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Feusi Fédéral. Direkt aus dem Bundeshaus
- 156 - Benjamin Mühlemann: «Die Bevölkerung will keine Steuererhöhungen», Feusi Fédéral, Ep. 156
Der Glarner FDP-Ständerat über die Löcher in der Bundeskasse, was Sparen wirklich bedeutet, warum das gar nicht so kompliziert ist und weshalb er Beziehungen der Schweiz mit der EU «auf Augenhöhe» will.
Thu, 07 Nov 2024 - 155 - Thomas Aeschi: «Die Bevölkerung hat genug!», Feusi Fédéral, Ep. 155
Der SVP-Fraktionschef über die jüngsten Erfolge seiner Partei, die Asylpolitik von Beat Jans, die Zusammenarbeit mit der FDP und worauf er sich bei der EU-Politik vorbereitet.
Thu, 31 Oct 2024 - 154 - Andreas Faller: «Wir müssen das System effizienter machen», Feusi Fédéral, Ep. 154
Für Andreas Faller, früher Vizedirektor im Bundesamt für Gesundheitswesen, gibt es mehrere Gründe, weshalb die Kosten steigen. Durchaus erwünscht sei, dass wir immer älter werden und dass es im Gesundheitswesen Innovationen gebe, die den Patienten zu gute kommen. Ein Problem sei, dass die Patienten immer mehr Leistungen konsumieren würden, weil nicht immer klar sei, dass das ihnen wirklich helfe. Fehlanreize und bürokratischer Aufwand gälte es jedoch zu bekämpfen.
Thu, 10 Oct 2024 - 153 - Albert Rösti: «Es geht um die Freiheit der Menschen», Feusi Fédéral, Ep. 153
Wie will Bundesrat Albert Rösti die Bevölkerung von sechs Ausbauprojekten überzeugen? Der SVP-Bundesrat nimmt Stellung zu allen Argumenten der Gegner des Autobahnausbaus – und er sagt, was bei einem Nein passieren wird.
Thu, 26 Sep 2024 - 152 - Gerhard Pfister: «Bei einem Nein droht die Volkspension», Feusi Fédéral, Ep. 152
Der Mitte-Präsident über die Reform der beruflichen Vorsorge, warum sich die Linke nicht für diese Säule der Altersvorsorge interessiert und was er der Kampagne der Gewerkschaften entgegensetzt. Und über seine Schutzklausel und warum sie wirksam sein wird.
Thu, 05 Sep 2024 - 151 - Simon Michel: «Was Brüssel produziert ist eine Katastrophe», Feusi Fédéral, Ep. 151Thu, 15 Aug 2024
- 150 - Florence Pärli: «Es braucht Vielfalt in der Stadtregierung»
Kaum Kompromisse «Links-grün will jedes Problem mit mehr Geld und Umverteilung lösen», sagt Florence Pärli. Sie sitzt seit gut drei Jahren für die FDP im Stadtparlament. Anfangs sei sie schockiert gewesen, wie ideologisch SP und Grüne politisieren würden. Da die beiden Parteien zusammen im Parlament eine Mehrheit hätten, gebe es kaum sachliche Diskussionen und Kompromisse. Es brauche wieder mehr Vielfalt in der Stadtregierung. Die Schuldenlast der Stadt werde bald zwei Milliarden Franken betragen, sagt die Finanzspezialistin. «Die Stadt gibt mehr Geld für Zinsen aus, statt für Kultur.» Damit würden vor allem kommende Generationen belastet. Pärli will die Finanzen sanieren, Schulden abbauen und die steigenden Steuereinnahmen in dringend benötigte Infrastruktur stecken. Für eine vielfältige Stadt Pärli will eine lebendige Stadt, in der gewohnt, gearbeitet, aber auch Eigentum erworben und eine Firma gegründet werden kann. Die Stadt verhindere heute Unternehmertum. Bis eine Baubewilligung erteilt werde, dauere es zu lange. SP und Grüne behinderten Wohneigentum aus ideologischen Gründen. Vom Motto «Stadtluft macht frei» sei nicht mehr viel zu spüren. «Eine lebenswerte Stadt muss für alle Lebensentwürfe Platz haben.» Sie teile viele Ziele von SP und Grünen, aber sie sei liberal, weil die freiheitlichen Wege besser seien.
Thu, 25 Jul 2024 - 149 - Daniel Risch: «Wir haben uns von der Schweiz emanzipiert»
MIt dem EWR zufrieden Seit mehr als hundert Jahren besteht ein Zollvertrag zwischen beiden Ländern. Er sorgt für enge politische und wirtschaftliche Verbindungen, betont Daniel Risch. Doch das Fürstentum ist längst aus dem «Rucksack» der Schweiz ausgestiegen und hat sich emanzipiert – nicht zuletzt durch den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1995. Während der Zollvertrag von 90 Prozent der Bevölkerung befürwortet werde, sind 75 Prozent mit dem Beitritt zum EWR zufrieden. 12’000 Rechtsakte zusätzlich Liechtenstein hatte bis im Mai den Vorsitz des Europarates inne. Risch betont die Wichtigkeit des Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen den Nationalstaaten und kritisiert die zunehmende Regulierung aus der EU. Liechtenstein müsse im Gegensatz zur Schweiz 12’000 Rechtsakte aus Brüssel übernehmen. Risch möchte, dass die EU die Vielfältigkeit des Kontinents als Stärke anerkennt. «Ich finde, man muss mehr die verschiedenen Stimmen von Europa hören und Europa als der diverse Kontinent sehen, der noch viele Stärken hat als nur von Brüssel, von oben herab.» Wenn die Regulierung «wuchere» dann leide der Wettbewerb der Staaten darunter. Risch kritisiert aus diesem Grund auch die OECD-Mindeststeuer. «Alemannengeist» nach Brüssel exportieren Der Regierungschef verteidigt den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof des Europarates, auch wenn er mit einzelnen Urteilen ebenfalls Mühe hat. Entscheidend sei eine Organisation, in der man miteinander reden und Probleme besprechen könne. Risch betont die Bedeutung der Eigenständigkeit Liechtensteins und des «Alemannengeistes», den das «Ländle» mit der Schweiz, Vorarlberg und Süddeutschland verbinde. Diesen Geist müsse man nach Brüssel exportieren. Liechtenstein hat betreffend der Personenfreizügigkeit eine Quotenregelung zugestanden erhalten. Daniel Risch verteidigt die Sonderregel. Sie sei nötig wegen der Kleinheit des Landes, und um eine hochstehende Arbeitsmigration zu gewährleisten.
Thu, 18 Jul 2024 - 148 - Mathias Binswanger: «Es droht eine Allianz des Staates mit Big Tech», Feusi Fédéral, Ep. 148
Der Volkswirtschafter Matthias Binswanger hat ein Buch über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz (KI) auf die Wirtschaft und die Gesellschaft geschrieben. Binswanger erklärt, dass KI auf riesigen Datenmengen basiert, die schneller und rund um die Uhr verarbeitet werden können. Je mehr Daten vorhanden sind, desto intelligenter wird die KI. Und weil sie uns bequem und sicher erscheint, droht eine Abhängigkeit und der Verlust von Autonomie und Freiheit.
Thu, 11 Jul 2024 - 147 - Lars Guggisberg: «Steuererhöhungen sind Gift», Feusi Fédéral, Ep. 147
Der Berner SVP-Nationalrat sagt, wo er bei den Bundesfinanzen sparen würde, weshalb er Steuererhöhungen, auch befristet, ablehnt und warum in der Schweiz die Autobahnen dringend ausgebaut werden müssen.
Thu, 04 Jul 2024 - 146 - Jacqueline de Quattro: «Wir sind kein Indianerreservat», Feusi Fédéral, Ep. 146
Die Waadtländer FDP-Nationalrätin über die Biodiversität, was der Umwelt wirklich hilft und den Wiederaufbau der Armee, was er kostet und wieso sich die Schweiz der Nato annähern, ihr aber nicht beitreten sollte.
«Ich bin auch für die Biodiversität, aber die Frage ist, wie wir das erreichen.» Die Kantone und Gemeinden würden sich bereits enorm für die Biodiversität engagieren, sagt die ehemalige Waadtländer Umweltdirektorin.
«Initiative verhindert Entwicklung» Die Forderung der Initianten, 30 Prozent des Landes für die Biodiversität zu reservieren, führe dazu, dass weniger Güter produziert und mehr importiert werden müsse.
Wir haben zwanzig Jahre lang andere Prioritäten gesetzt und bei der Armee gespart. Der konventionelle Krieg ist zurück in Europa. Jetzt müsse die Schweizer Armee wieder aufgebaut werden. Die Bedrohung sei heute aber anders und breiter als früher. Jacqueline de Quattro denkt an Drohnen, Cybergefahren oder Desinformation.
«Schweizer zahlen genug Steuern» Dafür brauche jetzt sehr viel Geld. Jacqueline de Quattro ist dafür, bis 2030 aufrüsten. Andere Bereiche des Bundes müssten sparen.
Mit der Nato üben, aber nicht beitreten Ist das nicht ein Problem für die Neutralität? Jacqueline de Quattro findet nicht: «Wir machen ja nicht bei einem Angriff mit.» Einen Nato-Beitritt lehnt die Sicherheitspolitiker ab.
Thu, 27 Jun 2024 - 145 - Roger Nordmann: «AKWs sind eine Scheindebatte», Ep. 145
Der Waadtländer SP-Nationalrat über die Stromversorgung im Winter, den Ersatz der Atomkraftwerke und wieso er glaubt, dass es keine neuen brauche. Und dann erläutert er, weshalb die SP nach der Niederlage bei der Prämienentlastungsinitiative auf eine Einheitskrankenkasse setzt, und was das mit den Appenzellern zu tun hat.
Thu, 20 Jun 2024 - 144 - Harold James: «Die Globalisierung bekommt einen Aufschwung»
Im Interview redet er über die Globalisierung, die europäische Integration und den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Krieg gegen die Ukraine. Seine wichtigsten Aussagen: «Die Globalisierung hat mit der Finanzkrise 2008 einen grossen Schock erlebt, aber die grosse Krise ist ausgeblieben, die Globalisierung hat sich entschleunigt.» «Die geopolitischen Spannungen sind typisch in Zeiten, in denen sich die Globalisierung umgestaltet. Das war schon 1840 in Europa oder in den 1970er Jahren so. Beide Phasen waren Auslösungsmomente für eine Ausdehnung der Globalisierung.» «Ich wage die Prognose, dass die Globalisierung einen neuen Aufschwung bekommt. ich sehe das in den Handelsziffern und in der Erholung der Wirtschaft. ich sehe das im technologischen Wandel.» Für James ist Europa an einem Schicksalsmoment angekommen: «Wenn die Ukraine bis Ende des Jahres durchhält und wenn in den USA die Wahlen nicht von Trump gewonnen werden, dann bricht die Putin-Regierung zusammen und Putin kann den Krieg nicht mehr fortführen. dann kann Europa gestärkt aus der Krise hervorgehen.» «Nach 1945 war das Schicksal von Europa immer von Politik in Washington und Moskau abhängig.» «Der Kleinstaat muss sich immer dem grossen Nachbarn anpassen. Das gilt für Singapur und China, aber auch für Norwegen oder die Schweiz zur EU.» Buchempfehlung von Harold James: Schockmomente: Eine Weltgeschichte von Inflation und Globalisierung 1850 bis heute. Herder 2022.
