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Woher stammt die "Quarantäne"? Wie entsteht ein Schwarzes Loch? Warum fallen Wolken nicht vom Himmel? SWR-Redakteur Gábor Paál und unsere Gäste aus der Wissenschaft erklären Ihnen hier jeden Tag ein kleines Stückchen Welt. | Texte unter http://1000-antworten.de Viele Episoden dieses Podcasts stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz. Sie können die Episoden unter Angabe der Quelle und der Lizenz unverändert in Ihrem eigenen Digitalangebot dauerhaft veröffentlichen. Die Episoden dürfen dabei nicht verändert oder kommerziell genutzt werden. Die Lizenz lautet CC BY-NC-ND 4.0.
- 5665 - Hängt das Ergebnis eines IQ-Tests von der Tagesform ab?
Variationen von 2 bis 4 Punkten sind normal
Bei solchen Test gibt es immer kleine Schwankungen. Wenn Sie drei Tage hintereinander einen Intelligenztest vorgelegt bekommen, der sehr ähnlich ist, werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit nie punktgenau das gleiche Ergebnis haben. Denn die Tagesform hat ebenso Einfluss wie die Frage, ob man gerade Hunger hat oder ob man schlecht gelaunt ist. Daher ist es kein Wunder, wenn der IQ mal um 2 oder 3 Punkte variiert. Das wird einkalkuliert.Tagesform kann Einfluss haben, das Ergebnis aber nicht grundlegend ändern
Wenn man einen IQ von 110 hat, dann kann der genauso gut bei 107 oder 113 liegen. Manche Menschen haben ihr Optimum am Morgen, andere am Abend. Die Tagesform muss nicht, kann aber einen Einfluss haben. Sie wird aber nicht einen hochintelligenten Menschen zu einem Schwachsinnigen machen und umgekehrt. Der IQ wird sich um 3 oder 4 Punkte maximal ändern. Menschen, die professionell Intelligenztests vorgeben, wissen natürlich, dass es nicht sinnvoll ist, nur punktgenau zu interpretieren. Sondern die wissen, dass Intelligenzmessung fehleranfälliger ist als die Messung der Körpergröße oder auch des Körpergewichtes. Aber sie ist viel genauer als irgendwelche Einschätzungen.Thu, 21 Nov 2024 - 01min - 5664 - Warum haben manche Kathedralen zwei Türme, andere nur einen?
Regel mit vielen Ausnahmen: Bischofskirchen 2 Türme, Bürgerkirchen 1 Turm
Die Zweiturmfassade war von Anfang an eine "Fassade des Anspruches"; da wurde sozusagen die Bedeutung des Ortes aufgezeigt. Deshalb hat sich für Kathedralen fast immer die Zweiturmfassade durchgesetzt, während die Bürgerkirchen sich meist mit einem Turm zufriedengaben. Aber es gibt natürlich berühmte Beispiele wie die Bürgerkirche St. Sebald in Nürnberg, die in Konkurrenz zum Bamberger Dom zwei Türme aufweist. St. Sebald und St. Lorenz, beide große Nürnberger Bürgerkirchen, haben zwei Türme. Das ist mit einem gewissen Anspruchsdenken oder Anspruchsauftreten verbunden. In der Regel haben also Bischofskirchen und große Klosterkirchen zwei Türme und Bürgerkirchen einen Turm. Aber von dieser Regel gibt es ganz viele Ausnahmen.Zahl und Größe der Türme drückt Anspruchshaltung der Gemeinde aus
Vorschriften gibt es keine. Und an solche Vorschriften hätte man sich im Mittelalter auch gar nicht gehalten. Wenn eine Gemeinde anspruchsvoll genug war zu sagen: "Wir wollen hier mit zwei Türmen operieren", dann konnte ihr das keiner verwehren. Wer hätte es ihr untersagen sollen? Der Bischof war froh, wenn die Gemeinden Kirchen bauten. Und Ulm hat zwar nur einen Turm, aber der ist dafür umso größer. Und der Stephansdom in Wien hätte eigentlich zwei Türme bekommen sollen, aber man hat sich dann mit einem besonders prachtvollen zufriedengegeben.Wed, 20 Nov 2024 - 02min - 5663 - Stammen wir alle von Augustus ab?
Römer waren im Südwesten eine Minderheit
Die Frage "Wie viel Römer steckt in uns?" kann man zunächst historisch angehen: Die Römer waren hier im Südwesten Deutschlands zahlenmäßig immer eine Minderheit, auch wenn sie zeitweise geherrscht haben. In den römischen Armeen wiederum waren ja nicht nur Römer: Da waren Iberer darunter, Afrikaner, Menschen vom Balkan, alle möglichen anderen Völker, die die Römer als Barbaren bezeichnet haben. Von daher haben die Römer nicht viel an Genen hinterlassen. In den letzten 2000 Jahren gab es sehr viel an Völkerbewegung. Wir haben oft die Vorstellung, dass die Menschen früher jahrhundertelang in ihren Dörfern gelebt, sich dort vermehrt haben und nie weggezogen sind. Aber so war es nicht. Früher gab es wie auch heute große Wanderungsbewegungen, Migration, Flucht und Vertreibung. Insofern steckt wohl in uns allen, wenn man das 2000 Jahre zurückverfolgen könnte, alles mögliche: Römer, Germanen, Kelten, Inder, Chinesen, Afrikaner. Ich habe darüber mit Joachim Burger gesprochen; er ist Professor für Paläogenetik an der Uni Mainz. Er hat mich auf einen ganz entscheidenden Punkt hingewiesen: Wenn man sagt "direkte Nachfahren der Römer" – was bedeutet das denn?Warum viele von uns von Augustus abstammen dürften
Nehmen wir Augustus. Der hatte eine Tochter. Die hatte wiederum Kinder. Angenommen, diese Kette ist bis heute tatsächlich ungebrochen. Also gibt es irgendwo Nachfahren von Augustus. Aber ist das etwas Besonderes? Denn gleichzeitig sind es ja Nachfahren von Tausenden, wenn nicht Millionen anderer Menschen, die in der Antike gelebt haben.Wir sind alle verwandt
Das kann man leicht ausrechnen: Jeder von uns hat zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern usw. Mit jeder Generation wächst die Zahl der direkten Vorfahren um den Faktor 2. Wenn wir pro Generation 25 Jahre rechnen und 2000 Jahre zurückgehen, haben wir 80 Generationen. Und in jeder von ihnen verdoppelt sich die Zahl der Vorfahren. Da hätte rein rechnerisch (2 hoch 80) jeder von uns Tausende von Trilliarden direkte Vorfahren. Da sieht man sofort: Das kann nicht sein, so viele Menschen hat’s nie auf der Welt gegeben. Das bedeutet wiederum, dass sich natürlich in den Generationen dazwischen auch wieder mal mehr oder weniger entfernte Verwandte begegnet sind und gepaart haben. Anders gesagt: Wenn Sie in der Antike rechnerisch Milliarden mal mehr direkte Vorfahren haben als es damals Menschen gab, dann gehört vermutlich mindestens die halbe Menschheit der Antike zu Ihren direkten Vorfahren – sofern diese Menschen Kinder hatten. Wenn man das wiederum genetisch betrachtet, bedeutet es: Wir alle haben möglicherweise ein paar Augustus-Gene, nur ist davon bei jedem von uns nicht mehr viel übrig. Jedes Elternteil gibt immer nur die Hälfte seiner Gene weiter. Da ist es auch völlig schnuppe, ob jemand Kaiser ist oder Bauer.Kaiser, Bauern, Seefahrer: Augustus-Gene sind milliardenfach verdünnt
Die "Augustus-Gene", sollte es sie geben, sind milliardenfach "verdünnt". Und selbst wenn Sie so ein Nachfahre von Augustus wären, wären sie über eine andere Linie gleichzeitig der Nachkomme einer kaukasischen Bäuerin und eines normannischen Seefahrers und vieler hunderttausend anderer Urahnen, von denen sie genauso abstammen wie von Augustus.Wed, 20 Nov 2024 - 02min - 5662 - "Da stehen einem die Haare zu Berge!" – Woher kommt die Redensart?
Angstreaktion: aufgestellte Haare
Das ist relativ gut zu erklären. Denken Sie einmal daran, wenn Ihnen zum Beispiel am Strand jemand überraschend über den Rücken streicht. Dann stellen sich Ihre Härchen auf den Armen auf. Das ist eine ganz normale Reaktion des Körpers auf Angst, aber auch auf Kälte und ähnliches. Diese Schreckreaktion kennen Sie ja auch von Tieren. So soll man die Katze auch nicht gegen den Strich bürsten. Den Tieren stellen sich die Haare auf, wenn sie wütend oder gereizt sind. Wenn jemand die Haare zu Berge stehen, ist damit diese körperliche Reaktion gemeint.Viele Nuancen: Redensarten lassen sich der Situation anpassen
Die Bedeutung muss also nicht immer auf Aggression hinweisen. Das ist das Schöne dabei: Man kann Redensarten sehr gut der Situation anpassen. Je nachdem, wo man sie verwendet, werden sie im Zusammenhang sehr gut verstanden; das ist wunderbar. Sie können also manchmal fünf, sechs, sieben verschiedene Nuancen der Bedeutung einsetzen.Tue, 19 Nov 2024 - 01min - 5661 - Wie viele Atome gibt es im Universum?
Wir sprechen in der Astronomie beziehungsweise in der Astrophysik von +/- 2, das bezieht sich auf den Exponenten. Die Zahl der Atome im Universum beläuft sich etwa auf eine Zahl im Bereich zwischen 10 hoch 84 und 10 hoch 89.
Galaxien zählen und die Atome in den Sternen hochrechnen
Niemand hat die Atome bisher gezählt und man kann sie auch nicht zählen. Aber man kann die Galaxien zählen und man weiß, wie viele Sterne sich in einer Galaxie befinden. Diese Zahl geht in die Hunderte von Milliarden. Außerdem weiß man, wie viele Atome sich in einem Stern befinden; man kennt etwa die Zahl der Atome in der Sonne. Diese muss man hochrechnen und kommt dann auf diese gigantischen Zahlen. Allerdings mit einer entsetzlichen Fehlerquote.Mon, 18 Nov 2024 - 01min - 5660 - "Bier auf Wein, das lass sein!" – Stimmt das?
Reihenfolge der Getränke spielt keine Rolle
Das hat wohl eher mit Kultur als mit Wahrheit zu tun. Wein war immer das höherwertige Getränk. Deswegen bedeutet Bier nach Wein zu trinken so eine Art kulturellen Abstieg. Das dürfte hinter diesem Spruch stecken, der an und für sich keine Bedeutung hat, denn wissenschaftlich ist das nicht haltbar. Es ist völlig egal, in welcher Reihenfolge man diese Getränke zu sich nimmt.Menge des Alkohols ist entscheidend
Auch das Durcheinander ist übrigens nicht entscheidend. Entscheidend für die Frage, wie stark der Kater am nächsten Morgen ausfällt, ist alleine die Menge an Alkohol, die man zu sich nimmt. Die Franzosen haben eine Entsprechung, die lautet: kein Rotwein nach Weißwein. Jeder weiß aber, dass ein französisches Menü den Bruch dieser Weisheit erzwingt, denn in der Regel kommt in der Menüfolge der Rotwein nach dem Weißwein.Mon, 18 Nov 2024 - 01min - 5659 - Warum heißen Zahlen, die durch 2 teilbar sind, "gerade" Zahlen?
Der Begriff "gerade" Zahl hat – das wird viele überraschen – sprachlich überhaupt nichts mit geraden Linien zu tun oder dass ungerade Zahlen als irgendwie "krummer" angesehen wurden.
Etymologie: rathjo – rathjan – girat
Die "Geradheit" von Linien bzw. von Zahlen geht auf zwei völlig verschiedene Wortstämme zurück. Die "geraden" Zahlen lassen sich zurückführen auf das gotische Wort "rathjo", was einfach "Zahl" bedeutete, und daraus wurde dann ein Verb (ge-)rathjan – zählen. Daraus hat sich im Althochdeutschen "girat" gebildet, was so viel hieß wie zählbar, gleichzählig. Warum sich die Wortbedeutung dann später reduziert hat auf "gerade" im Sinne von "in zwei gleiche Hälften teilbar", das weiß offenbar niemand so richtig. Eine Möglichkeit könnte sein: Die Vorsilbe ge- bedeutet in den germanischen Sprachen (ähnlich wie co- oder com- im Lateinischen) immer, dass etwas miteinander verbunden wird (bestes Beispiel: gem-einsam). Rathjan war "zählen", ge-rathjan könnte dann die sinngemäße Bedeutung bekommen haben "paarweise zählen", woraus sich girat "paarweise zählbar" entwickelt hat. Aber vielleicht war es auch ganz anders, darüber habe ich keine verlässlichen Quellen gefunden. Interessant wird es, wenn man noch weiter zurückgeht und fragt: Woher kommt denn dieses gotische Wort "rathjo"? Und der eine oder die andere ahnt es vielleicht schon: Das ist vermutlich eine Entlehnung aus dem lateinischen "ratio", also Vernunft, Berechnung. Die Pointe dabei ist, dass wir ja in der Mathematik einerseits gerade Zahlen haben, andererseits aber auch die Gruppe der rationalen Zahlen. Aber etymologisch sind sie eigentlich identisch, gehen auf das gleiche Wort zurück. Ein anderes Wort, wo sich der Wortstamm im Deutschen noch findet, ist die "Rate"."Gerade" Linie hat anderen Wortstamm: schnell und schlank
Die "gerade" Linie wiederum kommt von einem andern Wort, nämlich "rado" – was so viel wie "schnell" und "schlank" bedeutet hat, damit verwandt ist auch unser Wort "Rad". Man kann also sagen: Die "gerade" Linie ist mit dem "Rad" verwandt, die "gerade" Zahl dagegen mit der Rate. Das sind zwei völlig verschiedene Wortstämme, ein "Teekesselchen", wenn man so will.Sun, 17 Nov 2024 - 03min - 5658 - Gelten außerhalb des Universums andere physikalische Gesetze?
Multiversum: andere Universen sind vorstellbar
Es ist vorstellbar, dass es ganz andere Universen gibt, das läuft unter dem Schlagwort Multiversum. In unserem eigenen Universum allerdings sind wir der wissenschaftlichen Meinung, dass die Gesetze überall schon immer galten und auch überall gleichmäßig gelten. Das heißt jedoch nicht, dass wir sie alle schon kennen. Aber die Gesetze, die auf unserer Erde gelten, obwohl wir sie noch nicht alle kennen, gelten auch an anderen Stellen im Universum, sodass wir uns durchaus als ein Produkt eines normalen Prozesses unseres Universums vorstellen können. Wir gehen auch davon aus, dass Leben auf anderen Planeten in unserem Universum stattfinden kann.Ferne Galaxien: kein Hinweis auf Notwendigkeit neuer Gesetze
Wenn wir ferne Galaxien beobachten und erklären, wie diese Sterne aufgebaut sind, wie sie sich bewegen, welche Farben sie haben, dann passt das konsistent zu den physikalischen Gesetzen, die wir bereits kennen. So gibt es keine Notwendigkeit, neue Gesetze anzuwenden. Wenn es tatsächlich noch andere Universen gibt, wäre die Frage, wie man mit diesen in Kontakt treten könnte, um ihre Existenz wissenschaftlich messen zu können. Bis dahin bleibt es eine reine Gedankenkonstruktion und eine Frage der Philosophie.Thu, 14 Nov 2024 - 01min - 5657 - "Ach du grüne Neune!" – Woher kommt der Ausdruck?
Über die Herkunft sind sich die Sprach- und Sprichwortforscherinnen und -forscher nicht ganz einig. Eine Idee lautet, dass es von einem Berliner Lokal kommen könnte. Tatsächlich ist es wohl auch im 19. Jahrhundert in Berlin aufgekommen. Dieses Lokal hatte eine Adresse, die man über den Grünweg erreichte, und es hatte die Nummer 9. Dort sei es immer sehr hoch hergegangen, sodass man es sich als Ausdruck der Empörung hätte vorstellen können.
Viele Redensarten um die Farbe Grün
Man muss aber wissen, dass es sehr viele Redensarten mit dem Ausdruck "grün" gibt: Auf keinen grünen Zweig kommen, ich bin dir grün, ein grüner Junge sein usw. Es kann auch negativ behaftet sein, etwa in dem Ausdruck "grün und gelb vor Neid sein". Die Neun gehört zu den symbolischen Zahlen. Dahinter könnte demnach auch eine Zahlenmystik stehen. Aber wie gesagt: Hier stochert die Sprichwortforschung im Nebel.Sun, 10 Nov 2024 - 01min - 5656 - Warum erinnern sich Mütter schlecht an die Kindheit der eigenen Kinder?
Stilldemenz: Konzentration der Mutter ist ganz aufs Kind gerichtet
Das ist ganz unterschiedlich, aber das sind tatsächlich spannende Fragen. Wenn die Kinder noch ganz klein sind, sind die Beanspruchung des Körpers und die Aufmerksamkeit so stark auf das Kind gerichtet, dass man hier auch von einer Stilldemenz spricht. Man kann also tatsächlich sehen, dass in den Wochen und Monaten nach der Geburt eines Kindes die Anzahl der synaptischen Kontakte in einem Gehirn, das in einem Körper sitzt, der ein Kind zur Welt gebracht hat, erniedrigt sind. Das bedeutet, dass die Lernfähigkeit und damit auch das Erinnerungsvermögen in dieser Zeit eingeschränkt sind und die volle Aufmerksamkeit eben anderen Aufgaben gilt. Das hält allerdings nicht lange an und ist, zur Beruhigung der Betroffenen, vollkommen reversibel. Man kriegt alles wieder, was man in die Kinder investiert hat.Vieles kann mithilfe von Fotos oder Gesprächen doch noch erinnert werden
Man merkt das auch daran, dass man das, was man aktiv nicht erinnert hat, doch noch gespeichert hat – wenn man Filme aus der Zeit sieht, Fotos anschaut oder wenn Freunde vorbeikommen, die man lange nicht gesehen hat. Die sagen: "Als der noch klein war, war doch dies und jenes passiert." Und auf einmal denkt man: "Stimmt, da war doch was." Und dann kann man die ganze Episode auch wiedergeben. Es ist also viel mehr da, als wir bewusst abrufen können. Aber in der Tat: Direkt nach der Geburt, aber vor allem auch, wenn man zwei Kinder hat, eins vielleicht noch in den Windeln auf dem Arm, das andere rennt schon weg – das sind Situationen, die die Aufmerksamkeit voll auf die Situation richten und nicht darauf, in der Situation etwas abzuspeichern. Das heißt, unsere Aufmerksamkeit ist ständig geteilt zwischen dem, was wir selber tun, und der Beobachtung, was die Kinder gerade machen beziehungsweise den Alltag zu bewältigen. Bei geteilter Aufmerksamkeit ist es immer extrem schwierig, stabile Erinnerungen zu bilden.Im Vergessen liegt eine Chance fürs Kind
Für den Nachwuchs ist es eine große Chance, wenn die Eltern nicht in jedem Moment vor Augen haben, wie die Kinder früher waren. Denn dann sehen sie die Kinder so, wie sie jetzt sind – und nicht immer nur den kleinen Tollpatsch aus den frühen Kindertagen.Sat, 9 Nov 2024 - 03min - 5655 - Warum haben wir "die Faxen dicke"?
Vom Fickesfackes zu den Faxen
Es gibt ein altes deutsches Wort, das heißt "fickfacken"; das bedeutet, sich hin und her bewegen. Es hat auch mit "nicht lange fackeln" zu tun. Wenn jemand nicht lange fackelt, dann bewegt er sich nicht lange hin und her. Und das Hin- und Herbewegen empfand man oft als Lavieren, als etwas Unangenehmes sogar. Deswegen gab es irgendwann Fickesfackes als Bezeichnung von Streichen, die jemandem gespielt werden, als etwas sehr, sehr Unangenehmes. Weil Fickesfackes dann doch ein bisschen lang war, hat man nur noch von Fackes gesprochen. Das verkürzte sich zu den Faxen und hat sich bis heute gehalten. Damals aber, also vor locker 300 Jahren, wusste man vom Faxgerät noch nichts.Thu, 31 Oct 2024 - 01min - 5654 - "Beutelschneiderei" – Wo hat dieser Ausdruck seinen Ursprung?
Die Leute hatten früher ihre Wertsachen in Beuteln bei sich. Und Beutelschneider waren geschickt genug, um einem anderen den Beutel abzunehmen. Es gibt übrigens auch heute noch Leute, die einem die Hosensäcke oder die Rucksäcke in der U-Bahn aufschneiden. Es ist also ein "altes Handwerk", fast schon ehrenwert.
Wed, 30 Oct 2024 - 00min - 5653 - QWERTZ – Woher kommt unsere Tastaturbelegung?
Damit sich die Hämmerchen nicht mehr verklemmen
Die Antwort führt ins Jahr 1868. Am 14. Juli 1868 meldet der amerikanische Journalist, Buchdrucker und Erfinder Christopher Latham Sholes seinen Typewriter, also seine Schreibmaschine, zum Patent an. Sein Gerät hat einen Vorteil gegenüber anderen Schreibmaschinen: Die Hämmerchen, die die Buchstaben auf das Farbband drücken, verhaken sich nicht mehr ineinander. Das wurde durch eine neue Tastenanordnung möglich: Tasten häufig verwendeter Buchstabenkombinationen liegen bei Sholes weit auseinander, damit sich die Hämmerchen nicht mehr so einfach berühren. So haben zum Beispiel die Buchstaben A und L oder S und P, die häufig in Kombination vorkommen, einen sehr großen Abstand.QWERTY oder QWERTZ – auch bei Computertastaturen
Das Tastaturlayout mit QWERTY als Abfolge der obersten Zeile entwickelte Sholes auf Basis einer statistischen Untersuchung von häufigen Buchstabenkombinationen der englischen Sprache. In Deutschland lautet die Abfolge QWERTZ. Sie unterscheidet sich nur geringfügig von Sholes‘ Original und ist für die Sprachen Mittel- und Osteuropas optimiert worden. Es gab zahlreiche erfolglose Versuche, Christopher Sholes‘ Anordnung der Schreibmaschinentasten zu reformieren. Trotz allem besteht sein Layout bei Computertastaturen fort. Der Grund ist denkbar einfach: Die Macht der Gewohnheit.Wed, 30 Oct 2024 - 01min - 5652 - "Jemandem den Schneid abkaufen" – Woher kommt der Ausdruck? Was bedeutet er?
"Ihr kauft mir den Schneid nicht ab!"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (1961 - 2016) verteidigte 2010 mit dieser Formulierung die Auswahl seiner Begleiter aus der Wirtschaft bei seinen Auslandsreisen, z. B. nach Brasilien. Woher kommt der Begriff?Schneid: alter Ausdruck für Mut oder Tapferkeit
"Ihr kauft mir den Schneid nicht ab!"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (1961 - 2016) verteidigte 2010 mit dieser Formulierung die Auswahl seiner Begleiter aus der Wirtschaft bei seinen Auslandsreisen, z. B. nach Brasilien. Woher kommt der Begriff?Schneid: alter Ausdruck für Mut oder Tapferkeit
Warum überhaupt "abkaufen"? Ich kenne einige, die sich über den Satz von Westerwelle gewundert haben und spontan gesagt haben: Wie kommt der darauf, dass ihm jemand was abkauft? – Aber da sieht man schon, dass der Ausdruck "abkaufen" auch in anderen Redewendungen nicht unbedingt bedeutet "Geld für etwas ausgeben", sondern – wie bei "Das kauf ich dir nicht ab" – auch einfach heißen kann: jemandem etwas abnehmen oder jemandem etwas wegnehmen. Der Schneid ist ein altertümlicher Ausdruck für Mut, Tapferkeit, aber auch Draufgängertum. Das Wort klingt nicht zufällig wie die Schneide eines Messers. Daher kommt das nämlich. Wer also Schneid besitzt, ist forsch und entschlossen, besitzt Tatkraft. Westerwelles Satz an die Journalisten bedeutet also übersetzt: Ihr nehmt mir den Mut nicht weg, ihr entmutigt mich nicht. Warum überhaupt "abkaufen"? Ich kenne einige, die sich über den Satz von Westerwelle gewundert haben und spontan gesagt haben: Wie kommt der darauf, dass ihm jemand was abkauft? – Aber da sieht man schon, dass der Ausdruck "abkaufen" auch in anderen Redewendungen nicht unbedingt bedeutet "Geld für etwas ausgeben", sondern – wie bei "Das kauf ich dir nicht ab" – auch einfach heißen kann: jemandem etwas abnehmen oder jemandem etwas wegnehmen. Der Schneid ist ein altertümlicher Ausdruck für Mut, Tapferkeit, aber auch Draufgängertum. Das Wort klingt nicht zufällig wie die Schneide eines Messers. Daher kommt das nämlich. Wer also Schneid besitzt, ist forsch und entschlossen, besitzt Tatkraft. Westerwelles Satz an die Journalisten bedeutet also übersetzt: Ihr nehmt mir den Mut nicht weg, ihr entmutigt mich nicht.Tue, 29 Oct 2024 - 01min - 5651 - Dehnt sich das Universum unendlich aus?
Früher hatte man die Vorstellung, es würde sich immer weiter ausdehnen, dabei aber zumindest etwas langsamer werden. Das hat sich aber ins Gegenteil verkehrt, denn inzwischen wissen wir, dass es die sogenannte "dunkle Energie" gibt, die diesen Vorgang beschleunigt. Momentan gehen wir davon aus, dass das Universum ein sehr langweiliges Ende nimmt: Es dehnt sich immer weiter aus, die Sterne werden erlöschen und es herrscht einfach nur noch Finsternis.
Wie kann man sich das vorstellen – die unendliche Ausdehnung?
Das Weltall ist unendlich. Unendlich ist aber keine große Zahl, keine Quantität, wie man so schön sagt, sondern eine Qualität. Wenn Sie unendlich mit 2 multiplizieren, kommt immer noch unendlich raus. Und wenn Sie davon 50 abziehen, ist es immer noch unendlich. Unendlich ist also keine Zahl, die irgendwie festzumachen ist. Das Universum ist schon unendlich groß und dehnt sich in sich selbst aus. Das ist tatsächlich unvorstellbar, aber es ist kein Rand nötig, wohin sich das ausdehnt. Es gibt einfach nur das Universum und das kann sich in sich selbst ausdehnen.Mon, 28 Oct 2024 - 00min - 5650 - Wie beeinflusst die Ernährung der Mutter die Entwicklung des Kindes?
Fetal Programming: Prägung im Mutterleib
Das Schlagwort für diese Frage heißt "Prägung im Mutterleib" oder auf Englisch "Fetal Programming". Was steckt dahinter? Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft einen direkten Einfluss auf die Entwicklung des Kindes in der Gebärmutter hat. Darüber hinaus hat die Ernährung auch Einfluss insbesondere darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit dieses Kind später in seinem Leben bestimmte Erkrankungen haben wird. Wir müssen daher viel Aufklärung betreiben, also präventiv arbeiten, um Eltern diese Information mitzugeben. Die Tatsache, dass viele Kinder in industrialisierten Ländern schon vor dem 12. Lebensjahr unter Fettleibigkeit und Bluthochdruck leiden, also das sogenannte Metabolische Syndrom haben, hat möglicherweise damit zu tun, was die Mutter während der Schwangerschaft zu sich genommen hat.Ernährung der Mutter: Einfluss auf Geburt, Gesundheit und Wohlbefinden des Kindes
Ernährung während der Schwangerschaft wird in Zukunft für Frauenärztinnen und Frauenärzte eines der absoluten Hauptthemen sein. Süßigkeiten beispielsweise oder weißes Mehl begünstigen nicht nur Prädispositionen, also gesundheitliche Veranlagungen, sondern wirken sich auf das Wohlbefinden des Kindes und auf die Geburt aus. Der Blutzuckerspiegel hat direkten Einfluss darauf, wie leicht oder schwer die Geburt wird, ob sie pünktlich ist oder nicht, ob sie lange dauert.Gefahren: Alkohol, Nikotin, falsche Ernährung
Nikotin ist nach Alkohol die vermutlich gefährlichste Droge für die Schwangerschaft. Schwangere, die während der Schwangerschaft rauchen und sich falsch ernähren, erhöhen das Risiko ihres Kindes um das 20-Fache, dass dieses Kind vor dem 12. Lebensjahr erkranken wird, zum Beispiel am Metabolischen Syndrom. Dazu gehört auch, wenn im Umfeld der Schwangeren geraucht wird. Darum ist es wichtig, Eltern darüber zu informieren, wie sie die Gesundheit ihres Kindes schützen können.Sun, 27 Oct 2024 - 03min - 5649 - Warum sagt man: "Da liegt der Hund begraben"?
Der Hund ist eines der beliebtesten Tiere in Redensarten und Sprichwörtern. In "Wanders Deutsches Sprichwörter-Lexikon" gibt es 20 Seiten nur mit Hundesprichwörtern und -Redensarten. Insgesamt sind dort 200.000 Redensarten gesammelt.
Mit Zauber, Fluch und Wachhund Diebe vom wertvollen Besitz fernhalten
Der begrabene Hund ist spannend. Es geht nämlich um Schätze. Vergrabene Schätze hat man früher durch allerlei Flüche und andere Zaubereien versucht davor zu schützen, dass andere sie finden. Angeblich begrub man einen schwarzen Hund an dieser Stelle. Der sollte quasi über den Schatz wachen.Der begrabene Hund gibt Hinweis auf das, was wichtig ist
Wenn man nun also wusste, wo der Hund begraben liegt, dann wusste man auch: Da ist der Schatz! Da ist das Wichtige, das Wertvolle. Und so konnte sich das von dieser legendarischen, märchenhaften, zauberischen Sphäre auch auf den Alltag übertragen, wenn man also sagte: Jetzt weiß ich, was wichtig ist an der Sache! Da ist das Problem! Da liegt der Hase im Pfeffer!Tue, 22 Oct 2024 - 01min - 5648 - Beeinflusst der Klimawandel das Insektensterben?
Wärmeliebende Insekten in Deutschland
In Deutschland gibt es noch keine drastische Klimaänderung, die dazu führen würde, dass reihenweise Insekten aussterben. In einzelnen Fällen beobachten wir sogar wärmeliebende Arten, die es früher nicht bei uns gab: bestimmte Wespenarten, Schmetterlinge oder auch Käfer. Man nimmt an, dass der Klimawandel eine Rolle dabei gespielt hat, dass die heute in Deutschland vorkommen.Höhere Gräser durch mehr Düngung
Das Entscheidende im Bereich Klima und Insekten ist, dass im Grünland durch die starke Düngung viel mehr Gräser wachsen als früher, wo es eher niedrigere Kräuterarten waren. Diese Gräser wachsen sehr hoch und dadurch herrscht in dem Mikroklima, in dem die Insekten vorkommen, eher kühleres feuchteres Klima, weil es viel größere schattenwerfende Gräser gibt als früher. Das mögen die Insekten nicht so gerne. Langfristig und weltweit gesehen wird der Klimawandel sicher zu diesen Problemen massiv beitragen.Mon, 21 Oct 2024 - 01min - 5647 - Schadet es, den Urin einzuhalten, um die Blase zu "trainieren"?
