Fest der Erlösung. Jesus sozusagen die Erlösung in Person. Sein Tod soll die Menschen von Sühne und Schuld befreit haben. Doch derartige Vorstellungen klingen heute kaum noch an. Wie können wir Erlösung also neu denken? Und was haben Hinduismus und Buddhismus für Erlösungsrezepte? Krieg, Klimawandel, Krankheiten, Alltagssorgen: Erlösung scheint in der heutigen Zeit erstrebenswerter denn je. Die Erfahrung, dass das Leben mit Leid verbunden ist, machen die Menschen aber schon seit Jahrtausenden. Wohl auch deshalb haben alle grossen Weltreligionen Rezepte entwickelt, um mit diesem Leid umzugehen. Rezepte, um erlöst zu werden. In der Sendung "Perspektiven" unterziehen wir diese Rezepte einem Realitätscheck und fragen, wie man Erlösung heute erlebbar und fruchtbar machen kann. Das geht vom Ablegen von ungesunden Gewohnheiten, über das Zugeständnis, dass Gott zu uns Menschen hält - gerade im Leid - bis hin zum Trost, dass wir nicht alles allein machen müssen. Folgende Fragen werden beantwortet: * Was bedeutet Erlösung? * Welche Vorstellungen von Erlösung gibt es im Christentum, Hinduismus und Buddhismus? * Braucht es für die Erlösung Gott? * Was hat Loslassen mit Erlösung zu tun? * Hilft Meditieren, um Erlösung zu erlangen? In der Sendung zu Wort kommen: * Prof. Michael von Brück, evangelischer Theologe, Zen- und Yoga-Lehrer. * Susanne Cappus, christkatholische Radiopredigerin und Diakonin. * Regula Knecht-Rüst, Heilsarmee-Pastorin und Radiopredigerin. * Andrea Meier, römisch-katholische Theologin und Radiopredigerin * Philipp Roth, evangelisch-reformierter Pfarrer und Radioprediger. * Michael Wenk, römisch-katholischer Seelsorger und Radioprediger.
Sat, 30 Mar 2024 - 504 - Was für ein Mann! – über Jesu Männlichkeit
Sein Körper wird gefoltert, Jesus am Kreuz hingerichtet. Diesen Körper am Kreuz sehen wir in vielen Kirchen. Was ist das für eine Männlichkeit? Zeitgenössische Theologinnen und Theologen entwickeln mithilfe Antiken- und Genderforschung eine neue Sicht auf die Männlichkeit Jesu. Kim Sölter schrieb mit Mitte Zwanzig ihre Masterarbeit über die Männlichkeit Jesu. Dafür erhielt sie den Förderpreis der Schweizer Marga-Bührig-Stiftung. Die Theologin Sölter untersuchte das Markusevangelium: Zuerst tritt Jesus hier wie ein Feldherr auf, als antiker Redner mit Ausstrahlung und männlicher Autorität. Doch dann, in der Erzählung von der Passion und Kreuzigung wandelt sich das Bild vom Mann Jesus komplett: Nun wird er verletzt und schmählich gekreuzigt. Was bedeutet das für unser Verständnis von Männlichkeit?
Fri, 29 Mar 2024 - 503 - «Din Wille söll gscheh!» – geht Liturgie auf Mundart?
Mundart boomt, und das nicht nur in der Schweizer Musik oder im Theater – auch in der Kirche hört man immer öfter Schweizer Dialekt. Sei es im Gottesdienst oder in Mundart-Bibeln, wie etwa der jüngst fertiggestellten Basler Übersetzung des Neuen Testaments. Offenbar ist in der Deutschschweiz der Wunsch da, Gottes Wort in der gesprochenen Sprache der Menschen zu vermitteln. Wie klingt ein Gottesdienst auf Mundart? Wo eignet sich Dialekt, wo stösst er im kirchlichen Kontext an seine Grenzen? Sind Schweizer Dialekte der Liturgie überhaupt würdig? Und wie steht es um die Inklusion von Menschen, die kein Schweizerdeutsch verstehen? Diesen Fragen geht Igor Basic in der Perspektivensendung am Palmsonntag nach. In der Sendung kommen zu Wort: * Frank Bangerter, christkatholischer Pfarrer in Zürich * Josef-Anton Willa, römisch-katholischer Liturgie-Experte und Seelsorger in Bern * Tabitha Walther, evangelisch-reformierte Theologin in Basel
Sat, 23 Mar 2024 - 502 - Wie lege ich mein Geld nachhaltig an?