Tue, 18 Jun 2024 - 143 - Gregor Rutz: «Man muss verhindern, dass sich Millionen auf den Weg nach Europa machen»
«Schuldenbremse respektieren» «Es ist ein Funken Vernunft eingekehrt» findet Gregor Rutz zum Scheitern des Ukraine-Armee-Deals im, Ständerat. Politiker gäben gerne Geld aus und meinten, sie machten dann etwas Gutes. «Wir müssen die Schuldenbremse respektieren, sonst sind wir bald so Konkurs wie die Länder um uns herum.» Für Rutz ist klar, wenn die Armee mehr Geld brauche, dann müsse das an einem anderen Ort eingespart werden. «Das ist nichts als vernünftig, weil man einen Franken nur einmal ausfegeb kann.» «Entwicklungshilfe ist wahnsinnig ineffizient» Der Grossteil der Budgeterhöhung für die Armee soll in der Entwicklungshilfe eingespart werden. «In der Entwicklungshilfe wird wahnsinnig viel Geld ineffizient ausgegeben» findet Rutz. Er würde die Migrationsströme unterbrechen und das so gesparte Geld in Hilfe vor Ort investieren. «Man muss verhindern, dass sich Millionen auf den Weg nach Europa machen, im Wissen, dass sie sowieso hier bleiben können, egal ob ihr Gesuch angenommen wird oder nicht.» Der Bund könne aber gut sparen, findet Rutz. Die Bundesverwaltung sei ineffizient, verdienen zu viel und es gebe auch viel zu viele davon. Bei der Landwirtschaft fordert Rutz zum Sparen eine radikale Vereinfachung der Bürokratie: Dann hätten die Bauern nicht weniger Direktzahlungen. Auch in der Bildung sieht Rutz «Luft im System». Man könne mit zehn Prozent weniger Budget genau dasselbe erreichen, man müsse es nur effizienter machen. Sogwirkung für noch mehr Asylbewerber befürchtet Gregor Rutz hat letzten Sommer gefordert, dass bei Asylgesuchen von Frauen aus Afghanistan wieder genauer hingeschaut wird. Das Staatssekretariat habe plötzlich das Asylgesetz neu interpretiert und allen Frauen aus Afghanistan Asyl gegeben. Rutz befürchtet eine Sogwirkung: «Dann könnten bald alle Frauen aus muslimischen Staaten kommen, wo sie nichts zu sagen haben.» Es gehe nicht, dass die Verwaltung der Politik sage, was sie zu tun habe. «In einer Demokratie ist es eigentlich umgekehrt.» Dies habe der Nationalrat nun korrigiert. «Wir haben eine Lotterordnung» Beim Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene sei etwas Ähnliches passiert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe entscheiden, dass die Frist von drei Jahren bis zum Familiennachzug unmenschlich sei. «Schweizer Gerichte wenden das nun an, obwohl im Gesetz immer noch von drei Jahren die Rede ist.» Der Bundesrat schlage nun vor, das Gesetz dieser Rechtssprechung anzupassen. «Es nimmt mich wunder, was geschieht, wenn das Parlament oder das Volk das ablehnen.» «Wir haben eine Lotterordnung: Die Gerichte funken der Politik rein, die Verwaltung macht, was sie will und der Gesetzgeber hat am Schluss immer das Nachsehen.» Die Schweiz müsse sich die Einmischung von Gerichten in die Politik nicht bieten lassen. «Am Schluss entscheidet bei uns der Stimmbürger – nicht der Richter hat das letzte Wort.»
Thu, 06 Jun 2024 - 142 - Martin Candinas: «Wir können nicht alle aufnehmen», Feusi Fédéral, Ep. 142
Martin Candinas stellt Asyl für Afghaninnen nicht grundsätzlich in Frage. Aber man müsse wirklich schauen, ob jemand die Bedingungen dafür erfülle. «Und beim Familiennachzug geht es darum, dass nicht einfach die ganze Familie kommen kann und die Männer einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.» Strengere Linie als bisher Die Bevölkerung erwarte eine klare Asylpolitik, die logisch sei. Das habe der Nationalrat entschieden und damit Klarheit geschafft. Bundesrat Beat Jans habe mehr Tempo in die Behandlung der Gesuche gebracht. «Das hat er geschafft.» Wichtig sei, dass er die angekündigte Linie in der Asylpolitik auch weiterführe. Für Candinas ist das eine strengere Linie als bisher. Jans dürfe nicht zum «Ankündigungsminister» werden. Es gebe viele Kriegsgebiete in der Welt, aber es sei klar, dass die Schweiz nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne. «Wir müssen denen Schutz bieten, die unbedingt Schutz brauchen.» Für jene, die einfach ein besseres Leben führen möchten, habe die Schweiz zu wenig Platz. Das sei eine riesige Herausforderung. Die SRG hat mit Susanne Wille eine neue Generaldirektorin. Was erwartet Martin Candinas von ihr? «Ich erwarte vor allem, dass sie intern den Laden im Griff hat.» Die Interessen in der SRG seien sehr unterschiedlich. Candinas denkt an die vier Regionen oder die verschiedenen Sparten in der SRG. Candinas lehnt Kürzungen der SRG-Steuer ab. Gleichwohl ist er überzeugt, dass die SRG sparen muss: «Die SRG wird nicht mehr Geld bekommen, aber die Frage ist, wie viel will man da kürzen.» SRG und Verleger müssen zusammen arbeiten Für Martin Candinas sind die Nachrichten der Kern des Service Public der SRG. Da müssten die verschiedenen Ansichten zu Wort kommen. Doch auch Unterhaltung gehöre dazu. «Wir wollen doch einheimische Unterhaltung und Schauspieler!» Am Schluss habe jeder ein anderes Verständnis von Service Public. Die SRG müsse eine grosse Masse an Leuten erreichen, damit die Leute den Wert der Abgabe sähen. Candinas verteidigt die Unternehmensabgabe. Das sei ein guter Kompromiss. Ob die SRG mit ihren Texten Online-Medien konkurrenziere, das könne man in Frage stellen. Es könne nicht sein, dass man die SRG einschränke, wenn sie ihre Inhalte schmackhaft mache. «Wir müssen viel mehr überlegen, wie die SRG und die Verlage besser zusammen arbeiten.»
Thu, 30 May 2024 - 141 - Yvonne Gilli: «Sie warten dann einfach auf die Behandlung», Feusi Fédéral, Ep. 141
«Man muss etwas machen, um eine gute Kostenkontrolle zu haben», findet Yvonne Gilli. Aber die Kostenbremse-Initiative sei der falsche Weg. Die Anbindung der Kosten an die Lohnentwicklung sei gefährlich. «Wenn man das zurückrechnet, wären über ein Drittel der Leistungen in der obligatorischen Grundversicherung nicht mehr finanziert werden können.» Doch die Initiative fordert ja nur die Akteure auf, etwas gegen die Kostenentwicklung zu tun. Gilli befürchtet, dass dann einfach die Tarife nach unten angepasst würden. «Dann warten sie einfach auf ihre Operation, bis wieder Geld vorhanden ist.» Es sei einfach, eine Prämiensenkung zu versprechen, wenn die Patienten eine Behandlung dann selber bezahlen müssen. Fehlanreize beseitigen Die Kostenentwicklung sei nicht das Problem, findet Gilli. Dass die alternde Bevölkerung mehr Kosten verursache, sei nicht zu vermeiden. «Die Prämienentwicklung hatten wir nicht im Griff», gibt Gilli allerdings zu. Der Grund sei, dass immer mehr Behandlungen ambulant durchgeführt würden. Die würden weniger kosten, aber vollständig von den Krankenkassen übernommen und so auf die Prämien durchschlagen. Bei den Behandlungen im Spital zahlten die Kantone gut die Hälfte. Das Parlament hat diesen Fehler korrigiert, aber die Gewerkschaften haben das Referendum dagegen ergriffen. Was wäre denn zu tun? Gilli stimmt dem Ziel zu, dass die Qualität eine wichtigere Rolle spielen sollte. «Als Patientin möchte ich mich eine Garantie haben, dass die Qualität stimmt.» Dann gelte es, Fehlanreize zu beseitigen. Die Spitalplanung sollte überregional gemacht werden, findet Gilli. «Wahrscheinlich gibt es zu viele Spitäler». Man orientiere sich zu stark an den Kantonsgrenzen. Generell gebe es aber zu wenig Ärzte. Es brauche mehr Ausbildungsplätze an den Universitäten. Gilli fordert, dass der Bund sich da beteilige. «Nötige Provokation» Bei der Prämienentlastungsinitiative der SP hat die FMH Stimmfreigabe beschlossen. Yvonne Gilli findet es richtig, dass der Gegenvorschlag die Kantone in die Pflicht nehme, ausreichend Prämienverbilligungen auszuzahlen. «Es hat eine Provokation gebraucht, damit allen bewusst wurde, dass es einen sozialen Ausgleich zur Kopfprämie braucht.»
Thu, 23 May 2024 - 140 - Sarah Wyss: «Das Gesundheitswesen ist unsozial finanziert», Feusi Fédéral, Ep. 140
Umsetzung ohne Steuererhöhungen «Die Prämienentlastungsinitiative kostet nicht mehr Geld, es wird einfach von jemand anderem bezahlt», sagt Sarah Wyss. Das Volksbegehren fordert, dass niemand mehr als zehn Prozent seines verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgibt. Der Rest müsste von Bund und Kantonen bezahlt werden. Natürlich belaste die Initiative den Bundeshaushalt und die Kantone. «Aber das ist richtig so, denn im Moment belastet es die Menschen.» Steuererhöhungen brauche es dazu nicht. Die zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe könne «mit den heutigen Haushalten» bezahlt werden. Die Gegner kritisieren, dass die Initiative nichts an den steigenden Kosten im Gesundheitswesen ändere. «Das ist korrekt», gibt Wyss zu. Die Initiative stelle nur eine Verteilungsfrage. Diese sei aber entscheidend: «Bei uns ist das Gesundheitswesen extrem unsozial finanziert, nur 36 Prozent wird vom Staat mit Steuern bezahlt.» «Kantone haben sich gesund saniert» Sarah Wyss kritisiert vor allem die Kantone, die sich in den letzten Jahren aus der Prämienverbilligung verabschiedet hätten. «Die Kantone haben sich zum Teil gesund saniert, auf Kosten der Menschen.» Darum müsse der Bund eingreifen. Der Gegenvorschlag zur Initiative, der dieses Problem angeht, genügt Wyss nicht. Wenn man die Gesundheitskosten senken wolle, müsse man ganz anders vorgehen, findet Wyss. Die Nationalrätin spart dabei nicht an Selbstkritik: «Das Parlament hat die Arbeit nicht gemacht.» Die Bilanz sei «vernichtend». Gute Vorschläge würden nicht umgesetzt. Bund und Kantone schiebten sich die heisse Kartoffel hin und her. Es brauche eine interkantonale Spitalplanung und man müsse bei den Medikamenten- und Generikapreisen ansetzen. Qualität statt Quantität bezahlen Um die Kosten langfristig zu bekämpfen, brauche das Gesundheitswesen eine neue Ausrichtung: «Solange die Leistungserbringer mehr verdienen, wenn sie mehr machen, werden sie immer mehr machen – dann wird es immer teurer.» Die Frage sei, ob wirklich alle Leistungen nötig seien. «Da braucht es Regulierungen», findet Wyss. Und dann brauche es andere finanzielle Anreize. «Wir dürfen nicht mehr die Quantität bezahlen, sondern die Qualität.» Für Wyss muss es dazu in Richtung Service Public gehen.