Blasenkapazität vergrößert sich durch zu viel Urin
Ja, indirekt schadet das. Das lange Anhalten vom Urin führt langfristig dazu, dass sich die Blasenkapazität vergrößert. Normalerweise liegt die zwischen 300 und 550 Milliliter. Wenn man den Harn länger anhält, wird die Kapazität größer. Das führt dazu, dass man seltener auf die Toilette geht, um die Blase zu entleeren. In extremen Fällen, kann es, wenn man länger anhält, passieren, dass sich der Urin bis hoch in die Nieren staut. Daraus kann eventuell eine Druckbelastung der Nieren resultieren, was langfristig die Nierenfunktion einschränkt.Blase kann ausleiern, Restharn kann zu Infektionen führen
Wenn man das länger trainiert hat, "leiert" die Blase ein bisschen aus. Sie hat dadurch nicht mehr die Kraft, sich zusammenzuziehen und ganz zu entleeren. Dann entsteht Restharn. Den kann man sich vorstellen wie eine Pfütze Urin, die immer wieder dort stehen bleibt. Dadurch können Infekte entstehen und es können sich Giftstoffe ansammeln; sie werden nicht so gut durchgespült. Dr. Frank Becker, Urologe aus NeunkirchenTue, 15 Oct 2024 - 01min - 5646 - Werden wir durch Protein-Shakes stärker?
So einfach ist das nicht. Stärker werden wir nur durch Training, bei dem wir unsere Muskeln beanspruchen – durch Liegestütze, Kniebeugen oder Hanteltraining. Dabei kommt es nämlich in den Muskeln zu kleinen Faserrissen. Der Körper repariert die Risse und macht die Muskeln bei der Gelegenheit ein bisschen kräftiger. Dafür braucht er Proteine, denn die sind der Baustoff für neue Muskelfasern. Deshalb müssen wir also regelmäßig Proteine zu uns nehmen.Wie viele Proteine braucht man am Tag?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass wir am Tag 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu uns nehmen sollen. Wenn wir aber viel Sport machen, darf es auch etwas mehr sein. Für Menschen etwa, die mehr als fünf Stunden in der Woche Sport machen, liegt die empfohlene Menge ein Drittel höher. Und bei bestimmten Sportarten wie dem Kraftsport kann die empfohlene Menge sogar doppelt so hoch sein.Was bedeutet das für die Ernährung?
Bei einer nicht ausgeprägt sportlichen Person, die 70 Kilogramm wiegt, läge der Tagesbedarf bei 56 Gramm Protein. Das ist z.B. ein Stück Lachs von 170 Gramm und eine Handvoll Walnüsse. Da könnte man jetzt natürlich denken: Der Körper braucht Proteine, um Muskeln aufzubauen? Na, dann trinke ich nach dem Sport einen Protein-Shake oder esse einen Protein-Riegel. Das ist aber nicht nötig. Denn mit der richtigen Ernährung nehmen wie über unsere Nahrung ausreichend Proteine zu uns. Beispielsweise sind in Hülsenfrüchten, Magerquark, Hüttenkäse, Vollkornbrotoder Lachs von Natur aus viele Proteine enthalten.Im Supermarkt gibt es High-Protein-Drinks, Joghurts oder Desserts. Sind die besonders proteinreich und empfehlenswert?
Wenn auf einem Produkt "High-Protein" steht, bedeutete das nur, dass in dem Lebensmittel mindestens 20 Prozent Proteine enthalten sind. Es sagt aber nichts darüber aus, ob die Proteine von Natur aus enthalten sind, wie es beispielsweise bei Magerquark der Fall ist, oder ob sie während der Herstellung hinzugefügt wurden. Das macht am Ende für den Muskelaufbau auch keinen Unterschied. Das "Problem" ist: Viele dieser Produkte, die mit dem Label "High-Protein" angeboten werden, enthalten eine Reihe an Zusatzstoffen wie Verdickungsmittel, Emulgatoren, künstliche AromenoderSüßungsmittel. Es sind also hochverarbeitete Lebensmittel. Mit gesunder Ernährung hat das nichts zu tun. Durch sie wird unsere sportlichen Leistungen auch nicht besser. Außerdem sind sie im Schnitt dreimal so teuer wie vergleichbare Nicht-High-Protein Produkte. In der Regel sind sie also nicht nötig. Es kann aber Ausnahme-Situationen geben, z. B. wenn es nach dem Sport mal schnell gehen muss oder ich keine Zeit zum Essen habe. Dann kann so ein Protein-Shake eine sinnvolle Ergänzung sein. Und ein High-Protein-Joghurt als Nachtisch ist auch völlig in Ordnung. Wir müssen uns nur bewusst sein, dass Protein-Shakes oder High-Protein-Produkte keine ausgewogene Ernährung ersetzen.Mon, 7 Oct 2024 - 03min - 5645 - Wirkt Alkohol in verschiedenen Getränken unterschiedlich?
Zucker und Kohlensäure verstärken die Wirkung des Alkohols
Ja, auf jeden Fall! Das hat verschiedene Gründe. Eine wichtige Rolle spielt, was in einem Getränk außer Alkohol noch drin ist. Zucker verstärkt beispielsweise die Wirkung des Alkohols. Süße alkoholische Getränke steigen bekanntlich schneller in den Kopf. Oder nehmen wir Wein und Sekt. Die haben fast denselben Alkoholgehalt, aber Sekt macht deutlich schneller betrunken. Das liegt an der Kohlensäure. Die sorgt dafür, dass die Schleimhäute stärker durchblutet werden und der Alkohol schneller ins Blut kommt.Hopfen und Melatonin aus Traubenschalen entspannen
Bier wiederum enthält neben Alkohol auch Hopfen. Hopfen hat eine entspannende Wirkung; man könnte auch sagen: Er macht müde. Und zwar unabhängig vom Alkohol. Deshalb kann auch alkoholfreies Bier müde machen – das enthält ja ebenfalls Hopfen. Eine ähnliche Wirkung hat Rotwein. Da ist es nicht der Hopfen, der müde macht, sondern eine Substanz, die in den Schalen mancher Traubensorten steckt: das Schlafhormon Melatonin. Kein Wunder also, dass viele abends nach einem Gläschen Rotwein super einschlafen. An der Stelle nur die Warnung: Einschlafen ist nicht Durchschlafen! Insgesamt verschlechtert Alkoholkonsum am Abend den Schlaf – man mag besser einschlafen, wacht aber nicht unbedingt erholter auf.Welche weiteren Faktoren beeinflussen, wie betrunken Alkohol macht?
Ein wichtiger Faktor ist der kulturelle Kontext – die teils unbewussten Erwartungen, die wir mit bestimmten Getränken verbinden. Eine Studie aus Cardiff von 2017 zeigt, dass sich viele Leute nach dem Biertrinken selbstbewusster und entspannter fühlen. Bei Weißwein ist das anders, da tritt der Effekt von Entspannung und Selbstbewusstsein deutlich seltener auf. Und dann gibt es noch Hochprozentiges wie Wodka oder Whisky. Das hat oft die stärkste Wirkung: Manche fühlen sich wacher und energiegeladener, andere eher aggressiv oder unruhig. Das hängt aber auch oft davon ab, wo und in welcher Umgebung wir Schnaps trinken. Auf Partys, wo die Stimmung eh schon aufgeheizt ist, wirkt der Schnaps vielleicht anders als bei einem ruhigen Abend zu Hause.Gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern?
Frauen sagen häufiger, dass sie beim Alkoholtrinken eine Menge verschiedener Emotionen haben. Sie lachen, sind aufgedreht und manchmal weinen sie. Männer dagegen neigen eher dazu, aggressiv zu werden. Am Ende liegt’s also nicht nur am Alkohol selbst, wie wir uns fühlen. Es spielt auch eine große Rolle, was wir erwarten. Werbung, Filme und die Umgebung beeinflussen, wie wir den Alkohol wahrnehmen und wie bestimmte Getränke konnotiert sind. Das kann auch je nach Kultur variieren. Kurz: Viele Faktoren bestimmen, wie Alkohol auf uns wirkt: Was wir trinken, wie schnell wir trinken und in welchem Umfeld.Fri, 4 Oct 2024 - 03min - 5644 - Woher kommen die Namen der Wochentage?
Von Planeten zu Wochentagen
Der Grundgedanke für die Bezeichnung der Wochentage geht auf die Babylonier zurück. Schon 1000 vor Christus haben sie sich mit den Planeten befasst und den Sternenhimmel über Jahrhunderte hinweg systematisch beobachtet. Sie wussten schon, dass es Fixsterne gibt, die immer in der gleichen Anordnung bleiben, aber auch Himmelskörper, die sich relativ zu diesen Sternen bewegen – das, was wir Planeten nennen. Was die Planeten betrifft, kannten die mesopotamischen Gelehrten allerdings lediglich die, die wir heute als Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn bezeichnen. Und sie haben auch Sonne und Mond zu den Planeten gezählt. So kamen sie auf sieben "Planeten".Sieben Wochentage passen zu sieben Planeten
Und die Babylonier kannten auch schon die Sieben-Tage-Woche, sie haben sie vermutlich auch erfunden. Auf die sieben Tage kamen sie, weil ein ganzer Mondzyklus - ein "Monat" - ungefähr 28 Tage hat. Dadurch sind es je 7 Tage von einer Mondphase zur anderen. Also: 7 Tage von Vollmond bis Halbmond. 7 weitere von Halbmond bis Neumond und so weiter. Und dann haben sie offenbar beides zusammengebracht: Die sieben "Planeten" und die sieben Wochentage – denn sie waren davon überzeugt, dass es Zusammenhänge zwischen den Gestirnen und Ereignissen auf der Erde gibt. So haben sie jedem Tag der Woche einen "Planeten" zugeordnet. Denn für sie war jeder Tag von einem der Himmelsköper geprägt.Planeten, Götter, Wochentage
Diese Idee kam schließlich durch die Römer nach Europa. Die Römer hatten anfangs mit längeren Zeiträumen gearbeitet mit "Wochen" zu je 8 bzw. 9 Tagen ("Nundinum"). Die 7-Tage-Woche hat sich erst nach Christi Geburt allmählich durchgesetzt. Dabei haben die Römer von den Babyloniern eben auch das Prinzip übernommen, die Tage nach Planeten zu benennen. Und die wiederum waren bei ihnen nach Göttern benannt, wie eben: Merkur, Venus, Mars Jupiter und Saturn. In den romanischen Sprachen also beispielsweise Französisch oder Italienisch klingen noch die alten römischen Götter in den Wochentagen durch, z.B. Lundi – französisch für Montag nach der römischen Göttin Luna – oder Mercredi, also Mittwoch wie Merkur.Aber die deutschen Wochentage klingen nicht nach römischen Göttern?
Das Prinzip, die Wochentage nach Göttern zu benennen, haben die Germanen von den Römern übernommen. Weil aber im deutschsprachigen Raum germanische und nicht römische Götter etabliert waren, wurden für die Namen von römischen Göttern die germanischen Pendants eingesetzt. Das sieht man zum Beispiel bei den Wochentagen Dienstag, Donnerstag und FreitagWoher kommt der Donnerstag?
Der Donnerstag steht für den Planeten Jupiter. Im Deutschen geht die Wortgebung auf den germanischen Gott "Donar" oder "Thor" zurück, also dem Gott des Wetters. Im Englischen heißt der Tag deswegen "Thursday" also eigentlich "Thor’s Day" der Tag des Thors. In der deutschen Sprache wurde es wegen Donar zum Donnerstag. Das Pendant zu Thor ist in der römischen Mythologie der Gott "Jupiter" oder Jovis. Daher kommt in romanischen Sprachen der Name "Jueves" oder "Jeudi".Woher kommt der Freitag?
Dem Freitag hingegen wurde der Planet Venus zugeschrieben. Die römische Göttin der Liebe, Venus, ist bis heute die Namensgeberin für den Freitag in romanischen Sprachen. So sagt man zum Beispiel im Französischen vendredi, im und im Spanischen viernes. In den germanischen Sprachen dagegen steht die nordische Göttin der Liebe und Ehe Freya für den Freitag. Daher die Namen Friday und Freitag.In Sonntag und Montag klingen Sonne und Mond durch, aber was ist mit dem Dienstag?
Der Dienstag ist dem Planeten Mars gewidmet bzw. nach dem römisch-germanischen Gott Mars Thincsus benannt. In romanischen Sprachen klingt das "Mars" noch durch wie im französischen "Mardi" oder dem spanischen "Martes" . Bei germanischen Sprachen hat man sich allerdings für den zweitenTeil des Namens "Thingsus" entschieden. Und so wurde das "Thing" im Deutschen zum "Dien" in Dienstag.Es gibt keinen Gott namens "Sams". Woher also kommt der Samstag?
Eigentlich war der Samstag dem Saturn gewidmet, was man aber fast nur noch im Englischen hört: Da heißt der Tag "Saturday". In den romanischen Sprachen. Im Italienischen und Spanischen dagegen ist es der "Sabato" bzw. "Sabado". Der deutsche "Samstag" hat klanglich dagegen die stärkste Ähnlichkeit mit dem Französischen Samedi. Und das ist kein Zufall. Denn sowohl der deutschen Samstag geht wie auch die romanischen Bezeichnungen auf das griechische Wort "Sabbaton” zurück, das für den Sabbat steht. Also den jüdischen Ruhetag. Im Altdeutschen hieß der Tag noch Sambatztag und hat dem Sabbaton somit noch mehr geähnelt. Mit der Zeit hat sich im Hochdeutschen aber der Samstag etabliert.Der Name Mittwoch ist aber offenbar eine deutsche Erfindung?
Ja. In den romanischen Sprachen findet sich auch hier ein Planet: Der französische "Mercredi" kommt vom römischen Gott "Mercurius”. In den deutschen Sprachgebrauch hat sich aber der Mittwoch eingebürgert. In Deutschland galt nämlich bis zum 1976 der Sonntag als erster Tag der Woche. Da hat es noch gestimmt, dass der Mittwoch wirklich die Mitte der Woche war. Heute stimmt die Zählweise zwar nicht mehr, aber der Tagesname ist geblieben! Er stimmt heute nur noch, wenn man ihn auf eine typische heutige Arbeitswoche bezieht, die von Montag bis Freitag geht – nur dann ist der Mittwoch noch in der Mitte der Woche.Wed, 28 Aug 2024 - 04min - 5643 - Wie gefährlich ist es, wenn Medikamente heiß werden?
Asthmaspray kann Wirkung verlieren, Pillen sind weniger empfindlich
Wenn zum Beispiel ein Asthmaspray zu lange in der direkten Sonne steht, dann heizt es sich sehr stark auf und dadurch kann es die Wirkung verlieren. Zumindest ist nicht mehr sichergestellt, dass immer genau die richtige Menge Wirkstoff raus kommt – das kann bei einem Asthma-Anfall gefährlich werden. Tabletten oder Kapseln hingegen sind relativ unsensibel, die haben in der Regel keine großen Probleme mit hohen Temperaturen. Es wird aber trotzdem empfohlen, sie bei höchstens 25° zu lagern – einfach als Vorsichtsmaßnahme.Welche Medikamente sind besonders betroffen ?
Vor allem die Medikamente, die ganz generell kühl gelagert werden sollen. Dabei bedeutet kühl tatsächlich im Kühlschrank. Insulin zum Beispiel – das gilt aber das ganze Jahr über und nicht nur im Hochsommer. Auch Zäpfchen sind empfindlich – die bestehen aus Fett und lösen sich bei Hitze auf. Aber auch Cremes und Salben können schmelzen und sich in ihre Bestandteile auftrennen. Wenn ein Medikament einmal geschmolzen ist, sollte man es übrigens auch dann nicht mehr verwenden, wenn es wieder abgekühlt und fest geworden ist. Der Wirkstoff könnte sich nämlich in der flüssigen Form ungleichmäßig verteilt haben und dann haben das Zäpfchen oder die Salbe nicht mehr die gewünschte Wirkung.Wie merke ich, dass ein Medikament seine Wirkung verloren hat ?
Die meisten Veränderungen sind von außen nicht erkennbar. Aber wenn man sieht, dass die Tabletten spröde werden oder sich verfärben, wenn Salben oder Säfte die Konsistenz verändert haben, also wenn man irgendeine Veränderung an den Medikamenten wahrnimmt, dann sollte man lieber einmal in der Apotheke nachfragen, bevor man sie weiter nimmt. Das Gleiche gilt, wenn man sich nicht sicher ist, ob ein Medikament vielleicht doch zu heiß geworden ist. Lieber einmal zu viel nachfragen.Wie gehe ich mit Medikamenten bei großer Hitze um?
Alles, was nicht sowieso in den Kühlschrank muss, sollte in der Wohnung an einen halbwegs kühlen Ort. Das könnte zum Beispiel der Hausflur sein. Bei den paar extrem heißen Tagen muss man sich aber noch keine Sorgen machen, gerade Tabletten halten das aus. Es muss also nicht vorsichtshalber die komplette Hausapotheke in den Kühlschrank umziehen. Wichtig ist aber: Die Medikamente sollten nicht in der prallen Sonne liegen und auch nicht in einem geparkten Auto gelagert werden – das erreicht schnell Temperaturen, die auch die stärkste Tablette nicht aushält. Falls man aber in die Hitze muss und seine Medikamente mitnehmen muss, dann sollte man die auf jeden Fall in eine Isoliertasche oder Styroporbox packen.Sun, 28 Jul 2024 - 01min - 5642 - Warum schmilzt Schokolade je nach Sorte bei unterschiedlichen Temperaturen?
Milchfett senkt den Schmelzpunkt der Schokolade
Vollmilchschokolade zum Beispiel ist weicher, schmilzt früher als Bitterschokolade. Das liegt an den Milchbestandteilen. Vollmilchschokolade enthält immer Milchfett, und das senkt den Schmelzpunkt, sodass die Schokolade schon bei relativ niedrigeren Temperaturen weich wird. Bitterschokolade enthält in der Regel keine Milchbestandteile, dafür umso mehr Kakaomasse – und Kakaomasse ist nichts anders als zermahlene Kakaobohnen, also eine ohnehin "feste" Substanz. Durch den höheren Kakaomasseanteil ist die Mischung der Bitterschokolade bei gleicher Temperatur fester und härter als Milchschokolade.Ab 23°C wird Schokolade weicher, ab 37°C wird sie flüssig
Generell besteht Schokolade aus sehr unterschiedlichen Substanzen, deshalb hat Schokolade keinen scharfen Schmelzpunkt. Ab ca. 23°C wird sie zunehmend weicher und oberhalb von 37°C – sprich Körpertemperatur – ist sie flüssig. Es ist bekannt, dass man Schokolade nicht lange ungestraft einfach so in der warmen Hand halten sollte.Gefüllte Schokolade ist besonders empfindlich
Besonders empfindlich ist Schokolade mit Füllung. Das liegt daran, dass die Füllungen selbst entweder bereits flüssig sind oder bei Zimmertemperatur schon ziemlich weich sind. Bei der gefüllten Schokolade muss nur noch die schokoladige Ummantelung schmelzen; das geht dann einfach schneller als bei massiver Schokolade.Thu, 29 Aug 2024 - 01min - 5641 - Wie gefährlich sind Blitze für Fische, Enten oder Schwäne?
Es kommt vor, dass Fische oder Enten von einem Blitz getötet werden. Dass wir das so selten erleben, liegt wohl daran, dass wir bei solchem Wetter selten ein Picknick am See machen. Es passiert aber auch nicht so oft. Warum werden wir bei Gewitter aus dem Schwimmbad gejagt? Weil das Schwimmbad oder der See eine große flache Wasserfläche ist und jeder, der darin schwimmt, herausragt – und Blitze suchen sich ja bekanntlich den höchsten Punkt in der Landschaft.
Strom verteilt sich nach Blitzschlag rasch im See und wird "verdünnt"
Eine Ente ragt auch aus dem Wasser heraus, und ein Schwan noch weiter, deshalb sind beide gefährdet. Aber generell werden Wasserbewohner tatsächlich nicht so oft von einem Blitz erschlagen. Das liegt zum einen daran, dass sich der Strom im Wasser relativ schnell "verdünnt". Verdünnen nur im übertragenen Sinn: Natürliches Wasser enthält viele gelöste Stoffe und ist deshalb ein sehr guter Stromleiter. Deshalb ist der Föhn in der Badewanne so gefährlich. Aber gerade weil Wasser ein sehr guter Leiter ist, breitet sich der Strom von der Einschlagstelle des Blitzes sofort in alle Richtungen aus – zur Seite und in die Tiefe. So verteilt er sich in alle Richtungen. Dabei nimmt mit zunehmender Entfernung vom Einschlagpunkt die Stromdichte schnell ab. 50 bis 100 Meter neben der Stelle, wo ein Blitz einschlägt, ist die Stromdosis kaum noch gefährlich.Fische "nützen" dem Blitz kaum beim Aufbau der Spannung
Die Fische haben noch einen Vorteil: Sie schwimmen im Wasser, nicht an der Wasseroberfläche. An Land hingegen fungieren Menschen und Tiere wie Stromleiter. Das heißt, der Blitz bzw. der Strom sucht sich den Weg im Zweifel durch unsere Körper hindurch, weil auch wir zu zwei Dritteln aus Wasser bestehen und deshalb viel bessere Stromleiter sind als die Luft um uns herum. Wir dienen also dem Blitz als Stromkabel. Die Situation im Wasser ist völlig anders, weil das Wasser selbst ja schon den Strom ziemlich gut leitet. Deshalb ist für den Blitz der Fisch auch kein besonderer Anziehungspunkt, denn der leitet den Strom nicht schneller als das Wasser um ihn herum. Je kleiner ein Tier ist, desto weniger Schaden richtet der Blitz an, weil er im kleinen Körper nicht so große Spannungen aufbauen kann. Trotzdem: Es kommt durchaus vor, dass bei einem Gewitter Fische getroffen werden. Aber für die Fische ist es nicht so gefährlich wie für die Menschen, die groß sind, an der Oberfläche schwimmen und dort einen richtigen Köder für den Blitz darstellen.Sat, 31 Aug 2024 - 03min - 5640 - Woher kommt der Name "Studentenfutter"?
Das Wort "Studentenfutter" taucht schon im 17. Jahrhundert auf. Konkret: 1691 in einem deutschen Wörterbuch von Kaspar von Stieler mit dem Titel "Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs". Dort findet sich ein Eintrag "Studentenfutter" und dazu die lateinische Erklärung: "amygdala cum uvis passis mixta" – also: "Mandeln, gemischt mit Rosinen".
Was haben Studenten mit dem Studentenfutter zu tun?
Das wird in einem Buch über Kochkunst Anfang des 19. Jahrhunderts erklärt. Dort wird Studentenfutter als typische "Schleckerei" von Studenten beschrieben. Quasi als Snack der Gymnasiasten und Studenten. Der Nuss-Frucht-Mix ist zu dem Zeitpunkt aber lange noch nicht so ausgefallen wie heute und besteht ausschließlich aus Rosinen und Mandeln.Warum ist die Mandel-Rosinen-Mischung bei Studenten so beliebt?
Das lag einerseits an den schlechten Essensmöglichkeiten auf dem Campus von Gymnasien und Universitäten. Die Schulen waren nämlich nicht wie heute mit Mensen oder Cafeterien ausgestattet. Da haben sich die Schüler ihre "Schleckereien" eben von zu Hause mitgebracht. Neben süßen Backwaren waren es dann auch mal Mandeln und Rosinen. Studenten kamen außerdem meist aus wohlhabenden Familien. Nun waren Nüsse und Trockenobst recht teuer – es waren Luxusartikel, die sich nur gehobene Gesellschaftsschichten mit genügend Geld leisten konnten. Und weil es vor allem in reicheren Familien möglich war, die Söhne auf Gymnasien zu schicken, etablierte sich gerade in diesen Kreisen das sogenannte "Studentenfutter".Spielten gesundheitliche Überlegungen eine Rolle?
Ja, man ist damals davon ausgegangen, dass Nüsse gut für die Konzentration seien. Trockenobst wiederum sollte gegen verschiedene Krankheiten helfen. So wurde den Studenten zum Beispiel in Gesundheitsratgebern empfohlen, gegen Schwindsucht oder Verstopfung Rosinen oder getrocknete Pflaumen zu essen.Fri, 23 Aug 2024 - 01min - 5639 - Ist der Döner eine deutsche Erfindung aus Berlin?
Das hört man oft, ist aber nicht einmal eine Halbwahrheit. Das Prinzip des Döner Kebab stammt eindeutig aus der Türkei und ist schon Anfang des 19. Jahrhunderts in der westanatolischen Stadt Bursa belegt.
Was bedeutet "Döner"?
"Döner" heißt "rotierend", "Kebab" ist Grillfleisch (auch das auf dem Balkan verbreitete "Ćevapčići" leitet sich daraus ab) "Döner Kebab" entsprechend: "Rotierendes Grillfleisch". Dieses Verfahren: Fleisch ggf. verschiedener Sorten – anfangs primär Rind oder Kalb, Hammel oder Lamm – aufzuspießen, rotieren zu lassen, dabei zu grillen und dann immer den äußeren Rand abzuschneiden – das gab’s damals in Bursa auch schon. Vielleicht war es sogar damals bereits weiter verbreitet, aber für Bursa ist es auf jeden Fall belegt. Dort lebte in auch ein Koch namens Iskender, dem die berühmte nach ihm benannte Variante des Iskender Kebab etabliert hat: Döner-Fleisch mit Jogurt, gegrillten Paprika und Tomaten.Woher kommt die Behauptung, Döner sei eine deutsche Erfindung?
Und doch hört man immer wieder, der Döner sei 1972 in Berlin erfunden worden. Woher stammt diese Erzählung? Tatsächlich gab es damals einen Gastarbeiter aus der Türkei, Kadir Nurman, der war schon 1960 erst nach Stuttgart gekommen und zog 1966 nach Berlin. Er arbeitete erst als Kaufmann, dann als Monteur und hatte schließlich eine Idee. Er kannte Döner Kebab aus seiner türkischen Heimat. Allerdings war das dort ein normale Mahlzeit, die man, oft in guten Restaurants, auf Tellern servierte, mit Reis oder anderen Beilagen.Deutsch am Döner ist vor allem das Brot
Er dagegen hatte den Eindruck, dass es im betriebsamen Deutschland einen Markt geben könnte für schnelle Mahlzeiten. Das Konzept "Imbiss" gab es damals eigentlich nur in Form von Brat- oder Currywurst. Und so machte Kadir Nurman aus dem einstigen Tellergericht "Döner Kebab" eine Imbiss-Mahlzeit, steckte das vom Spieß abgeschnittene Fleisch in ein Fladenbrot (Pide) mit ein paar Zwiebeln dazu, und so gab es Döner auf die Hand. Das war noch sehr schlicht, ohne viel Soße, nicht „mit allem und scharf“, das kam erst später. Aber Kadir Nurman war der Begründer einer eigenen deutsche Döner-Imbiss-Kultur, die sich von Berlin aus in die übrige Bundesrepublik ausbreitete und die längst weltweit kopiert wird. Insofern kann man sagen: Kadir Nurman hat den Döner in Deutschland eingeführt, die Fladenbrot- und damit Imbiss-Variante erfunden und somit, das, was der Deutsche landläufig unter einem "Döner" versteht - aber das Gericht „Döner Kebab“ gab es schon mindestens 150 Jahre vorher in der Türkei.Sun, 11 Aug 2024 - 02min - 5638 - Warum sind wir "bass erstaunt"?
(Nicht) geeignet für Bassisten-Witze
Darüber wurden schon viele Bassisten-Witze gemacht, aber "bass erstaunt" hat nichts mit tiefen Tonlagen zu tun. Vielmehr bedeutete das Wort "bass" früher einfach so viel wie "sehr" oder "stark". Und noch früher, im Mittelalter, bedeutete bass das Gleiche wie "besser", war also eine Steigerungsform von "gut". Gut, besser, am besten – so wird das Wort heute gesteigert. Früher benutzte man statt "gut" eher das Wort "wohl". Vor allem als Adverb wie in: "Das kann ich mir wohl vorstellen!" – Die Steigerungsform zu "wohl" war "bass". Das hat sich verselbständigt und "bass" wurde zu einem eigenen Adverb mit der Bedeutung "sehr", "äußerst", während sich als Steigerung von "gut" und "wohl" die Wortform "besser" durchsetzte. Oder eben "wohler": "Ich würde mich wohler fühlen, wenn die deutsche Sprache einfacher wäre."Nicht nur erstaunt: Andere Verwendungen von "bass"
Als "bass" die Bedeutung von "sehr" oder "äußerst" bekam, konnte man eben auch "bass erstaunt" sein, also ziemlich. Aber das Wort kam auch in anderem Zusammenhang vor. Davon zeugt das Gedicht "Das Hemmed" (Das Hemd) von Christian Morgenstern: "Kennst du das einsame Hemmed?" heißt es dort. "Ders trug, ist baß verdämmet!" – Das Hemd ist einsam, weil sein Träger tot ist, verdammt. Und zwar nicht nur ein bisschen verdammt, sondern "baß verdämmet", also ziemlich verdammt. Das Gedicht ist von 1887, damals wurde das Wort "bass" offenbar noch in anderen Zusammenhängen eingesetzt. Heute dagegen kommt es nur noch in Verbindung mit "erstaunt" vor – viele benutzen den Ausdruck, wissen aber gar nicht, warum. Eigentlich bass erstaunlich! Der Bass in der Musik hat dagegen andere Wurzeln. Er kommt, wie viele musikalische Ausdrücke, aus dem Italienischen. "Basso" ist das italienische Wort für "niedrig" oder "tief". Das kann man natürlich auch auf Töne beziehen. Tiefe Töne sind schließlich das, was ein Bass hervorbringt – egal ob gesungen, gestrichen oder gezupft.Mon, 5 Aug 2024 - 02min - 5637 - Rosé, Weißherbst, Schillerwein – Was sind die Unterschiede?