Für ein gutes Image bieten inzwischen viele Banken und Vermögensverwaltungen nachhaltige Geldanlagen an. Doch schonen diese tatsächlich die Umwelt? Helfen sie mit, Korruption oder Menschenrechtsverletzungen zu bekämpfen? Eine Spurensuche bei zwei Finanzinstituten. Wer Geld sinnvoll investieren möchte, findet heutzutage ein grosses Angebot an nachhaltigen Geldanlagen. Doch ist überall, wo «grün» draufsteht, auch «grün» drin? Darüber hinaus ist es Ansichtssache, wie ökologische oder soziale Nachhaltigkeit gewichtet und gemessen wird. Wie also eine für sich zugeschnittene, moralisch vertretbare Wahl im Angebotsdschungel treffen? Sowohl Arete Ethik Invest als auch die Alternative Bank Schweiz durchleuchten Unternehmen mit je eigenen Kriterien, bevor in sie investiert wird. Beide Finanzinstitute sind seit den 1990er Jahren im nachhaltigen Geldgeschäft tätig und geben Einblick in ihre Analysemethoden. Welche Chancen und Herausforderungen nachhaltiges Investieren mit sich bringt, weiss Julian Kölbel aus seiner Forschung. Er ist Assistenzprofessor für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität St. Gallen. Diesen Fragen wird in der Sendung nachgegangen: * Was ist der Unterschied zwischen einer nachhaltigen und einer ethischen Geldanlage? * Woran wird nachhaltiges Investment gemessen? * Wo stösst diese Messbarkeit an ihre Grenzen? * Welche (realwirtschaftliche) Wirkung erzielen ethische und nachhaltige Geldanlagen? * Stehen Nachhaltigkeit und Ethik im Widerspruch zu Wachstum und Profit? Wir freuen uns über Ihre Post und Anregungen auf redaktion.religion@srf.ch
Sat, 16 Mar 2024 - 501 - (K)eine Zukunft für Klöster?
Die Klöster der Schweiz stehen vor einem epochalen Umbruch. Der Nachwuchs fehlt, Gemeinschaften verlassen ihre Klöster. Dabei gibt es auch spirituelle Aufbrüche. Einst haben Klöster mit Schulen, Internaten und Spitälern die Kultur und Generationen von Menschen geprägt. Seit Jahren fehlt den Klöstern und Ordensgemeinschaften der Schweiz der Nachwuchs. Gemeinschaften verlassen ihre Klöster, wie die Kapuziner in Olten. Geschichtsträchtige Gebäude werden von anderen religiösen Gemeinschaften oder für kulturelle Zwecke genutzt. Gleichzeitig gibt es in der Bevölkerung ein wachsendes Interesse an religiösen, spirituellen und philosophischen Fragen. «Perspektiven» zeigt, wie einzelne Klöster mit ihren Angeboten hier anknüpfen. Die Zisterzienserinnen im Kloster Mariazell-Wurmsbach am oberen Zürichsee haben vor drei Jahren ihr Mädcheninternat geschlossen. Nun bieten Sie eine «Auszeit mit spirituellem Flair» für junge Menschen im Kloster an. Die Kapuziner im Kloster Rapperswil im Kanton St. Gallen laden in ihr «Kloster zum Mitleben» ein. Sie führen für das erfolgreiche Projekt eine Warteliste.