Thu, 16 May 2024 - 139 - Jürg Grossen: «Wir wollen nicht zurück in die Höhle», Feusi Fédéral, Ep. 139
Bringt das Stromgesetz wirklich mehr Versorgungssicherheit, wie die Befürworter behaupten? Jürg Grossen ist davon überzeugt. «Wir schaffen Anreize, um mehr Erneuerbare in der Schweiz zu produzieren.» Aber man müsse ehrlich sein. «Sicher ist gar nichts.» Windräder und Solaranlagen sind schön Das Gesetz baue nicht nur die Produktion von Winterstrom aus, sondern insgesamt sechsmal mehr Strom über das gesamte Jahr. Die Mehrheit dieser Ausbauten von Solarenergie werde auf bestehenden Dächern geschehen. «Es geschieht mit dem Stromgesetz sehr viel mehr, als der von Albert Rösti betonte Ausbau beim Winterstrom.» Grossen stören die Windräder nicht besonders. «Ich finde Solaranlagen und Windräder schön.» Für ihn ist das eine «Geschmacksache». «Das ist Panikmache» Gleichzeitig dämpft Grossen die Erwartungen. Der Ausbau werde lange dauern und funktioniere nur in Zusammenhang mit dem Ausbau der Wasserkraft, die rasch abrufbar sei, wenn es nötig sei. «Das ist das innovativ schweizerische, was wir unbedingt tun sollten.» Die Gemeinden hätten auch bei einer Zustimmung zum Stromgesetz noch etwas zu sagen, findet Grossen. Wenn eine Gemeinde ein Projekt ablehne, werde nicht gebaut. «Das ist richtig und wichtig.» Es gebe aber eine Besserstellung der Stromproduktion gegenüber dem Naturschutz, wenn es eine Produktion von nationaler Bedeutung sei. Dass es anders sei, sei «Panikmache». «Diese Leute sind unbelehrbar» Der Ausbau der Wasserkraft wird trotz rundem Tisch von links-grünen Organisationen bekämpft. Jürg Grossen hat dafür kein Verständnis. Diese Beschwerden müsse man alle ablehnen und die Organisationen nicht mehr zulassen, findet Grossen. «Diese Leute sind unbelehrbar.» Als Gesellschaft müssten wir festhalten, dass wir den Strom bräuchten. «Wir wollen ja nicht zurück in die Höhle.» Ende April kam es zu einer schwierigen Situation im Stromnetz, weil wegen des Wintereinbruchs plötzlich Strom fehlte. Der Netzbetreiber Swissgrid musste sehr teuren Ersatzstrom einkaufen. Eigentlich hätten wir mit der Wasserkraft das Mittel, um solche Schwankungen auszugleichen. Die Wasserkraftbetreiber müssten in die Bresche springen, wenn es zu wenig Strom habe, findet Grossen. Er verstehe nicht, warum das nicht geschehen sei, vor allem weil die Wasserkraftbetreiber noch Geld für eine Reservehaltung erhielten. «Dieses System müssen wir überarbeiten.» Die Wasserkraftbetreiber hätten diesen Winter sehr viel Geld verdient. Grossen fordert, dass deren Betreiber davon etwas dem Bund abliefern – für den Rettungsschirm, den man für sie geschaffen habe. Das sei im Parlament in Arbeit. Jetzt machten die Stromkonzerne mit der Wasserkraft Milliardengewinne. «Dann muss man bereit sein, mit den Gewinnen Reserven zu bilden.»
Thu, 09 May 2024 - 138 - Lorenz Hess: «Das ist reine Symptombekämpfung», Feusi Fédéral, Ep. 138
«Die Prämien steigen, weil wir alle jedes Jahr mehr Leistungen beziehen», sagt Lorenz Hess. Der Nationalrat ist Mitglied in der Gesundheitskommission und steht der Krankenkasse Visana vor. «Wir rennen vielleicht zu früh zum Arzt.» Hess kritisiert aber auch die Leistungserbringer: «Von ihnen kann die Nachfrage aber auch gesteuert werden.» Bei der Qualität und der Effizienz sei «noch Luft im System». Zu viele Spitäler Die Kostenbremse-Initiative der Mitte will die Akteure dazu zwingen, Massnahmen zu präsentieren. Notfalls würde der Bund die Kompetenz erhalten einzugreifen. Hess kritisiert, dass es im Gesundheitswesen mit der Digitalisierung nicht vorwärts geht. Und die Spitaldichte sei viel zu hoch. Die Kantone sollten bei der Spitalplanung zusammenarbeiten, findet Hess. Die Initiative führe dazu, dass der Druck auf die Akteure grösser werde. Die zweite Initiative, die «Prämienentlastungsinitiative», fordert, dass niemand mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben muss. Die Differenz müssten Bund und Kantone aus Steuergeldern mit Prämienverbilligungen bezahlen. Fehlende Finanzierung «Die Initiative ist grobfahrlässig», findet Lorenz Hess. «Am Grundübel der hohen Kosten ändert die Initiative null und nichts, sie ist reine Symptombekämpfung.» Irgendwo müsse das Geld dafür herkommen. Schon bei der 13. AHV-Rente wisse man nicht, wie das zu finanzieren sei. Die Prämieninitiative werde den Staat noch mehr kosten. «Wenn man partout nicht bei den Kosten ansetzen will, dann muss man das KVG grundlegend ändern.» Das würde jedoch die laufenden Reformen torpedieren. Eine Einheitskasse werde nicht zu tieferen Kosten führen, ist Hess überzeugt. «Wir haben jetzt rund fünf Prozent Verwaltungskosten in der Grundversicherung», sagt Hess, der auch der Krankenkasse Visana vorsteht. «Ich kann mir schlecht vorstellen, dass eine staatliche Krankenversicherung das schafft.»
Thu, 02 May 2024 - 137 - Martin Grichting: «Die Kirchen folgen dem Mainstream»
Der liberale Staat brauche Religion, findet Martin Grichting. «Sitten, Gebräuche und Bürgertugenden stellten sicher, dass die Institutionen funktionieren». Dazu braucht es Religion, weil sich die Tugenden sonst nicht halten könnten. Grichtung hat ein Buch dazu geschrieben, in dem er ein neues Verhältnis von Kirche und liberalem Staat entwirft. Es droht eine Gesellschaft der Egoisten «Religion sorgt dafür, dass wir uns langfristig ausrichten, vielleicht auch einmal zu einem Verzicht zugunsten des Ganzen bereit sind», findet der frühere Generalvikar des Bistums Chur. «Wenn das fehlt, werden auch die Sitten und Tugenden verschwinden.» Übrig bliebe eine Gesellschaft von Egoisten. Religion biete den Menschen eine andere Sicht – eine über die Gegenwart hinaus. Der Staat beruhe auf Grundlagen, die er selber nicht schaffen könne, zitiert Grichting den deutschen Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde. Wo eine tiefere ideelle Basis fehle, sei der Mensch nicht mehr bereit, sich für das Ganze einzusetzen. «Dann kommen sich die Egoisten nur noch in die Quere – und das ist das, was wir in der heutigen Gesellschaft beobachten.» Je mehr die religiöse Dimension verschwinde, je kälter werde es. «Die Wokebewegung ist reaktionär» Ausdruck für die übersteigerte Individualisierung sind die Aktivisten von heute. Grichting sieht im Wokeismus der Gegenwart einen Rückfall hinter die Französische Revolution und die Aufklärung. «In der Wokebewegung verschwindet die Gleichheit zugunsten einer neuen Rassentheoprie, in der Menschen nur einen Wert haben, weil sie zu einer bestimmten Gruppe gehören.» Die Aktivisten merkten gar nicht, wie reaktionär sie seien. Grichting entwirft auf der Basis von Alexis de Tocqueville eine «Religion der Bürger». Staat und Religion sollen dabei strickt getrennt sein, damit die Kirche sich nicht vom Staat vereinnahmen lasse. Die einzelnen Bürger sollen religiös sein und sich im Staat einbringen. «Das hat aber zur Voraussetzung, dass sich die Kirchenoberen selber nicht politisch einbringen, sondern sich darauf beschränken, dass sie den Glauben verkünden.» Heute sei das anders: Während die Kirchen immer säkularer würden, entwickle sich der Staat zu einer Zivilreligion. Dir Kirchen und die Pandemie Grichting kritisiert die Schweizer Bischöfe als zu staats- und regierungsnah. «Wenn man schaut, wie sich die Kirchen in der Pandemie freiheitsfeindlich hinter die Massnahmen gestellt haben, ihre eigenen Leute im Stich gelassen haben, dann zeigt das die zu grosse Nähe der Kirchen zum Staat.» Mit ein Grund für diese unheilvolle Nähe sei die finanzielle Abhängigkeit der «Staatskirchen». Die Kirchen folgten aus Eigeninteresse dem Mainstream. «Ihr Evangelium ist nicht das der Bibel, sondern die Befehlsausgabe der Regierung. Sie beissen nie die Hände die sie füttern.» Dabei habe die Kirche eher zu viel als zu wenig Geld. Mit weniger Einnahmen müsste sie das Gebot der Armut wieder leben, statt hohe Löhne bezahlen. Freier Entscheid, Kirchensteuern zu zahlen «Eine Staatskirche versagt darin, die Gläubigen zu stützen und politisiert dafür – und zwar immer im Sinne jener, die gerade an der Macht sind.» Grichting würde «falls überhaupt» ein System wie in Italien modern finden, in dem die Steuerzahler jedes Jahr frei entscheiden, ob sie der Kirche Steuern zuhalten. Martin Grichting: «Religion des Bürgers statt Zivilreligion. Zur Vereinbarkeit von Pluralismus und Glaube im Anschluss an Tocqueville». Schwabe-Verlag, 2024. https://schwabe.ch/martin-grichting-religion-des-buergers-statt-zivilreligion-978-3-7965-5060-7
Thu, 25 Apr 2024 - 136 - Aline Trede: «Wir müssen die Energiewende schaffen», Feusi Fédéral, Ep. 136