Roter Farbstoff steckt meist in der Beerenhaut
Roséwein und Weißherbst entstehen dadurch, dass man rote Trauben relativ schnell abpresst. Der rote Farbstoff ist bei den meisten Traubensorten in den Beerenhäuten. Wenn man diese Trauben kurz einmaischt oder als ganze Traube auf die Kelter tut und sofort presst, kommt sehr wenig von der roten Farbe aus den Beerenhäuten mit. Im Extremfall kann man so einen Weißwein aus roten Trauben erzeugen. Weißer Wein aus roten Trauben heißt auf Französisch Blanc de Noir.Weißherbst muss reinsortig sein, Rosé darf Cuvée sein
Der Weißherbst muss nach deutschem Recht – diesen Wein gibt’s nur in Deutschland – ein reinsortiger Wein sein: Portugieser Weißherbst, Trollinger Weißherbst, Spätburgunder Weißherbst. So etwas wie "Cuvée-Weißherbst" ist nicht erlaubt. Ein Rosé darf eine, muss aber keine Cuvée sein. Viele Winzer stellen Rosé Cuvées her, sie nennen aber auch ihre reinsortigen Roséweine Rosé. Sie meinen, dass das moderner sei und die jungen Verbraucher auf Rosé abfahren. Wenn man Weißherbst drauf schriebe, würden sie es nicht haben wollen.Schillerwein: Produkt aus roten und weißen Trauben
Der Schillerwein ist eine Vermählung von Weiß- und Rotwein. Der Schillerwein heißt als Oberbegriff im Deutschen Weinrecht übrigens Rotling. Es gibt auch Badisch Rotgold, dafür sind die Sorten Grauburgunder und Spätburgunder vorgeschrieben, aber auch das ist je eine rote und eine weiße Sorte. Man kann Schillerwein auch aus jeder anderen beliebigen Sorte herstellen.Mon, 5 Aug 2024 - 02min - 5636 - Wie spannt eine Spinne ein Netz zwischen zwei entfernten Bäumen?
Woher weiß die Spinne, dass da noch ein anderer Stamm ist?
Sie weiß es nicht. Anders als Tarzan, der mit einer Liane in einer Baumkrone steht und die andere schon im Visier hat, hat die Spinne, die auf einem Ast sitzt, keine Ahnung, wie weit der nächste Baum entfernt ist. Deshalb lässt sie es einfach mal darauf ankommen. Zunächst wartet die Spinne ab, bis ein leichter Wind weht – nur ein leichter, es darf nicht stürmen – streckt ihren Hintern in die Luft, sodass der Spinnfaden austritt. Also ein bisschen wie Rapunzel, nur dass die Spinne nicht ihr Haar herunterlässt, sondern einen Spinnfaden. Der Wind kommt, nimmt den Faden mit und zieht dabei den Faden immer weiter aus der Spinne heraus. Jetzt hat die Spinne entweder Pech, das heißt: weit und breit erwischt sie keinen Anknüpfungspunkt, an dem der Faden hängen bleibt. Das ist aber nicht schlimm: Dann holt sie den Faden einfach wieder ein, recycelt das Material und versucht es unter Umständen von neuem. Oder aber der Faden bleibt tatsächlich an einem benachbarten Baum oder Ast hängen. Wenn die Spinne merkt, dass Spannung auf den Faden kommt, macht sie weiter und läuft über den Faden ans andere Ende. Das ist natürlich ein Balanceakt, deshalb zieht sie einen Sicherheitsfaden hinter sich her – wenn sie abstürzt, kann sie sich daran wieder hochziehen. Wenn sie aber nicht abstürzt und heil über den Faden ans andere Ende gelangt, hat sie einen ersten Rahmen- oder Brückenfaden, mit dem sie dann weiter machen kann.Wie weit darf der Nachbarbaum höchstens entfernt sein, damit die Spinne zwischen den Bäumen ein Netz aufspannen kann?
Das hängt von der Spinnenart ab. Das können schon mehrere Meter sein, zumal der Brückenfaden sehr stabil ist. Es gibt sogar Spinnen in Madagaskar – die wurden erst kürzlich wissenschaftlich beschrieben – die regelmäßig Netze produzieren, die ein ganzes Flussufer überspannen. Ausgangspunkt sind auch hier Äste, die über dem Fluss hängen, aber diese Spinne schafft es tatsächlich, über die gesamte Flussbreite ein Netz aufzuziehen und dabei 25 Meter zu überbrücken. Diese Spinnenart heißt Caerostris darwini – einen offiziellen deutschen Namen gibt es noch nicht, in Presseberichten wird sie als "Darwins Rindenspinne" bezeichnet. Was bei ihr auch bemerkenswert ist: Ihre Spinnseide ist extrem reißfest. Sie ist überhaupt nicht zu vergleichen mit normalen Spinnenfäden, sondern eher so wie die Saiten bei einem Tennisschläger. Die Forscher sagen, es ist das zäheste von der Natur produzierte Material, das bisher bekannt ist. Klar: Es muss ja auch so fest sein. Ein solche großes und schweres Netz, in dem sich dann auch noch richtig große fette Beute-Insekten verfangen, würde ja sonst reißen.Wed, 31 Jul 2024 - 02min - 5635 - Können Spinnen hören?
Spinnen haben keine Ohren – nach heutigem Forschungsstand
Spinnen haben nach heutigem Stand keine Ohren. Sie können trotzdem im weitesten Sinn so etwas wie "hören". Man kann sich das vorstellen, wenn wenn man überlegt, wie unsere Ohren funktionieren. Die registrieren Luftschwingungen – Schall ist ja nichts anderes als Luftschwingungen – und zwar mithilfe von ganz feinen Härchen im Innenohr.Spinnen registrieren kleinste Schwingungen und Vibrationen
Spinnen haben ebenfalls ganz viele feine Härchen, allerdings nicht in einem Ohr, sondern an den Beinen und auch sonst am Körper. Auch diese Härchen registrieren kleinste Schwingungen bzw. Vibrationen – seien es Bewegungen auf dem Ast, auf dem sie sich gerade befinden, oder der Hauswand, aber eben auch Luftschwingungen. Das heißt nicht, dass sie hören können in dem Sinn, dass sie so etwas wie einen Klang wahrnehmen. Aber sie können die Art von Luftschwingungen, die für uns einen Klang erzeugen, durchaus registrieren. Und das teilweise sogar über eine Entfernung von mehreren Metern, wie Forscher an Springspinnen herausgefunden haben. Ob sie dann weglaufen, ist noch eine andere Frage, aber sie können sie registrieren. Als Sinnesorgan ist es jedoch eher ein Tastsinn als ein Hörsinn. Das heißt, sie haben zwar keine Ohren, aber verschiedene andere Sinnesorgane, die wir nicht haben und die wirklich feinste Bewegungen registrieren.Kann es sein, dass bei Spinnen doch noch Ohren entdeckt werden?
Ich hatte ja gesagt, nach "heutigem Stand" haben sie keine. Denn bei Insekten, also Fliegen, Mücken dachte man auch lange, dass sie keine Ohren haben. Erst vor ein paar Jahren hat man dann entdeckt, dass sie doch welche haben. Das Kuriose bei den Insekten: Diese Hörorgane sitzen an ganz verschiedenen Orten – also nicht unbedingt am Kopf, sondern auch mal an den Flügeln oder unten am Bauch. Manchmal natürlich auch am Kopf. Das hat man erst vor wenigen Jahren entdeckt. Deshalb: Wer weiß, vielleicht entdeckt man ja bei den Spinnen auch noch Ohren.Sat, 27 Jul 2024 - 02min - 5634 - Warum vergeht die Zeit im Alter schneller?
Schon viel erlebt
Zum einen setzen wir die Zeit, die wir erleben, ins Verhältnis zu der Zeit, die wir schon erlebt haben. Für einen Zehnjährigen ist ein Jahr ein Zehntel seiner gesamten Lebenszeit, für eine Fünfzigjährige ist das selbe Jahr nur ein Fünfzigstel – sie hat schon 49 andere erlebt. Das ist ein Grund, warum uns das fünfzigste Lebensjahr kürzer vorkommt als das zehnte. Hinzu kommt: Die Zeit erscheint uns im Rückblick umso länger, je mehr passiert ist. Das bestätigt der Psychologe Marc Wittmann, der sich in Freiburg intensiv mit dem Phänomen Zeiterleben beschäftigt:Je mehr Inhalte im Gedächtnis, auch emotionale Inhalte – wenn ich zurückblicke auf den letzten Tag, die letzte Woche, das letzte Jahr – desto länger kommt mir dann auch dieses Zeitintervall vor.
Quelle: Marc Wittmann
In den ersten 30 Jahren passiert mehr Neues
Und das gilt auch fürs ganze Leben. In den ersten dreißig Lebensjahren passiert viel: Wir werden groß, Schule, Ausbildung, oft eine Reihe von Partnerschaften. In den zweiten dreißig Jahren kann sich auch noch einiges tun, aber in der Regel weniger. Wir bleiben so groß wie wir sind, die Persönlichkeit ist schon ausgebildet, unser Alltag ändert sich über lange Zeit oft nur wenig.Im Alter passiert weniger "zum ersten Mal"
Deshalb kommen Menschen im Rückblick die ersten 30 Jahre länger vor. Denn da passiert so viel, auch emotional. Vieles passiert zum ersten Mal, erste Liebe, erster Sex, erste eigene Wohnung, erster Urlaub ohne Eltern, der erste Job, alles aufregend. Je älter wir werden, desto mehr haben wir schon von der Welt gesehen, desto weniger passiert "zum ersten Mal". Es gibt weniger einschneidende Ereignisse. Auch das erklärt, warum die Zeit im Alter scheinbar schneller vergeht.Kürzere Zeitspannen werden ähnlich lang erlebt
Zumindest gilt das, wenn wir auf längere Zeitspannen zurückblicken, etwa auf die letzten fünf oder zehn Jahre. Bei kürzeren Zeitspannen trifft das nicht unbedingt zu. Eine Woche oder einen Tag empfindet eine 20-Jährige nicht unbedingt länger als ein 60-Jähriger. Da kommt es sehr stark darauf an, was in dieser Zeit konkret passiert.Langweilige Zeiten sind in der Erinnerung kurz
Und dabei gibt es noch ein interessantes Phänomen. Psychologen unterscheiden nämlich zwischen der Zeit, die aktuell vergeht, und der Zeit, auf die wir zurückblicken. Ein aufregender zweiwöchiger Urlaub mit vielen eindrucksvollen Erlebnissen vergeht gefühlt recht schnell – in der Erinnerung nehmen diese zwei Wochen aber viel mehr Raum ein, als wenn man die selben zwei Wochen im Büro verbracht hätte. Umgekehrt: zwei Stunden im Wartezimmer einer Arztpraxis können sich endlos hinziehen – im Gedächtnis bleiben sie dagegen allenfalls als kurze Momentaufnahme. Anders ausgedrückt: Langweilige Zeiten sind in der Erinnerung kurz und kurzweilige in der Erinnerung lang – und das gilt für Jung und Alt gleichermaßen.Thu, 25 Jul 2024 - 02min - 5633 - Warum sagt man "nach Strich und Faden"?
Qualitätsausdruck der Schneiderzunft
Dabei geht es um die Schneiderzunft. "Strich und Faden" hängt damit zusammen, dass sich das Gewebe aus zwei sich kreuzenden Fäden zusammensetzt. Die nennt man "Strich" und "Faden". Mit einem Fadenzähler – Sie kennen vielleicht diese kleinen Lupen – kann man feststellen, ob das Gewebe in Ordnung ist. Das haben die Meister gemacht. Wenn der Geselle nach Strich und Faden gut gearbeitet hatte, dann war das eine sehr gute Arbeit. Aus dieser Verwendung, die positiv war, hat sich dann die Bedeutung "umfangreich" oder "im genauen Sinne" oder "vollkommen" herausgebildet. Wenn man also man jemanden nach Strich und Faden belügt, dann macht man das in vollkommener Weise. Aber eigentlich war es ein Qualitätsausdruck im Bereich der Schneiderzunft.Aus dem maritimen Bereich, wo man in "Faden" misst, kommt der Ausdruck nicht?
Ich muss Sie enttäuschen, es ist leider nicht maritim. Ich habe für die Zeitschrift "mare" einen Essay über maritime Redensarten geschrieben. Da gibt es wundervolle Ausdrücke wie : "Den Wind aus den Segeln nehmen" oder eine "Breitseite" oder "auf Grund laufen", "durch den Wind sein" – das ist ein ganz wunderbarer Bereich.Tue, 16 Jan 2024 - 02min - 5632 - Was ist Schwerkraft?
Newton war der erste, der sich über die Schwerkraft größere Gedanken gemacht und eine Formel dafür gefunden hat. Für ihn war die Schwerkraft eine ominöse seltsame Fernwirkung, die irgendwoher kam. Einstein fand eine andere Antwort; er sagte: Es gibt eigentlich gar keine Schwerkraft, sondern der Raum selbst ist verbogen; er wird ein physikalisches Objekt. Ein schwerer Körper wie die Sonne beispielsweise verbiegt den Raum um sich herum so, als ob Sie – stellen wir uns das im Modell vor – ein gespanntes Tischtuch haben und dort eine Kugel einsinken lassen, sodass sich drum herum eine Mulde bildet. Wenn Sie nun eine kleinere Kugel nehmen, sie anschubsen und die größere und schwerere Kugel umfahren lassen, dann stellen Sie fest, dass diese kleine Kugel gar nicht anders kann, als in diesem Trichter quasi auf dem Kreis laufen.
Warum bewegen sich die Gegenstände auf der Erde in Richtung Mittelpunkt der Erde?
Weil die Erde auch den Raum verbiegt. Die Erde – zumindest nach der Einsteinschen Sprechweise – verbiegt den Raum. Und alle Körper, die sich bewegen wollen, laufen nicht auf geraden Linien, wie man das auf einem Blatt Papier oder einem geraden Tisch hätte, sondern wenn Sie das loslassen, bewegen sie sich in einem Trichter, eigentlich einem Raumtrichter. Wenn Sie einen Stein hochwerfen, fliegt der aus diesem Grund nicht geradeaus, sondern bewegt sich zurück. Was wiederum verbiegt den Raum? Was führt zum Raum, oder wie für Newton, was ist die Schwerkraft? Da sind wir an einem ziemlich dicken Brett angekommen, das es zu bohren gilt, das aber eigentlich die ganze Physik nicht beantworten kann. Das „Warum“ können wir nicht beantworten, sondern nur das „Wie“.Wed, 13 Oct 2021 - 02min - 5631 - Wie wird man einen Schottergarten wieder los?
Dickblattgewächse und Steppenstauden
Drei kurze Tipps: Wenn es ein ganz kleiner Schottergarten ist, kann man einfach schöne große Terrakotta-Töpfe draufstellen. Die kann man mit Sedum bepflanzen, also mit Dickblattgewächsen, und mit Steppenstauden. Das sieht schon mal schön aus. Der zweite Tipp: Man holt nur die Folie raus und lässt den Schotter drauf. Dann bepflanzt man mit Mönchspfeffer oder Sonnenhut – also mit Pflanzen, die trockene Standorte mögen. Die dritte Möglichkeit: Alles rausnehmen und dann ein schönes Konzept entwickeln. Am besten mit Stauden. Hier gibt es die Steppenstauden-Konzepte – die wachsen üppig ohne viel Wasser zu brauchen. Die lieben die Sonne und sind noch dazu insektenfreundlich. Ich kann nur appellieren, mal eine schöne Aktion zu machen – wenn man wieder die Möglichkeit hat vielleicht auch mit Nachbarn und Freunden – und gegenseitig den Vorgarten aufzuschönen. Das macht nicht viel Arbeit, dafür aber viel Freude.Unterstützung durch Städte und Gemeinden
Viele Städte und Gemeinden bieten auch Unterstützung. In Rheinland-Pfalz unterstützt z.B. Wörrstadt diejenigen, die den Schottergarten zurückbauen wollen. Die nehmen den Schotter mit und bringen den auf Waldwegen aus. Oder sie geben Pflanzempfehlungen. Man kann da in seiner Gemeinde nachfragen. Ich bin ein großer Fan vom Rückbau. Der ist nicht schwierig, den kann jeder machen und Hilfe bekommt man auch.Thu, 22 Apr 2021 - 01min - 5630 - Was bedeutet "Staatsräson"?
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte 2008 in der israelischen Knesset: Die Sicherheit sei "Teil der deutschen Staatsräson". Merkels Nachfolger, Bundeskanzler Olaf Scholz, hat das nach den Angriffen der Hamas auf Israel im Oktober 2023 wiederholt. Diese Sätze gingen so durch die Medien, dass viele das Wort "Staatsräson" fast nur im Zusammenhang mit Israel kennen. Dabei führt das auf eine falsche Fährte.
Keine moralische Überzeugung, sondern von nationalen Interessen motiviert
Deutschland leitet seine Solidarität gegenüber Israel auch aus der deutschen Vergangenheit ab, dem Holocaust. Und so entsteht der Eindruck, dass Staatsräson so etwas bedeutet wie eine selbstauferlegte moralische Verpflichtung. Dabei bedeutet das Wort eigentlich genau das Gegenteil. Nämlich gerade keine moralische Überzeugung, sondern eine rein vom nationalen Interesse geleitete.Begriff "Staatsräson" geht zurück auf Machiavelli und Botero
Der Begriff ist schon 500 Jahre alt und geht auf die Herrschaftstheorien von Niccolò Machiavelli (1469 - 1527) und Giovanni Botero (1544 - 1617) zurück. Staatsräson war bei Botero das, was dazu dient, die staatliche Herrschaft aufrechtzuerhalten. Eine besondere Bedeutung erhielt das Konzept nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648), im Westfälischen Frieden (1648). Dort haben die vom Krieg gebeutelten Staaten vereinbart, dass sie gegenseitig in Ruhe lassen – trotz ihrer vor allem religiösen Unterschiede. Katholiken hier, Protestanten dort – kein Staat sollte mehr versuchen, seine religiösen, politischen oder sonstigen Vorstellungen einem anderen Volk mit Gewalt aufzuzwingen. Vielmehr haben die bestehenden Staaten in ihren jeweiligen Grenzen eine Existenzberechtigung. Und die Staaten waren sich einig, dass es im Sinne eines Kräftegleichgewichts sogar gut ist, wenn es mehrere Machtzentren in Europa gibt. Das bedeutete im Klartext auch eine Machtverschiebung innerhalb der Staaten: Nicht mehr die Kirchen sollten das staatliche Handeln bestimmen, sondern das, was für den Erhalt der Staaten gut und nützlich war, eben: Die Staatsräson, als nationales Interesse.Staatsräson kann in Konflikten stehen mit anderen Werten
Das war die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs, der deshalb auch nicht immer nur positiv gemeint war. Denn die Staatsräson kann ja hier und da im Konflikt stehen mit anderen Werten – etwa dem Rechtsstaat oder der Freiheit der Bürger. Hier ein Ausschnitt einer Bundestagsdebatte von 1956. Der SPD-Abgeordnete Carlo Schmid – einer der Väter des Grundgesetzes – spricht über das in der Verfassung verankerte Recht auf Kriegsdienstverweigerung.Wir wollten, dass in diesem Staat die Staatsräson nicht als die oberste Autorität für das Handeln von Staat und Bürger anerkannt wird.
Mit anderen Worten. Das Recht, den Dienst an der Waffe zu verweigern, stehe über der Staatsräson, die eher eine starke Bundeswehr verlangt. Aus Staatsräson ist die Bundesrepublik nach dem Krieg der NATO beigetreten und hat sich für das Zusammenwachsen Europas eingesetzt – dass das im nationalen Interesse ist, darin waren sich alle Bundesregierungen seit dem Krieg einig. Und so bekräftige das auch der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl 1985:Quelle: Carlo Schmid, SPD-Abgeordneter, 1956
Eine der wichtigen Lehren, die wir aus unserer Geschichte in diesem Jahrhundert ziehen konnten, ist zur Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland geworden: Die Bindung an die Wertegemeinschaft freiheitlicher Demokratien und die Verpflichtung auf die politische Einigung Europas.
Quelle: Helmut Kohl, Bundeskanzler, 1985
Staatsräson kann auf Werten beruhen – muss es aber nicht
Kohls Satz macht deutlich: Eine Staatsräson kann auf Werten beruhen. Aber Staatsräson und Werte sind trotzdem zunächst verschiedene Dinge. Mit Diktatoren Geschäfte zu machen oder mit Autokraten militärische Bündnisse zu schmieden, lässt sich schwerlich mit freiheitlich-demokratischen Werten begründen. Und doch kann es Staatsräson sein, es zu tun – weil es im nationalen Interesse ist, Handelspartnerschaften zu pflegen oder sich um der eigenen Sicherheit zuliebe mit Ländern zu verbünden, die nicht das gleiche Wertesystem teilen. Kurz: Wenn ein Staat vor einer schwierigen Entscheidung steht – etwa: Verhandle ich mit Geiselnehmern? Veröffentliche ich brisante Informationen? – und am Schluss die oberste Priorität für die Entscheidung ist, dass der Staat und seine Institutionen aufrechterhalten bleiben, dann ist das "Staatsräson". Es ist also gerade kein Synonym für "Werteorientierung".Deutschland: Besondere Auslegung des Begriffs in Bezug auf Israel
Dass Merkel und ihr Nachfolger Scholz den Begriff im Zusammenhang mit Israel gebrauchen, ist aus Sicht von Marietta Auer daher bemerkenswert. Sie ist Rechtswissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Rechtstheorie in Frankfurt und sagte im Bayerischen Rundfunk:"Eigentlich sagt Staatsräson ja: Das Überleben des eigenen Staates steht über allem. Und das Interessante an dieser Konstruktion ist, dass das Überleben eines anderen Staats zur eigenen Staatsräson gemacht wird."
So habe bisher kein anderer Staat den Begriff Staatsräson ausgelegt.Quelle: Marietta Auer, Rechtswissenschaftlerin
Tue, 23 Jul 2024 - 04min - 5629 - Gibt es Altersstarrsinn?
Vorteilhaft in jungen Jahren: offen sein für Neues
Man muss differenzieren und darf nicht zu stark verallgemeinern. Wenn man eine Einstellung korrigieren will, die man über viele Jahre aufgebaut hat, ist das mit einer erheblichen Neuorientierung verbunden. Die möchte nicht jeder bringen und sie erfordert auch einen sehr hohen Aufwand. Menschen sollten sich deswegen schon frühzeitig die Motivation aneignen, offen zu sein für Neues und eigene Einstellungen und Haltungen zu korrigieren. Wenn das gelingt, bleibt die offene Einstellung in der Regel im Alter erhalten.Umstellungsfähigkeit geht zurück, Ausgleich ist aber möglich
Wie "beweglich" das Gehirn bleibt, ist von Person zu Person unterschiedlich. Wir beobachten im Gehirn schon relativ früh Veränderungen, die darauf hindeuten, dass unsere Leistungsfähigkeit etwas zurückgeht. Es gibt Hirnbereiche, da können wir schon Ende der 20er, Anfang der 30er bemerkenswerte Veränderungen feststellen. Diese zeigen uns, dass die Umstellungsfähigkeit bei maximaler Forderung schon etwas zurückgeht. Das Interessante ist, dass wir solche kleinen Hirnveränderungen relativ lange sehr gut ausgleichen können.Sat, 22 Jun 2024 - 01min - 5628 - Woran erkennt man eine beginnende Alzheimer-Erkrankung?
Wenn Sie sich als sehr vergesslich erleben, beobachten Sie sich: Ist es so, dass ich im Kurzzeitgedächtnis dauernd etwas vergesse? Oder fallen mir zum Beispiel Leute nicht mehr ein, die ich auch schon lange nicht mehr gesehen habe, oder irgendwas, was länger zurückliegt?
Starkes Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses und Orientierungsstörungen
Typisch für Alzheimer in der ersten Zeit ist ein ganz starkes Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses. Zum Beispiel nicht mehr zu wissen, was ich heute Mittag gegessen habe oder ähnliche Dinge. Auch Orientierungsstörungen sind typisch. Also nicht nur eine Einschränkung im Gedächtnis, sondern richtige Störungen, bei denen Sie zum Beispiel überhaupt nicht mehr wissen, welche Tageszeit ist oder welches Datum wir haben. Aber da muss man ein bisschen gnädig mit sich sein: Wenn Sie etwa in Rente oder im Urlaub sind, dann müssen sie nicht unbedingt zu jeder Zeit parat haben, welches Datum jetzt genau ist.Eine gewisse Vergesslichkeit ist bei uns allen normal
Wir haben eine ganz massive Informations- und Reizüberflutung von morgens bis abends und wir können uns gar nicht alles merken. Wir haben ein ungeheuer leistungsfähiges Gehirn, und wenn wir gesund bleiben, bleibt es auch so bis ins ganz, ganz hohe Alter. Das heißt, ein gehirnorganisch gesunder Mensch kann bis zu einem Methusalemalter dazulernen und sich an unendlich viel erinnern. Er wird es nur nicht mehr ganz so schnell tun können wie in seiner Jugend. Erst wenn wirklich ganz auffällige Ausfallerscheinungen auftreten, muss man sich ernsthaft Gedanken machen.Sat, 15 Jun 2024 - 02min - 5627 - Ist Bronze ein Edelmetall?
Bronze ist eine Legierung
Nein. Bronze besitzt zwar eine wichtige Edelmetall-Eigenschaft: Sie ist sehr korrosionsbeständig, oxidiert also kaum. Aber als Edelmetalle gelten nur reine Metalle – Bronze dagegen ist eine Legierung. Sie besteht zu mindestens 60 Prozent aus Kupfer; das ist immerhin ein Halb-Edelmetall. Der Rest sind andere Nicht-Edelmetalle wie Zinn, Aluminium oder Blei. Damit ist die Bronze per Definition kein Edelmetall. Sie ist übrigens auch nicht annähernd so wertvoll wie Gold oder auch Silber. Zum Vergleich: Wäre eine Goldmedaille aus reinem Gold (was sie nicht ist), würde sie 80-mal mehr kosten als eine entsprechende Silbermedaille und 2400-mal so viel wie eine Bronzemedaille. Aber der Preis ist für den Begriff "edel" nicht das entscheidende Kriterium, sondern die chemischen Eigenschaften.Kupfer statt Bronze für den 3. Platz?
"Echte" Edelmetalle sind: Silber, Gold, Rhodium, Ruthenium, Palladium, Osmium, Iridium, Platin. Auch Quecksilber wird meist dazu gezählt. Es steht im Periodensystem direkt neben dem Gold, ist aber schon reaktionsfreudiger und schon deshalb ein untypisches Edelmetall. Wenn man sich das Periodensystem der Elemente ansieht, wäre eigentlich eine "Kupfermedaille" als "dritter Platz" konsequenter, denn: Gold, Silber, Kupfer – diese drei Metalle stehen direkt übereinander. Kupfer ist aber bekanntlich relativ weich und biegsam – nicht das, was man von einer stabilen Medaille erwartet.Waffentaugliche Bronze
Das ist auch der Grund, weshalb in der Frühgeschichte Bronze so bedeutsam wurde: Diese Legierung aus Kupfer und Zinn ist viel härter und somit waffentauglicher als das reine Kupfer, das man schon vorher kannte.Sun, 28 Jul 2024 - 02min - 5626 - Gleichen sich Kurz- und Weitsichtigkeit im Alter aus?
Weitsichtigkeit ist hier nicht der richtige Begriff; wir müssten von Alterssichtigkeit sprechen. Wer normal sieht, sieht in der Ferne scharf und in jungen Jahren auch in der Nähe, weil die Linse elastisch ist und sich auf die Nähe einstellen kann. Wer kurzsichtig ist, sieht in der Nähe scharf, in der Ferne unscharf. In der Jugend kann er viel näher herangehen. Das ist ein Vorteil. Aber wenn er diese Einstellungsfähigkeit verliert, dann bleibt er trotzdem kurzsichtig.
Kurzsichtigkeit wird durch Alterssichtigkeit nicht ausgeglichen
Die Weitsichtigen sehen in der Ferne gut, aber eigentlich ist der Scharfpunkt gar nicht in der Ferne, sondern dahinter. Ich muss mich als Weitsichtiger also schon anstrengen, um in der Ferne scharf zu sehen. Wenn die Alterssichtigkeit einsetzt und die Einstellungsfähigkeit der Linse erlischt, dann sehe ich auch in der Ferne unscharf. Bei Kurzsichtigkeit hat man im Alter also wenigstens noch den Vorteil, dass man Dinge in der Nähe sehen kann. Aber es gleicht sich eben leider überhaupt nicht aus.Wed, 22 May 2024 - 01min - 5625 - Warum vertauscht ein Spiegel rechts und links, aber nicht oben und unten?
Wenn wir in den Spiegel gucken, sehen wir uns nie so, wie die anderen uns sehen, sondern eben spiegelverkehrt: Habe ich einen rechten Scheitel, hat mein Spiegelbild einen linken Scheitel. Und wenn ich die rechte Hand bewege, bewegt mein Spiegelbild seine linke Hand – trotzdem: Der Kopf bleibt oben und die Füße unten. Das ist für uns so selbstverständlich, dass wir normalerweise über diese Merkwürdigkeit nicht weiter nachdenken. Sie tritt nur zutage, wenn wir sie so deutlich aussprechen. Aussprechen? Wenn diese Merkwürdigkeit nur auffällt, wenn wir sie formulieren, hat sie vielleicht etwas mit der Sprache zu tun. Tatsächlich handelt es sich um eine "sprachliche Täuschung". Sie beruht nämlich auf einem doppeldeutigen Umgang mit den Wörtern "links" und "rechts".
Der Spiegel vertauscht nichts
Klar ist: Wenn ich vor dem Spiegel stehe und mit meiner rechten Hand etwas mache, dann passiert das auch im Spiegel auf der rechten Seite – wohlgemerkt: des Spiegels! Was ich mit der linken Hand mache, passiert auf der linken Seite, was ich mit dem Kopf mache, passiert oben und was ich mit den Füßen mache, passiert unten. So gesehen, "vertauscht" der Spiegel erst mal gar nichts. Erst wenn wir uns unser imaginäres Gegenüber als eine reale Person vorstellen und uns in sie hinein versetzen, dann wird meine rechte Hand zu seiner scheinbaren "linken" Hand – auch wenn ich sie rechts im Spiegel sehe. Das meine ich mit Doppeldeutigkeit: Im einen Fall beziehen wir "rechts" und "links" auf die Perspektive des Betrachters, im anderen Fall auf die "innere Perspektive" der Person, die wir im Spiegel sehen. Aber das funktioniert auch nur deshalb, weil wir einen einigermaßen symmetrischen Körperbau haben – also eine Längsachse. Unsere linke Körperseite ist ein ungefähres Spiegelbild der rechten – aber unsere obere Körperhälfte ist zum Glück kein Spiegelbild der unteren. Deshalb kann der Spiegel zwar scheinbar aus der rechten Hand eine virtuelle linke Hand des Spiegelbilds machen, aber er kann nicht einmal scheinbar oben und unten vertauschen. Aber wie gesagt, der Spiegel "vertauscht" in dem Sinn weder "links" und "rechts" noch "oben" und "unten" – denn jeder Körperteil findet sich auf der entsprechenden Seite des Spiegels, mit einem Unterschied: Das Spiegelbild schaut in die entgegengesetzte Richtung. Wenn also der Spiegel etwas "vertauscht", dann schlicht und einfach "vorne" und "hinten".Mon, 15 Jan 2024 - 02min - 5624 - Warum werden Haare grau?