Sat, 09 Mar 2024 - 500 - Pionierinnen feministischer Theologie: Doris und Silvia Strahm
Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet sind Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz. Für ihr jahrzehntelanges Engagement werden sie nun mit dem Herbert Haag Preis ausgezeichnet. Die Sendung «Perspektiven» stellt die beiden vor und fragt, wie sich ihr feministisch-theologischer Lebensweg als Schwestern gestaltet. Sie haben Bücher geschrieben, Netzwerke gegründet und feministisch-theologische Perspektiven entwickelt und eingebracht. Dabei blicken Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet auch über den europäisch-nordamerikanischen Tellerrand. Die Sicht von Theologinnen aus anderen Kontinenten war und ist bedeutsam für ihre Arbeit. Und schliesslich überschreitet das Theologisieren auch die eigene Religion. Doris Strahm sagt: «Über Grenzen hinaus denken war und ist ein wichtiges Motiv meiner Arbeit: über die Grenzen einer dogmatisch verengten Glaubenslehre, über die Grenzen einer patriarchalen und androzentrischen christlichen Theologie, über die Grenzen einer eurozentrischen feministischen Theologie, über die Grenzen der eigenen Religion hinaus.» (Quelle: Medienmitteilung Herbert Haag Preis) In «Perspektiven» erinnern sich die Schwestern gemeinsam an das, was sie geprägt hat und wo sie selbst prägend waren und sind. Sie erzählen, wie sie aufgewachsen sind und woher die Faszination für die Theologie kommt. Warum eine aus der Kirche ausgetreten ist, die andere nicht. Wie ihre Schwesternschaft ihr feministisch-theologisches Denken prägt und umgekehrt. Und warum sie auf ihre gemeinsame Geschichte «mächtig stolz» sind, wie ihr Buch über 40 Jahre Feministische Theologie und Frauen-Kirche-Bewegung in der Schweiz heisst.
Sat, 02 Mar 2024 - 499 - Professor für Nächstenliebe: der urbane Pfarrer Christoph Sigrist
Als Pfarrer gilt er als «Urgewalt» am Platz Zürich. Nun verlässt Christoph Sigrist die Zwingli-Kanzel im Grossmünster. Beim Spaghetti-Essen mit Randständigen erzählt er, warum Diakonie die Zukunft der Kirche sei. Für ihn ist Kirche nämlich immer «Kirche für andere und mit anderen oder gar nicht». Sigrists Herz schlägt für die Diakonie: die praktische Nächstenliebe. Schon als Stadtpfarrer durchwanderte er die Strassen Zürichs, sprach Obdachlose an und Menschen, die irgendwie verloren sind im Grossstadtdschungel. Gleich in mehreren Einrichtungen kämpft der reformierte Theologe Sigrist für mehr Menschenwürde in der teuersten Stadt der Welt: Sei das in der evangelischen Gesellschaft mit ihrem Wohnheim «Herberge» oder bei «Solidara» mit dem Obdachlosenkaffee Yucca und in der «Isla Viktoria», wo Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter Hilfe finden. Solche Orte der Nächstenliebe besuchen wir mit Christoph Sigrist. Der steigt mit 62 Jahren von der Grossmünster-Kanzel, um ganz für die Menschen auf der Gass da zu sein. Was viele nicht wissen: Sigrist ist auch Professor für Diakoniewissenschaft an den Universitäten Bern und Zürich. Wie viel «Theorie» braucht es denn für praktische Nächstenliebe? Das und mehr fragt Judith Wipfler den «Professor für Nächstenliebe» und kehrt mit Christoph Sigrist im Netz4 zum Spaghetti-Essen ein.