«Das Stromgesetz bringen wir durch» Ist das Stromgesetz für den Ausbau von Wasserkraft, Solarenergie und Windturbinen noch zu retten, nachdem neben links-grünen Organisationen nun auch die SVP und eine Kantonalsektion der FDP dagegen sind? Die Berner Nationalrätin Aline Trede findet schon. Alle grossen Naturschutzorganisationen seien dafür. «Wir haben so viel für dieses Gesetz gearbeitet und so viele Kompromisse gemacht, das bringen wir durch.» «Das Stromgesetz ist ein erster Schritt für den Ausbau der erneuerbaren Energien.» Aber besteht nicht die Gefahr, dass alle Projekte scheitern? Trede betont, dass der Widerstand nicht von den Grünen komme, sondern von kleinen Organisationen. Alpine Solaranlagen seien dort machbar, wo es Leitungen gebe und die Bevölkerung miteinbezogen werde. Trede fordert Abschaltdatum für AKWs Was passiert, wenn das Stromgesetz abgelehnt wird? «Dann reden wir wieder über Atomkraftwerke», sagt Aline Trede. «Aber wir brauchen die Energiewende und müssen uns unabhängig machen von autokratischen Staaten.» Den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke lehnt Trede ab: «Dann subventionieren wir eine fossile Energie und spielen mit der Sicherheit der Leute.» Trede möchte ein festes Abschaltdatum, damit klar sei, bis wann der Strom mit erneuerbaren auszufüllen wäre. «Das hätte man schon lange machen können.» Die Schweiz müsse die Energiewende schaffen. An neue Atomtechnologien glaubt Trede nicht. Die AKW-Diskussion findet sie eine «Nebelpetarden-Diskussion», die nur von der Energiewende ablenke. Die Grünen unterstützen als einzige Partei die Europa-Initiative der Operation Libero. Sie bedeute nicht, dass man ein Rahmenabkommen unterzeichnen oder gar der EU beitreten müsse, sondern nur, dass der Bundesrat verhandeln solle. Die Initiative sei eine Unterstützung für die Verhandlungen. «EU ist weiter als die Schweiz» Könnte die Verpflichtung zur Übernahme von EU-Recht nicht auch zu Politik führen, die grüner Politik widerspricht? Im Umweltrecht sei die EU heute weiter als die Schweiz. «Die EU hat uns überholt», sagt Trede. Wenn man den Klimaschutz, den Green Deal anschaue und die Transformation der Energiepolitik, dann erkennt die grüne Nationalrätin «ganz viele positive Punkte». «Wenn wir keine Abkommen haben, dann können wir nicht machen, was wir wollen», findet Trede. Die Schweiz sei mitten in Europa. «Ich verstehe nicht, dass die Schweiz da nicht mitreden will.» Wichtig sei vor allem ein Stromabkommen. Die Transformation gelinge sowieso nur gemeinsam. «Wir brauchen mit unseren Nachbarn eine gute und stabile Zusammenarbeit.»
Thu, 04 Apr 2024 - 135 - Marianne Binder: «Beim Antisemitismus gibt es eine Fusion von rechts und links», Feusi Fédéral, Ep. 135
Fehlentscheid der Uno Marianne Binder kritisiert den Uno-Sicherheitsrat für die diese Woche verabschiedete Resolution. Das Gremium hätte die Freilassung der Geiseln der Hamas zur Bedingung für einen Waffenstillstand machen müssen. «Die Geiseln müssen zuerst zurück», findet Binder. Erst dann sei ein Waffenstillstand sinnvoll. Israels Sicherheitsbedürfnis Israel habe das Recht, für die Sicherheit ihrer Bevölkerung zu sorgen. In der Uno werde die einzige Demokratie im Nahen Osten mit anderen Standards beurteilt als andere Länder, findet Binder. Trotzdem sei die Organisation sinnvoll, damit es einen Ort gebe, wo man miteinander rede. Der Gaza-Krieg hat zu einer enormen Zunahme von Antisemitismus in der Schweiz geführt. Da sei etwas an die Oberfläche gekommen, was ihr Sorgen mache. Nötig seien Aufklärung, Geschichtsunterricht und Eltern, die über solche Themen reden würden. Schnellere Asylverfahren Einen direkten Bezug zur Asylpolitik kann Marianne Binder nicht erkennen. Sie fordert aber, dass die Verfahren beschleunigt und abgewiesene Asylbewerber zurückgeschickt werden. «Ich verstehe nicht, dass Eritreer, die zurück in ihr Land reisen, nicht blitzartig ihren Status verlieren.» Im Asylwesen müsse man auf Einstellungen fokussieren, die nicht in unsere Gesellschaft passten. Binder nennt die Haltung zu Freiheit, Rechtsstaat und insbesondere gegenüber Frauen. «Das muss viel mehr geprüft werden», fordert die Ständerätin. Es könne nicht sein, dass sich hier wie im Ausland Parallelgesellschaften etablierten. Deutschland habe islamischen Antisemitismus immigriert. Dazu kämen problematische Ansichten links und rechts. Beim Antisemitismus erkennt Binder eine «Fusion» der Pole.
Thu, 28 Mar 2024 - 134 - Patrick Hässig: «Wir müssen das Gesundheitswesen neu denken»
Was läuft schief im Gesundheitswesen und in der Pflege? Patrick Hässig arbeitet auf einem Kindernotfall und kritisiert die Arbeitsbedingungen. «Wir haben viele Aufgaben zu erledigen, die nichts mit Patienten zu tun haben.» Die Dienstplanung sei ein riesiges Problem, weil man erst kurzfristig wisse, wie man arbeite. «Und dann jeden Monat wieder anders.» Dies sei der Hauptgrund, dass vierzig Prozent der Ausgebildeten den Beruf verlassen würden. Spitäler in Tageskliniken umwandeln Hässig findet, nicht jedes Spital müsse alles anbieten und einen 24-Stunden-Service sicherstellen. Er könnte sich die Umwandlung von Spitälern in Tageskliniken vorstellen. «Dann fällt die Nachtwache weg und Kosten werden auch noch gespart.» Bei der Spitalplanung fordert Hässig, dass der Bund die Koordination übernimmt. Damit würden die Gesundheitsdirektoren entlastet. Die Prämieninitiative der SP lehnt Hässig ab. es werde einmal mehr mit der Giesskanne Geld verteilt. «Man muss mir dann sagen, wo wir das Geld einsparen. bei der Bildung, Bei der Sicherheit?» Der Vorschlag sei keine gute Lösung. Man müsse das Gesundheitswesen vielmehr neu denken. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte ist Hässig zu offen formuliert. Er befürchtet, dass dann die Versorgung der Grundversicherten eingeschränkt werde und eine Zweiklassen-Medizin entstehe. Zudem entstehe mehr Verwaltung, die bereits jetzt stärker wachse als die Pflege oder die Ärzteschaft.
Thu, 21 Mar 2024 - 133 - Christoph Brand: «Wir sind nicht auf Kurs, die Lücke zu füllen», Feusi Fédéral, Ep. 133
Der milde Winter hat zu einer sicheren Stromversorgung geführt. Bereits heisst es zum Beispiel von GLP-Präsident Jürg Grossen, die Energiewende sei «viel besser unterwegs, als Kritiker sagen». Christoph Brand ist trotzdem nicht optimistisch. «Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, dann brauchen wir 50 Prozent mehr Strom in der Schweiz, der muss irgendwo herkommen.» Wenn man auch noch irgendwann die Kernkraftwerke alters halber abstellen wolle, dann entstehe eine Lücke. «Und wir sind in der Schweiz nicht im Ansatz auf Kurs, diese Lücke zu füllen.» «Wir dürfen nichts bauen» Der Mantelerlass genüge dafür nicht, findet Brand. «Das Grundproblem ist, wir dürfen nichts bauen, egal in welcher Technologie, ausser einfache Photovoltaik auf Hausdächern, aber das wird nicht reichen.» Wenn die Schweiz so weitermache, werde die Importabhängigkeit immer grösser. «Ich würde das nicht empfehlen.» In einem strengen Winter oder wenn die französischen Kernkraftwerke ein Problem hätten, komme «der Moment der Wahrheit». Und den sollten wir verhindern. Nur schon um die Ziele im Mantelerlass zu erreichen, braucht es gemäss Brand eine Diskussion um einen gesellschaftlichen Konsens. «Schöne Ziele für die Zukunft» Zusätzlich zu Wind- und Solarkraft braucht es gemäss Brand steuerbare Kraftwerke. Es werde nicht gerne gehört, dass es nicht nur mit Wind, Wasser und Sonne geht. «Das Grundproblem ist, dass schöne Ziele formuliert werden, die weit in der Zukunft liegen, aber es wird nicht diskutiert, welche Voraussetzungen nötig sind, um die Ziele zu erreichen.» Die Beschleunigungsvorlagen würden helfen, die Ziele zu erreichen, aber ob es reicht, ist offen. Niemand wolle, dass bei ihm gebaut werd. «Wenn der gesellschaftliche Wunsch ist, dass man von der Energieproduktion nichts sieht, höchstens an ganz wenigen Orten und wir die Klimaziele erreichen wollen, dann landen wir bei neuen Kernkraftwerken», sagt Brand. Lieber Kostenwahrheit statt Subventionen Bei der Finanzierung wäre Brand für eine weltweite CO₂-Besteuerung, die voll an die Bevölkerung zurückerstattet wird, «nicht ins Staatskässeli». «Wenn wir Kostenwarheit hätten, könnte man mit vielen Subventionen abfahren», sagt Brand. «So lange wir das nicht haben, kommen wir um Födermassnahmen nicht herum. Sie sollten aber auf Winterstrom und viel Ertrag auf investierten Franken ausgerichtet werden, also nicht Lastenvelos subventionieren.» «Wir müssen eine offene und ehrliche Diskussion führen», findet Brand. Entweder gehe die Schweiz ins volle Risiko, baue nichts, die Importabhängigkeit steige dann weiter an. Oder man bleibe beim Ausbau von Wind und Sonne, nebst den dazu nötigen steuerbaren Kraftwerken. Oder wenn man weder das eine noch das andere wolle, dann laufe es auf neue Kernkraftwerke hinaus. «Wir kennen die Vorteile der Kernkraft» Würde Axpo diese bauen? «Wir sind technologieneutral. Wir wissen, wie Kernkraft geht, wir kennen die Vorteile», sagt Brand. Ihn müsse man nicht überzeugen. «Jemand muss sie einfach bezahlen». Axpo könne jetzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen alleine kein Kernkraftwerk bauen. «Aber wenn der Staat Kapazitäten versteigert, dann ist die Diskussion eine andere, dann gibt es eine betriebswirtschaftliche Logik.» Axpo ist auch ein riesiger Händler von Strom und Gas. «Die Hälfte des Gewinns kommt aus dem Handel», sagt Christoph Brand. Dabei gehe es darum, Industriebetriebe mit Energie zu versorgen. «Handel und Produktion sind untrennbar verknüpft.» Wenn Europa genug Strom habe, dann habe auch die Schweiz genug Strom. «Jeder Windpark in Frankreich hilft, dass Frankreich genug Strom hat. Und dann kann Frankreich exportieren.» Das Stromabkommen brauche es, sagt Brand, «aber natürlich nicht um jeden Preis.»