Melanin wird in speziellen Zellen der Haarwurzel gebildet. Mit zunehmendem Alter produziert die Haarwurzel immer weniger davon und irgendwann stell sie die Melaninproduktion ganz ein. In welchem Alter das passiert, ist stark genetisch bedingt.
Wodurch entsteht die graue oder weiße Haarfarbe, wenn keine Farbpigmente mehr in den Haaren enthalten sind?
Graue Haare sind tatsächlich nur eine optische Täuschung. Einzelne graue Haare gibt es an sich gar nicht, denn sobald die Haarwurzel keine Pigmente mehr produziert, sind Haare farblos und erscheinen weiß. Anstelle der Pigmente werden nämlich winzige Sauerstoffbläschen im Haar eingelagert. Diese Bläschen streuen das Licht; dadurch sehen Haare weiß aus. Wenn aber zwischen den weißen Haaren noch farbige Haare auf dem Kopf sind und durchscheinen, wirkt das Haar in seiner Gesamtheit grau oder silbrig.Der Mythos vom "grauen Haar über Nacht"
Der Mythos "graue Haare über Nacht" durch ganz viel Stress stimmt nicht. Zum einen passiert das nicht auf einen Schlag, sondern nach und nach, Zelle für Zelle. Und selbst wenn Haarzellen plötzlich die Farbstoffproduktion einstellen, dauert es ja Monate, bis die dann farblosen Haare rausgewachsen sind. Es gibt aber tatsächlich Forschung dazu, inwiefern Stress und graue Haare zusammenhängen. In einer kleinen US-amerikanischen Studie wurde gezeigt, dass graue Haare, die während einer stressigen Phase entstanden sind, bei Entspannung wieder zu ihrer ursprünglichen Farbe zurückkehren können. Wir können uns das bildlich an einem Haar vorstellen, das unten ein paar Zentimeter braun ist, dann einige Zentimeter grau und am Ansatz wieder farbig. Derzeit ist es nicht möglich, komplett zu verhindern, dass Zellen altern. Das sagt auch die Forschung: Ein 70-Jähriger bekommt durch Entspannung nicht plötzlich wieder die alte Haarfarbe. Früher oder später werden alle Haare grau und dieser Prozess lässt sich dann – nach jetzigem Kenntnisstand – auch nicht mehr umkehren.Gibt es Ideen, wie man das umkehren könnte?
Dazu gibt es Forschung aus den USA. Ein Forschungsteam hat z. B. die Vermutung, dass die Haare nicht deshalb ausbleichen, weil die Farbzellen keinen Farbstoff mehr produzieren, sondern weil gar keine Farbzellen an sich da sind. Die müssen nämlich erstmal aus sogenannten Stammzellen entstehen und in die Haarwurzel wandern. Und das funktioniert irgendwann wohl nicht mehr so gut. Wenn man diese Bewegung wieder anregen könnte, wäre es vielleicht möglich, das Ergrauen rückgängig zu machen. Damit das aber wirklich funktioniert, ist noch eine Menge Forschung nötig.Tue, 19 Dec 2023 - 02min - 5623 - Wie lautet der Merkspruch für die Reihenfolge der Planeten?
Früher hieß er "Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten." Mittlerweile ist Pluto weggefallen und man kann sagen: "Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren Nachthimmel." – Merkur – Venus – Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus – Neptun.
Warum zählt Pluto nicht mehr zu den Planeten?
Man geht davon aus, dass im Sonnensystem noch viele Körper sind, die dem Pluto ähneln, und zwar im sogenannten Kuipergürtel. Als man immer mehr davon entdeckte, stellte man sich die Frage, ob man die Zahl der Planeten um all diese Körper erweitert. Oder ob man eine Klasse von Körpern einführt. Für letzteres hat man sich dann entschieden und Pluto ist der erste, den es dann „getroffen“ hat. Inzwischen haben wir sogar vier dieser Zwergplaneten, zu denen im Lauf der Zeit sicher noch weitere dazukommen werden.Wed, 28 Aug 2024 - 01min - 5622 - Ist "Eifersucht" tatsächlich eine Sucht?
"Krankhafte Verbitterung": Eifersucht kommt aus dem Althochdeutschen
Es gibt den alten Satz "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft." Aber das ist nicht mehr als ein konstruiertes, wenn auch schönes Wortspiel. Wenn man nach den Wurzeln des Wortes sucht, dann liegen die in einer Zeit, in der die Begriffe "Sucht" und "Eifer" noch nicht die gleiche Bedeutung hatten wie heute. Im Althochdeutschen bedeutete "eibar" so viel wie "scharf, bitter", zum Teil auch in der Bedeutung "schmerzhaft". Und das Wort "Sucht" war ursprünglich weiter gefasst. "Suht" im Althochdeutschen war eine allgemeine Bezeichnung für Krankheit, verwandt mit dem heutigen Wort "Seuche". Der Begriff "Eifersucht" bedeutete ursprünglich also so viel wie "krankhafte Verbitterung" oder "Bitterkeit".Ähnlichkeit mit klassischem Suchtverhalten: Kontrollverlust
Ob der Zustand trotzdem zu einer Art Sucht werden kann? Diese Frage stellt sich vor allem bei der krankhaften Eifersucht, bei der der Betreffende also ein wahnhaftes Misstrauen an den Tag legt und wie besessen nach Anhaltspunkten für eine mögliche Untreue sucht. Hat das was mit Sucht zu tun? Da muss man sagen: Nur sehr entfernt. Die wichtigste Ähnlichkeit mit klassischem Suchtverhalten ist der Kontrollverlust: So wie der Drogensüchtige weiß, dass er sich schadet, aber trotzdem nicht anders kann als die Droge zu konsumieren, weiß der krankhaft Eifersüchtige oft auch, dass sein Misstrauen übertrieben ist und mit der Realität wenig zu tun hat. Trotzdem kann er nicht anders.Eifersucht: keine echte Sucht, aber Verbindungen und Parallelen
Die zweite Ähnlichkeit ist, dass sich der Eifersüchtige ähnlich wie der Drogenabhängige in diesen krankhaften Zustand allmählich hineinsteigert. Aber es gibt auch große Unterschiede: Der Drogenabhängige erlebt, wenn er die Droge konsumiert, vorübergehend eine Belohnung – so funktioniert ja die Abhängigkeit: über das Belohnungssystem im Gehirn. Mit der Droge aktiviert er sein Belohnungssystem – er bekommt ein kurzfristiges Hochgefühl, um dann hinterher umso tiefer abzustürzen. Die Eifersucht dagegen stellt gar keine, nicht einmal eine kurzfristige Belohnung dar; die Betroffenen leiden von Anfang an und erleben kein Hochgefühl. Das ist ein wichtiger Unterschied. Weitere Vergleiche sind schwierig, denn was genau im Gehirn bei Eifersucht passiert, ist noch nicht so genau erforscht. Weitere Ähnlichkeiten gibt es bei den Entstehungsbedingungen: Bestimmte Faktoren, die Drogensucht begünstigen, begünstigen auch krankhafte Eifersucht. Also z.B. ein schwaches Selbstwertgefühl. Man weiß auch, dass Alkoholiker eine erhöhte Anfälligkeit für krankhafte Eifersucht haben. Insofern ist Eifersucht zwar keine echte Sucht wie Drogensucht, Spielsucht oder Computersucht, aber es gibt durchaus Verbindungen und Parallelen.Tue, 28 Nov 2023 - 03min - 5621 - Warum hat der Tag zwei mal zwölf Stunden?
12 Mondzyklen – 12 Monate
Hier stellt sich zunächst die Frage: Warum die Zahl 12? Dazu gibt es keine eindeutigen Antworten, aber viele Hinweise. Schon die frühen Astronomen erkannten: Nach 12 Mondzyklen wiederholen sich die Jahreszeiten. Deshalb hat das Jahr 12 Monate. Vielleicht steckte dahinter einfach der Gedanke, diese Zahl auf die Unterteilung des Tages zu übertragen. Die 12 ist außerdem eine unheimlich praktische Zahl. 12 Sachen lassen sich gut in brauchbare Portionen teilen: halbieren, dritteln, vierteln.Symbolträchtige Zahl in den alten Religionen
Möglicherweise spielt die Zahl deshalb in den alten Religionen eine so symbolträchtige Rolle: Sowohl die römische als auch die griechische Mythologie kennen jeweils 12 Hauptgötter. Die Bibel erzählt uns von 12 Stämmen Israels und von 12 Aposteln. Der schiitische Zweig des Islams geht von 12 Imamen als Nachfolger Mohammends aus. Wir kennen sogar ein eigenes Wort für eine Menge von 12 Dingen: Das Dutzend.Getrennte Welten: Tag und Nacht
Die 12 war also eine wichtige Zahl. Den Tag allerdings teilte man nicht in 12 Stunden ein, sondern in zweimal 12 Stunden. Warum nicht gleich 24? Das kommt aus einer Zeit, als für die Menschen Tag und Nacht noch getrennte Welten waren. Als es nachts wirklich dunkel war ohne künstliches Licht und sich das Leben vor allem tagsüber abspielte. Tagsüber konnte man die Zeit einigermaßen gut messen bzw. den Tag zeitlich strukturieren – nämlich mithilfe von Sonnenuhren.Altes Ägypten: 12 Sterne am Himmel im Verlauf der Nacht
Die Menschen fanden aber auch Möglichkeiten, die Nacht zu strukturieren: Vor über 4.000 Jahren haben Astronomen im alten Ägypten die Nacht in Stunden eingeteilt. Dafür haben sie für jede Zeit des Jahres am Nachthimmel 12 Sterne auserkoren, die verlässlich der Reihe nach auf- und untergingen. Ging der nächste Stern auf, brach eine neue "Nachtstunde" an.Die Stundengöttinnen
Das war auch religiös-mythologisch aufgeladen: Die Ägypter stellten sich dabei 12 Ruderer vor, die ein Boot mit dem Sonnengott Re durch die Unterwelt ziehen. Er muss 12 Tore passieren, 12 Bereiche durchqueren, 12 Gefahren überwinden. Für jedes dieser Tore stand eine Stundengöttin. Diese Sterne nannte man später Dekan-Sterne (deka = zehn), weil alle zehn Tage eine andere 12er-Gruppe diese Funktion übernahm. Über das Jahr waren es 47 Sternen bzw. Sterngruppen. Deshalb brauchte man aufwändige Tabellen, in denen man gucken konnte, welche Sterne gerade dran waren. Entscheidend ist: Es ging – nur dass das Messsystem nachts mit den Sternen ein komplett anderes war als tagsüber mit Sonnenuhren. Später gab es nicht nur für jede der 12 Nachtstunden eine Göttin, sondern auch 12 für den Tag.Älteste bekannte Sonnenuhr: eingeteilt in 12 Stunden
Auf der ältesten bekannten Sonnenuhr erkennt man bereits die Einteilung in 12 Stunden. Sie ist etwa 3.200 Jahre alt und wurde von Forschenden der Uni Basel im Tal der Könige in Ägypten ausgegraben. Der Überlieferung nach hatten die alten Griechen die Sonnenuhr mit den 12 Stunden von den Ägyptern und Babyloniern übernommen. Von dort ist sie dann ins Römische Reich gelangt und hat sich in Westeuropa ausgebreitet. Nun ist es so, dass die Tage im Sommer länger sind als im Winter. Trotzdem gab es am Anfang das Bedürfnis, den Tag analog zur Nacht immer in 12 Stunden einzuteilen. Das hatte zur Folge, dass im Sommer – wenn die Tage länger sind – auch die Stunden länger waren als im Winter. Diese je nach Jahreszeit unterschiedlichen Stunden nennt man auch "temporale Stunden". Damals waren tatsächlich Sonnenuhren in Gebrauch, die diese temporalen Stunden abbilden konnten. Man könnte meinen, das geht nicht: Die Sonne bewegt sich im Winter ja nicht schneller über den Himmel als im Sommer. Und das Gleiche gilt natürlich auch für den Schatten, den zum Beispiel ein Stab wirft, den man in die Erde steckt. Hängt man allerdings eine Sonnenuhr senkrecht an eine Wand, ändert sich der Schattenwinkel mit der Jahreszeit durchaus – und das kann man dann auch berücksichtigen. Also: Die 12 Stunden der Nacht wurden durch die Dekan-Sterne definiert. Die 12 variablen Stunden am Tag durch die temporalen Sonnenuhren.Erste mechanische Uhren im späten Mittelalter in Italien
Im späten Mittelalter, im 14. Jahrhundert, kamen in Italien die ersten mechanischen Uhren auf. Die funktionierten natürlich bei Tag und bei Nacht. Diese Uhren hatten noch keine Zeiger, sondern eine Glocke, die bei 1 Uhr einmal schlug, bei 2 Uhr zweimal und so weiter. Aber wo fing man mit dem Zählen an? Die italienische Zählweise, die auch in anderen europäischen Gebieten bis ins 17. Jahrhundert verbreitet war, begann mit Sonnenuntergang und zählte durch bis 24. Das war aber unpraktisch. Zum einen, weil man die Uhrzeit immer an den Sonnenstand anpassen musste. So konnte es passieren, dass im Winter die Mittagssonne um "4 Uhr" am höchsten stand, im Sommer um "8 Uhr". Zum anderen: Wer zählt schon 23 Glockenschläge, ohne sich zu verzählen?Technisch eleganteste Lösung setzt sich durch
Schließlich setzte sich die technisch eleganteste Lösung durch: Eine Uhr mit 12 gleich langen Stunden, bei der 12 Uhr mittags bzw. mitternachts ist. Da hängt die Uhrzeit dann nicht mehr von der Tageslänge ab. Weil die Technik einfacher ist, geht sie auch nicht so schnell kaputt. Und die "kleine Uhr" hatte noch einen sehr praktischen Vorteil: Es ist viel leichter, die Uhrzeit am Glockenschlag mitzuzählen, wenn es höchstens 12 mal bimmelt.Tue, 16 Jul 2024 - 05min - 5620 - Warum sind Alpenflüsse oft blau oder türkis?
Eigenfarbe des Wassers ist nur bei großen Wassermengen erkennbar
Es gibt zwei Gründe, warum Wasser blau erscheinen kann. Die erste Möglichkeit ist: Das Wasser ist tief und mächtig. Wir denken oft, Wasser ist farblos, aber das stimmt nicht ganz. Wasser hat tatsächlich eine Eigenfarbe, es schluckt tendenziell die roten Lichtanteile und ist deshalb ganz schwach blau. Das macht sich aber nur bei großen Wassermengen bemerkbar – etwa in einem tiefen See oder im Meer. Bei wenig Wasser – etwa dem Wasser in einem Glas oder einer Flasche – macht sich diese Eigenfarbe noch nicht bemerkbar.Schwebteilchen im Wasser beeinflussen die Flussfarbe
Die Eigenfarbe erklärt deshalb auch nicht die oft blau, manchmal leuchtend türkis-blaue Farbe von Gebirgsflüssen. Die hat eine andere Ursache. In welcher Farbe Flüsse erscheinen, hängt nämlich weniger von ihrer Tiefe ab als von der Zusammensetzung des Wassers, also von den Schwebteilchen, die er mitschleppt. Viele große Flüsse erscheinen eher braun, weil sie viel Schlamm transportieren. Wenn in ihnen Algen leben, bekommen sie oft einen Grünton.Gletschermilch sorgt in Gebirgsflüssen für Farbe
Bei Alpenflüssen dagegen ist es oft etwas anders. Sie kommen aus den Bergen, haben eine starke Fließgeschwindigkeit, da bilden sich kaum Algen. Außerdem ist im Flussbett wenig Schlamm, denn wenn sich Schlamm bildet, wird der schnell vom Fluss abgetragen. Deshalb besteht das Flussbett eher aus Kies und Geröll. Kein Schlamm, keine Algen – dafür enthalten die Flüsse oft etwas anderes, nämlich feinste Gesteinsteilchen, die sogenannte Gletschermilch. Die entsteht, wenn die Gletscher abschmelzen. Die Gletscher in den Hochalpen schieben sich langsam über das Gestein, schleifen es und nehmen dabei kleinste Gesteinspartikel auf. Wenn der Gletscher abschmilzt, entlässt er diese Gesteinsteilchen ins abfließende Wasser und damit in die Flüsse. Da die Nord- und Südalpen zu einem großen Teil aus Kalksteinen bestehen, enthalten die Flüsse viele solche Kalkteilchen; die meisten sind viel kleiner als die Ton- und Sandpartikel, aus denen sich Schlamm zusammensetzt.Kalkteilchen im Fluss brechen das Sonnenlicht
Die vielen winzigen Kalkteilchen im Flusswasser brechen nun das einfallende Sonnenlicht. Das weiße Sonnenlicht setzt sich aus den Spektralfarben – den Farben des Regenbogens – zusammen. Aber die einzelnen Farben werden, wenn sie auf Teilchen im Wasser stoßen, unterschiedlich stark gebrochen. Die blauen Lichtanteile brechen am stärksten – und die Folge ist, dass bei denen die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass sie so gebrochen werden, dass sie wieder aus dem Wasser austreten und in unser Auge fallen. Die roten Lichtanteile bleiben dagegen eher im Wasser. Deshalb erscheint im Ergebnis das Wasser blau, oft leuchtend türkis.Lichtbrechung sorgt für Himmelsblau und verleiht "Blautopf" Farbe
Das Phänomen ähnelt dem des blauen Himmels. Auch das Blau des Himmels kommt von der Lichtbeugung – das habe ich in der Folge "Warum ist der Himmel blau?" ausführlicher erklärt. Die Erklärung funktioniert analog auch für blaue Gewässer wie die blauen Alpenflüsse – oder den berühmten Blautopf in Blaubeuren. Bei dem kommt sogar beides zusammen: Der ist relativ tief – 21 Meter – und das Wasser enthält viele Kalkteilchen. Der Blautopf ist eine Karstquelle, das heißt, hier kommt frisches Quellwasser direkt aus der Schwäbischen Alb. Und die besteht auch aus Kalkstein, deshalb sind da so viele Tropfsteinhöhlen. Das Quellwasser nimmt auf seinem Weg durchs Gebirge also jede Menge winzige Kalkteilchen auf – und die verleihen dem Blautopf seine leuchtend blaue Farbe.Thu, 4 Jul 2024 - 04min - 5619 - Essen kalt, Teller heiß – was passiert da in der Mikrowelle?
Mikrowelle bringt Wassermoleküle zum Schwingen
Das Prinzip der Mikrowelle ist: Sie bringt Wassermoleküle zum Schwingen. Wassermoleküle sind in praktisch allen Nahrungsmitteln drin. Selbst trockenes Knäckebrot enthält noch 10 Prozent Wasser. Und wenn die Mikrowellen die Wassermoleküle in Schwingung versetzen, entsteht Wärme. Bzw. genauer: Die Bewegung der Moleküle ist die Wärme. Je schneller sie sich bewegen oder schwingen, desto höher ist die Temperatur, die wir fühlen.Mikrowellen dringen nicht tief ein – Essen bleibt kalt
Das ist das Grundprinzip: Die elektromagnetischen Wellen regen die Wassermoleküle im Essen an, dadurch wird das Essen heiß. Allerdings dringen die Wellen oberflächlich in eine Substanz ein. Stellen wir also eine Suppe in die Mikrowelle, wird zunächst die Oberfläche erhitzt, aber der Rest braucht eine Weile. Deshalb kann es passieren, dass uns die Suppe, wenn wir sie zu früh rausholen und nicht zwischendurch umrühren, kalt vorkommt.Wasser dringt schnell in Risse der Keramik-Glasur ein
Warum aber ist der Teller heiß? Weil die Glasur in einem Keramikteller oft viele winzige Risse enthält, in die ebenfalls Flüssigkeit eindringt. Und gerade weil die Risse so fein sind, kommt die Mikrowelle dort überall schnell hin und erhitzt das Wasser dort recht schnell, und entsprechend schnell verteilt sich die Wärme in der Keramik. Und das Ergebnis kann dann eben sein: Der Teller ist schneller heiß, als das Essen.Fri, 21 Jun 2024 - 01min - 5618 - Wie kann man den Augen etwas Gutes tun?
Auge bleibt bis ins junge Erwachsenenalter anpassungsfähig
Plastizität, also sich anpassen – das macht das Auge bis zum jungen Erwachsenenalter, also 23 bis 25 Jahre, sehr gut. Früher hat man gedacht, das sei mit zwölf Jahren vorbei. Aber unsere Studie hat ergeben, dass es auch etwas ausmacht, ob man zum Beispiel studiert – oder einen Beruf hat, bei dem man nur wenig liest. Es gab immer wieder Hinweise, dass es möglich sein könnte, die Sehschärfe durch spezielle Augenübungen zu verbessern. Es zeigte sich aber, dass man nur gelernt hatte, mit einem bestimmten Test umzugehen. Irgendwann kennt man die Reihen auswendig – dann geht’s auch ohne Brille besser. Wer eine Brille für die Ferne braucht, hat die Erfahrung sicher schon mal gemacht: Wenn man im Schwimmbad einen Tag lang die Brille nicht trägt, hat man das Gefühl, dass man sie eigentlich gar nicht so sehr braucht. Wenn man aber nachmisst, ist die Sehschärfe nicht besser geworden.Frische Luft und Augenübungen tun gut
Das heißt aber nicht, dass wir nichts für unsere Augen tun sollen. Den Augen tut es gut, wenn man viel draußen ist. Draußen ist die Luft viel feuchter als drinnen; das verträgt man besser. Wenn man am Bildschirm sitzt, sollte man immer wieder Pausen und Augenübungen machen: mal nach links, rechts, hoch und runter schauen, mal bewusst zwinkern. Das tut den Augen gut. Die Sehschärfe kann man dadurch allerdings nicht über das Maximum hinausbringen, was man bereits hat.Sat, 6 Nov 2021 - 01min - 5617 - Warum dreht sich der Uhrzeiger rechts herum?
Vorbild: Sonnenuhr
Das liegt daran, dass die Uhren in Europa erfunden wurden und die primitivste aller Uhren, die Sonnenuhr, als Vorbild diente. In Europa bewegt sich die Sonne im Tagesverlauf rechts herum: Von Osten über den Süden nach Westen – entsprechend bewegt sich der Schatten einer Sonnenuhr. Die Uhren wurden nun so gebaut, dass der Stundenzeiger sich analog dazu in die gleiche Richtung dreht: rechts herum.Erste Räderuhren um 1300 in Italien
Eigentlich wäre es egal gewesen, ob links oder rechts herum. Aber als die ersten Uhren aufkamen, musste die Richtung einheitlich festgelegt werden. Die ersten Uhren, bei denen sich diese Frage stellte, das heißt, die ersten Räderuhren, bei denen sich Zeiger drehten, hingen an Kirchtürmen und Rathäusern in Europa, genauer in Italien. Das war um 1300 herum. Und wie es so ist in der Technik: Man bedient sich erst mal bei dem, was man kennt; und das war eben die Sonnenuhr. Das Prinzip kennt jeder: Ein Stab ragt aus einer ebenen Fläche heraus und wirft einen Schatten; dieser Schatten bewegt sich mit der Sonne.Ist der Stundenzeiger eine Anlehnung an den Schatten der Sonnenuhr?
Fast. Der Unterschied ist, dass er doppelt so schnell ist; er macht ja zwei volle Umdrehungen pro Tag, zeigt zweimal pro Tag die gleiche Zeit an. Der Schatten der Sonnenuhr natürlich nicht – der nimmt jede Position nur einmal am Tag ein. Aber die Richtung ist die gleiche. Jedenfalls auf der Nordhalbkugel. Wäre die Uhr auf der Südhalbkugel erfunden worden, würden sich die Zeiger heute vielleicht andersherum drehen, weil man von dort aus in der entgegengesetzten Richtung auf die Sonne schaut; somit bewegt sie sich dort im Tagesverlauf links herum.Pfadfindertrick: mit der Armbanduhr die Himmelsrichtung bestimmen
Der Trick geht folgendermaßen: Halte deine Uhr so, dass der Stundenzeiger Richtung Sonne zeigt. Der Stundenzeiger und die 12 auf der Uhr bilden dann einen bestimmten Winkel. Wenn man diesen Winkel halbiert, zeigt der Winkel grob Richtung Süden. Das funktioniert aber nur auf der Nordhalbkugel, weil sich dort Sonne und Zeiger in die gleiche Richtung bewegen. Auf der Südhalbkugel funktioniert dieser Trick nicht so einfach.Sat, 1 Jun 2024 - 01min - 5616 - Mit dem Rauchen aufhören: Wann ist der Körper wieder auf Nichtraucherniveau?
Raucherhusten und Kurzatmigkeit: nach etwa 9 Monaten verschwunden
Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Da schafft es die Lunge innerhalb von wenigen Wochen bzw. spätestens nach neun Monaten, sich selbst zu reinigen; die Flimmerhärchen in den Lungenflügeln wachsen wieder nach. In dem Bereich kommt ein Ex-Raucher relativ schnell wieder auf den Stand eines Nicht-Rauchers.Kein erhöhtes Herzinfarktrisiko mehr nach 5 bis 6 rauchfreien Jahren
Etwas länger dauert es bei den schwerwiegenderen Gesundheitsrisiken, die mit dem Rauchen verbunden sind. Es ist bekannt, dass Raucher ein deutlich erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. Schon bei täglich fünf Zigaretten steigt dieses Risiko um 50 Prozent. Die Ursache hierfür sind Begleitstoffe im Qualm, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Wasserstoffcyanide. Die führen zu ständigen kleinen Entzündungen an den Innenwänden der Blutgefäße. Diese Stoffe machen das Blut buchstäblich dicker, zähflüssiger. Gleichzeitig steigt bei jeder Zigarette der Blutdruck – und alles zusammen steigert die Wahrscheinlichkeit für einen Herzinfarkt, aber auch für Schlaganfälle. Untersuchungen zeigen: Ein 60-jähriger Raucher hat etwa das gleiche Infarktrisiko wie ein 80-jähriger Nichtraucher. Die gute Nachricht ist: Das Risiko sinkt wieder, wenn man mit dem Rauchen aufhört. Auch bei ehemals starken Rauchern ist das Herz-Kreislauf-System nach 5 bis 6 rauchfreien Jahren in der Regel wieder so fit, als wenn man nie angefangenen hätte. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hat das auch eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums bestätigt: Selbst Menschen, die erst mit 60 aufhören zu rauchen, haben nach ein paar Jahren kein erhöhtes Infarktrisiko mehr.Gilt das auch für Lungenkrebs?
Nein, da dauert es etwas länger. Da berufe ich mich wieder auf das DKFZ: Die Krebsforscher sagen zwar, dass nach 10 Jahren Nichtrauchen das Lungenkrebsrisiko bereits deutlich reduziert sei und nach 20 Jahren "ist das meiste weg". Aber auf das Niveau eines "Nie-Rauchers" sinkt das Risiko nicht mehr.Genetische Schäden in den Lungenzellen sind irreparabel
Das leuchtet auch ein: Krebs entsteht dadurch, dass bestimmte Stoffe im Qualm – gar nicht mal das Nikotin, sondern Stoffe wie Benzol oder Formaldehyd – zu genetischen Schäden in den Lungenzellen führen. Diese Schäden sind irreparabel. Da nimmt mit jedem Jahr Rauchen das Risiko prinzipiell zu, weil die Gefahr, dass Zellen geschädigt werden, steigt. Wenn man aufhört, steigt die Gefahr zwar nicht weiter an – aber von den Zellen, die bei der Entscheidung aufzuhören bereits geschädigt waren, geht weiterhin Gefahr aus.Mon, 27 May 2024 - 03min - 5615 - Jemandem "nicht das Wasser reichen können" – woher kommt das?
Im Mittelalter aß man mit den Fingern
Der Ausdruck kommt aus dem Mittelalter. Damals hat man bekanntlich noch mit den Fingern gegessen. Das Essbesteck, wie wir es heute kennen, hat sich erst allmählich ab dem 17. Jahrhundert durchgesetzt. Im Mittelalter haben durchaus auch die besseren Stände mit den Fingern gespeist. Weil diese dabei aber fettig und schmutzig werden, wurden zum Essen auch Wasserschalen gereicht, in denen man die Finger zumindest vom Gröbsten reinigen konnte.Nach dem Essen Wasserschale für die fettigen Finger reichen
Der Adel beauftragte mit dieser Reichung des Wassers wiederum seine Tischdiener. Das Reichen einer Wasserschale ist nun einerseits keine besondere anspruchsvolle Tätigkeit. Aber sie verlangt natürlich, dass derjenige an der Tischgesellschaft einigermaßen vorzeigbar ist. Wem man nicht einmal zutraute, seinem Herrn das Wasser zu reichen, war generell zu nicht viel zu gebrauchen. Diese Herkunft ist insofern interessant, weil der Ausdruck "jemandem das Wasser reichen können" heute ja meist in der Bedeutung verwandt wird: Mit jemandem auf Augenhöhe sein bzw. es im Wettstreit mit jemandem aufnehmen können. Wer dir nicht das Wasser reichen kann, ist einfach nicht so gut wie du. Darum ging es aber früher gar nicht. Selbst der Knappe, der seinem Herrn die Wasserschale reichen konnte, war damit mit ihm ja noch lange nicht auf Augenhöhe; er war immer noch Diener seines Herrn. Es war eher ein Unterscheidungsmerkmal innerhalb der Dienerschaft. Wer das Wasser reichen konnte, war höher angesehen als derjenige, der es nicht reichen konnte.Mon, 4 Mar 2024 - 01min - 5614 - Warum ist das Gewinde bei vielen Gasflaschen linksherum?
Fast alle Gewinde sind rechtsdrehend. Wir ziehen eine Schraube fest, indem wir sie rechtsherum drehen und lösen sie links herum. Wir drehen einen Wasserhahn linksrum auf und rechtsrum zu und so weiter. Es gibt aber ein paar Ausnahmen, und dazu gehören Gasflaschen.
Sicherheit: besondere Vorschriften bei brennbaren Gasen
Das fällt jedem auf, der einen Gasgrill hat: Den Verbindungsschlauch schraubt man linksherum an die Glasflasche an und wenn man ihn lösen will, dreht man die Schraube nach rechts. Da es um Gasflaschen geht, kann man vermuten, dass dahinter Sicherheitsüberlegungen stecken – und so ist es auch. Es soll damit verhindert werden, dass versehentlich mal eine falsche Gasflasche angeschlossen wird. Diese linksdrehenden Gewinde sind nämlich nicht bei allen Gasflaschen vorgeschrieben, sondern nur bei denen mit brennbaren Gasen – eben die, mit denen man einen Grill oder einen Camping-Herd betreibt. Es gibt aber noch ganz andere Gasflaschen, die zum Beispiel Sauerstoff enthalten, oder Helium oder CO2. Das sind alles Gase, die nicht brennen. Es wäre natürlich ziemlich gefährlich, wenn man da mal eine Flasche verwechselt, also nicht aufs Etikett schaut und eine Propan-Gas-Flasche versehentlich mit einer Heliumflasche vertauscht. Deshalb haben die Flaschen mit brennbarem Gas – Methan, Propan, Butan – ein linksdrehendes Gewinde, dann passen nämlich einfach die Anschlüsse nicht zusammen.Mon, 19 Feb 2024 - 01min - 5613 - Warum werden Selfies gespiegelt?