Sat, 24 Feb 2024 - 498 - Handwerk als Sinnsuche und Gebet: Der Geigenbauer und Autor Martin Schleske
Seine Geigen, Bratschen und Celli sind Instrumente der absoluten Spitzenklasse. Doch für den Handwerksmeister von Weltruf und Diplom-Physiker ist sein Handwerk nicht einfach nur Mittel zum Zweck. Er versteht seine Arbeit auch als eine Form von Gebet und spiritueller Suche. Der mittlerweile 59-jährige Martin Schleske hat als junger Mensch zu seinem Glauben gefunden. Seither schöpft er daraus Inspiration für all sein Tun. Doch auch umgekehrt ist ihm seine Handwerkskunst eine spirituelle Quelle. Die Gedanken und religiösen Einsichten, die er an der Werkbank fasst, hält er in kurzen poetischen Texten fest. Seine Bücher wurden Bestseller. Was der Mensch mit Liebe tut, das gefalle Gott. Dessen ist sich Martin Schleske sicher. Er spricht davon ebenso offenherzig wie humorvoll beim Besuch in seinem Geigenbauatelier im bayerischen Landsberg am Lech. Hinweise zu Büchern von Martin Schleske: * Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens, Kösel 2010. * WerkZeuge. In Resonanz mit Gott. 365 Fragmente, bene! 2022. * Herztöne. Lauschen auf den Klang des Lebens, adeo 2023. Sind Sie überrascht davon, dass ein Geigenbauer sein Handwerk so direkt verbindet mit Spiritualität? Verstehen auch Sie sich vielleicht in irgendeiner Weise als «spirituelle» Handwerkerin, Handwerker? Und: Welche Gedanken und Gefühle haben Sie in Bezug auf Ihre eigenen Hände? Lassen Sie es uns wissen und schreiben Sie an: redaktion.religion@srf.ch
Sat, 17 Feb 2024 - 497 - Geben oder nicht? - Helfen, aber wie? (W)
«Aggressives Betteln» ist verboten. «Betteln an sich» darf nicht verboten werden, aus Menschenrechtsgründen. So kauern Menschen auf dem kalten Trottoir und strecken reich bepackten Einkaufenden ihre leeren Hände und Pappbecher entgegen. Soll ich jetzt was geben oder nicht? Ein Dilemma. Helfen gilt als moralische Pflicht. Almosengeben ist sogar religiöse Pflicht. Dennoch fühlen sich Menschen guten Willens schnell in der moralischen Klemme, wenn sie auf der Strasse um Geld gebeten werden: Hilft man mit einem Franken im Pappbecher wirklich, Armut zu beseitigen? Oder ziehen solche Gaben nicht noch mehr Bettelnde an, insbesondere aus dem Ausland? Dies führte am Platz Basel zu heftigen Diskussionen, dann zu einem Bettelverbot und schliesslich zu einer teilweisen Rücknahme des Bettelverbots. Ein Bündnis christlicher Hilfsorganisationen und Kirchen reagierte mit einer Handreichung: Bettelnde seien Symptom einer ungerechten Globalisierung, heisst es darin. Die Armut müsse beseitigt werden, nicht die armutsbetroffenen Menschen. Ein hohes Ziel. – Sicher, es gibt viele Hilfsprojekte, für die wir spenden können, - seit genau 20 Jahren etwa für den «Pfuusbus». Aber das Dilemma auf der Strasse bleibt: Wie richtig reagieren, wenn junge Frauen mir ein Pappschild entgegenhalten oder Männer ohne Obdach mich direkt ansprechen und «etwas Münz» erbitten? Das kennen Sie bestimmt auch. Wie gehen Sie damit um? Das würde uns interessieren: redaktion.religion@srf.ch In dieser Ausgabe von Perspektiven geht Judith Wipfler bei der Caritas beider Basel vorbei und besucht das Zürcher Grossmünster. Dort hütet nämlich der Grossmünsterpfarrer und Diakoniewissenschaftler Christoph Sigrist die originale Armenkasse Zwinglis. Sigrist findet sogar: «Bettler gehören zur Kirche. Sie halten uns einen Spiegel vor.» Es handelt sich um eine Wiederholung, die Erstsendung war am: 26.11.2022
Sat, 10 Feb 2024 - 496 - Was heisst eigentlich «bibeltreu»?