Thu, 14 Mar 2024 - 132 - Helene Budliger: «Mir macht die EU-Regulierung Sorgen», Feusi Fédéral Ep. 132
Keine Industriepolitik Das Erfolgsrezept der Schweiz ist für Staatssekretärin Helene Budliger Artieda, dass der Staat sich von unten aufbaue, die Regulierung sich auf die Rahmenbedingungen beschränke und der Staat nicht Industriepolitik betreibe. Viele Länder würden jetzt diesen Weg beschreiten. «Wir sind überzeugt, das ist falsch.» Die Regulierung mache ihr Sorgen. Das Seco veröffentliche regelmässig einen Bürokratiemonitor. «Wir sind eine komplexe Gesellschaft geworden, ein Teil der Bevölkerung will, dass alles reguliert ist, um abgesichert zu sein.» Aber viel mehr Sorgen macht Budliger die Regulierung aus der EU. «Mich dünkt, die liberale Stimme Grossbritanniens fehlt in der EU». Es gebe eine «Achse mit hehren Zielen» zwischen Berlin, Paris und Brüssel, die Regulierung vorantreibe. «Das ist für uns nicht gut, weil wir einen anderen Weg gehen wollen.» Es drohe eine Abschottung Europas. Auch die Länder ausserhalb Europas kritisieren die EU deswegen. Die Sanktionen haben «eine gewisse Bedeutung» Die Schweiz hat die Sanktionen gegen Russland wegen ihres Angriffes auf die Ukraine mitgemacht. Helene Budliger betont, dass die Schweiz genau unter die Lupe nehme, was sie von der EU übernehme. Es sei ein Fakt, dass nur 40 Länder mitmachen würden und ganz viele andere Länder mit Russland Umgehungsgeschäfte machen würden. «Aber soll die Schweiz einfach zuschauen?», fragt Budliger. Unter diesem Gesichtspunkt hätten Wirtschaftssanktionen «eine gewisse Bedeutung». Freihandelsabkommen stärken den Standort Kurz vor dem Abschluss steht ein Freihandelsabkommen mit Indien. Das sei eine grosse Chance, insbesondere für den Export von Industrieprodukten, findet Budliger. Indien habe ein Interesse, sich zu öffnen. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen hätten aber 16 Jahre lang gedauert. Die Schweiz stehe im Wettbewerb mit anderen Ländern, zum Beispiel mit Grossbritannien oder der EU. «Wenn es gelingt, das vorher abzuschliessen als unsere Kollegen aus der EU, dann hilft das dem Standort Schweiz.»
Wed, 06 Mar 2024 - 131 - Elisabeth Schneider-Schneiter: «Die Schweiz soll bockig sein gegenüber der EU», Feusi Fédéral, Ep. 131
Viele Bürgerliche unterstützen die Initiative für eine 13. AHV-Rente, weil zu viel Geld im Ausland oder für den Asylbereich ausgegeben wird. Elisabeth Schneider-Schneiter hat das im Abstimmungskampf auch gehört. Die Mitte-Nationalrätin will die verschiedenen Bereiche nicht gegeneinander ausspielen, sondern findet, dass bei einem Ja alle Bereiche sparen müssten. «Wenn die 13. AHV-Rente durchkommt, dann braucht es Sparmassnahmen in der Bildung, in der Landwirtschaft und in der internationalen Zusammenarbeit.» Bei der Entwicklungshilfe spricht sie sich allerdings für eine «Fokussierung» der auf die Interessen der Schweiz aus. Es gehe dabei um «Massnahmen, damit Migration gar nicht entstehe». Wegen der Finanzlage des Bundes müsse in der Entwicklungshilfe sowieso gespart werden, findet die langjährige Aussenpolitikerin. Fehlende Transparenz Schneider-Schneiter verlangte immer mit Vorstössen und Anträgen Transparenz, wie die Mittel der Entwicklungshilfe bei den Nichtregierungsorganisationen verwendet werden. Die Berichte des Aussendepartements dazu seien aber lückenhaft. Die NGOs wollten keine Transparenz schaffen, kritisiert die Baselbieterin. Sie insbesondere kritisiert den Filz zwischen den NGOs und der Zertifizierungsorganisation. Einen Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine lehnt Schneider-Schneiter zurzeit ab. «Es ist nicht der Moment, um Geld zu binden.» Später könne man darüber reden. Bundesrat soll verhandeln Elisabeth Schneider-Schneiter will den bilateralen Weg weiterführen, obwohl die EU eine politisch-rechtliche Anbindung fordert. Ich bin mit dem Verhandlungsmandat relativ zufrieden. Die Schweiz habe viel herausholen können. Mit den Ausnahmen könne man die institutionellen Fragen «entkräften». Der Bundesrat solle nun verhandeln, und das Maximum herausholen. Es gebe Optimierungspotenzial. Auch die Mitte habe dem Bundesrat Wünsche auf den Weg gegeben. Die Schweiz könne sich immer noch überlegen, welches EU-Recht sie übernehme und was nicht, betont Schneider-Schneiter. Sie fände es richtig, wenn sie Schweiz gegenüber der EU bockig sei, wie zahlreiche Mitgliedsstaaten auch. Die Schweiz müsse wie die anderen Länder Vertragsverletzungsverfahren in Kauf nehmen. Ausgleichsmassnahmen seien der «absolute Ausnahmefall» findet Schneider-Schneiter, obwohl die EU dies seit Jahren macht. Dem Ständemehr «nicht abgeneigt» Elisabeth Schneider-Schneiter findet, dass ein Ständemehr rechtlich nicht nötig sei. Dies, obwohl die Materialien das Gegenteil nahelegen. Aus politischen Gründen sei sie aber nicht abgeneigt, die Verträge dem Ständemehr zu unterstellen. «Am Schluss müssen wir eine Gesamtbilanz ziehen.»
Thu, 29 Feb 2024 - 130 - Daniel Lampart: «Wir müssen Europameister im Lohnschutz sein», Feusi Fédéral, Ep. 130
Die Initiative für eine 13. AHV-Rente habe einen riesigen Rückhalt in der Bevölkerung, sagt Daniel Lampart. Die Teuerung sei ein Problem für die alten Leute. «Die Rentner merken, dass es immer enger wird, das beschäftigt die Leute.» «Die AHV ist ein super Geschäft» Die Gegner argumentieren, die Finanzierung der 13. AHV-Rente sei langfristig nicht gesichert. «Vor allem nicht finanziert ist die Situation der jetzt Pensionierten», entgegnet Lampart. Die AHV baue derzeit Reserven auf, die könne man zurückgeben. Irgendwann müsse man die Einnahmen der AHV schon erhöhen, aber die AHV sei ein «super Geschäft» für die meisten Leute, da sie mehr erhalten, als sie bezahlen. Langfristig hofft Lampart, dass die Steigerung der Produktivität das Finanzierungsproblem löse. Ergänzungsleistungen seien keine Lösung, die AHV bedeute finanzielle Sicherheit und Freiheit im Alter. «Ich finde es schlimm, wenn aufrechte Arbeiter im Alter in die Bedürftigkeit abgeschoben werden.» Lampart ist überzeugt, dass weder die erste noch die zweite Säule 2050 ein grösseres Problem haben werde. «Wir kämpfen um den Lohnschutz, weil wir die höchsten Löhne in Europa haben.» Zudem sei die Schweiz offen wie kein anderes Land, weil es hier keine Sprachbarriere gebe. «Wir müssen Europameister sein im Lohnschutz und das beisst sich mit der Binnenmarktlogik.» «EU-Gericht hat bei den Ausnahmen nichts zu suchen» Die Befürworter sagen, die EU wolle ja auch die Löhne schützen. Der Schweizer Lohnschutz sei einzigartig in Europa, entgegnet Lampart, weil er sozialpartnerschaftlich organisiert sei. Das wollten die Gewerkschaften absichern. Lampart befürchtet, dass die Ausnahmen für den Schweizer Lohnschutz für die Schweiz letztlich doch vom Gerichtshof der EU beurteilt würden. «Eine Ausnahme ist nur dann eine Ausnahme, wenn der Gerichtshof der EU dort nichts zu suchen hat.» Nicht akzeptabel sei, dass die EU-Spesenregelung in der Schweiz gelten würde. Lampart findet wie die Befürworter, es brauche kein Ständemehr bei einer Abstimmung, weil es nur eine Anpassung der bilateralen Verträge sei. Die Bevölkerung werde das Verhandlungsresultat aber intensiv lesen und diskutieren. «Wir werden stolz auf die Demokratie sein.» Die Gewerkschaften fordern auch noch einen Ausbau der flankierenden Massnahmen mit viel mehr Gesamtarbeitsverträgen und Mindestlöhnen. «Wenn man diese Probleme nicht löst, werden wir nicht zustimmen können», sagt Lampart.