Selfie ist nicht gleich Selfie
Wenn wir mit unserem Handy ein Haus oder die Landschaft fotografieren, zeigt das Display die Landschaft, wie wir sie auch sehen. Wenn wir aber von uns ein Selfie machen, sehen wir uns spiegelverkehrt – eben wie wenn wir in einen Spiegel gucken. Bei den meisten Videokonferenztools ist es auch so: Dort sehen wir uns nicht, wie andere uns sehen, sondern so, wie wenn wir in den Spiegel schauen. Wenn wir bei dem Selfie aber auf den Auslöser klicken, passieren je nach Handyhersteller unterschiedliche Dinge. Bei Android-Handys wird das Foto standardmäßig so abgespeichert, wie wir es aufgenommen haben – also spiegelverkehrt. Bei iPhones wird das Foto erneut gespiegelt, sodass wir uns wieder richtig herum sehen – also so, wie uns die anderen sehen.Zwei Gründe für gespiegelte Selfies
Doch warum bekommen wir das Spiegelbild angezeigt? Der Hauptgrund ist: Es ist uns vertrauter als unser "echtes" Bild. Beim Zähneputzen, Anziehen, Haarekämmen – immer sehen wir uns spiegelverkehrt. Beim Spiegel liegt das ja in der Natur der Sache – beim Handy ist es aber auch vorteilhaft, weil es bei Bewegungen weniger verwirrt: Wenn ich meine Kopfhaltung verändern will, eine Strähne aus dem Gesicht streichen oder Essensreste aus dem Mundwinkel picken will, geht das leichter, wenn ich mich wie im Spiegel sehe. Auf iPhones wird das Selfie nach der Aufnahme gewissermaßen wieder entspiegelt. Das hat den Vorteil, dass man auf dem Bild tatsächlich so aussieht, wie andere einen normalerweise sehen. Auch Schriftzüge sind richtig rum und nicht gespiegelt. Der Nachteil ist, dass man auf dem Bild eben doch etwas anders aussieht als man sich selbst gesehen hat. Denn unser Gesicht ist immer ein bisschen asymmetrisch und wir schauen nie ganz gerade in den Spiegel, sondern immer ein bisschen seitlich. Deswegen haben wir auch eine Lieblingsseite von uns. Wenn das iPhone jetzt das Selfie aber wieder zurückspiegelt, dann ist da, wo wir unsere Lieblingsseite erwarten, die eher ungewohnte Seite von unserem Gesicht. Um diesen Effekt zu verhindern, bleiben die Selfies auf Android-Handys einfach gespiegelt.Mere-Exposure-Effekt
Das mit der Lieblingsseite wurde übrigens schon vor fast 50 Jahren wissenschaftlich untersucht. An der Universität Wisconsin haben damals Forscher:innen einmal ein originalgetreues Porträt und einmal ein gespiegeltes Porträt von Versuchspersonen ausgedruckt. Das haben sie dann den Versuchspersonen gezeigt und Menschen, die den Versuchspersonen nahestanden, also z.B. Verwandten. Dabei kam heraus, dass die Versuchspersonen das gespiegelte Portrait am liebsten mochten und die Verwandten das originalgetreue Foto. Das psychologische Phänomen dahinter wird "Mere-Exposure-Effekt" genannt. Auf Deutsch: "Effekt der Darbietungshäufigkeit". Danach reicht die häufige Darbietung eines Reizes dazu aus, dass dieser Reiz später positiver bewertet wird. Weil wir uns also am häufigsten im Spiegel sehen, bewerten wir unser Spiegelbild positiver als unser eigentliches Aussehen.Selfies manuell zurückspiegeln
Wenn Sie sich gerne mit Büchern in der Hand selbst fotografieren oder oft Kleidungsstücke mit Schriftzug tragen, wollen Sie vielleicht gar kein gespiegeltes Selfie von sich haben, weil man dann die Schriftzüge nicht lesen kann. Mit einem Android-Handy können Sie die Selfies deswegen auch wieder entspiegeln: In den Kamera-Einstellungen Ihres Smartphones gibt es den Menüpunkt "Spiegelbild". Wenn Sie den deaktivieren, können Sie Ihr Buchselfie zukünftig so verschicken, dass Ihre Freundinnen und Freunde den Titel lesen können.Wed, 7 Feb 2024 - 02min - 5612 - Warum klebt Zucker?
Feuchter Zucker klebt
Trockener Zucker klebt an sich nicht – nur wenn er feucht wird, fängt er an, "bappig" zu werden. Das bekannte Gefühl gerade jetzt in der Faschingszeit, wenn man den Berliner (aka Kräppel, Krapfen) aufgegessen hat und nichts hat, um sich die Hände zu waschen. Dass feuchter Zucker zu kleben beginnt, hängt damit zusammen, dass Zucker und Wasser etwas gemeinsam haben, was sie buchstäblich verbindet – nämlich den Wasserstoff.Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff bilden ein Gerüst
Der ist zum einen im Wasser drin – deshalb heißt er ja so. Ein Wassermolekül besteht aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom, daher H2O. Wasserstoffatome hängen aber auch an Zuckermolekülen dran. Zucker hat eine Kristallstruktur und besteht aus ringförmig angeordneten Kohlenstoffatomen; das ist der Grundbaustein. Diese Kohlenstoffringe bilden ihrerseits mithilfe von Brücken aus Wasserstoff und Sauerstoff ein großes Gerüst. Das ist stabil, solange der Zucker trocken ist.Feuchtigkeit löst Brücken im Zuckergerüst
Das ändert sich aber, wenn Feuchtigkeit – also Wassermoleküle – mit dem Zucker in Berührung kommt. Dann lösen sich diese Brücken im Zuckergerüst auf und die Zuckermoleküle lösen sich aus dem Gerüstverbund. An diesen einzelnen Zuckermolekülen hängen aber nach wie vor Wasserstoffatome, die nichts lieber tun, als sich wieder mit irgendwas zu verbinden. Das machen sie auch – und deshalb klebt feuchter Zucker an der Hand.Wed, 7 Feb 2024 - 02min - 5611 - Wie entsteht ein Tsunami?
Tsunami: "Hafen-Wellen" 2004 und 2011 mit katastrophalen Folgen
Das Wort "Tsunami" kommt unverkennbar aus dem Japanischen – was schon darauf hinweist, dass Japan von dieser Art Katastrophe regelmäßig heimgesucht wird. "Tsunami" bedeutet eigentlich Hafen-Welle. Spätestens seit den Weihnachtstagen 2004 – als mehr als 200.000 Menschen in Indonesien und Sri Lanka ums Leben kamen – ist das Wort auch im Vokabular der deutschen Öffentlichkeit angelangt. 2011 führten ein Erdbeben mit anschließendem Tsunami zur Reaktorkatastrophe im Japanischen Fukushima.Tsunami setzt starkes Seebeben voraus
Damit ein Tsunami entsteht, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Es muss ein sehr starkes Seebeben geben. Eine Magnitude von mehr als 6,3 gilt als Voraussetzung. Und der Erdbebenherd muss nahe dem Meeresgrund sein, sodass an einer Stelle der Meeresboden – und damit auch die darüber stehenden Wassermassen – plötzlich und kräftig nach oben gedrückt wird. Auf diese Weise wird eine Welle erzeugt, die sich dann sehr schnell in alle Richtungen ausbreitet, mit bis zu 1.000 Stundenkilometern.Tsunami-Welle ist oft mehrere hundert Kilometer lang
Das ist der Unterschied zu gewöhnlichen Wellen, wie man sie von einem starken Seegang kennt: Da bewegt sich im Wesentlichen nur die Meeresoberfläche. Bei einem Tsunami ist die komplette Wassersäule in Bewegung. Und wenn diese sich als Welle auf eine Küste zu bewegt, wo das Meer ja immer flacher wird, dann hat die Welle immer weniger Platz und bäumt sich zu einer Riesenflutwelle auf – mit Höhen von manchmal mehreren Dutzend Metern. Entscheidend für die Schwere der Überschwemmung ist aber weniger die Wellenhöhe als vielmehr die Wellenlänge. Sie beträgt bei einem Tsunami oft mehrere hundert Kilometer. Wenn eine solche Welle sich an die Küste zu bewegt, wird somit eine gewaltige Wassermasse aufs Land geschoben. Deshalb sind Tsunamis so gefährlich.Mon, 25 Dec 2023 - 01min - 5610 - Kocht Wasser in den Bergen schneller?
Siedepunkt des Wassers ist in den Bergen niedriger
Ja. Wenn Sie auf einer Berghütte Urlaub machen und dort das Wasser für ihre Spaghetti aufsetzen, dann fängt das Wasser schneller an zu kochen, als wenn Sie das in einer Strandwohnung tun – zumindest, wenn sonst gleiche Bedingungen herrschen, also die Umgebung gleich warm ist, das Wasser dieselbe Anfangstemperatur hat und die Herdplatten gleich heiß sind. Der Grund: Der Siedepunkt ist in den Bergen niedriger. Wir haben zwar gelernt: Wasser siedet bei 100°C – doch das gilt nur bei Normaldruck auf Meereshöhe. Die Gesetze der Physik sagen aber: Je niedriger der Außendruck, desto niedriger auch die Siedetemperatur. Und da gilt die Faustregel: Pro 300 Meter Höhe sinkt der Siedepunkt um ein Grad. Auf 1.000 Metern Höhe macht das schon etwas mehr als 3 Grad aus, auf 2.000 Metern Höhe fast 7 Grad. Das Wasser kocht dann schon bei 93°C und nicht erst bei 100°C.Wenn das Wasser schneller kocht, sind die Spaghetti dann früher fertig?
Im Gegenteil. Denn die Garzeit hängt vor allem von der Temperatur ab. Das Wasser mag auf meiner Berghütte auf 2.000 Metern Höhe zwar schneller kochen, die Temperatur bleibt aber bei 93°C – heißer wird es nicht, sondern verdunstet nur noch. Und bei 93°C brauchen die Spaghetti eben länger, um genießbar bzw. al dente zu sein, als bei 100°C. Dasselbe bei Eiern. Will man ein klassisches 5-Minuten-Ei, sollte man es in den Bergen lieber zum 6-Minuten-Ei machen.Tue, 24 Sep 2024 - 02min - 5609 - "Bis in die Puppen wach bleiben" – Woher kommt der Ausdruck?
Friedrich II. und seine Götterstatuen im Berliner Tiergarten
"Bis in die Puppen" ist eine ganz lustige Berliner Redensart. König Friedrich II. hat, als er inthronisiert wurde, am Großen Stern im Tiergarten Götterstatuen aufstellen lassen. Die Berliner waren ein bisschen respektlos und sagten, dass seien die Puppen des Königs. Der spielt sozusagen mit diesen Puppen und lässt sie dort aufstellen. Die Berliner unternahmen gerne von der Stadtmitte aus einen Spaziergang "bis in die Puppen". Das waren so zwei, drei Kilometer, also schon eine ganz schöne Strecke. Deshalb hat sich das zunächst als Redensart herausgebildet für eine lange Strecke, eine große Entfernung.Aus "lange Strecke" wird "langer Zeitraum"
Nun gibt es recht häufig die Entwicklung, dass ein langer Zeitraum auf eine lange Wegstrecke oder umgekehrt eine lange Wegstrecke auf einen langen Zeitraum übertragen wird – und das war hier eben auch so. So sagte man in Berlin irgendwann "bis in die Puppen" wenn man meinte "etwas sehr lange tun".Thu, 2 Nov 2023 - 01min - 5608 - Wie lange dauerte die Keltenzeit und warum ging die Kultur unter?
Keltenzeit ab etwa 800 v. Chr. bis Christi Geburt
Der Beginn des Keltentums ist schwer zu definieren. Die Fachwissenschaft ist heute der Meinung, dass es mit der Älteren Eisenzeit, die um 800 v. Chr. einsetzt, beginnt. Gedauert hat sie bis zur Eroberung durch Caesar im Jahr 52 v. Chr. Allerdings muss man dazu sagen, dass auch die Urnenfelderkultur, die vor der Hallstattzeit liegt, wahrscheinlich ebenfalls von keltischen Völkerschaften getragen wurde. Die klassische Antwort auf die Frage ist aber: etwa von 800 bis Christi Geburt. Vor allem die Zeit von etwa 450 bis Christi Geburt ist die große Zeit der Kelten mit Expansionen, die bis nach Kleinasien, Spanien und Italien reichen. Überall konnte man keltische Sprache hören.Kelten gehen im Römischen Reich auf
Die Kelten gehen eigentlich nicht unter, sondern sie gehen im römischen Reich auf. In den letzten beiden Jahrhunderten v. Chr. geraten sie "zwischen Hammer und Amboss": Im Norden rücken immer mehr germanische Stämme vor und im Süden expandiert das Römische Reich immer mehr. Schließlich besetzt das Römische Reich fast alle keltischen Gebiete mit Ausnahme von Irland. In der Folge übernehmen die Kelten die römische Kultur. Sie haben ja auch vorher schon eine Stadtkultur. Sie wissen, was eine Stadt ist und kennen ihre Vorteile, sie haben eine Münzwirtschaft. So fiel es ihnen relativ leicht, in dieser römischen Kultur aufzugehen.Fri, 27 Oct 2023 - 01min - 5607 - Wie lange dauert es, bis eine neue Redewendung im allgemeinen Sprachgebrauch ankommt?
Das kann sehr schnell gehen. Ein Beispiel: Eine beliebte Fernsehsendung hat dazu geführt, dass junge Leute, wenn sie etwas nicht haben wollen, sagen: "Ich hab leider kein Foto für dich." Das stammt aus "Germany’s Next Topmodel". Wenn man dort ein Foto bekommt, heißt das, dass man eine Runde weiter ist. Kriegt man keines, bedeutet das, dass man raus ist aus dem Spiel. Ein beliebter Spruch kann also innerhalb weniger Wochen oder Monate in aller Munde sein. Ein anderes Beispiel ist der Ausspruch von Giovanni Trapattoni "Ich habe fertig!"Kaum war das draußen, kannte es jeder und es hat sich bis heute gehalten. Ebenso wie "spielt wie eine Flasche leer".
Kann das "Material" aus allen Bereichen kommen?
Ja, es kann aus den Medien kommen, dem Alltag, Religion, Politik, Militär oder Medizin. Da gibt es keine Grenzen. Auch der Aberglaube spielt eine Rolle, wenn wir dreimal auf Holz klopfen oder "toi, toi, toi" sagen.Sat, 29 Jul 2023 - 01min - 5606 - Was ist Schmerz?
"Unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis"
Wir suchen in der Medizin immer nach ganz klaren Definitionen. Wir hätten immer gerne etwas Messbares: den Blutzuckerspiegel oder einen Blutdruckwert, um darauf mit einem Medikament reagieren zu können. Schmerz ist nach internationaler Definition "ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis". Es kommt darauf an, was man mit dieser Sinnesinformation macht und sich z.B. die Frage stellt, wie viel Angst das macht."Schmerz ist immer subjektiv"
In der internationalen Definition ist auch folgende Formulierung enthalten: "Schmerz ist immer subjektiv." Das bedeutet, dass man von außen niemals beurteilen kann, welche Schmerzen ein Mensch hat. Das ist die wesentliche Kernbotschaft: Was mir ein Patient rückmeldet, das hat er! Das darf ich als Arzt nicht anzweifeln, denn sonst kann ich keine wirksame therapeutische Beziehung zu dem Patienten aufbauen.Sat, 29 Jul 2023 - 01min - 5605 - Wer hat die Schule erfunden?
Weit gefasster "Schul"-Begriff: Faustkeil herstellen, Mammut jagen, Acker bestellen
Es hat vermutlich niemand die Schule in dem Sinn erfunden, wie man Glühbirnen erfindet oder Blitzableiter. Sondern das hat sich allmählich entwickelt. Denn letztlich von dem Moment an, in dem es so etwas wie Kultur gab – wo also Menschen nicht nur ihre angeborenen Fähigkeiten benutzten, sondern wo man auch bestimmte Errungenschaften, Fähigkeiten, Techniken von einer Generation an die nächste weitergab – muss es ja jemanden gegeben haben, der dieses Wissen weitergegeben und den Kindern gezeigt hat, wie man einen Faustkeil herstellt, wie man ein Mammut jagt oder, später, wie man einen Acker bestellt. Das waren vielleicht die Eltern oder aber bestimmte Spezialisten in der Gemeinschaft, die etwas besonders gut konnten. Die Frage ist, ob man das schon als "Schule" bezeichnet.Erste Schulen bei den Sumerern
Wenn man von Schule im engeren Sinn spricht, also einer Einrichtung, in der Kinder a) gemeinsam und b) regelmäßig unterrichtet werden, wo sie also zu bestimmten Zeiten hingehen, selbst da weiß man weiß nur: Es gab solche Schulen bereits bei den Sumerern. Das heißt im 3. bis 4. Jahrtausend vor Christus. Das weiß man aus alten Texten. Dummerweise hatten aber die Sumerer die Schrift damals gerade erst erfunden. Es ist also kein Wunder, dass in früheren Texten keine Schulen erwähnt sind, einfach weil es vorher gar keine Texte gab. Aber man kann immerhin sagen: In dem Moment, in dem die Schrift erfunden war, gab es bereits Schulen. Die ältesten Zeugnisse stammen hier aus der Fundstätte bei Mari, das liegt am Euphrat, an der syrisch-irakischen Grenze. Da hat man Ziegelkonstruktionen gefunden, die aussehen, als könnten es Schulbänke gewesen sein. Und aus späterer Zeit datieren dort auch Schrifttafeln, die sich jedenfalls so lesen, als seien es Schultexte. Aber das ist natürlich immer Deutungssache – klar ist nur: Schulen gibt es schon sehr lange.Schulpflicht ab 1717 in Preußen
Die Schulpflicht kam erst sehr viel später. Das entscheidende Datum ist das Jahr 1717. Da hat Friedrich Wilhelm I. die allgemeine Schulpflicht in Preußen eingeführt. Hier ein Zitat, leicht gekürzt, aus dem Generaledikt des preußischen Königs: "Wir vernehmen missfällig und wird verschiedentlich von den Inspectoren und Predigern bei uns geklaget, daß die Eltern absonderlich auf dem Lande, in Schickung ihrer Kinder zur Schule sich sehr säumig erzeigen, und dadurch die arme Jugend in große Unwissenheit, sowohl was das Lesen, Schreiben und Rechnen betrifft, als auch in denen zu ihrem Heil und Seligkeit dienenden höchstnötigen Stücken aufwachsen lassen. Weshalb wir um diesem höchst verderblichen Übel auf einmal abzuhelfen in Gnaden resolviret dieses Unser General-Edict ergehen zu lassen und darum allergnädigst und ernstlich zu verordnen, daß hinkünfftig an denen Orten, wo Schulen sein, die Eltern bei nachdrücklicher Straffe gehalten sein sollen, Ihre Kinder gegen zwei Dreier wochentliches Schul-Geld von einem jeden Kinde, im Winter täglich und im Sommer, wann die Eltern die Kinder bei ihrer Wirtschaft benötigt sein, zum wenigsten ein oder zweimal die Woche, ... in die Schul zu schicken. Falls aber die Eltern das Vermögen nicht hätten: So wollen Wir, daß solche zwei Dreier aus jedes Orts Allmosen bezahlet werden sollen." (Friedrich Wilhelm I.) Das galt zunächst nur in Preußen, aber diese Einführung einer Schulpflicht war Vorbild für die anderen deutschen Landesteile, die später nachzogen. Und auch für das Ausland.Sat, 10 Jun 2023 - 02min - 5604 - Was passiert, wenn ein Badesee umkippt – ist das gefährlich?
Wann und warum kippt ein See bei Hitze um?
Vom Umkippen eines Sees spricht man, wenn ein Gewässer durch Sauerstoffmangel in einen katastrophalen Zustand gerät. Dieser Prozess kann durch die Hitze im Sommer angetrieben werden: Durch die warme Wassertemperatur und das üppige Angebot an Licht für die Fotosynthese kommt es zu einer extrem starken Vermehrung von Algen und Wasserpflanzen. Doch die sterben später ab, sinken zu Boden und werden dort zersetzt. Das machen aerobe Bakterien, also Bakterien, die für ihre Arbeit Sauerstoff benötigen. Fallen viele Algen an, die zersetzt werden müssen, dann führt das zu Sauerstoffmangel im Wasser. Und in warmem Wasser befindet sich sowieso schon weniger Sauerstoff als in kaltem. Der Sauerstoffmangel führt dazu, dass fast alle Organismen im Wasser absterben. Ist schließlich so gut wie der ganze Sauerstoff im Wasser verbraucht, dann sterben auch die aeroben Bakterien. Ihren Job übernehmen dann die anaeroben Bakterien, die keinen Sauerstoff für die Zersetzung von abgestorbener Materie brauchen. Ihr Stoffwechsel produziert aber teilweise sehr übelriechende und auch giftige Substanzen: Zum Beispiel Faulgase wie Methan, Schwefelwasserstoff und Ammoniak. Faulgase sind giftig und machen den See zu einem toten Gewässer. Am Boden des Sees sammelt sich Faulschlamm. Das Gewässer ist "umgekippt".Wie könnte man das verhindern?
Maßnahmen zum Schutz der Seen vor dem Umkippen gibt es einige. Erstmal sollte man versuchen, die Seen gegen nährstoffreiche Zuflüsse von außen zu dämmen und man kann das Wasser künstlich belüften und so mit Sauerstoff anreichern. Das machen manche Badeseebetreiber bereits. Man könnte auch das Baden im See verbieten– denn Badegäste wirbeln häufig Nährstoffe auf, die sich am Boden abgesetzt haben. Ist der See schon umgekippt, dann hilft es, die Algen abzuschöpfen und Faulschlamm abzubaggern.Warum ist Schwimmen in einem umgekippten See gesundheitsschädlich?
Beim Schwimmen oder selbst plantschen in einem umgekippten Gewässer kann es zu Hautreizungen und allergischen Reaktionen kommen. Und wenn man das Wasser dann auch noch schluckt, zu Durchfall und Erkrankungen der Atemwege. Am tückischsten ist es übrigens in Ufernähe. Dort schwimmen zum Beispiel Keime in höchster Konzentration herum. Und das auch bevor ein See komplett umgekippt ist. Deshalb sollten Badeseegäste immer auch auf Trübungen, Verfärbungen oder Algenansammlungen achten, denn die sind ein Warnhinweis: Hier ist das Gleichgewicht des Sees nicht mehr in Ordnung. Auch Wasservögel sind ein Warnhinweis für Badende. Gibt es davon viele am und um den See, dann kann man davon ausgehen, dass Parasiten im Wasser sind, denn sie geraten über den Entenkot in den See.Thu, 29 Aug 2024 - 02min - 5603 - "Maulaffen feilhalten" – Woher kommt das?
Maulaffen waren Kienspanhalter aus Ton
Heute weiß kaum noch jemand, was für ein Gegenstand der Maulaffe war. Es handelte sich um Kienspanhalter. Kienspäne dienten der Beleuchtung. Man fertigte einfache Töpfe aus Ton, in die man die Späne hineinsteckte. Da man das Ganze im niederdeutschen Bereich erfunden hat, nannte man sie "Mulape"; einfach übersetzt mit "Maul offen" oder "Maulaffen". Das waren also die Maulaffen. Wenn jemand vor Erstaunen den Mund offen hielt, weil er so perplex war, stand er da wie ein Maulaffe – als würde er sich selbst feil bieten, zum Verkauf anbieten. Als eine Art von Kienspanhalter.Fri, 26 May 2023 - 00min - 5602 - "Durch die Lappen gehen" – Woher kommt der Ausdruck?
Abgesperrtes Areal bei der Treibjagd
Hierbei geht es um die Jagd. Man hat bei der Treibjagd ein Areal mit Seilen abgesperrt. Über diese Seile hat man Tücher gehängt, die teilweise sogar – wie man auf alten Kupferstichen sehen kann – mit Fratzen bemalt waren. Davon sollten die Tiere, die den Jägern zugetrieben wurden, abgeschreckt werden und immer in dieselbe Richtung laufen. Aber ab und zu lief ein Tier in Panik einfach durch diese Lappen, diese Tücher hindurch und war somit entkommen. Von seiner Warte aus sehr positiv, von der Warte der Jäger aus war es durch die Lappen gegangen und damit entwischt.Wed, 24 May 2023 - 01min - 5601 - Wie sinnvoll sind Triggerwarnungen?
Helfen Triggerwarnungen Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, wirklich?
Das Wort "Triggern" wird umgangssprachlich oft gleichbedeutend verwendet mit "es nervt". Psychologisch ist das aber klarer definiert. Es bedeutet, dass traumatische Erfahrungen wieder wachgerufen werden. Ich habe mir das von einem Traumaexperten erklären lassen. Dr. Christian Lüdke ist Kinder- und Jugendpsychotherapeut und behandelt seit vielen Jahren Verbrechensopfer, die Terroranschläge, Amokläufe oder Geiselnahmen miterlebt haben. Er sagt: Traumatisierte Menschen können an sogenannten Flashbacks leiden, bei denen sie sich plötzlich an das traumatische Ereignis erinnern und die Situation wieder durchleben. Diese Flashbacks werden durch unbewusste Reize ausgelöst. Diese Reize, die zum Auslöser für Flashbacks werden, nennt man Trigger. Diese sind immer unbewusst. Sie sind nicht im Ereignis selbst gespeichert, sondern im Nervensystem. Kleine Reize können Trigger werden: Der Geruch eines bestimmten Parfums, ein Geräusch oder eine bestimmte Umgebung. In vielen Fällen ist das also sehr individuell – so individuell, dass die Medien darauf letztlich keine Rücksicht nehmen können. Wir wissen ja nicht, welche Musik bei welchen Menschen einen Flashback triggert. Aber natürlich gibt es auch Fälle, in denen der Auslöser sehr viel Ähnlichkeiten hat mit der traumatisierten Erfahrung. Etwa wenn ein Vergewaltigungsopfer eine Vergewaltigung in einem Film sieht – deshalb liegt der Gedanke nahe zu sagen: Diese Menschen schützt man, wenn man vorher darauf hinweist, dass sie in einem Film mit Beschreibungen einer Vergewaltigung konfrontiert werden und ihnen so die Gelegenheit gibt, auszuschalten.Schützen Triggerwarnungen davor, dass Menschen die traumatischen Situationen innerlich wieder durchleben müssen?
Das Problem ist: Eine Triggerwarnung kann auch das Gegenteil auslösen. Christian Lüdke hat mir erklärt, dass bei Triggerwarnungen ein Nocebo Effekt entstehen kann. Das ist wie bei einer Placebo-Pille, nur umgekehrt. Bei Placebo denken wir, etwas hilft – und dann hilft es auch. Bei einer Triggerwarnung kann es passieren, dass ich Angst bekomme, weil mir die Warnung ankündigt, dass ich Angst bekommen könnte. Die Triggerwarnung weckt eine negative Erwartung, die zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird. Gerade Wörter wie "Achtung" oder "Warnung" können selbst Ängste auslösen. Christian Lüdke rät deswegen, eine Triggerwarnung möglichst wegzulassen und dafür den Titel präzise zu formulieren. Beispiel: Es gibt im Podcast SWR2 Wissen eine Folge über "Sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe". Hier ist der Titel schon so aussagekräftig, dass eine zusätzliche Triggerwarnung nicht nötig gewesen wäre. Wer diese Folge anklickt, ist sich bewusst, was kommen kann. Auch Triggerwarnungen bei Inhalten mit Spinnen oder Spritzen hält er für übertrieben. Solche Warnungen sollten nicht inflationär eingesetzt werden. Einen Hinweis braucht es nur, wenn der Inhalt überrascht. Der Hinweis sollte nicht als Warnung formuliert werden, sondern einfach neutral über den Inhalt informieren. Wörter wie "Achtung", "Warnung" oder "Angst" lässt man lieber weg. Zum Beispiel: "Hinweis, in dieser Sendung geht es um …“Bestärken funktioniert besser als warnen
Menschen funktionieren laut dem Psychotherapeuten Christian Lüdke eher durch positive Erwartungen als durch Warnungen. Es ist psychologisch gesehen wirksamer zu bestärken, als zu warnen. Deswegen ist ein Hinweis sinnvoll. Ein Beispiel hierfür ist die Triggerwarnung, die beim Podcast "Ein Mensch verschwindet – Daniel Küblböck" eingesetzt wird. Dort heißt es: "Bevor wir beginnen, möchte ich euch auf Folgendes hinweisen: Es werden in dieser und anderen Folgen Suizid, psychische Erkrankungen, Homophobie, Gewalt und Transfeindlichkeit thematisiert. Falls ihr auf diese Themen sensibel reagiert, hört den Podcast vielleicht lieber mit einer vertrauten Person, mit der ihr die Folgen auch unterbrechen könnt, um euch über das Gehörte zu unterhalten." Dieser Hinweis regt dazu an, nicht direkt abzuschalten, sondern ermutigt den Hörenden, eine Situation zu schaffen, in der er die Sendung hören kann.Mon, 22 May 2023 - 04min - 5600 - Warum können Papageien sprechen?
Papageien plappern nicht nur Menschen nach – dieses Phänomen entsteht eher als Nebeneffekt einer viel grundlegenderen Eigenschaft: Papageien passen sich anderen Papageien an. Die Heimat des Papageien ist der Regenwald, dort leben sie in Gruppen. Innerhalb dieser Gruppen gibt es – wie in sozialen Gruppen bei Menschen auch – oft einen vorherrschenden Klang, einen Slang, an dem sich die Mitglieder der Gruppe gegenseitig erkennen und von anderen abgrenzen. Diesen Slang können sich Papageien aneignen. Andere Vögel machen das in gewissen Grenzen auch, nur anders. Singvögel singen. Papageien haben bekanntlich keine besonders schönen Singstimmen – da hat das Plappern die Rolle übernommen, die bei anderen Vögeln das Singen hat.
Dicke Zunge bringt viele Laute hervor
Übrigens auch, wenn ein Männchen einem Weibchen imponieren will: Die Nachtigall- und Blaumeisenmännchen singen, der Papagei plappert – weil er eben dafür auch von der Natur ausgestattet ist. Der Stimmapparat der Papageien ist primitiver als der der meisten anderen Vögel, dafür haben sie eine dicke Zunge, mit der sie sehr viele verschiedene Laute hervorbringen können. Eigentlich nutzen sie diese Fähigkeit zur Kommunikation und Anpassung in ihrer Papageiengruppe – wenn sie aber bei Menschen aufwachsen, wird der Mensch zu ihrer Bezugsperson und so ahmen sie ihn nach. Wobei sie, auch wenn es manchmal den Eindruck macht, natürlich nicht die einzelnen Wörter verstehen.Mon, 2 Jan 2023 - 01min - 5599 - Wozu haben wir Augenbrauen?