Immer wieder fällt in Diskussionen das Wort «bibeltreu». Manchmal wird es sogar zu einem Kampfbegriff. Doch was bedeutet es, «bibeltreu» zu sein? Wir bringen in «Perspektiven» eine evangelikale und eine reformierte Position ins Gespräch. Roland Hardmeier ist Dozent u.a. für Evangelikale Theologie an verschiedenen freikirchlich orientierten theologischen Seminaren. Er bezeichnet sich selbst als Mensch «mit starken evangelikalen Wurzeln». Er ist Autor u.a. des Buches «Kirche ist Mission». Konrad Schmid ist Professor für Altes Testament an der Universität Zürich und eine bekannte reformierte Schweizer Stimme. Er ist Co-Autor u.a. des Buches «Die Entstehung der Bibel». Im Gespräch geht es um diese Fragen: Wieviel Kontext und Interpretation brauchen biblische Texte, um sie im Heute zu verstehen? Ist es «treuer» gegenüber der Bibel, sie differenziert, also historisch-kritisch zu betrachten, oder die Texte 1:1 als «Wort Gottes» zu verstehen? Was verstehen sie unter «bibeltreu»? Was folgt aus dem einen und dem anderen Verständnis der Bibel? Welche Stärken und welche Schwachstellen haben die verschiedenen Positionen? Und warum spaltet sich die Christenheit anhand des Bibelverständnisses und dessen Auswirkungen, etwa für queere Menschen?
Sat, 03 Feb 2024 - 495 - Interreligiöser Dialog in Zeiten des Nahost-Krieges
Die Gewalteskalation im Nahen Osten stellt den interreligiösen Dialog in der Schweiz auf eine harte Probe. Das zeigte sich etwa bei den Spannungen im Vorstand von Iras Cotis, der eine Mediation nötig machte. Wie also im Gespräch bleiben, wenn die Positionen so unvereinbar scheinen? Hält der interreligiöse Dialog der Krise stand? Miteinander reden, Gemeinsamkeiten stärken und Differenzen akzeptieren. Dafür steht der interreligiöse Dialog. Doch die neuste Eskalation der Gewalt im Nahen Osten zeigt: In der Praxis ist das alles andere als einfach. Der Konflikt betrifft interreligiöse Freundschaften und führte zum Knall bei der interreligiösen Arbeitsgemeinschaft Schweiz, Iras Cotis: Erst eine Mediation verhinderte, dass sich zwei jüdische Mitglieder aus dem Vorstand zurückzogen - aus Protest gegen die Mitgliedschaft der Präsidentin bei der «Gesellschaft Schweiz-Palästina». Scheitert der interreligiöse Dialog in der Schweiz also am Nahostkonflikt? Was braucht es, dass der Dialog weitergeht? In «Perspektiven» besuchen wir eine Veranstaltung des interreligiösen Arbeitskreises Thurgau, die den Konflikt zum Thema macht. Und wir fragen die Verantwortlichen bei Iras Cotis, was es braucht, damit der Dialog dem Konflikt nicht zum Opfer fällt.