Thu, 15 Feb 2024 - 129 - Andri Silberschmidt: «Der liberale Arbeitsmarkt ist mir heilig», Feusi Fédéral, Ep. 129
«Ausgerechnet die Seite, die sich für die Kaufkraft der Leute einsetzen will, nimmt ihnen Kaufkraft», findet Andri Silberschmidt. Die Umsetzung der Initiative für eine 13. AHV-Rente der Gewerkschaften würde Steuererhöhungen oder höhere Lohnabzüge nötig machen. «Wenn das Geld auf den Bäumen wachsen würde, würde ich allen eine 13. AHV-Rente gönnen.» AHV lebt «auf Pump» Die AHV lebe schon heute auf Pump. Die Politik habe Rentenversprechen abgegeben, die sie langfristig gar nicht einhalten könne. Deshalb sei es falsch, noch eine 13. AHV-Rente darauf zu packen. Silberschmidt wirft den Gewerkschaften vor, bewusst nur die nächsten drei bis vier Jahre anzuschauen. Die grossen Defizite kämen danach. Das Sozialwerk stehe im Moment nicht schlecht da, weil in den letzten vier Jahren zwei Mal die Steuern dafür erhöht worden seien. Silberschmidt hat die Renteninitiative der Jungfreisinnigen mit gestartet, über die Anfang März ebenfalls abgestimmt wird. Sie würde das Rentenalter auf 66 Jahre erhöhen und dann an die Lebenserwartung anpassen. «Unsere Initiative führt zu einem langfristigen Überschuss in der AHV. Dann hätten wir die Möglichkeit, die Renten zu verbessern.» Man könne nicht Geld ausgeben, bevor man es eingenommen habe. Die Politik verspreche immer Leistungen, die nicht finanziert seien. «Und dann muss man die Steuern erhöhen.» Der Mechanismus der Renteninitiative sei für alle berechenbar. Rahmenverträge: Viele Fragen offen Die Rahmenverträge wird Andri Silberschmidt genau anschauen, wenn sie auf dem Tisch liegen. Im Moment sei es wichtig, dem Bundesrat den Rücken zu stärken. «Für mich ist die Frage, wo wir mit der EU gemeinsame Spielregeln haben wollen und wo nicht», sagt Silberschmidt. Die Schweiz gehe nicht unter, mit oder ohne diese Verträge. Es seien viele Fragen noch offen, zum Beispiel die Rolle des Gerichtshofes der EU. Da müsse Klarheit geschaffen werden. Silberschmidt fordert, dass die Steuerhoheit der Schweiz nicht betroffen sei, und dass beide Seiten dies akzeptierten. Gegen die Forderungen der Gewerkschaften Andri Silberschmidt ist gegen Zugeständnisse an die Gewerkschaften, damit sie den Rahmenverträgen zustimmen. «Ich sehe keinen Grund, denen mehr Macht zu geben», sagt der Zürcher Nationalrat. «Der liberale Arbeitsmarkt ist mir heilig.» Zustände wie in Frankreich oder Italien will er nicht in der Schweiz. «Das Ziel der FDP ist Marktzugang, aber auch die Souveränität und dass wir das einzigartige direktdemokratische System behalten können.»
Thu, 08 Feb 2024 - 128 - Philip Erzinger: «Der Preis für die Rahmenverträge ist zu hoch», Feusi Fédéral, Ep. 128
«Die Verträge, die jetzt zur Debatte stehen, sind keine Verträge auf Augenhöhe, sondern verlangen eine institutionelle Anbindung», sagt Philip Erzinger. Der Geschäftsführer von Kompass / Europa findet, es sei der gleiche Rahmenvertrag wie vor drei Jahren. «Man muss Stopp rufen und Alternativen suchen.» «Der Bundesrat betreibt Augenwischerei» Erzinger kritisiert, dass in jedem Vertrag die Verpflichtung zur Übernahme von EU-Recht und eine Streitbeilegung mit dem Gerichtshof der EU enthalten sei. Die Befürworter würden Augenwischerei betrieben: «Der Bundesrat sagt, es sei keine institutionelle Anbindung, wenn man die Dokumente liest, dann sieht man, dass das nicht stimmt.» Auch die Behauptung, dass die Volksrechte gewahrt blieben, sei falsch. «Wenn wir zu einem Rechtserlass nein sagen, drohen Ausgleichsmassnahmen.» Das führe dazu, dass die EU schon vor einer Volksabstimmung Druck aufsetze. «Wir sind politisch nicht mehr frei.» Das sei ein direkter Einschnitt in die Direkte Demokratie und den Föderalismus. Mit den Rahmenverträgen könnte die EU-Kommission die Schweiz auf Generationen politisch unter Druck setzen. Der politische Preis ist Philip Erzinger zu hoch. Stärken auf dem Weltmarkt ausspielen Doch hat eine Ablehnung nicht auch einen wirtschaftlichen Preis? Dem stimmt Erzinger zu, aber er sei viel geringer, als es dargestellt werde. «Die Befürworter sehen das Rahmenabkommen als alternativlos an.» Das stimme einfach nicht, findet Erzinger. «Wir haben auch bei einer Ablehnung weiterhin Zugang zum Binnenmarkt.» Die Schweiz müsse mit möglichst vielen Ländern Freihandel betreiben. Das werde auch die Beziehungen zur EU verändern. «Wenn wir das der EU klarmachen, dann gibt es endlich Verhandlungen auf Augenhöhe.» Initiative geplant Erzinger sagt, Kompass / Europa werde mit einer Initiative einen neuen Weg zu mehr Freihandel mit der EU vorschlagen. «Wir tun gut daran, unsere Stärken auf dem Weltmarkt auszuspielen, statt uns in ein binnenmarktrechtliches Korsett zu bewegen.»
Thu, 01 Feb 2024 - 127 - Katja Riem: «Der Staat macht schon zu viel», Feusi Fédéral, Ep. 127
Katja Riem ist die jüngste Nationalrätin des neuen Parlamentes. Für die AHV-Initiative der Gewerkschaften hat sie nicht viel übrig. Sie unterstützt hingegen die Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Die Erhöhung des Rentenalters sei zwar «unschön», aber es sei Fakt, dass die Menschen länger lebten. Deshalb sei eine massvolle Erhöhung des Rentenalters die richtige Lösung. «Wenn wir die Sozialwerke nachhaltig finanzieren wollen, kommen wir nicht darum herum.» Ein bisschen länger arbeiten sei eine gute Lösung, weil das gegen den Fachkräftemangel helfe und sichere den Wohlstand. «Staatsbudget wird nur aufgeblasen» Viele bürgerliche Wähler sehen das anders. Das ist auch Riem nicht verborgen geblieben. Sie höre derzeit viel, wenn der Bundesrat Milliarden im Ausland ausgebe, könne man jetzt einmal etwas für die Rentner tun. Doch dieses Argument geht für Riem nicht auf. «Wir werden nachher nicht weniger Geld in die Entwicklungshilfe schicken, sondern das Staatsbudget aufblasen», ist sie überzeugt. Das könne nicht die Lösung sein. Riem hat zuerst das Gymnasium in Bern besucht, dann aber zuerst eine Lehre als Winzerin und dann als Landwirtin gemacht. «Ich würde nicht mehr ans Gymnasium gehen», sagt sie heute. Das Gymnasium sei ein guter Weg für angehende Akademiker mit einer klaren Vorstellung, was sie dann studieren wollten. Gymnasiumsprüfungen in der ganzen Schweiz In der Berufslehre lerne man hingegen im Team zu arbeiten, habe oft Kundenkontakt und lerne mit Geld umzugehen. «Die drei Jahre Berufsbildung schaden nie», findet Riem. Sie fordert die Einführung von Zugangsprüfungen zum Gymnasium in der ganzen Schweiz, damit nur jene in diese Richtung gehen, die ihn wirklich gehen wollen. Es sei nicht gut, wenn das Gymnasium der Weg des geringsten Widerstandes sei. Es brauche mindestens eine ähnliche Hürde wie die Wahl der in die Berufsbildung, zum Beispiel ein Bewerbungsschreiben. Als neue Nationalrätin will Katja Riem die staatlichen Ausgaben genau unter die Lupe nehmen. Man müsse Sorge tragen zu jenen, welche die Wertschöpfung der Schweiz ausmachen würden. Riem kritisiert die hohen Löhne in der öffentlichen Verwaltung. Der Staat schaue schon für sehr viele Lebensbereiche. Das dürfe nicht noch mehr zunehmen. Neuanfang in der Landwirtschaftspolitik Mit der staatlichen Unterstützung nehme auch die Abhängigkeit zu. Genau das sei in der Landwirtschaftspolitik passiert. «Die Landwirtschaft wurde immer abhängiger von Direktzahlungen, entsprechend grösser wurde der Einfluss des Staates auf die Landwirtschaft.» Vielleicht brauche es einen Neuanfang. Riem will dazu nicht nur über die Produktion von Nahrungsmitteln reden, sondern die ganze Wertschöpfungskette betrachten. Die Landwirtschaftspolitik müsse liberaler werden. «Die Bauern brauchen mehr Spielraum», ist sie überzeugt.
Thu, 25 Jan 2024 - 126 - Matthias Müller: «Die 13. AHV-Rente ist sozialpolitischer Stuss», Feusi Fédéral, Ep. 126
«Es ist eine verheerende Initiative», findet Matthias Müller. Eine 13. AHV-Rente verdopple die Verschuldung der AHV im Jahr 2050 von 100 auf 200 Milliarden. Das gefährde die Altersvorsorge. «Sie ist auch sozialpolitischer Stuss, weil Rentner davon profitieren, die es gar nicht brauchen. «Das Geld der Steuerzahler muss gezielt eingesetzt werden und nicht mit einer sozialistrischen Umverteilungspolitik à la Linke.» Massive Steuererhöhungen nötig Die Initiative sei nicht generationengerecht, findet Müller, weil sie die Finanzierung weglasse. Dabei sei klar, dass für die 13. AHV-Rente die Lohnprozente um zwei bis drei Prozent oder Mehrwertsteuer auf 12 oder mehr Prozent erhöht werden müssten. «Das bezahlen die Jungen», kritisiert Müller. Gezielte Hilfe statt mit der Giesskanne Es gebe Altersarmut in der Schweiz, gibt Müller zu. Aber diesen Personen müsse gezielt geholfen werden, nicht mit der Giesskanne. Doch selbst an der bürgerlichen Basis heisst es, der Staat habe Geld für Entwicklungshilfe oder Asylbewerber nur nie für die Rentner. Diese Einwände kann Müller verstehen. Bei der Entwicklungshilfe könne man diskutieren. Ich habe sowieso Zweifel, ob das Geld dort ankommt, wo es ankommen soll. «Doch selbst wenn man diesen Betrag einsetzen würde, genügt das nicht.» Die Rente sei an die Lohnentwicklung gekoppelt und damit habe man bereits für die Rentner gemacht. Nachhaltige Sicherung der Altersvorsorge Die Jungfreisinnigen haben als Alternative die Renteninitiative eingereicht. Sie will das Rentenalter an die Lebenserwartung koppeln. Wenn die Lebenserwartung steigt, würde auch das Rentenalter nach oben angepasst – und umgekehrt. «Die dosierte Erhöhung des Rentenalters ist die beste Alternative, weil man niemandem Geld wegnimmt», findet Müller. «Im Gegenteil: Die Menschen bleiben im Job, es braucht weniger Zuwanderung und haben mehr Fachkräfte». Das wichtigste Sozialwerk werde so nachhaltig gesichert. «Das ist genau das, was die meisten Länder in Europa machen.» Das Rentenalter um ein Jahr anzuheben sei «sehr moderat». Ist es nicht ein Problem, wenn Handwerker ein Jahr länger arbeiten müssen? Dafür gebe es schon heute sozialpartnerschaftliche Lösungen, welche die Renteninitiative nicht infrage stelle. Wer hart gearbeitet habe, müsse frühzeitig in Rente gehen können. Akademiker sei es aber zuzumuten, dass sie länger arbeiten. Müller ist bereit, über eine Lebensarbeitszeit zu diskutieren. Das sei mit der Renteninitiative problemlos möglich. Und auch Anreize wie Steuererleichterungen für jene, die länger arbeiteten, kann sich Müller vorstellen. «Die Anreize, um länger zu arbeiten, muss man unbedingt verbessern.» «Teilzeit arbeiten und volle Rente geht nicht» Das gilt für Müller auch vor der Pensionierung. «Das Sozialversicherungssystem, die perfekten Gesundheitsleistungen, der Sozialstaat vertraut darauf, dass die Leute hundert Prozent arbeiten.» Sonst sei das nicht finanzierbar. «Das Rentenniveau kann nicht gehalten werden, wenn wir alle Teilzeit arbeiten.» Wer Teilzeit arbeite, müsse auch mit einer Teil-Rente leben.