Augenbrauen verhindern, dass Schweiß in die Augen kommt
Es gibt zwei mögliche Gründe: Zum einen verhindern Augenbrauen, dass einem der Schweiß von der Stirn direkt ins Auge läuft. Das ist wohl die wichtigste Funktion. Für unsere Vorfahren in Afrika, die in der Hitze der Savanne viel herumgerannt sind oder gekämpft haben, war das wichtig. Denn wenn einem der Schweiß in die Augen tropft, ist das hinderlich. Und wenn man sich im falschen Moment den Schweiß aus den Augen wischt, kann es tödlich sein.Augenbrauen: Die Stelle, wo der Mensch Haare dazubekommen hat
Tatsächlich scheinen sich Augenbrauen erst entwickelt zu haben, als der Mensch die afrikanische Savanne erobert hat, denn unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, haben über dem Auge keine ausgeprägte Behaarung. Und das fällt auf: Eigentlich sind weniger behaart als Schimpansen, nur über dem Auge sind Haare dazugekommen. Der Schimpanse hat dafür etwas anderes, was die Menschen kaum noch besitzen, nämlich sogenannte Überaugenwülste. Dort, wo wir die Augenbrauen haben, stehen beim Affen – und das war auch noch beim Neandertaler so – die Knochen ein wenig heraus, sodass über den Augen die Stirn ein bisschen vorspringt.Sind Augenbrauen Ersatz für die Überaugenwülste?
Damit ergibt sich eine zweite mögliche Erklärung: In der menschlichen Kommunikation spielt Mimik eine große Rolle. Wir drücken über die Augenbrauen viele Gefühle aus. Wenn wir mürrisch sind, ziehen wir sie zusammen; sind wir freudig überrascht, ziehen wir die Brauen hoch. Und ganz ähnlich kommunizieren Affen mit ihren Überaugenwülsten. Der frühe Mensch hat diese markanten Wülste über den Augen verloren, weil das Gesicht im Lauf der Menschwerdung immer flacher geworden ist. Möglicherweise sind also Augenbrauchen ein Ersatz für die Überaugenwülste beim Affen bzw. beim Neandertaler. Sie tragen gewissermaßen dazu bei, dass die Mimik besser erkennbar ist. Aber das sind alles Vermutungen – beweisen lassen sie sich kaum.Fri, 25 Nov 2022 - 02min - 5598 - Großväter vererben ihre Glatze an die Enkel – stimmt das?
Glatze bei Männern: Verantwortliches Gen liegt auf dem X-Chromosom
Diesen Effekt kann es geben, und man kann es sogar noch genauer sagen: Es geht in diesen Fällen immer um die Opas mütterlicherseits. Anders gesagt: Wenn jungen Männern schon relativ früh die Haare ausfallen und man sich fragt, woher sie das haben, lohnt es sich, einen Blick auf den Vater der Mutter zu werfen, bei dem das möglicherweise auch schon so war. Dieser Zusammenhang ist als Erfahrungswert seit Jahrzehnten bekannt. Eine Studie von 2005 liefert die Erklärung. Denn es drängen sich ja Fragen auf: Warum hat der Opa eine Glatze, die Mutter aber nicht, ihr Sohn aber dann doch wieder? Warum muss eine Generation übersprungen werdenWarum tritt dieser Effekt nicht auch beim Opa väterlicherseits auf? Die kurze Antwort ist: Weil das verantwortliche Gen auf dem X-Chromosom liegt.Frühzeitiger Haarausfall ist meist hormonell bedingt
Der Zusammenhang ist folgender: Der frühzeitige Haarausfall ist in der Regel hormonell bedingt und wird durch Androgene ausgelöst – eine bestimmte Sorte von männlichen Sexualhormonen. Das besagte Gen fördert die Rezeptoren für diese Hormone in der Kopfhaut. Es sorgt also dafür, dass diese Hormone dort eine besonders starke Wirkung entfalten und die Haare früher ausfallen als bei anderen biologischen Männern. Ich habe schon gesagt, dass dieses Gen auf dem X-Chromosom liegt. Wir erinnern uns: Das X-Chromosom ist das, wovon biologische Frauen zwei haben. Männer dagegen haben nur ein X-Chromosom, dafür noch ein Y-Chromosom.Wenn Opa das Glatzen-Gen hat
Nehmen wir also an, Opa hat dieses Glatzen-Gen. Jetzt können wir mehrere Szenarien durchspielen: Szenario 1:Opa zeugt mit Oma einen Sohn. Der Sohn hat typischerweise ein Y- und ein X-Chromosom in seinen Zellen. Das X-Chromosom bekommt er von der Mutter, vom Vater bekommt er das Y-Chromosom. Damit ist er fein raus, denn das Glatzen-Gen sitzt ja bei Opa auf dem X-Chromosom, das wird aber eben nicht vererbt und bleibt somit auf der Strecke. Opas Sohn, nennen wir ihn "Papa", bekommt dieses Glatzen-Gen also gar nicht erst und kann es entsprechend auch nicht an seine eigenen Kinder weitervererben. Deshalb spielt die väterliche Linie bei der Vererbung des Glatzen-Gens keine Rolle. Szenario 2:Opa zeugt mit Oma eine Tochter. Die Tochter, nennen wir sie Mama, bekommt zwei X-Chromosomen vererbt – eins von Oma und eins von Opa. Auf dem X-Chromosom von Opa sitzt nun das Glatzen-Gen. Das macht sich aber bei Mama nicht bemerkbar, weil Mama gar nicht so viel von diesen männlichen Sexualhormonen produziert, die für den Haarausfall verantwortlich sind. Mama hat also das Gen in ihrem Erbgut, aber es schlummert bei ihr nur und hat keinen sichtbaren Effekt. Bekommt Mama aber einen Sohn, vererbt sie eins ihrer beiden X-Chromosomen. Auf einem davon sitzt das Glatzen-Gen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50:50 vererbt Mama dieses Chromosom an ihren Sohn, also an Opas Enkel. Dort entfaltet das Gen dann seine Wirkung und macht sich in Form von verfrühtem Haarausfall bemerkbar. Aber es ist eine Lotterie, denn genauso groß ist die Chance, dass der Enkel von Mama das andere X-Chromosom abbekommt. Was aber, wenn Mama eine Tochter bekommt und die dann erst in der nächsten Generation einen Sohn? Auch bei diesem Urenkel kann sich die genetische Veranlagung zu frühzeitigem Haarausfall durchschlagen - dann aber nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent. Und so geht es weiter. Über eine konsequent mütterliche Linie kann Opa das Gen noch über viele Generationen an irgendeinen Urururenkel vererben - nur halbiert sich die Wahrscheinlichkeit dafür mit jeder "Tochter"-Generation. Jetzt muss man sagen: Dieses Gen ist zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Faktor, der für vorzeitigen Haarausfall verantwortlich ist. Insofern bleibt als Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass Opa mütterlicherseits seine Glatze an den Enkel vererbt, ist deutlich erhöht, aber es ist kein Automatismus.Fri, 23 Aug 2024 - 03min - 5597 - Benutzen wir wirklich nur zehn Prozent unseres Gehirns?
Von Scientology verbreitetes Gerücht
Vermutlich benutzen wir hundert Prozent – wenn auch nicht immer gleichzeitig. Falls Sie das Gerücht im Kopf haben, Einstein hätte gesagt, wir nutzen nur zehn Prozent unseres Gehirnpotenzials, vergessen Sie’s! Weder gibt es einen Beleg, dass Einstein das gesagt hat, noch stimmt es inhaltlich. Das Gerücht hat der Gründer von Scientology, Ron Hubbard, in die Welt gesetzt. Es wird heute noch von Scientology verbreitet, verbunden mit der mehr oder weniger explizit ausgesprochenen Botschaft: "Scientology hilft Ihnen, auch die restlichen 90 Prozent Ihres Gehirns zu nutzen!" – Das ist nur ein hohles Versprechen.Ständig neue Verbindungen zwischen Nervenzellen durchs Lernen
Dass an den "10 Prozent" nichts dran ist, kann man sich leicht klarmachen:- Es gibt viele Patienten, bei denen – zum Beispiel durch einen Unfall oder einen Schlaganfall – Teile des Gehirns geschädigt sind. Würden wir wirklich nur 10 Prozent nutzen, dann würden die meisten Hirnschädigungen ohne Folgen bleiben. In Wirklichkeit führt aber fast jede Hirnschädigung zu irgendwelchen Einschränkungen. Das heißt im Umkehrschluss, dass all die betroffenen Hirnregionen vorher zu etwas gut gewesen sein müssen.Wir können uns das Gehirn vorstellen als ein großes Knäuel von Milliarden von Nervenzellen. Diese Milliarden von Nervenzellen sind untereinander wiederum durch Milliarden von Verbindungen vernetzt. Die Hirnforschung hat gezeigt, dass das Hirn sehr plastisch ist: Sobald wir etwas lernen, bilden sich neue Verbindungen zwischen Nervenzellen. Und sobald wir diese Verbindungen nicht mehr nutzen, fangen sie ziemlich schnell an zu verkümmern. Auch das spricht dafür, dass wir wirklich alle Bereiche des Gehirns nutzen. Denn alles, was wir nicht nutzen, wird mit der Zeit abgebaut und wäre dann gar nicht mehr vorhanden.
Immer nur die Gehirnteile nutzen, die gerade gebraucht werden
Aber natürlich sind nicht sämtliche Teile des Gehirns immer ausgelastet. Nicht alle Nervenzellen feuern immer und ständig. Das wäre auch gar nicht gut. Wir würden dann nämlich ständig herumzappeln, könnten uns auf nichts mehr konzentrieren und hätten keine Kontrolle mehr über uns. Insofern ist es schon ganz in Ordnung, dass wir zu jedem Zeitpunkt immer nur die Teile des Gehirns nutzen, die wir für eine konkrete Aufgabe gerade brauchen. Somit ist auch schon die Grundannahme falsch, die dem "Zehn-Prozent-Gerücht" zugrunde liegt. Denn es ist eben nicht so, dass das geistige Potenzial um so größer ist, je mehr Gehirnanteile aktiv sind. Unter Umständen wächst das geistige Potenzial auch gerade mit der Fähigkeit, bestimmte Aktivitäten, die von einer Aufgabe eher ablenken, auch mal herunterzufahren.Prozentangaben sind nicht sinnvoll
Und wie viel "Gehirn" ist nun normalerweise aktiv? Das lässt sich relativ schwer in Prozent angeben. Das unterscheidet das Gehirn von einer Festplatte: Beim Computer kann ich leicht feststellen, dass ich nur ein Viertel meines Speichers benutzte und drei Viertel ungenutzt sind. Aber das Gehirn ist ja keine Festplatte, und man darf es sich auch nicht so vorstellen, dass einzelne in sich geschlossene Hirnareale aktiv wären und alle anderen ruhten. Sondern das Gehirn arbeitet oft so, dass viele entfernte Bereiche sich miteinander vernetzen. Erinnerungen zum Beispiel, Gedächtnisinhalte sind nicht an einem bestimmten Ort gespeichert, sondern entstehen eher durch Aktivitätsmuster, bei denen ganz entfernte Teile des Gehirns aktiv sind. Deshalb sind Prozentangaben schwierig und nicht sehr sinnvoll.Wed, 8 May 2024 - 02min - 5596 - Warum hat der Mond keine Atmosphäre?
Der Mond ist zu klein und zu leicht
Er ist schlicht zu klein und zu leicht. Damit ein Himmelskörper eine Atmosphäre hat, braucht er eine gewisse Masse, um Gasmoleküle durch seine Gravitationskraft bei sich zu halten. Der Mond ist 80-mal leichter als die Erde, und damit ist seine Anziehungskraft einfach zu schwach. Um eine Atmosphäre an sich zu binden, müssen Himmelskörper schon etwas größer sein.Auch auf das Magnetfeld kommt es an
Man sieht das gut im Vergleich von Mars und Venus. Der Mars hat auch nur eine sehr dünne Atmosphäre, denn er ist viel kleiner als die Erde – seine Masse beträgt lediglich ein Neuntel der Erdmasse. Es gibt Hinweise, dass der Mars früher eine dichtere Atmosphäre hatte, dass die sich aber verflüchtigt hat. Nicht nur weil der Mars so klein ist, sondern auch, weil er kein Magnetfeld hat. Die Erde hat eins, das schützt sie unter anderem vor dem sogenannten Sonnenwind – also geladenen Teilchen, die von der Sonne kommen. Weil aber der Mars kein Magnetfeld hat, ist er dem Sonnenwind schutzlos ausgesetzt; seine einst etwas mächtigere Atmosphäre wurde davongetragen.Venus hat dichte Atmosphäre
Ganz anders dagegen sieht es auf der Venus aus; die hat eine sehr dichte Atmosphäre – die Venus ist ja auch fast so groß wie die Erde. Verschiedene Faktoren entscheiden also über das Vorhandensein einer Atmosphäre. Vor allem die Größe, aber auch Faktoren wie das Magnetfeld.Sat, 25 Nov 2023 - 01min - 5595 - Erinnern sich Finger an erlernte Gitarrenstücke?
Assoziationen helfen beim Erinnern
Das ist wie bei den PIN-Nummern, die wir bei unseren Geldkarten benutzen. Wenn man vor dem Automaten steht, kann man die Zahl hundert Mal korrekt eingeben – bis man sich mal vertippt. Sich dann wieder zu erinnern, was die richtige Nummer ist, kann sehr schwerfallen. Man hat zwar gedacht, dass man diese Nummer bewusst eingibt, in Wirklichkeit aber hat man ein bestimmtes Bewegungsmuster eingegeben. Wenn das einmal schiefgegangen ist, fällt es einem schwer, bewusst die Nummer wieder aufzurufen. Ähnlich ist es bei Musikstücken. Musikstücke werden assoziiert über den Namen. Wenn man es selbst geschrieben hat, auch über die Stimmung, in der man es geschrieben hat, was man ausdrücken wollte, welche Systeme man verwendet hat, um es zu schreiben.Wissen außerhalb eines bestimmten Kontexts abzurufen, fällt schwer
Sie werden aber auch über die Bewegungsmuster des Spielens, in dem Fall einer Gitarre, mit abgespeichert. Das heißt, man hat hier eine weitere Assoziation. Plus: Die Gitarre gibt einem den Kontext der Situation, denn es fällt uns schwer im Musischen, aber auch im nicht musischen Bereich, wenn es um Faktenwissen geht, Dinge außerhalb eines bestimmten Kontextes abzurufen, in dem wir diese Fakten entweder anwenden wollen, normalerweise anwenden oder in dem wir sie gelernt haben Deswegen haben zum Beispiel viele Schüler und Schülerinnen Schwierigkeiten, wenn sie einen Beruf anfangen, das, was sie in der Schule gelernt haben, entsprechend zu erinnern: Der Schulkontext fehlt dann.Zusammenspiel von Bewegung und Gehör
In ihrem Musikstück wird der Musikkontext wiederhergestellt durch das Greifen der Gitarre, durch die ersten Töne. Aber dann passiert noch etwas anderes: Auch wenn Ihnen die Bewegungsmuster selber geholfen haben, es zu erinnern, ist es jetzt wiederum Ihr Gehör über den auditorischen Cortex, über die Musikanalyse, der ihnen signalisiert: Hey, das ist ja das Lied, wonach Du gesucht hast. Hier sieht man, dass es eine Korrekturschleife im Kopf gibt, die neben dem Bewegungsmuster, neben den Automatismen, den Routinen der Gewohnheiten, den unbewussten Assoziationen noch eine bewusste Rückmeldung gibt. Ob etwas in dem, was man gerade spielt, mit dem zu tun hat, was man im Kopf hatte, was man spielen wollte.Fri, 13 Sep 2019 - 02min - 5593 - Hat Ostern germanische Ursprünge?
Die Vermutungen, dass hinter Ostern germanische Ursprünge stecken, sind sehr vage. Wir sind in der heutigen Volkskunde bzw. der Europäischen Ethnologie von diesen sogenannten Kontinuitätsprämissen abgerückt und zweifeln die germanischen Kontinuitäten an. Auch die Namensherleitung von Ostern geht in eine ähnliche Richtung – den Namen in Verbindung zu bringen mit einer angeblichen germanischen Göttin namens Ostara ist äußert schwierig. Denn es spricht vieles dafür, dass es eine solche germanische Göttin nie gegeben hat.
Vermutlich indogermanische Wurzeln
Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass aus dem Indogermanischen ein Wort wie "Eostra" im Hintergrund gestanden haben könnte, das so viel bedeutet wie "Morgenröte". Und das macht ja auch Sinn. Mit Ostern kommt sozusagen neues Licht in die Welt – die "Morgenröte der Erlösung". Das ist sehr viel besser nachvollziehbar.Fri, 29 Mar 2024 - 01min - 5592 - Wie atmen Küken im Ei, bevor sie schlüpfen?
Luftblase im Ei versorgt das Küken mit Sauerstoff
Was machen wir, wenn wir ein Frühstücksei kochen und verhindern wollen, dass es beim Kochen platzt? Wir stechen es an, an der stumpfen Seite. Warum? Weil da eine Luftblase ist. Diese Luftblase kann sich ausdehnen, wenn sie erhitzt wird, und dann droht sie zu platzen. Genau diese Blase dient dem Küken als Luftreservoir. Dort atmet es. Während das Küken im Ei heranwächst, wird die Luftblase immer größer, weil aus dem Ei Flüssigkeit verdunstet. Damit wächst der Luftanteil im Ei, und so hat auch das Küken mit der Zeit ein immer größeres Luftreservoir zur Verfügung.Eierschale hat 10.000 Poren
Trotzdem klingt es vielleicht seltsam: Das bisschen Luft in dieser doch recht kleinen Blase soll reichen, um ein Küken bis es schlüpft – also drei Wochen lang – mit Sauerstoff zu versorgen? Wie soll das gehen? Denn die Eierschale selbst ist luftdurchlässig. In der Eierschale eines normalen Hühnereis befinden sich 10.000 Poren, über die ein ständiger Luftaustausch stattfindet. So kommt Sauerstoff ins Ei und somit auch in diese Luftblase.Wann und wie das Küken schlüpft
Mit der Zeit wird es im Ei natürlich eng. Dann hämmert das Küken das Ei von innen auf und schlüpft. Draußen gibt es dann in jedem Fall genügend Luft.Wed, 13 Nov 2024 - 01min - 5590 - Könnte man etwas unsichtbar machen, wenn man es mit ultravioletter Farbe bestreicht?
Nein, aber die Idee klingt natürlich bestechend. Andererseits: Wenn es möglich wäre, hätte das wohl schon mal jemand gemacht. Wo also ist der Haken? Andersherum gefragt: Wann ist etwas überhaupt sichtbar?
Sichtbar sind entweder Objekte, die selber Licht erzeugen und ausstrahlen – wie die Sonne oder eine Glühlampe – oder Objekte, Oberflächen, die Licht reflektieren. Fast alles, was wir täglich sehen, sind Oberflächen, die Sonnenlicht reflektieren.
Und weiter:Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Man muss unterscheiden, dass es zwei Arten von „sehen“ gibt. Nämlich das physikalische Sehen – es kommt Licht und dringt in unser Auge ein. Das ist der physikalische Teil des Sehens. Aber was uns bewusst wird, bedarf einer Verarbeitung durch das Gehirn; das will ich als das „Wahrnehmen“ bezeichnen. Das ist nun wichtig, wenn wir fragen: Was ist unsichtbar und was ist sichtbar?
Entsprechend, erklärt der Materialwissenschaftler, gibt es auch zwei Varianten der Unsichtbarkeit. Variante 1 bedeutet: Unsichtbar im Sinne von durchsichtig, transparent.Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Luft zum Beispiel oder eine hochtransparente Glasscheibe können wir physikalisch nicht sehen, weil von dort kein Licht zu uns zurückkommt.
Und gleich die Einschränkung: Luft strahlt durchaus. Sie sendet elektromagnetische Wellen durch den Raum. Doch diese können wir nicht sehen, denn unsere Augen sind nur für einen winzigen Ausschnitt des elektromagnetischen Spektrums überhaupt empfänglich. Wir sehen keine Radiowellen – deren Wellenlänge ist viel zu lang. Wir sehen keine Röntgenstrahlen – die sind viel zu kurz. Unsere Augen sind eigentlich ziemlich beschränkt. Sie sehen nur die Farben des Regenbogens, und der ist ein dünner Strich in der Landschaft der elektromagnetischen Wellen. Würden wir die Wellenlängen der Regenbogenfarben in Schallwellen übersetzen, dann entspräche der Abstand zwischen dem inneren und äußeren Rand des Regenbogens gerade mal einer Oktave. Mehr nicht. Alle Lichtfrequenzen, die größer oder kleiner sind, sehen wir nicht.Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Alle diese diversen Strahlenbereiche, da strahlt Luft zum Beispiel im Mikrowellen- oder im Infrarotbereich. Wenn Sie Luft von Raumtemperatur vor eine kalte Wand blasen würden, dann würden Sie im Infrarot sehen, dass die Luft Wärme abstrahlt, Infrarotlicht abstrahlt. Dass wir Luft nicht sehen, ist also nur ein Phänomen des ganz kleinen Ausschnitts an Strahlung, den unser Auge wahrnimmt.
Bleibt die Frage: Warum sind manche Stoffe dann durchsichtig – transparent – während andere das Licht reflektieren? Was ist es, was das Licht gewissermaßen im Stoff zur Umkehr zwingt? Es sind Elektronen, so der Experimentalphysiker Metin Tolan:Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Wenn elektromagnetische Wellen – Licht – auf einen bestimmten Stoff treffen, werden sie absorbiert oder nicht absorbiert. Das hängt von den Elektronen im Stoff ab. Wenn die Elektronen richtig mitschwingen können, wenn die richtig angeregt werden, werden die elektromagnetische Wellen absorbiert, die Elektronen verschlucken sie sozusagen. Im Glas können die Elektronen nicht so angeregt werden, deswegen ist das Glas durchsichtig.
Glas oder auch Luft sind also durchsichtig, weil es keine Resonanz gibt – die Elektronen sind so eng an die jeweiligen Atome gebunden, dass sie sich von den Lichtstrahlen nicht stören oder gar zum Mitschwingen verleiten lassen. Deshalb geht das Licht einfach durch, ohne seine Energie abzugeben. Aber diese Stoffe sind bekanntlich eher die Ausnahme.Quelle: Metin Tolan, Experimentalphysiker
Bei Metallen ist es genau nicht so. Da sind die Elektronen nicht so fest gebunden, die sind frei beweglich. Deshalb können Sie mit elektromagnetischen Wellen diese Elektronen natürlich auch ganz leicht anregen – und deshalb sind Metalle nicht durchsichtig. Diese Erklärung ist stark vereinfacht, aber das ist der Effekt.
Zoomen wir uns nun wieder etwas heraus aus der Tiefenstruktur der Moleküle, der Atome und Elektronen. Denn da war ja noch die zweite Art der Unsichtbarkeit, von der Hans Kricheldorf gesprochen hat: In dieser Variante gelangen von einem Objekt zwar Lichtstrahlen in unser Auge – wir können es also physikalisch sehen – aber nicht wahrnehmen, einfach deshalb weil wir zwischen Objekt und Hintergrund keine Grenze erkennen können.Quelle: Metin Tolan, Experimentalphysiker
Stellen Sie sich vor, dass Sie ein weißes Blatt Papier auf einen weißen Hintergrund kleben, der genau das gleiche Licht abstrahlt wie das weiße Papier. Jetzt gehen Sie 10 Schritte zurück, sodass Sie den Rand des Papieres nicht mehr sehen. Dann sehen Sie physikalisch das Papier, es strahlt Ihnen nämlich weißes Licht ins Auge – aber Ihr Gehirn kann es nicht mehr wahrnehmen. Und das ist der Witz von Tarnanstrichen oder Tarnüberzügen. Das machen Lebewesen in der Natur oder die Bundeswehr beim Einsatz.
In der Frage , ob man etwas mit ultravioletter unsichtbar machen kann, werden nun genau diese beiden Varianten von Unsichtbarkeit vermischt.Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Beim Tarnen können Sie mit Anstrichen etwas erreichen, aber Sie können nicht durch Anstriche etwas komplett durchsichtig machen, so als ob es Luft wäre. Wenn Sie etwas Sichtbarem das reflektierte Licht wegnehmen wollen, würde die Sichtbarkeit für unser Auge nicht verschwinden. Denn wenn Sie einer Oberfläche, die Sie jetzt sehen, weil sie Licht reflektiert, diese Strahlung wegnehmen, dann ist sie einfach schwarz, aber als schwarzes Objekt natürlich sichtbar.
Die "ultraviolette" Farbe wäre natürlich genauso schwarz.Quelle: Hans Kricheldorf, Professor für makromolekulare Chemie
Tue, 12 Mar 2024 - 05min - 5589 - Wie lange braucht ein Lichtsignal vom Objekt ins Gehirn?
Mit Lichtgeschwindigkeit vom Objekt aufs Auge
Erst mal muss das Licht vom Objekt auf die Netzhaut des Auges gelangen. Diese Zeit hängt von der Entfernung des Objekts ab. Da die Lichtgeschwindigkeit bekannt ist – 300.000 km pro Sekunde – kann man die Geschwindigkeit leicht ausrechnen. Wenn ich ein Buch lese, das 30 cm von meinem Auge weg ist, braucht das Licht den hundert millionsten Bruchteil einer Sekunde. Wenn ich einen Baum in 30 Metern Entfernung sehe, dann braucht es 100-mal länger.Vom Auge ins Gehirn dauert's: Nerven arbeiten nicht in Lichtgeschwindigkeit
Das macht also einen Unterschied – aber dieser Unterschied ist eigentlich belanglos: Von besagtem Baum zu meinem Auge braucht das Licht immer noch nur eine Millionstel Sekunde und diese Zeit kann man vernachlässigen. Denn viel länger ist die Zeit, die das Signal auf dem weiteren Weg von der Netzhaut ins Gehirn braucht. Das sind nämlich 50 bis 80 Millisekunden, also nur noch etwa den zwanzigsten Teil einer Sekunde. Das heißt, die Übertragungsgeschwindigkeit in den Nerven ist viel langsamer als das Licht. Man kann das auch anders anschaulich machen: Die Zeit, die das Signal vom Objekt zum Auge braucht, fällt erst bei astronomischen Größenordnungen ins Gewicht. Ein guter Anhaltspunkt wäre ein Asteroid, der in knapp 30.000 km Entfernung an der Erde vorbei saust; das ist knapp ein Zehntel der Strecke Erde/Mond. Da kann man wirklich sagen: Das Licht braucht vom Asteroiden zum Auge ungefähr so lange wie auf den restlichen Zentimetern vom Auge zur Sehrinde im Gehirn. Wir haben nun zwei Etappen betrachtet:- Etappe: Der Lichtweg vom Objekt zur NetzhautEtappe: Die Nervenübertragung vom Auge ins Gehirn
Gehirn braucht "Rechenzeit", bis ein Bild entsteht
Es fehlt aber noch etwas. Denn was im Gehirn ankommt, sind unzählige elektrochemische Nervensignalen – die muss das Gehirn noch verarbeiten, um aus den vielen Signalen ein Gesamtbild zu konstruieren. Das ist also "Rechenzeit", und die dauert ungefähr nochmal so lange. Bis wir also ein Objekt wirklich erkennen, brauchen wir ungefähr 150 Millisekunden – also etwa eine Siebtel Sekunde. Und die allermeiste Zeit davon verbringt das Signal sozusagen "in unserem Kopf". Der Lichtweg vom Objekt zum Auge spielt erst eine Rolle, wenn wir zum Mond oder zu den Sternen gucken; auf der Erde ist er vernachlässigbar. Insgesamt kann man schon sagen: Unser Erleben, unsere Wahrnehmung hinkt der Wirklichkeit um mehr als eine Zehntelsekunde hinterher.Mon, 11 Mar 2024 - 02min - 5588 - Warum scheinen sich Räder manchmal rückwärts zu drehen?
Wagon Wheel Illusion: Film und Realität unterscheiden
Wissenschaftler sprechen hier von der "Wagon Wheel Illusion", also der Wagenrad-Illusion. Dabei muss man zwei Situationen unterscheiden: Film und Realität. Fangen wir mit dem ersten Fall an, da ist die Erklärung ein bisschen klarer. Im Film sehen wir in Wahrheit keine fließende Bewegung, sondern eine schnelle Abfolge von unbewegten Einzelbildern. Pro Sekunde sind das 25 Bilder, die so schnell hintereinander folgen, dass das Auge die einzelnen Bilder nicht mehr unterscheiden kann und das Gehirn aus den Einzelbildern eine Bewegung konstruiert. Jetzt stellen wir uns eine Szene aus einem klassischen Western vor. Dort tritt diese Wagenrad-Illusion besonders häufig auf. In dem Western wird eine Kutsche mit großen Rädern gezeigt. Wir konzentrieren uns auf ein einzelnes Rad und tun so, als hätte dieses Rad nur eine einzige Speiche. Dieses Rad würde sich im Uhrzeigersinn drehen. Nun sehen wir also 25 Bilder pro Sekunde. Beim ersten Bild steht die Speiche senkrecht nach oben, praktisch auf 12 Uhr. Das zweite Bild zeigt das gleiche Rad 1/25 Sekunde später. Jetzt könnte es passieren, dass das Rad in dieser 1/25 Sekunde genau eine volle Umdrehung vollzogen hat. Die Speiche stünde dann auf dem zweiten Bild wieder auf der 12-Uhr-Position. Beim dritten Bild ebenfalls und so weiter. Für den Zuschauer würde es dann so aussehen, als stünde das Rad still – denn die Speiche bewegt sich scheinbar nicht von der Stelle. Nun stellen wir uns vor, dass das Rad in 1/25 Sekunde keine volle Umdrehung macht, sondern ein bisschen langsamer ist. Die Speiche hat also nach der ersten 1/25 Sekunde noch nicht wieder die 12-Uhr-Position erreicht, sondern hat es nur bis zur 11-Uhr-Position geschafft. Auf dem dritten Bild ist es in der 10 Uhr-Position usw. Wenn wir diese Bildabfolge nun schnell hintereinander sehen, dann dreht sich das Rad scheinbar langsam rückwärts, also linksherum – 12 Uhr, 11 Uhr, 10 Uhr. Warum? Weil das Gehirn darauf programmiert ist, möglichst einfach und in kurzen Wegen zu denken: Wenn wir zwei Bilder sehen und auf dem einen die Speiche in der 12-Uhr-Position steht und auf dem nächsten auf der 11-Uhr-Position, dann konstruiert das Gehirn daraus eine kurze Bewegung linksherum von 12 nach 11. Den langen Weg rechtsherum zieht es gar nicht erst in Betracht. Wenn die Wahrnehmung es zulässt, geht das Gehirn also immer davon aus, dass sich Dinge langsam bewegen. Wagenräder haben bekanntlich mehr als eine Speiche. Das Beispiel sollte nur helfen, sich das Prinzip zu verdeutlichen. Das normale Kutschrad hat meist 12 Speichen. Da funktioniert das genauso. Sogar noch eher, weil für den Zuschauer ja eine Speiche aussieht wie die andere. Das heißt, um diesen langsamen Rückwärtseffekt zu erzeugen, muss gar nicht die einzelne Speiche eine voll bzw. fast volle Umdrehung machen, sondern es genügt, wenn nach 1/25 Sekunde die nachfolgende Speiche eine Position in der Nähe der ersten Position erreicht. Das Auge des Zuschauers unterscheidet die Speichen nicht, sondern glaubt, dass es sich um die gleiche Speiche handelt wie gerade eben, und sie sich nur etwas gegen den Uhrzeigersinn bewegt hat.Gibt es diesen Effekt nur beim Betrachten von Filmen? Oder auch in der Wirklichkeit?