Sat, 27 Jan 2024 - 494 - Judith Giovannelli-Blocher und das Evangelium der Liebe (W)
Die Autorin und Sozialarbeiterin Giovannelli-Blocher ist 91-jährig in Biel verstorben. Der rote Faden in ihrem Leben sei die Liebe gewesen, allein darum ginge es im Evangelium. - In die Kirche aber ging die Pfarrerstochter nicht mehr. Judith Giovannelli-Blocher war das zweitälteste von elf Pfarrerskindern. Später entfernte sie sich von der reformierten Kirche. Aber Glaube und Religion spielten weiter eine grosse Rolle im Leben der Schriftstellerin und Dozentin für Sozialarbeit. Vom strafenden Gott ihrer Kindheit befreite sie sich, indem sie theologische Bücher las, von Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer und Dorothee Sölle. In die Kirche gehe sie heute nicht mehr, sagte Giovannelli-Blocher im Gespräch mit Heidi Kronenberg anlässlich ihres 80. Geburtstags 2012. Aber ihr Lebensmotto stamme freilich aus der Bibel: «Glaube, Liebe, Hoffnung». Erstsendung: 15.07.2012, Mit Widerstand und Engagement
Sat, 20 Jan 2024 - 493 - Aeham Ahmad: Wie der Pianist sich für den Frieden einsetzt (W)
Er ist syrisch-palästinensischer Musiker, Komponist, Autor, Überlebender. Bekannt wurde Aeham Ahmad als „Pianist aus den Trümmern". Seine Bücher und Kompositionen erzählen von Schrecken und Hoffnung. Eigentlich mag er es gar nicht mehr, als „der Pianist aus den Trümmern" vorgestellt zu werden, weil er viel mehr ist als das. Aktivist, Musiker, und vor allem: Ein Mensch unter Menschen. Doch so wurde Aeham Ahmad bekannt. Mitten in der Bombardierung Jarmuks, dem palästinensischen Viertel in Damaskus, schob er sein Klavier auf die Strassen und spielte und sang gegen den Irrsinn des Krieges an. Die Medien liebten ihn und zeigten diese Szene in den Nachrichten. Fünf Jahre später hat er sich ein Leben in Deutschland aufgebaut, komponiert, schreibt, gibt Konzerte. Sein Einsatz für ein friedliches Leben führt er weiter. Er wolle zeigen, dass Geflüchtete Menschen mit persönlichen Geschichten sind, erzählt er. Seinen Glauben an Gott habe er verloren, als er die Bombardierung miterlebte. Seine Rettung aus dem Krieg erscheine ihm trotzdem fast wie ein Wunder. Seine Musik berührt, ist wunderschön und verstörend, erzählt von guten Tagen und der Verzweiflung, sie trauert, trotzt dem Krieg und verbindet Menschen. Erstsendung: 1. Januar 2021
Sat, 13 Jan 2024 - 492 - Nationalratspräsident Eric Nussbaumer blickt ins neue Jahr
Der Schweizer Nationalratspräsident Eric Nussbaumer ist aktives Mitglied der evangelisch-methodistischen Kirche. Methodisten sagt man nach, sie würden Christsein zeitgemäss und authentisch gestalten. Welche Rolle sieht der SP-Politiker Nussbaumer für die Kirchen 2024 und darüber hinaus? Eric Nussbaumer singt gern, auch in der Kirche. Was ihm beides bedeutet und wie er in die Zukunft von Kirche und Gesellschaft schaut, ist Thema dieses Gesprächs zum neuen Jahr in Perspektiven. Als Nationalratspräsident hat er die Geschäfte des Parlaments im Griff, muss für Ausgleich sorgen und seine eigenen Präferenzen hintan stellen. Tatsächlich? Die Kirchen sind aktuell unter Legitimationsdruck. Es geht um kirchliche Leistungen für die Allgemeinheit, die von Kantonen und Gemeinden ja auch finanziell mitgetragen werden. Doch das Modell der Zusammenarbeit von Kirchen und Staat wird immer stärker hinterfragt, muss sich rechtfertigen. Wie erlebt das Eric Nussbaumer, zumal in seiner eigenen Partei der SP?