Thu, 18 Jan 2024 - 125 - Petra Gössi: «Liberale müssen den Mut haben zur eigenen Meinung», Feusi Fédéral, Ep. 125
Es habe bei den Wahlen zwar einen Rechtsrutsch gegeben, aber die FDP habe davon nicht profitieren konnte, bedauert Petra Gössi. Die Schwyzer Partei habe pointiert ihre Meinungen vertreten und damit Erfolg gehabt. «Wir müssen nicht 50 Prozent vertreten, sondern nur 20 Prozent.» Die Lliberalen müssten greifbarer werden. «Steht zu eurer Meinung auch wenn einmal Gegenwind kommt, das gehört zum politisieren», findet die ehemalige Parteipräsidentin. FDP muss mit Inhalten überzeugen Man müsse immer wieder erklären, was Liberalismus bedeutet und wie er entstanden sei. «Der Wohlstand der Schweiz kommt von den liberalen Rahmenbedingungen.» Damit müsse die FDP überzeugen. Seit der Pandemie sei der Staat stärker geworden und die Einstellung, dass der Staat für jedes Problem die Lösung sei. «Das ist nicht der Normalzustand und darf nicht so bleiben.» «Die Leute haben das Gefühl, es seien zu viele Leute da», hat Gössi im Wahlkampf erfahren. Beim Thema Migration fordert die Ständerätin eine Steuer für die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. «Das wird Schwierigkeiten verursachen im Hinblick auf die Bilateralen, aber es nützt nichts, wenn man das ignoriert.» Bei der Asylpolitik die «Schraube anziehen» In der Asylpolitik laufe die Schweiz in einen Hammer hinein. Es brauche Abkommen mit Drittstaaten, um abgewiesene Asylbewerber wirklich ausschaffen zu können. Da müssten Nägel mit Köpfen gemacht werden. es gehe nicht, das Problem vor sich herzuschieben. «Wir sind ein Staatswesen und ein Staatswesen muss agieren können. Da muss man die Schraube anziehen.» Auch die Entwicklungshilfe müsse gezielter werden, fordert Gössi. Der Bereich sei aber «verkrustet» und da werde es schwierig, Mehrheiten zu verschieben.
Thu, 11 Jan 2024 - 124 - Christoph Blocher: «Den anderen Parteien geht es nur um Macht», Feusi Fédéral Ep. 124
«Es war klar, dass die Bisherigen und jemand vom Ticket gewählt wird», sagt Christoph Blocher unmittelbar nach der Bundesratswahl am Mittwoch. «Die Kräfte, die einen anderen Kandidaten wählen wollten, waren zu schwach.» Bei der Wahl zum Bundeskanzler habe Mitte-Links ihre Macht ausgespielt. «Die Prediger der Konkordanz, der Rücksichtnahme und der Humanität, wenn sie an der Macht sind, ist damit fertig», sagt Blocher. Die SVP habe sich an die Konkordanz gehalten. Die Bürgerlichen hätten ein anderes Ticket fordern sollen Doch die SP behaupte das Gegenteil. Die SP wisse ganz genau, dass es nicht die SVP war, die Cassis nicht gewählt habe. «Wir hätten grün gewählt?» Die SVP sei sehr «linientreu» gewesen, bis auf die Ersatzwahl für Alain Berset. «Die Partei hat keinen Hehl daraus gemacht, dass die beiden SP-Kandidaten ganz aus der linken Ecke kommen.» Die Bürgerlichen hätten die SP gemeinsam auffordern müssen, einen anderen Kandidaten vorzuschlagen, findet Blocher. Pfister wolle unbedingt an Stelle eines Freisinnigen Bundesrat werden. Aber er habe gleichzeitig versprochen, niemanden abzuwählen. Den «Bürgerblock» habe es so nie gegeben. Es sei aber wegen der EU-Frage schwieriger geworden, zusammen zu arbeiten. «Die CVP und die Freisinnigen haben Stimmen oder sogar einen Sitz im Bundesrat verloren, darum geht es um Macht.» Bei der Mitte gehe es um nichts anderes. «Referenden, Referenden, Referenden» Wenn es im Bundesrat falsch herauskomme, dann müssten die Bürgerlichen auf die direkte Demokratie setzen. «Wir brauchen Referenden, Referenden, Referenden!» Der Bundesrat habe Angst vor den Volksabstimmungen, das habe er selber im Bundesrat erlebt. «Die direkte Demokratie wirkt auch vorauseilend, das ist auch gut, es bedeutet die Rücksichtnahme auf das Volk.»
Thu, 14 Dec 2023 - 123 - Mark Schelker: «Die Politik muss Ausgaben kürzen oder Steuern erhöhen», Feusi Fédéral, Ep. 123
In der Pandemie waren sowohl Bund und Kantone für Massnahmen und Hilfsgelder verantwortlich. Für Mark Schelker ein Problem: «Wir hatten eine lange Zeit, in der niemand entschieden hat.» Man habe versucht, die Verantwortung zu teilen, obwohl die nicht geteilt werden könne. «Wer nicht für seine Handlungen gerade stehen muss, der wartet bei unangenehmen Entscheiden auf den Bund», hat Schelker beobachtet. Die schöne Seite des Schweizer Föderalismus wäre es, unterschiedliche Ansätze auszuprobieren. Das sei in der Pandemie zu wenig geschehen. «Dieses Labor des Föderalismus hätte man aktiv nutzen sollen.» Schelker kritisiert das jetzt vom Bundesrat vorgeschlagene Epidemiengesetz. «Da hat sich nicht viel geändert, es gibt wieder die Vergemeinschaftung von Verantwortung.» Besser wäre eine ganz klare Zuordnung der Verantwortung statt es zusammen zu machen. https://www.nebelspalter.ch/themen/2023/12/10-punkte-aus-dem-entwurf-des-bundesrates Mit mehr Föderalismus könnte man das Risiko abzufedern, findet Schelker. «Wenn das ganze Land etwas macht, was nicht funktioniert, dann lernen wir nichts.» Die nötigen Experimente würden zwar nicht juristisch unterbunden, aber die Anreize dafür seien falsch gesetzt. Ähnliche Probleme sieht Schelker in der Finanzpolitik: «Der Finanzausgleich wollte ursprünglich die Auswüchse des Steuerwettbewerbs eingrenzen. Jetzt führt er dazu, dass es für die Kantone keine Anreize gibt, besser zu werden.» Wenn sich ein Kanton verbessere, werde er dafür bestraft. Die Schuldenbremse ist eines der wichtigsten Instrumente der Finanzpolitik auf Bundesebene. Jetzt ist sie unter Beschuss geraten – von links und rechts. «Früher konnte man sich in der Politik einfach auf Kosten der Steuerzahler einigen.» Das gehe nun nicht mehr. Sie zwinge die Politiker zu verhandeln und beim Geld ausgeben Prioritäten zu setzen. Am Schluss müsse die Politik die Entscheidung treffen, entweder Ausgaben zu streichen oder die Steuern zu erhöhen. Wenn man mehr Geld für die Armee ausgeben wolle, brauche es eine Überprüfung der Staatsausgaben. Schelker kritisiert auch die gebundenen Ausgaben, die man nur mit einer Gesetzesänderung kürzen könne. Da brauche es eine Debatte darüber. Diese müsse von Bundesrätin Karin Keller-Sutter ausgehen.