Die Antwort auf diese Frage ist umstritten. Das bestätigt auch Karl Gegenfurtner, Professor für Wahrnehmungspsychologie an der Universität Gießen. Er selbst meint, dass es diese Wagenrad-Illusion nur im Film gibt. Es gibt aber Leute wie den britischen Forscher Dale Purves, der überzeugt ist, dass der Effekt auch in der Realität auftreten kann. Was darauf hindeuten würde, dass unser Auge normalerweise keine kontinuierlichen Bewegungen wahrnimmt, sondern auch hier Bewegung wie eine kurze, schnell hintereinandergeschaltete Sequenz von Einzelbildern verarbeitet. Wie wenn wir einen Film gucken – und eben nicht in einem zeitlich kontinuierlichen Strom. Das ist aber noch nicht einhellig geklärt. Unter Umständen kann der Effekt auch bei elektrischem Licht auftreten. Normale Glühbirnen, die mit Wechselstrom betrieben werden, erzeugen ja in Wahrheit kein Dauerlicht, sondern flackern sehr schnell. Das heißt, die Lichtintensität schwankt 50-mal in der Sekunde. Das Auge nimmt das normalerweise nicht wahr, aber dieses Flackern könnte einen ähnlichen Effekt haben wie die schnelle Bildabfolge beim Film.Wed, 28 Aug 2024 - 04min - 5587 - Schont ein Bio-Shampoo die Umwelt?
Tenside, Duft- und medizinische Wirktstoffe im Shampoo
Shampoos enthalten verschiedene umweltkritische Inhaltsstoffe. Dazu gehören Tenside – also das, was wäscht und schäumt – und Zusatzstoffe wie Duft- oder medizinische Wirkstoffe, etwa gegen Schuppen. Allerdings gibt es nur wenige Untersuchungen darüber, wie diese sich in der Umwelt tatsächlich auswirken. Die Tenside, die heute in konventionellen Shampoos verwendet werden, sind biologisch gut abbaubar. Es gibt aber Hinweise darauf, dass manche Zusatzstoffe hormonelle Wirkungen auf Organismen haben. Die stammen allerdings aus Laboruntersuchungen, bei denen Organismen ganz gezielt hohen Konzentrationen ausgesetzt sind, wie sie in der Natur gar nicht vorkommen. Deshalb folgt daraus noch nicht, dass diese Stoffe in den Mengen, in denen sie sich am Ende im Abwasser finden, wirklich einen nennenswerten Schaden anrichten. Das ist einfach schwer untersuchbar. Aber auch wenn man es nicht weiß, sollte man die Umwelt so wenig wie möglich schädigen und deshalb vorsorglich schadstoffarme Produkte verwenden.Was bedeutet "bio" beim Shampoo?
Nun stellt sich aber die nächste Frage: Was bedeutet "bio" überhaupt bei Kosmetik? Der Begriff ist längst nicht so geregelt wie bei Lebensmitteln, wo mit "bio" eine bestimmte Form der Nahrungsmittelproduktion bezeichnet wird – z.B. kein mineralischer Dünger, keine chemischen Pestizide. Was aber sind Bio-Shampoos? Wir sprechen hier ja über Produkte der sogenannten Naturkosmetik. Da gibt es zwar verschiedene Zertifikate, aber die haben fast alle eins gemeinsam: Umweltaspekte spielen bei ihnen kaum eine Rolle. Die Zertifikate werden vielmehr nach anderen, vor allem mutmaßlich gesundheitlichen Gesichtspunkten vergeben.Verzicht auf Zusatzstoffe in Naturkosmetik
Diese Kosmetika zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass sie auf bestimmte Zusatzstoffe verzichten, die z.B. bei bestimmten Menschen Allergien auslösen können: Konservierungsstoffe, Emulgatoren oder eine synthetische Parfümierung.Konventionell oder natürlich: Zusatzstoff bleibt Zusatzstoff
Vielleicht unterscheidet sich das Bio-Shampoo aber vom konventionellen auch einfach nur dadurch, dass es diese Stoffe ausschließlich aus natürlichen Quellen gewinnt, also etwa aus Pflanzen. Limonenduft kann z.B. natürlich oder synthetisch hergestellt sein. Sofern es aber chemisch gesehen letztlich die gleichen Substanzen sind, macht es für das Abwasser keinen Unterschied. D.h. je nachdem, welche Duftstoffe genau drin sind, sind die synthetischen genauso harmlos oder bedenklich wie die natürlichen. Man muss also genau hingucken, was beim jeweiligen Shampoo mit "bio" gemeint ist, um sagen zu können, ob es für die Umwelt wirklich besser ist.Ökologische Gesamtbilanz betrachten
Außerdem muss man die ökologische Gesamtbilanz betrachten: Es kann sein, dass eine natürliche Zutat, die aus Pflanzen gewonnen wird, in der Herstellung sehr viel mehr Energie verbraucht als der entsprechende synthetisch hergestellte Stoff. Als Verbraucher ist man aber meist überfordert, das für jedes Produkt herauszufinden. Deshalb würde ich persönlich sagen: Es gibt in unserem Alltag so viele Dinge, von denen wir relativ sicher wissen, dass sie ökologisch gut oder eben schlecht sind. Wir wissen, Radfahren ist besser als Autofahren. Wir wissen, es ist für die Umwelt besser, wenn wir Dinge kaufen, die möglichst lange halten – von Klamotten bis zum Handy – und wenn wir uns nicht immer auf das neueste Gerät stürzen, das gerade auf den Markt kommt. Unser ökologischer Fußabdruck hängt im Wesentlichen von den Faktoren Wohnung, Essen, Mobilität, Kleidung, Essen und vielleicht noch Medienkonsum ab. Verglichen mit all dem, was wir hier gut oder schlecht machen können, ist die Frage, ob ich ein Bio-Shampoo oder ein konventionelles benutze, für die Umwelt relativ bedeutungslos – zumal dann, wenn man wissenschaftlich den Unterschied gar nicht so klar festmachen kann.Thu, 8 Feb 2024 - 03min - 5586 - Woran merken Frauen den Beginn der Wechseljahre?
Unregelmäßiger Zyklus, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen
Hitzewallungen bekommen Frauen typischerweise erst, wenn die Eierstockfunktion nicht mehr viel macht. In der Zeit davor haben sie Hitzewallungen vielleicht nur ab und zu, vielleicht zum Zeitpunkt der Regelblutung. Typischerweise werden die Blutung ganz am Anfang ein bisschen unregelmäßiger. Der Zyklus verkürzt sich ein bisschen: Früher waren es 28 Tage, dann sind es plötzlich nur noch 26 und dann werden die Zyklen zunehmend unregelmäßiger. Und dann kommen diese Symptome wie Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Das ist der Klassiker, der in dieser ganz frühen Phase der Wechseljahre auftritt.Viele Stressfaktoren in der Lebensmitte: Kinder, Eltern, Job – und Klimakterium
Es kann auch sein, dass die Frauen häufiger Migräne haben. Sie fühlen sich vielleicht nicht wohl, bemerken eine gewisse Ängstlichkeit, die sie vorher gar nicht hatten. Und ab und zu mal eine Hitzewallung. Aber die stehen häufig in dieser frühen Phase gar nicht im Vordergrund. Das Gemeine daran ist, dass das in eine Phase des Lebens fällt, wo so viel passiert. Es geht dann eben nicht nur um eine hormonelle Veränderungen, sondern man hat in der Lebensmitte vielleicht noch kleine Kinder oder die Kinder sind gerade in der Pubertät. Da stellt sich die Frage: Was mache ich dann mit meinem Leben – von Burn-out bis Bore-out gibt es einfach alles. Oder die Beziehung steht plötzlich noch mal zur Diskussion. Dann gibt es die Eltern, die kränker werden, der Job ... All das läuft parallel zu diesen hormonellen Veränderungen. Deshalb ist das manchmal schwer auseinanderzuhalten und Frauen denken oft gar nicht darüber nach, dass ihre Symptome eigentlich was mit dem Klimakterium zu tun haben könnten, sondern sie denken: Mein Gott, das ist der Job, ich kann nicht mehr, es ist alles viel zu viel geworden. – Das mag sein, aber vielleicht spielen die Hormone dann eben auch eine Rolle.Tue, 5 Mar 2024 - 01min - 5585 - Warum besteht das Leben aus Kohlenstoff?
Lebewesen setzen sich aus nur 6 Bausteinen zusammen
Es gibt 118 chemische Elemente im Periodensystem. Von diesen 118 Elementen gehören nur 6 zu den Bausteinen, aus denen sich Lebewesen zusammensetzen: Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Kohlenstoff ist mit Abstand der wichtigste dieser Bausteine. Zwar besteht der menschliche Körper zu etwa 60 Prozent aus Wasser, aber beim eigentlichen organischen Material, bei den Zellen, den Proteinen, der DNA spielen Kohlenstoffverbindungen die Hauptrolle. Sie bilden das Gerüst, das alles zusammenhält.Kohlenstoff: wandlungsfähigstes chemisches Element
Kohlenstoff ist von allen chemischen Elementen das wandlungsfähigste. Das macht ein Zahlenvergleich deutlich: Die Chemie kennt etwa 200.000 „anorganische“ Verbindungen, also Verbindungen ohne Kohlenstoff. Das klingt zwar viel, ist aber nichts im Vergleich zu 20 Millionen Verbindungen mit Kohlenstoff. Aus diesem Grund ist die organische Chemie, die sich ausschließlich mit Kohlenstoffverbindungen befasst, ein so riesiges Fachgebiet. Und ständig werden neue solcher Verbindungen synthetisiert.Warum erzeugt Kohlenstoff eine so große Vielfalt an Stoffen?
Der Grund dafür liegt in der Natur des Kohlenstoffatoms. Es ist nämlich in der Lage, vier Bindungen zu anderen Atomen einzugehen. Das kann Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor oder Schwefel sein – es können aber auch andere Kohlenstoffatome sein; für die gilt dann wieder das Gleiche. Es können Einfach- oder Mehrfachbindungen sein. Auf diese Weise können große dreidimensionale Strukturen entstehen – von sehr einfachen kleinen Molekülen bis zu hochkomplexen Makromolekülen. All das brauchen wir zum Leben. Diese Vielfalt an Strukturen ist eine wichtige Voraussetzung. Denn damit Leben stattfindet, müssen viele verschiedene Stoffe viele verschiedene Aufgaben erfüllen. Sie müssen stabil sein, damit uns beispielsweise die Erdatmosphäre nicht zersetzt! Zu stabil dürfen sie aber auch nicht sein, denn Stoffe müssen sich trotzdem noch ineinander umwandeln können, damit z.B. aus Fetten und Proteinen, die wir mit der Nahrung aufnehmen, neue Körperzellen entstehen. Kohlenstoffverbindungen erfüllen all diese Voraussetzungen.Gibt es noch andere Elemente, die diese Bedingungen erfüllen könnten?
Sowohl in der Science-Fiction als auch in der evolutionären Forschung wird oft Silizium genannt. Siliziumund Kohlenstoff sind sich tatsächlich sehr ähnlich. Sie gehören im Periodensystem zur selben Gruppe, beide können vier Bindungen eingehen. Der Unterschied: Silizium ist ca. 3,5-mal so groß wie Kohlenstoff. Und das macht in der Welt der kleinsten Teilchen schon eine Menge aus! Siliziumverbindungen sind sowohl in Wasser als auch an der Luft instabil. Da reagiert Silizium sofort mit dem Sauerstoff des Wassers oder mit dem Luftsauerstoff. Silizium kann auch keine stabilen Mehrfachbindungen ausbilden, was die Vielfalt möglicher Verbindungen einschränkt. Auf der Erde erscheint es deshalb höchst unwahrscheinlich, dass Leben auf Silizium basiert. Trotzdem: Es wird fleißig danach gesucht! Die Forschungsgruppe der Nobelpreisträgerin Frances Arnold am California Institute of Technology hat es geschafft, ein Enzym aus einem Bakterium so zu modifizieren, dass es Stoffe mit Silizium-Kohlenstoffbindungen bildet. Da scheint der Schritt zu einem Bakterium, dass das Silizium in seinen Organismus einbaut, nicht mehr so weit.Sun, 24 Dec 2023 - 03min - 5584 - Ist Kreidestaub gesundheitsschädlich?
Kaum Studien zur Verträglichkeit von Kreidestaub
Diese Frage betrifft wohl viele Millionen Lehrer weltweit. Und die Zahl der potenziell betroffenen Schüler ist noch viel größer – allerdings sind die Lehrer naturgemäß stärker exponiert, weil sie oft einen Großteil der Unterrichtszeit mit Kreide etwas an die Tafel schreiben. Doch obwohl so viele Menschen betroffen sind, gibt es doch vergleichsweise wenig Studien zu genau dieser Frage: Ist das Einatmen von Kreidestaub bedenklich? Ein paar Untersuchungen habe ich immerhin gefunden. Eine stammt aus Indien und hat die simple Frage gestellt: Wie viel Kreide ist normalerweise überhaupt in der Luft? – Die typische Situation ist ja: Man schreibt etwas an die Tafel. Der meiste Teil der Kreide bleibt an der Tafel. Ein Teil wird aber beim Schreiben zerrieben und fällt früher oder später zu Boden. Bevor der Staub zu Boden fällt, schwebt er in der Luft. Die Forscher konnten zeigen, dass der Staub sich immerhin lange genug in der Luft hält, dass die Person, die unmittelbar an der Tafel steht, einiges davon einatmet. Vor allem wenn er oder sie zusätzlich beim Schreiben den Mund offen hat.Schulkreide besteht aus Gips
"Kreide" ist im geologischen Sinn keine Kreide, wie man sie an den Kreidefelsen von Dover oder Rügen findet – die besteht aus Calcit, also feinem Kalkstein. Schulkreide dagegen besteht in erster Linie aus Gips. Gips ist Kalziumsulfat – ein gesundheitlich unbedenkliches Material. Giftig in dem Sinn, dass es Langzeitschäden verursacht, ist es nicht. In der Regel nimmt man auch nicht solche Mengen auf, dass die Lunge damit nicht fertig wird. Es sei denn, sie ist ohnehin schon angeschlagen, zum Beispiel, weil man eine Erkältung hat oder die Bronchien entzündet sind.Staubfreie Produktion mittels Kasein
Um auch das zu vermeiden – und weil der Kreidestaub lästig ist – sind die Kreidehersteller schon vor einiger Zeit dazu übergegangen, Kreide möglichst staubfrei zu produzieren. Um das zu erreichen, wird der Kreide oft ein anderer Stoff beigemischt, nämlich Kasein. Kasein ist ein Milcheiweiß. Eine Studie hat gezeigt, dass dieses Kasein wiederum ein Problem für Allergiker darstellen könnte. Eine Studie mit Schülern unterschiedlichen Alters kam zu dem Ergebnis: Bei Kindern, die eine Milchallergie haben, könnte das Einatmen von Kreidestaub allergische Reaktionen hervorrufen, unter Umständen sogar Asthma begünstigen. Zumindest sind einzelne Fälle belegt. Die Zahl der untersuchten Kinder ist allerdings noch zu gering, um sagen zu können, welche Rolle die Kreide dabei wirklich gespielt hat.Vorsicht bei Milchallergie
Trotzdem könnte man daraus den Ratschlag ableiten: Wer eine Milchallergie hat, sollte vielleicht dem Staub möglichst aus dem Weg und beim Schreiben nicht extra nah an die Tafel gehen. Inzwischen gehen ja auch immer mehr Schulen von den klassischen Tafeln zum Whiteboard über – wo sich das Problem nicht mehr stellt.Sat, 17 Jun 2023 - 03min - 5583 - Spinne am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen – woher kommt das?
Spinnen war für die meisten Frauen eine Feierabendtätigkeit. Da war es dann auch "erquickend und labend", denn so heißt es weiter: "Spinne am Abend – erquickend und labend." Wer allerdings am Morgen schon spinnen musste, so die Forschungsmeinung bis vor einigen Jahren, der hatte offenbar keine andere Möglichkeit, zu Geld zu kommen. Damit konnte man also nur wenig Geld verdienen, insofern bedeutete das "Kummer und Sorgen". Das ist aber nur eine sekundäre Erklärung, die man sich so zurechtgelegt hat.
Aberglaube: Spinne als böses Omen
Ursprünglich geht es um Aberglauben. Die Spinne wird als eine Art Omen, als schlechtes Vorzeichen bewertet. Das findet man ähnlich auch in anderen europäischen Sprachen, beispielsweise im Französischen oder auch im Englischen, wo es heißt: A spider in the morning is a sign of sorrow. – Also: Eine Spinne am Morgen ist ein Vorzeichen von Sorgen, von Nöten. Das ist also die eigentliche Erklärung: Der Volksaberglaube, dass eine Spinne ein böses Vorzeichen wäre.Wed, 13 Sep 2023 - 01min - 5582 - Sind Pilze Pflanzen?
Eigentlich sagen Biologen sogar, Pilze sind den Tieren ähnlicher als den Pflanzen. Wenn man im Wald unterwegs ist, sieht man Bäume, Sträucher, Gräser und dazwischen auch Pilze. Die wachsen so schön nach oben wie ein Baum. Daher könnte man denken, dass die Pilze zu den Pflanzen gehören. Allerdings fallen doch ein paar Unterschiede auf.
Keine Blätter, keine Nadeln – Pilze machen keine Photosynthese
Pilze haben nichts Grünes. Keine Blätter, keine Nadeln. Das ist keine belanglose Äußerlichkeit, sondern das liegt daran, dass Pilze einen völlig anderen Stoffwechsel haben und auch ihre Energie ganz anders gewinnen. Pflanzen haben grüne Blätter, weil sie mit dem Chlorophyll in den Blättern Sonnenlicht in Energie umwandeln. Und sie bauen aus dem Kohlendioxid in der Luft ihre Biomasse auf. Sie wachsen sozusagen mit Sonnenlicht und Luft.Pilze sind Schmarotzer – sie bauen fremde Biomasse ab
Pilze können das nicht. Sie sind, wenn man es negativ sagen will, Schmarotzer – genau wie Tiere und Menschen auch. Wir beziehen unsere Energie eben nicht aus Sonnenlicht, sondern wir müssen essen. Wir gewinnen Energie, indem wir bereits vorhandene Biomasse chemisch abbauen. Und so geht auch der Pilz vor: Auch er ernährt sich, indem er fremde Biomasse abbaut und verstoffwechselt. Das sind entweder abgestorbene Pflanzenreste, die er sich aus dem Boden holt. Oder er hängt sich an eine lebende Pflanze und geht mit ihr eine Art Partnerschaft ein, eine Symbiose. Aber entscheidend ist, er baut fremde Biomasse ab, genau wie Tiere.Zellaufbau unterscheidet Pilz vom Tier
Ein Tier ist der Pilz aber auch nicht. Denn er bewegt sich nicht von der Stelle. Aber das ist nicht das ausschlaggebende Kriterium – Korallen zählt man auch zu den Tieren, obwohl sie sich nicht fortbewegen. Der entscheidende Unterschied zu den Tieren ist der Zellaufbau. Hier wiederum sind die Pilze den Pflanzen ähnlicher, denn sie haben zusätzlich zur Zellmembran noch eine feste Zellwand. Das haben tierische Zellen nicht.Pilze bilden ein eigenes Reich
Außerdem vermehren sich Pilze auch ganz anders als Tiere. Deshalb bilden sie eine Gruppe für sich; ein, wie Biologen sagen, eigenständiges Reich – parallel zum Reich der Tiere und dem Reich der Pflanzen.Wed, 16 Oct 2024 - 02min - 5581 - Woher kommen die Wörter "Katastrophe" und "Desaster"?
Katastrophe: verhängnisvolle Sternenkonstellation
In beiden Wörtern stecken die Sterne drin, lateinisch Astra. Eine Katastrophe ist ein folgenschweres Unglück, etwas, was nach landläufiger Vorstellung über uns hereinbricht ober aber durch menschliches Versagen ausgelöst wird. Früher wurde die Verantwortung dafür den Sternen zugeschrieben, genauer: den Planeten. Man glaubte, dass sie die Erde umkreisen und dabei manchmal eine verhängnisvolle Konstellation einnehmen, bei der eine bestimmte Umdrehung (griechisch καταστροφή) auf die irdischen Verhältnisse so einwirkt, dass sie sich im Positiven oder Negativen verändern. Schon in der Antike waren die Menschen überzeugt, so wie der Mond Ebbe und Flut auslöst, so würden auch die Planeten den Lauf der Ereignisse bestimmen. Diese Vorstellungen herrschten schon in Mesopotamien und hielten sich bis in die Neuzeit. 1932 gab es ein schweres Erdbeben in Indien. Damals wurde unter Wissenschaftlern noch diskutiert, ob das durch eine bestimmte Sternenkonstellation ausgelöst wurde.Desaster: ein "Unstern"
Beim Wort Desaster ist es ganz ähnlich. Auch das hat seinen Ursprung in der frühen Astrologie. Das Wort "disastro" geht auf die Vorstellung zurück, dass eine ungünstige Sternenkonstellation – in der Übersetzung also ein "Unstern", ein "Desaster" – einen negativen Einfluss auf irdische Verhältnisse ausübt.Tue, 27 Feb 2024 - 01min - 5580 - Warum zieht es "wie Hechtsuppe"?
Man liest oft, "es zieht wie Hechtsuppe" komme von "hech sup(p)ha", ein angeblich jiddisch-hebräischer Ausdruck für "Windsbraut, starker Sturm". Allerdings finden sich die Worte so nirgendwo, wie der Jiddist Simon Neuberg bestätigt, schon gar nicht als Bezeichnung für schlecht schließende Fenster.
Würzige Fischsuppe muss kräftig ziehen
In Wirklichkeit bezog man sich im Deutschen auf die Ähnlichkeit von einer traditionell scharf gesalzenen und gepfefferten Fischsuppe mit einem scharfen Luftzug. Das hat damit zu tun, dass Fischsuppe ziehen muss, damit sich der Geschmack der Fische der Brühe mitteilt. Deswegen sagte man auch, wenn es durch Fensterritzen zog: "Das zieht wie eine Fischsuppe." Das hat sich dann um 1800 weiterentwickelt. Da war der Hecht ein besonders toller Fisch. Und so war "es zieht wie Hechtsuppe" statt "es zieht wie Fischsuppe" einfach eine verstärkende Variante.Mon, 26 Feb 2024 - 01min - 5579 - Wie entstand die Kunst?
Evolutionär betrachtet, ist die Frage knifflig. Die Evolutionsforschung fragt ja meist nach dem Warum: Wozu ist Kunst gut? Theoretisch ist ja eine Welt denkbar, in der menschliche Wesen ihr Überleben genauso sichern wie wir – sie arbeiten, essen, pflanzen sich fort – produzieren aber keine Kunst, haben nicht einmal die Spur einer ästhetischen Erfahrung, malen keine Bilder und genießen auch nicht die Bilder von anderen. Die meisten Tiere brauchen das ja auch nicht. Zwar gibt es auch im Tierreich so etwas wie Attraktivität, sie spielt auch bei der Partnerwahl eine wichtige Rolle. Aber Attraktivität ist nicht das gleiche wie die Schönheit., die wir bei Kunstwerken erleben.
1. Dekoration: Gegenstände verzieren und ästhetisch anordnen
Wie hat sich nun also Kunst in der Evolution entwickelt? In den archäologischen Spuren lassen sich drei Phasen erkennen. In der ersten Phase begannen unsere Vorfahren damit, Dinge einfach zu verzieren, also in irgendeiner Form ästhetisch zu bearbeiten. Das können ockerfarbene Linien oder geritzte Kerben sein, mit denen Menschen vor mehr als 70.000 Jahren in Südafrika Steine dekorierten. Doch die Entwicklung begann schon mit den frühen Werkzeugen. Vor zweieinhalb Millionen Jahren haben die frühen Vertreter der Gattung Homo begonnen, scharfkantige Steinwerkzeuge herzustellen. Diese Geröllsteine waren noch unförmig und offenbar reine Zweckgegenstände zum Bearbeiten von Stöcken und Fellen oder zum Graben. Doch rund 800.000 Jahre später tauchte dann eine neue Art von Werkzeugen auf: Faustkeile. Bei diesen alten Faustkeilen fällt etwas auf: Die Menschen, die sie herstellten, müssen schon einen Sinn fürs Ästhetische gehabt haben. Viele sind erstaunlich symmetrisch – symmetrischer, als es rein vom Zweck her erforderlich gewesen wäre. Manche sind sogar unhandlich groß, so als ginge es eher darum, damit zu imponieren. Vor knapp zwei Millionen Jahren scheinen also die frühen Menschen mit irgendeinem ästhetischen Sinn – zumindest für Symmetrie – ausgestattet zu sein. Anderes Beispiel: Neandertaler haben in der Bruniquel-Höhle in Frankreich vor 170.000 Jahren Tropfsteine abgebrochen und kreisförmig auf den Boden gestellt. Niemand weiß genau, warum, aber die fast perfekte Kreisform deutet darauf hin, dass auch hier ein gewisser ästhetischer Sinn eine Rolle spielte. Das ist also die erste Stufe – Dekoration: Unsere Vorfahren haben angefangen, Dinge zu verzieren oder irgendwie ästhetisch anzuordnen.2. Schmuck: Dinge zu dekorativen Zwecken herstellen
Die zweite Stufe ist Schmuck. Hier werden Gegenstände nicht nur verziert, sondern eigens zu dekorativen Zwecken hergestellt. Dazu gehören die durchlöcherten und mit Ocker eingefärbte Muschelschalen aus der südafrikanischen Blombos-Höhle und Marokko, beide um die 80.000 Jahre alt. Ähnlich alte Funde – wenn auch nicht so sicher datiert – stammen aus Israel und Algerien. Auch hier wurden die Gehäuse von Meeresschnecken offenbar zu Ketten aufgefädelt. Ein wichtiges Merkmal von Schmuck ist, dass er auch schon eine symbolische Bedeutung hat, dass etwas zum Ausdruck gebracht werden soll. Schmuck hat häufig die Funktion, den Status und das Prestige seines Besitzers aufzuwerten. In Algerien wurden die Schmuckstücke aus Muschelschalen 200 Kilometer von der Küste entfernt gefunden, was als Beleg gewertet werden kann, dass für sie ein gewisser Aufwand betrieben wurde. Sie waren etwas wert. Wer den Schmuck trug, fiel auf.3. Kunst: schöpferisches Gestalten
Die dritte Stufe schließlich ist die Kunst im eigentlichen Sinn. Dazu gehören die berühmten eiszeitlichen Skulpturen aus den Höhlen der Schwäbischen Alb, die Höhlen- und Felsmalereien in Frankreich, Spanien, aber auch am anderen Ende der Welt, in Australien. Kunstwerke haben wie Schmuck einen symbolischen Gehalt, aber nochmal auf einer anderen Ebene. Sie stellen etwas dar, sie bilden etwas ab, verweisen auf etwas Äußeres. Kunstwerke verlangen somit nochmal andere kognitive Leistungen als Schmuck. Die ältesten Kunstwerke aus der Schwäbischen Alb oder Australien sind etwa 40.000 Jahre alt und somit deutlich jünger als der älteste Schmuck.Deko – Schmuck – Kunst: 3 Stufen spiegeln kognitive Entwicklung
Dekoration – Schmuck – und schließlich Kunst, das war also die Abfolge. Wie es genau zu dieser Entwicklung kam, darüber gibt es viele Theorien, aber ihr gemeinsamer Nenner ist, dass diese Abfolge eine gewisse kognitive Entwicklung widerspiegelt, insbesondere was die Fähigkeit zum symbolischen Denken betrifft. Dabei könnte auch die Entstehung der Sprache eine wichtige Rolle gespielt haben. Frühe Formen von Sprache entwickelten sich mutmaßlich vor rund 250.000 Jahren, möglicherweise aber auch schon deutlich früher. Zur Sprache gehört, dass es Wörter oder Laute gibt, denen eine Bedeutung zugeschrieben wird. Ein Wort bezeichnet etwas. So wie Schmuck oder Kunstwerke Zeichen für etwas sind. Das symbolische Denken war somit eine Voraussetzung sowohl für Sprache als auch für Kunst – und möglicherweise haben sich beide Fähigkeiten gegenseitig befruchtet.Fri, 23 Feb 2024 - 05min - 5578 - Tee und Kaffee sorgen für Harndrang und kalte Füße – warum?
Beide Effekte hängen miteinander zusammen. Viele Leute bekommen kalte Füße, wenn sie einige Tassen Kaffee bzw. schwarzen oder grünen Tee getrunken haben. Das ist gerade im Winter etwas schade, wenn man den Tee zum Aufwärmen trinkt. Das funktioniert zwar erstmal, der Tee wärmt von innen, aber wenn Hände und Füße nach einer Weile kalt werden, ist der schöne Effekt dahin. Und dann muss man meist auch bald schon aufs Klo.
Koffein sorgt für Verengung der Blutgefäße
Tatsächlich bedingt das eine auch das andere – und das liegt am Koffein. Koffein ist sowohl im Kaffee als auch im schwarzen und grünen Tee enthalten. Und Koffein hat viele Wirkungen. Eine ist, dass sich die Muskelfasern rund um die Blutgefäße zusammenziehen und sich die Blutgefäße dadurch verengen. Damit haben wir schon die Erklärung für die kalten Hände und Füße, denn dort, in den Extremitäten, spüren wir diese Kontraktion der Blutgefäße am schnellsten.Blutdruck steigt und die Nieren werden aktiver
Wenn sich aber nun die Blutgefäße zusammenziehen, steigt außerdem der Blutdruck – denn das Blut in den Adern hat dann weniger Platz und steht somit buchstäblich stärker unter Druck. Diese Wirkung ist nur kurzfristig und klingt nach einer halben Stunde wieder ab. Doch der Körper versucht, diesen erhöhten Blutdruck abzubauen. Das geschieht, indem die Nieren aktiver werden. Die Nieren haben die Aufgabe, das Blut zu filtern, holen die Stoffe heraus, die ausgeschieden werden sollen, und mit ihnen Flüssigkeit. Wenn nun die Nieren aktiver werden, produzieren sie mehr Urin – und das sorgt für den verstärkten Harndrang. So hängt alles – die kalten Füße, der erhöhte Blutdruck und die harntreibende Wirkung – miteinander zusammen. Und Auslöser ist das Koffein im Kaffee oder Tee.Thu, 26 Sep 2024 - 01min - 5577 - Wie funktioniert der Nahrungs-Replikator bei "Raumschiff Enterprise"?