Wed, 03 Jan 2024 - 491 - Die Forscherin, die auszog, um das Glück zu finden
«Wenn ich glücklich gewesen wäre, hätte ich mich wohl kaum auf den Weg gemacht, um das Glück zu finden», lächelt Simone Harre. Ihr eigenes Unglück hat sie zum Glück geführt. Simone Harre wollte aus erster Hand hören, was Menschen glücklich macht, wie sie das Glück finden und was es konkret beinhaltet. Deshalb hat sie zehn Jahre lang unterschiedlichste Menschen interviewt und ihre Geschichten aufgeschrieben. Simone Harres Erkenntnis: das Glück wohnt in der Seele des Menschen. Es ist quasi schon da und wartet, bis die Menschen es wahrnehmen. Und oft findet sich das Glück genau dort, wo Menschen es am wenigsten vermuten. Dort, wo es sich schwer und traurig anfühlt.
Mon, 01 Jan 2024 - 490 - Sinnerfüllt durch Krisenzeit - Lernen von Viktor Frankl
Alexander Batthyány leitet das Viktor Frankl Zentrum Wien und ist Professor für sinnorientierte Psychotherapie. In Perspektiven spricht er über eine Haltung, die aus Hoffnung und Sinn schöpft. So liessen sich Krisenzeiten besser durchstehen. «Die Welt ist nicht heil, aber heilbar». Das sagte der Psychiater Viktor Frankl, und so heisst das aktuelle Buch von Alexander Batthyány und Elisabeth Lukas. Frankl hatte das Konzentrationslager überlebt, seine Eltern und seine Frau nicht. Inmitten dieser tiefsten Krise sagte er, die Welt sei «heilbar». Wie kommt jemand, wie kommt man zu so einer Haltung? Obwohl alles um einen herum etwas anderes zu sagen scheint? Kann jeder Mensch Sinn und Hoffnung finden? Wie geht das konkret? Und ist es wirklich so einfach, ein «guter» Mensch zu sein? Der Therapeut und Professor für Logotherapie Alexander Batthyány ermutigt Menschen angesichts aktueller Herausforderungen dazu, ihr Leben ganz bewusst zu gestalten. Die innere Freiheit sei entscheidend. Egal wie die Umstände sind, wir können unsere innere Haltung dazu verändern, ist er überzeugt. Ganz im Sinne Viktor Frankls: «Trotzdem Ja zum Leben sagen». Buchhinweis: Alexander Batthyány, Elisabeth Lukas: «Die Welt ist nicht heil, aber heilbar» Tyrolia Verlag, 2023. Schreiben Sie uns Ihre Gedanken dazu auf redaktion.religion@srf.ch
Sat, 30 Dec 2023 - 489 - Kirchenglocken spielen Jazz: Matthias Schriefls «Geläut»
Matthias Schriefl wuchs in einem Wallfahrtsort im Allgäu auf. Das Läuten der Glocken prägte seinen Alltag. Während des Lockdowns hatte der Jazztrompeter Matthias Schriefl ein tiefgreifendes Glockenerlebnis. Er beschloss, für Kirchenglocken Jazzmusik zu schreiben. Als Kind spielte Matthias Schriefl in der Familienblasmusik beim Gottesdienst Trompete. Während die anderen nach Noten spielten, improvisierte er gerne. Im römisch-katholischen Internat übte er in einem Kellerraum «wie ein Besessener», wie er sagt. Heute gehört Matthias Schriefl zu den wichtigsten Jazztrompetern Europas. Schon als Kind liebte er den Klang der Glocken. Während des Lockdowns lauschte er allabendlich dem Vollgeläut aller Kirchen Kölns. Es war die einzige Musik, die im öffentlichen Raum erklingen durfte. Und der Jazztrompeter beschloss, Glocken in Konzerten als Musikinstrument einzusetzen. Er spielt gemeinsam mit einer vierköpfigen Band, die er eigens für «Geläut» ins Leben rief. Matthias Schriefl liebt Rituale, er liebt Weihrauch und gemeinsamen Gesang. Über Spiritualität sprechen fällt ihm schwer. In seiner Musik bringt er seine Innenwelt zum Ausdruck. Er hat für einzelne Kirchenglocken und Vollgeläute Musik komponiert, die zu Herzen geht.
Mon, 25 Dec 2023
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