Replikatoren bauen aus Elementarteilchen neue Materie
Die Nahrungs-Replikatoren sind Maschinen auf dem Raumschiff Enterprise, die die Nahrung generieren. Grob beschrieben: Wir haben irgendwo ein Lager an Material. Ähnlich wie beim Beamen nimmt man dieses Material, formt es um in seine Elementarteilchen und baut daraus eine andere Materie. Beim Beamen will man die Person genauso wieder haben. Beim Nahrungs-Replikator nimmt man irgendetwas, im einfachsten Fall Wasser, und macht daraus Wiener Schnitzel mit Pommes.Replikation von Nahrung auf diese Weise real nicht möglich
Wenn wir das Beamen beherrschen würden, könnten wir natürlich auch das hier beherrschen. Wir bräuchten ja nur das "Rezept" einzugeben. Aber da sehe ich in nächster Zeit, zumindest für diese Art der Technologie, keine Chance, dass wir das erleben werden. Aber wir sind bei der Herstellung von Nahrung mit 3-D-Druckern auf einem Weg. Nun will ich das nicht direkt miteinander vergleichen. Aber ich glaube schon, dass es in Zukunft immer mehr kommen wird, dass wir Nahrung auf dieser Art herstellen werden. Wobei ich mir das ehrlich gesagt selbst nicht wünsche. Denn ich liebe ein gutes, saftiges Steak, wenn man das heute noch sagen darf, und möchte mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass wir Nahrung künstlich bei irgendwelchen Chemiefirmen herstellen.Mon, 19 Feb 2024 - 01min - 5576 - Warum haben manche Menschen ein absolutes Gehör?
Was ist der Unterschied zwischen einem absoluten und einem relativen Gehör?
Absolutes Gehör bedeutet, dass ich zu jemandem sagen kann "Sing mal ein G!" – und die Person trifft dann genau den richtigen Ton. Das ist eine besondere musikalische Gabe. Selbst die meisten Musikprofis verfügen nur über ein relatives Gehör. Das heißt: Wenn man ihnen die Note C vorspielt, können sie daraus andere Töne ableiten. Sie können dann zum Beispiel problemlos ein E singen, denn sie wissen, dass zwischen einem C und einem E eine Terz liegt. Menschen mit einem absoluten Gehör brauchen diesen Bezugston nicht; sie können auf Anhieb ein A oder ein C anstimmen.Was ist bei Menschen mit einem absoluten Gehör anders?
Es ist noch nicht hinreichend geklärt, was im Gehör und im Gehirn von Absoluthörern anders abläuft. Aber es ist belegt, dass es Unterschiede gibt. Eine Studie der York University in Toronto von 2019 weist darauf hin, dass bei Absoluthörern Teile des Hörzentrums im Gehirn um die Hälfte größer sind als bei Personen ohne absolutes Gehör. Das Hörzentrum ist für die Verarbeitung von Tonhöhen und Lautstärken zuständig. In der Studie hat bei Menschen mit absolutem Gehör ein deutlich größerer Hirnbereich auf die Tonfolgen reagiert. Außerdem schalten sich bei ihnen auch Hirnzellen benachbarter Hirnareale ein, wenn sie einen Ton hören. Diesen Vorteil scheinen Absoluthörern zu nutzen, um gehörte Töne sehr schnell und präzise bestimmen zu können.Ist ein absolutes Gehör angeboren oder ist es auch erlernbar?
Die meisten Forscher und Forscherinnen gehen davon aus, dass ein absolutes Gehör durch eine Kombination von Veranlagung und Training zustande kommt. Es gibt eine Langzeitstudie mit Kindern ab 6 Jahren. Über Jahre hinweg hat man immer wieder Hirnscans der Kinder gemacht. Dabei stellte sich heraus: Es gibt im Gehirn tatsächlich anatomische Marker für das absolute Gehör, und diese Marker sind genetisch veranlagt. Eine andere, kalifornische Studie von 2006 kam zu dem Ergebnis, dass diejenigen Studienteilnehmenden, die schon mit vier bis fünf Jahren ihren ersten musikalischen Unterricht hatten, wenn sie älter sind auch zu denen gehören, die beim Absoluthören die Bestwerte erreichen. Mit dem absoluten Gehör ist es also ein bisschen wie mit der Fähigkeit, eine neue Sprache ohne Akzent zu sprechen. Erwachsenen gelingt das meist nicht mehr. Und die meisten Forscher gehen davon aus, dass Erwachsene auch kein absolutes Gehör erlernen können. Die andere Frage ist: Kann jedes Kind mit dem richtigen Training ein absolutes Gehör bekommen? Hier gehen die Meinungen auseinander. Die einen glauben, das geht. Andere vermuten, dass das nur Menschen mit einer bestimmten genetischen Veranlagung können. Und manche Forscher gehen noch weiter, sie sagen: Nur spezifisch veranlagte Menschen sind in einer begrenzten frühkindlichen Phase in der Lage, ein absolutes Gehör zu entwickeln.Wie viele Menschen besitzen ein absolutes Gehör?
Experten schätzen die Zahl der Absoluthörer in Europa und Nordamerika auf 1 von 10.000 Menschen. In Asien dagegen gibt es Regionen, in denen fast jeder Zweite ein absolutes Gehör hat. Und da sieht man wieder den Einfluss der Kindheit, denn das wird auf die jeweilige Muttersprache zurückgeführt. Mandarin ist eine sogenannte Tonsprache. Bei ihr hängt die Bedeutung der Wörter von der Tonhöhe ab. Wer also mit dieser Sprache aufwächst, schult sein Ohr darin, Klänge genau zu unterscheiden. So kann das Wort "ma", je nach Tonverlauf, "Mutter", "Hanf", "schimpfen" oder "Pferd" heißen. Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass wir ein absolutes Gehör nicht ohne Hörtraining entwickeln können.Tue, 6 Feb 2024 - 03min - 5574 - Stirbt man beim Beamen?
Beamen tötet – da lässt sich die Natur kaum überlisten
Das geht ins Philosophische. Ich glaube, selbst wenn wir technisch in der Lage wären, so wie das in Star Trek gezeigt wird, einen Menschen auseinanderzunehmen – die Elementarteilchen, aus denen der Mensch besteht, und das Muster wie der Mensch zusammengebaut ist – und irgendwo anders hin zu transportieren – oder vielleicht auch nur das Muster und dort den Menschen wieder zusammenzusetzen – habe ich mich selbst schon gefragt, ob die Natur so etwas überhaupt zulassen würde. Wir würden den Menschen ja beim Beamen töten; er wäre als Lebensform in dem Moment nicht mehr existent. Könnten wir die die Natur so überlisten, dass wir einen Menschen zerlegen und irgendwo wieder neu erschaffen? Auf diese Frage gibt es keine Antwort, denn so etwas hat bisher noch niemand gemacht.Physik-Nobelpreisträger "beamt" Elementarteilchen
Technisch gesehen sind wir aber zumindest auf einem Weg dahin, weil wir Elementarteilchen ja schon beamen können. Anton Zeilinger hat 2022 den Nobelpreis dafür bekommen, dass er Elementarteilchen von einem Ort zum anderen "gebeamt" hat. Aber ob das mit Lebensformen tatsächlich so möglich wäre, wie es in Star Trek gezeigt wird, das kann keiner wirklich beantworten.Mon, 29 Jan 2024 - 01min - 5573 - Woher kommt der Ausdruck "Hals- und Beinbruch"?
Keine Herleitung aus dem Jiddischen
Ich war lange der Annahme, dass diese Redewendung auf eine aus dem Jiddisch-Hebräisch kommende Formel zurückzuführen sei – "hazlóche un bróche" heißt so viel wie Glück, Erfolg und Segen. Das war der Stand der Forschung vor einigen Jahren. Inzwischen habe ich mit einem Jiddisten, also einem Spezialisten für das Jiddische, gesprochen. Der sagt, dass das ganz undenkbar sei; er sieht da überhaupt keinen Zusammenhang.Viel Glück: Brüche wünschen auch Engländer und Segler
In der Tat sagen wir ja schon lange "das ist kein Beinbruch" um auszudrücken: Das ist nicht schlimm. – Und das Brechen des Halses ist als Drohung oder als Problem sprichwörtlich geworden. Insofern brauchen wir den Übergang oder den Umweg über das Jiddisch-Hebräische gar nicht. Im Englischen kennt man "break a leg", wörtlich "Brich dir ein Bein" – ein Ausdruck, mit dem man Glück wünscht und der mit dem Jiddischen gar nichts zu tun hat. Auch beim Segler-Ausdruck "Mast- und Schotbruch" gibt es keine Verbindung zum Jiddischen. Der Ausdruck "Hals- und Beinbruch" kommt also ganz direkt aus deutscher Tradition.Wed, 13 Sep 2023 - 01min - 5572 - Woher kommt "den inneren Schweinehund überwinden"?
Schweinehund: Sauhund für die Jagd und Schimpfwort für gemeine Menschen
Was ist ein "Schweinehund"? Es geht nicht, wie man denken könnte, um ein Mischwesen aus Hund und Schwein, sondern "Schweinehund" leitet sich ab von den Sauhunden – also Hunden, die früher bei der Wildschweinjagd eingesetzt wurden. Es waren, wie man sich vorstellen kann, aggressive Hunde. Daher kam zunächst das Schimpfwort Schweinehund für eine gemeinen, aggressiven Menschen. "Schweinehund" gehört bekanntlich zu den Wörtern, die in alten ausländischen Filmen gerne mal den Deutschen in den Mund gelegt werden – Schnitzel, Sauerkraut, Schweinehund und "Jawohl!" – daran erkennt man in alten englischen Filmen die unsympathischen Deutschen. Das war also die erste Etappe der Redensart: Der Schweinehund wird zum Schimpfwort für einen fiesen Zeitgenossen.Der "innere Schweinehund" als Bild für niedere Instinkte
In der zweiten Phase wird daraus der innere Schweinehund. Das Bild suggeriert, dass wir alle in uns fiese niedere Instinkte haben. Einer der frühesten Belege für diesen Ausdruck ist eine Rede des SPD-Abgeordneten Kurt Schumacher, nachzuhören im Archivradio des SWR. Am 23. Februar 1932, ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung, attackiert Schumacher die Nationalsozialisten. Er wirft ihnen vor, mit ihrer aggressiven Propaganda die niederen Instinkte der Menschen zu bedienen, oder wie er es ausdrückt:Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen."
Für diesen Satz wird Schumacher von Reichstagspräsident Paul Löbe prompt zur Ordnung gerufen. Im Juni desselben Jahres hört man den Ausdruck in einer Rundfunkansprache von Reichswehrminister Kurt von Schleicher. Schleicher war parteilos, sympathisierte aber mit der SA und war hinsichtlich seiner Vorstellung von der Wehrmacht und ihren Soldaten auf einer Linie mit Hitler. In dieser Ansprache sagt er unter anderem:Quelle: Kurt Schumacher (SPD), 23.2.1932
Mir wird so oft gesagt, dass diese Passion, sich drillen zu lassen […] meiner unwürdig wäre. Darauf kann ich nur antworten, dass Menschen, die dafür kein Verständnis haben, nicht das Hochgefühl von jungen Burschen kennen, die ihrem Körper etwas Außerordentliches abgewonnen und das erste Mal in ihrem Leben ihren inneren Schweinehund ganz besiegt haben.
Quelle: Reichswehrminister Kurt von Schleicher, Juni 1932
Der innere Schweinehund muss "besiegt" werden
Damit sind wir bei Etappe 3: der Idee, dass der innere Schweinehund in uns "besiegt" oder "überwunden" werden muss. Das Bild passt insofern auch in diese Zeit, als damals die Theorien eines gewissen Sigmund Freud kursierten, wonach wir innere Triebe haben, die im Konflikt stehen können mit unseren höheren Zielen und Werten. Der "innere Schweinehund" nimmt diese Vorstellungen auf, karikiert sie aber auch ein bisschen. So wie eine andere Redensart, die in den 1930er-Jahren auftaucht: Der "innere Reichsparteitag" als Ausdruck dafür, wenn man innerlich über etwas jubelt oder sich diebisch freut. Zur Entstehung des "inneren Reichsparteitags" haben wir hier im Podcast eine eigene Folge. Bleiben wir beim inneren Schweinehund. Den zu besiegen galt zunächst als eine soldatische Tugend. Nach dem Krieg hat sich der Ausdruck "den inneren Schweinehund überwinden" gehalten und aus dem militärischen Kontext gelöst. Der innere Schweinehund ist in unserer heutigen Sprache auch längst nicht mehr fies und aggressiv, sondern liegt eher faul und bequem auf dem Sofa und knabbert ungesundes Zeug.Sat, 26 Oct 2024 - 03min - 5571 - Kann ein Wetterumschwung Kopfschmerzen auslösen?
US-Studie bestätigt Einfluss von Wetterumschwung auf Kopfschmerz
Offenbar ja. US-amerikanische Forscher*innen haben das vor einiger Zeit systematisch untersucht. Sie haben über 7 Jahre lang Daten von über 7.000 Patienten gesammelt. Dabei haben sie die Leute nicht einfach befragt, sondern sich besonders schwerwiegende Fälle herausgesucht – nämlich diejenigen Patienten, die sich in die Klinik begeben haben und bei denen die Diagnose Migräne bzw. "unspezifische Kopfschmerzen" gestellt wurde. Dann haben sich die Forscher die Daten der Wetterämter angeschaut: Wie war am Tag der Aufnahme in die Klinik das Wetter? Und in den drei Tagen vorher? Wie waren die Temperaturen?Wie war der Luftdruck?Wie sah es mit Schadstoffen in der Luft aus?Temperaturanstieg kann Kopfschmerz auslösen
Diese Daten wurden wiederum mit der Wettersituation an anderen Tagen im gleichen Monat verglichen. Das Ergebnis war: Ein Wetterumschwung spielt eine Rolle – vor allem, wenn die Temperaturen steigen: Ein Anstieg von 5°C innerhalb eines Tages erhöht das Kopfschmerzrisiko um etwa 8 Prozent. Wenn es noch wärmer wird, erhöht sich auch das Risiko entsprechend.Sinkender Luftdruck wirkt ebenfalls als Auslöser
Ein Temperatursturz dagegen macht sich nicht bemerkbar, es sei denn, er geht mit fallendem Luftdruck einher. Wenn also der Luftdruck sinkt, begünstigt dies ebenfalls Kopfschmerzen. Keinen Zusammenhang konnten die Wissenschaftler beim Faktor Luftverschmutzung feststellen. Schadstoffe in der Luft sind zwar generell eine Belastung für den Körper, erhöhen aber offenbar nicht das Kopfschmerz-Risiko.Unklar, was genau den Kopfschmerz auslöst
Das ist allerdings nur eine Untersuchung über rein statistische Zusammenhänge. Warum steigende Temperaturen Kopfschmerzen bei entsprechend sensiblen Menschen begünstigen, darüber gibt die Studie keinerlei Auskunft. Es gibt zwar verschiedene Erklärungsansätze – etwa, dass die Blutgefäße im Gehirn und die Muskulatur, die diese Blutgefäße umgibt, sich nicht so schnell an den Wetterumschwung anpassen können. Aber richtig geklärt ist das bis heute nicht.Wed, 4 Sep 2024 - 01min - 5570 - Dom, Münster, Kathedrale, Basilika – Was sind die Unterschiede?
Kathedralen sind Bischofssitze
Ein Dom ist ein großes, historisch bedeutsames Kirchenhaus. Das gleiche gilt für eine Kathedrale, aber Kathedrale ist eigentlich kein architektonischer Begriff, sondern sagt nur, dass es sich bei der jeweiligen Kirche um einen katholischen, orthodoxen oder – in Großbritannien – anglikanischen Bischofssitz handelt. Kathedra ist griechisch und heißt "Sitz". Nicht jeder Dom ist also eine Kathedrale. Der Kölner Dom oder der Dom zu Speyer sind gleichzeitig Kathedralen, aber der Frankfurter Kaiserdom zum Beispiel nicht.Unterschied zwischen Dom und Münster meist regional
Jetzt zum Münster. Da steckt das Wort Monasterium drin. Also Kloster. Und das war auch die ursprüngliche Bedeutung, eineKirche mit angeschlossenem Kloster. Aber heute wird der Begriff Münster auch für andere große Stifts- und Pfarrkirchen verwendet, vor allem in Baden-Württemberg und Bayern. Große Kirchen, die anderswo Dom heißen würden, heißen hier eher Münster. Ob eine Kirche Dom oder Münster heißt, hängt also in der Regel vor allem von der Region, nicht der Religion ab.Basilika: mindestens drei Schiffe
"Basilika" ist nun wieder ein architektonischer Begriff. Er bezieht sich auf eine bestimmte räumliche Anordnung einer Kirche, die aus dem Römischen kommt. Eine Basilika ist eine Kirche mit mindestens drei Schiffen, wobei das mittlere Schiff höher ist als die beiden seitlichen und einen eigenen Lichteinfall hat.Unabhängig von der Architektur: Basilika kann auch Ehrentitel sein
Das Wort Basilika wird aber auch vom Vatikan als Ehrentitel für bestimmte Kirchen verliehen – unabhängig davon, wie sie gebaut sind.Sun, 28 Apr 2024 - 01min - 5569 - Klimawandel: Wie können kleine Mengen CO2 in der Atmosphäre bereits das Klima erwärmen?
0,04 Prozent – das hört sich nach lächerlich wenig an. Allerdings könnte man bei Arsen, Zyankali oder Plutonium auch sagen: Die paar Gramm – was sollen die bei einem ausgewachsenen Menschen schon ausmachen? Aber wie wir wissen, sind sie tödlich. Es hilft also nicht, nur auf die absolute Menge zu schauen. Denn bestimmte Stoffe können schon in kleinen Mengen große Wirkung entfalten.
CO2 ist nicht "giftig" und hat auf Pflanzen sogar einen gewissen Düngeeffekt
Jetzt könnte man sagen: CO2 kann man nicht mit dem Gift Zyankali vergleichen, denn CO2 ist schon immer in der Luft; es gibt "nur" etwas mehr davon ... Ja, die Konzentration der Atmosphäre hat sich in den letzten 200 Jahren um etwa ein Drittel erhöht. Vergleicht man das mit einem Gift im Körper, so ist ein Drittel mehr oder weniger in der Regel nicht existenzbedrohend. Wenn jemand 0,3 Promille Alkohol im Blut gut verträgt, wird er auch bei 0,4 Promille nicht sofort tot umfallen – das entspricht ungefähr der CO2-Erhöhung, um die es geht. Trotzdem ist der Vergleich schief. Denn es geht ja nicht darum, dass CO2 giftig wäre; wir atmen es täglich ein. Und wenn sich das CO2 erhöht, ist das für die einzelnen Lebewesen überhaupt nicht bedrohlich. Es hat auf Pflanzen sogar einen gewissen Düngeeffekt – manche wachsen schneller.CO2 verhindert, dass Wärmestrahlen die Erde Richtung Weltraum verlassen
Nicht die "Giftigkeit" ist also das Problem, sondern die physikalische Wirkung des CO2: Es absorbiert bestimmte Arten von Wärmestrahlung – behält also Wärmestrahlen, die sonst die Erde Richtung Weltraum verlassen würden, auf der Erde. Und das macht die Atmosphäre eben wärmer. Zunächst ist das ja auch gut – ohne CO2 in der Atmosphäre wäre es auf der Erde viel kälter, das wäre sehr lebensfeindlich. Das Dumme ist aber: Wenn wir immer mehr CO2 in die Atmosphäre blasen, dann wird es zu warm – zumindest für die Art von Zivilisation, die die Menschheit in den letzten Jahrtausenden aufgebaut hat.Thu, 5 Jan 2023 - 02min - 5568 - Stimmt es, dass der Mount Everest nicht der höchste Berg der Welt ist?
Schildvulkane auf Hawaii
Das stimmt. Denn die größten, aktivsten Vulkane der Erde sind höher als der Mount Everest. Sie befinden sich auf Hawaii. Da ist der Mauna Loa und der Mauna Kea. Die sind beide über 10.000 Meter hoch – vom Meeresboden angerechnet bis über den Meeresspiegel. Über dem Meeresspiegel sind sie etwa 4.000 Meter hoch, aber ganz flach. Man nennt sie Schildvulkane.Wed, 6 Jul 2022 - 01min - 5567 - Wer hat wann den Teebeutel erfunden?
Missverständnis in England: Teebeutel gedacht als leichte Verpackung
Die Idee, Tee in Beutel zu packen, entstand eher zufällig. Anfang des 20. Jahrhunderts verschickten Teehändler ihren Tee meist in Blechdosen. Die waren aber schwer und teuer. Und so kam ein gewiefter Teehändler namens Thomas Sullivan auf die Idee, den Tee in kleine Stoffsäckchen zu packen und zu verschicken.Die Kunden dachten, dass man diesen Tee in Mullsäckchen einfach in Teegläsern mit heißem Wasser aufkochen könnte, ohne daran zu denken, den Tee aus diesen Mullsäckchen rauszunehmen. So entstand die Idee des Teebeutels.
So erzählt es die Leiterin des Ostfriesischen Teemuseums Mirjana Ćulibrk. 1903 wurde schon das erste Patent auf kleine Tee-Baumwollsäckchen in den USA anmeldet.Quelle: Mirjana Ćulibrk, Leiterin Ostfriesisches Teemuseum
Heißgetränk für Soldaten: Deutsches Tee-Handelshaus portioniert im Ersten Weltkrieg
Doch zur Industriereife brachte sie nicht etwa die Engländer, sondern das Dresdner Handelshaus Teekanne. Anlass ist diesmal der Erste Weltkrieg. Um den Tee für die Soldaten an der Front zu portionieren, verpackt ihn Teekanne in kleine handgenähte Mullsäckchen. Die Soldaten konnten sie ins heiße Wasser fallen lassen, das sich anschließend rund um den Beutel tiefbraun zu färben begann. Deshalb nannten sie die Beutel auch gerne "Teebombe". Geschmeckt hat der Tee nicht besonders, weil sich aus den Stoffbeuteln heraus das Aroma nicht gut entfalten konnte, dafür aber die Mullbeutel ihr eigenes Aroma ins Wasser abgaben.Adolf Rambold erfindet den Doppelkammerbeutel
Doch 1924 kam Adolf Rambold in die Firma. Bis 1929 entwickelte er die erste Teebeutelpackmaschine; seine Teebeutel waren aus geschmacksneutralem Pergament. Schon damals entwickelt er auch die noch heute am meisten verbreiteten zweigeteilten "Doppelkammerbeutel", in denen sich das Aroma besonders gut entfalten kann. Andere Formen wie die tetraederförmigen Pyramidenbeutel kamen erst viel später dazu.Sun, 7 Jul 2024 - 01min - 5566 - An welchem Tag haben die meisten Menschen Geburtstag?
Tendenz: Frühherbst
Ich habe drei Statistiken gefunden, zwei aus den USA und eine aus Österreich: Schon die Zahlen aus den USA widersprechen sich ein wenig. Zum einen gab es die Statistik der (inzwischen eingestellten) Internetseite anybirthday.com. Das war eine Seite, die man u. a. als Erinnerungskalender nutzen konnte, um Geburtstage von Freunden und Angehörigen nicht zu vergessen. Nach der Statistik dieser Seite ist der Rekordhalter der 5. Oktober. Diese Daten beruhen allerdings auf freiwilligen Angaben von Millionen von Nutzern. Daneben hat die New York Times eine Statistik der Geburten zwischen 1973 und 1999 veröffentlicht. Dort stand der 16. September auf Platz 1. Nach der österreichischen Studie – sie beruht auf amtlichen Zahlen – gibt es ebenfalls eine Häufung von Geburten im frühen Herbst. Allerdings ist da der häufigste Geburtstag am 22. September.Weihnachtszeit inspiriert möglicherweise zur Familiengründung
Auf jeden Fall zeigen die Zahlen sehr schön einen Anstieg bei den Geburten zwischen Juli und Oktober. Und Ende September/Anfang Oktober kommen bis zu 15 Prozent mehr Kinder auf die Welt als im Jahresdurchschnitt. Wenn wir 9 Monate zurückzurechnen, stellen wir fest, dass diese Kinder vor allem in den Weihnachtsferien gezeugt wurden. Wenn man es noch genauer macht und die Durchschnittsdauer einer Schwangerschaft von 266 Tagen ansetzt, landet man ausgehend vom 22. September ziemlich genau bei Neujahr. Nun kann man spekulieren, ob an diesem Tag viele Menschen schon einen ersten guten Vorsatz fürs neue Jahr umsetzen wollen oder ob generell die Weihnachtszeit eine überdurchschnittliche Zahl von Leuten zur Familiengründung inspiriert. Was die Geburten in Deutschland betrifft, weist das statistische Bundesamt nur eine Monatskurve aus – der Trend ist ähnlich. Anmerkung zur Grafik: Die Zahl 1.000 für den Jahresdurchschnitt bedeutet nicht, dass im Schnitt 1.000 Kinder pro Tag geboren werden. Vielmehr dient die Zahl der Vergleichbarkeit – die Bevölkerung und damit die Geburten schwanken ja von Jahr zu Jahr. Deshalb wurden jeweils die Geburtenzahlen jedes Jahres auf "1.000" heruntergerechnet, um die Häufigkeiten vergleichbar zu machen. Die Kurve verdeutlicht auch sehr schön, dass sich die Kurven über die Jahre verändern. Früher in der Zeit vor der Pille sind in Deutschland die meisten Kinder noch im März/April geboren worden. Man könnte sie als Produkte von starken "Frühlingsgefühlen" im Vorjahr deuten. Zwar gab es auch damals schon eine zweite kleine Spitze im September, aber erst in den letzten Jahrzehnten wurde der September zum geburtenstärksten Monat.Wed, 20 Dec 2023 - 02min - 5564 - Ist das Gedächtnis ein Muskel?
Gehirn: eine Art Muskelapparat, der sich trainieren lässt
Das Gedächtnis ist eine Art Muskelapparat, also nicht ein Muskel, sondern ein gesamter Apparat unserer Muskulatur. Und der lässt sich tatsächlich trainieren: Das, was man viel verwendet und einsetzt, wird besser.Konzentrationsvermögen ist von zentraler Bedeutung
Es gibt einen zweiten wichtigen Aspekt: Unser Konzentrationsvermögen als Eingangspforte dessen, was wir überhaupt an Informationen prozessieren. Das ist von herausragender Bedeutung. Wann immer man sein Konzentrationsvermögen trainiert – zum Beispiel, indem man Routinen und Gewohnheiten mal ändert, auch ein Buch lesen gehört dazu, sich länger auf eine Aufgabe konzentrieren – trainiert man genau diesen Bereich, der im Alter schlechter werden kann und der so wichtig für Lernen und Gedächtnis ist. Denn nur, wenn wir uns hinlänglich lange auf eine Aufgabe konzentrieren, können wir dieses Wissen abspeichern und langfristig wieder abrufen.Thu, 14 Dec 2023 - 01min - 5563 - Warum können Stare andere Vögel nachahmen?
Wenn Stare "spotten"
Wenn Stare Laute bei anderen Vögeln hören, die ihnen gefallen, imitieren sie diese Laute. Man nennt das "spotten". Man kennt das auch von zahmen Vögeln, denen man in der Gefangenschaft etwas vorgepfiffen hat, was sie dann nachahmten. Genauso wie Papageien es lernen können, die menschliche Sprache zu imitieren oder zu pfeifen, so beobachtet man das z.B. auch beim Dompfaff bzw. dem Gimpel.Syrinx ist bei Singvögeln besondes ausgebildet
Allerdings sind dazu nicht alle Vögel in der Lage. Die Singvögel aber haben eine besonders ausgebildete Syrinx; das ist der Singmuskelapparat, also eine Art Kehlkopf. Vögel haben ja zwei Kehlköpfe – die sogenannte Syrinx und den Larynx. Der Larynx ist dazu da, zischende, rauschende und kratzende Geräusche zu erzeugen. Das hört man z.B. bei Birkhühnern, wenn sie "schschschschsch" machen und ähnliches. Die Syrinx ist ein Singmuskelapparat, mit dem die einzelnen Laute erzeugt werden. Einige Vögel haben eine besonders komplizierte Syrinx und können alles Mögliche imitieren; zu diesen Vögeln gehören insbesondere die Stare.Fri, 27 May 2022 - 01min - 5562 - Seit wann gibt es Adventskränze?
Zu diesem Thema findet man immer wieder falsche Erklärungen: Der Adventskranz habe etwas mit dem Lebensrad zu tun und sei ein uraltes Symbol. Das ist nicht richtig. Der Adventskranz ist, gemessen an anderen Bräuchen, ganz jung; und man kennt sogar seinen Erfinder.
Der erste Adventskranz hing in einem Hamburger Heim für Jugendliche
Es handelt sich um den evangelischen Pastor Johann Hinrich Wichern, der sehr stark in der christlichen Soziallehre verankert war und sich – typisch für das 19. Jahrhundert – besonders für Kinder engagierte, die in benachteiligten sozialen Verhältnissen lebten. Wichern hängte Mitte des 19. Jahrhunderts den allerersten Adventskranz im "Rauhen Haus" in Hamburg auf – einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche. Dieser Kranz hatte zunächst noch 24 Kerzen, für jeden Dezembertag eine. Später hat Wichern dieses System dann vereinfacht und auf die vier Sonntage reduziert.Adventskranz hat klare pädagogische Funktion: Zeit sichtbar machen
Die Visualisierung von Zeit ist für Kinder besonders wichtig, denn die können sich unter "vier Wochen" nichts vorstellen. Man muss Kindern vor Weihnachten sagen: Du musst noch so und so oft schlafen, dann kommt das Christkind. – Wenn sie das an Kerzen abzählen können, ist die Zeit bis Weihnachten für sie viel besser erkennbar. Zum Adventskranz gehört darüber hinaus noch eine zweite Visualisierung der Zeit, die übrigens ebenfalls eine evangelische Erfindung ist: der Adventskalender. Der evangelische Pastorensohn Lang entwickelte kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert den ersten Adventskalender. Anfangs waren das noch Bilder zum Aufkleben, später erfand er selbst bereits die Türchenform, wie wir sie heute noch kennen. All das dient dazu, die Zeit bis Weihnachten sichtbar zu machen, den Advent, die "Ankunft", zu visualisieren.Sun, 3 Dec 2023 - 01min
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