Thu, 07 Dec 2023 - 122 - Nicolas Jutzet: «Die Schweiz muss ihre Mythen neu entdecken», Feusi Fédéral, Ep. 122
Nicolas Jutzet hat ein provokatives Buch über die Schweiz geschrieben. Der Romand leitet sorgfältig und mit Fakten belegt die Erfolgsrezepte der Schweiz her – und beschreibt, wie sie verloren gegangen sind. Gemeinden und Kantone haben kaum mehr politischen Handlungsspielraum, weil der Föderalismus der zentralen Steuerung der allermeisten Politikbereiche gewichen ist. Statt Milizparlamentarier haben wir zunehmend Profipolitiker, dies, obwohl genau das von der Bevölkerung an der Urne abgelehnt worden ist. «Berufspolitiker wollen auch, dass der Staat immer grösser wird», findet Jutzet. Er war für dei FDP Mitglied im Einwohnerrat in Rochefort (NE), hat wegen dieser Gefahr aber mit der aktiven Politik aufgehört. https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/va/19920927/det386.html Der Mythos der Schweiz als Gegenmodell sei ebenfalls verloren gegangen. «Wir sehen das zum Beispiel bei der Neutralität: Sowohl die USA als auch Russland finden, wir seien nicht mehr neutral, nur wir behaupten das noch», sagt Jutzet, «irgendetwas haben wir falsch gemacht.» Die Schweizer seien froh, dass sie so reich seien, aber sie seien nicht mehr bereit, dafür zu kämpfen. Das Land müsse wieder lernen, weshalb es so reich geworden sei. «Wenn die Schweiz jetzt gut unterwegs ist, dann ist es nicht nur Glück, sondern auch, weil wir vieles richtig gemacht haben.» Jutzet kritisiert die Internationalisierung der Schweizer Wirtschaft. Damit sei das Verständnis für ein Engagement von Leuten aus der Wirtschaft in der Politik verloren gegangen. Sie verstehen nicht, weshalb wir Lehrlinge ausbilden, weshalb jemand drei Wochen pro Jahr in die Armee geht und warum wir nicht alles von der EU übernehmen.» Damit geht auch das Vertrauen in die Wirtschaft verloren. Die nötigen Reformen kämen nicht aus der Politik, sondern aus dem Föderalismus Schweiz als Politiklabor. Jutzet schlägt deshalb die Gründung eines «Canton de la Liberté» vor, der wieder neu ausprobiert, wie eine Gesellschaft mit weniger Regulierung funktionieren könnte. Die FDP muss ihre Geschichte wieder entdecken Wären diesen echten Mythen der Schweiz nicht das ideale Programm der FDP? «Eigentlich schon», findet Jutzet, der selber Mitglied der FDP ist. «Die FDP muss mindestens ein Thema haben, weshalb man sie wählen soll.» Im Moment sehe er das nicht, weshalb er auf die FDP-Liste auch andere Namen setze. «Man ist bei ihr nicht sicher, was herauskommt.» Das Hauptproblem der FDP sei, dass die meisten Leute nicht aus Überzeugung zu ihr gehören. Die Partei müsse ihre Geschichte und ihre Schwerpunkte wieder entdecken. Nicolas Jutzet: La Suisse n’existe plus, Chronique d'un pays qui doute, Edition Slatkine, 2023 https://www.slatkine.com/fr/editions-slatkine/75927-book-07211259-9782832112595.html
Thu, 23 Nov 2023 - 121 - Gerhard Pfister: «Den Rechtsrutsch gibt es nicht», Feusi Fédéral, Ep. 121
«Das Wahlresultat ist erfreulich», sagt Gerhard Pfister. Aber es sei nicht selbstverständlich, dass die Fusion mit der BDP funktioniert habe. Es sei schon erstaunlich, dass es nicht grössere Verschiebungen gegeben habe. «Den Rechtsrutsch gibt es nicht.» Pfister wehrt sich dagegen, dass die Mitte im Wahlkampf keine Inhalte geliefert habe. «Für den Zusammenhalt sorgen ist ein politischer Inhalt und nicht nur eine Formalie.» Beim wichtigsten Sorgenthema, den Krankenkassenprämien, habe seine Partei zudem einen konkreten Vorschlag gemacht. Den Wählern verpflichtet Wieso hat er die Partei in den letzten Jahren mindestens im Nationalrat auf einen Linkskurs gebracht? «Die linken Medien haben uns vorgeworfen wir seien zu rechts, die rechten haben uns vorgeworfen zu links zu sein», entgegnet Pfister. Damit könne er leben. «Wir sind nur unseren Wählern verpflichtet.» Die Asylpolitik dränge den Wählern unter den Nägeln. Die Mitte sei offen für Vorschläge, aber sie müssten auch funktionieren. Pfister fordert mehr Koordination in der Asylpolitik in Europa und gemeinsame Asylverfahren an den Aussengrenzen der EU. Die entscheidende Frage sei aber, wie die Rückführung von Menschen in Länder möglich sei, in die sie nicht zurückwollten. Gerichtshof der EU bleibt «toxisch» Bei der Personenfreizügigkeit fordert Pfister weiterhin Schutzklauseln. «Jede Weiterentwicklung im bilateralen Verhältnis darf das Lohnniveau und das Sozialsystem nicht gefährden, sonst wird es auch im nächsten Anlauf nichts werden. Der Gerichtshof der EU und seine Rolle beurteilt Pfister weiterhin als «toxisch». Die Mitte werde die institutionellen fragen genau anschauen. Am Schluss müsse man die wirtschaftlichen Vorteile gegen die politischen Konzessionen abwägen. Er habe aber den Eindruck, dass sich weder der Bundesrat, noch die Wortschaft und schon gar nicht die Sozialpartner einig seien, was denn genau die Interessen des Landes in dieser Frage seien. Der Irrtum des «Nebelspalters» Für eine bessere bürgerliche Zusammenarbeit müsse die SVP kompromissbereiter sein, die FDP mehr «Demut» zeigen und seine eigene Partei «programmatisch schärfer» auftreten. An einen «Bürgerblock» glaubt Pfister nicht. Es gebe nicht nur rechts und links. Das sei der Grundlagenirrtum des «Nebelspalters». In der Schweiz würden drei Pole entstehen, mit einem in der Mitte. Auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth mache den gleichen Fehler.
Thu, 16 Nov 2023 - 120 - Christian Imark: «Es braucht eine realistische Politik», Feusi Fédéral, Ep. 120
Die Zeit für links-grüne Ideen sei vorbei. Ob in der Energiepolitik, im Gesundheitswesen oder in der Altersvorsorge: Es brauche realistische Politik, «mehr bürgerliche Lösungen», die allen zugute komme. «Wir müssen den Standort stärken.» Imark spricht sich für eine sichere Stromversorgung, weniger Regulierung für das Gewerbe und eine produzierende Landwirtschaft aus. Im Gesundheitswesen trage die SP mit Gesundheitsminister Alain Berset die Verantwortung für die Kostensteigerungen. Er fordert Änderungen am System, damit nicht mit unnötigen oder schlechten Behandlungen Geld verdient wird. Imark ist für den Ausbau von Strasse und Bahn, um die Folgen der Zuwanderung aufzufangen. «Gerade im Kanton Solothurn spüren wir das extrem.» Wenn man das nicht wolle, müsse man so ehrlich sein und die Zuwanderung einschränken. Seine Kontrahentin um den zweiten Solothurner Ständeratssitz Franziska Roth (SP) vertrete wie der schon gewählte Pirmin Bischof (Mitte) die Stadt Solothurn, findet Imark. Er würde auch die Landbevölkerung und das Gewerbe des Nordwestschweizer Kantons in den Ständerat bringen.
Thu, 09 Nov 2023 - 119 - Cédric Wermuth: «Es wird viele knappe Entscheide geben», Feusi Fédéral, Ep. 119
Ist die SP die heimliche Siegerin der Wahlen? «Ich bin schon ein bisschen stolz, was wir erreicht haben», sagt Cédric Wermuth. Zufrieden ist er trotzdem nicht, vor allem weil die Linke insgesamt an Wähleranteilen verloren hat. Die kommende Legislatur werde schwierig. «Es wird viele Entscheide auf Messers Schneide geben.» Und was bedeuten die Wahlen für die Konkurrenz in den anderen Parteien? «Innerhalb des Freisinns ist ein Richtungsschritt ausgebrochen», sagt Wermuth. Thierry Burkart wolle die Partei näher an die SVP rücken. Gleichzeitig hätten die Grünliberalen und auch die Mitte ein Angebot für liberal denkende Wähler. Es werde irgendwann eine Bereinigung geben, weil zu viele Leute um das Erbe des Liberalismus streiten und niemand könne es allein für sich beanspruchen. Warum ist die SP mit dem Thema «Kaufkraft» in die Wahlen gestiegen? «Wir haben am Anfang völlig ohne elektorale Überlegungen fünf Bereiche definiert, was die Aufgabe der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert ist.» Daraus entstanden die drei Themen Kaufkraft, Gleichstellung und Klima. Wohin entwickelt sich die Mitte? «Das weiss ich nicht», sagt Wermuth. Er sei immer skeptisch gewesen, was den Namenswechsel angehe. Einfach gegen die Polarisierung zu sein, sei aber noch keine politische Position. «Für den Moment hat das funktioniert.» Ob das langfristig aufgehe, ist für ihn jedoch offen. Er habe noch nie eine Debatte über die Migrationspolitik verweigert, aber er verweigere sich der Grundannahme, die Ausländer seien an allem schuld. Schon bei der Sieben-Millionen-Schweiz habe man den Untergang des Landes vorausgesagt, jetzt wieder bei der Zehn-Millionen-Schweiz. «Sie ist noch nie untergegangen.» Die SP will jedoch das «inländische Arbeitskräftepotenzial» fördern und Anreize zur Ansiedlung von ausländischen Unternehmen streichen. «Die Schweiz war immer auf Einwanderung angewiesen.»
Thu, 02 Nov 2023 - 118 - Georg Häsler: «Die FDP muss verlieren lernen», Feusi Fédéral, Ep. 118
Hinweis: Das Gespräch wurde aufgenommen, bevor die Rechenfehler des Bundesamtes für Statistik beim vorläufigen Endergebnis bekannt geworden sind. Das Wahlresultat ist für Georg Häsler vor allem eine Konsolidierung des politischen Willens der Bürger. Die SVP liege jetzt etwas über ihren Möglichkeiten. Die Grünen seien für ihre Vorschläge bestraft wurden. «Die Klimakleber haben ihnen nicht geholfen, im Gegenteil.» Von den Grünen kam «nur Alarmismus» «Die SP hat sich mehr Gedanken zur Klimapolitik gemacht als die Grünen», findet Häsler. «Von den Grünen kamen nur weise Worte und Alarmismus.» Die SP habe vor allem auf die richtigen, ihre ureigenen Themen gesetzt. Und was ist mit der FDP passiert? «Der Freisinn ist eine geschrumpfte Bewegung für die Schweiz.» Es habe zwar immer unterschiedliche Flügel gegeben. «Aber wenn die Flügelkämpfe im Vordergrund stehen, dann weiss niemand mehr, wofür die Partei steht.» FDP-Präsident Thierry Burkart habe es geschafft, Themen zu setzen, in der Partei würden sie jedoch nicht umgesetzt. «Der Freisinn muss lernen, mit seinen Ideen zu verlieren. Das macht die SVP besser.» Gegen die links-grüne «Kitaisierung» Häsler kritisiert den links-liberalen Flügel in städtischen FDP-Sektionen: «Wenn man unter Urban die Kitaisierung des Lebens versteht, dann ist das nicht liberal, sondern blau angestrichene Sozialdemokratie.» Es sei notwendig, liberale Antworten auf die drängenden Fragen in den links-grünen Städten zu finden. Liberalismus braucht mehr und bessere Ideen. Und wieso hat die Mitte die FDP überflügelt? Häsler führt das auf die zahlreichen Listen zurück, welche die Mitte in vielen Kantonen eingereicht hat. Die Partei habe so noch ein paar Promille sammeln können. Aber eigentlich sei die Partei «inhaltsbefreit» und gebe Geld nach links wie rechts aus. Die neue Hülle sei «nichtssagend». Gut geplantes Pogrom Wie beurteilt Georg Häsler den Gaza-Krieg und was bedeutet er für die Schweiz? «Es ist einerseits ein Terrorakt, ein Pogrom und auf der anderen Seite ein extrem gut geplanter Angriff auf allen Ebenen. Das ist erschreckend.» Dass man dies planen und üben könne und es den besten Nachrichtendiensten der Welt nicht auffalle, das sei bemerkenswert. Aber es gebe erste Erklärungen dafür: der Verzicht der Hamas auf elektronische Kommunikation, das Tunnelsystem und die Unterstützung durch den Iran. «Amerika ist nach wie vor der Leitstern der freien Welt.» Präsident Biden und sein Team hätten einen hervorragenden Job gemacht. Es gibt eine klare militärische Antwort der USA, damit sich der Konflikt nicht ausweitet.» Der gemeinsame Nenner Demokratie eine uns mit den USA. «Deshalb bin ich Transatlantiker.»
Thu, 26 Oct 2023 - 117 - Adrian Wüthrich: «Wir verkaufen die Schweiz zu billig», Feusi Fédéral, Ep. 117
Die SP hat im Wahlkampf auf das Thema Kaufkraft gesetzt und dabei insbesondere Preissteigerungen bei Miete, Krankenkassenprämien, Heizung und Strom angeprangert. Doch sind die Preissteigerungen in diesen Bereichen nicht die Folge linker Politik? Adrian Wüthrich sieht das entschieden anders: «Viele Leute haben ein Problem. Es droht ein viertes Mal ein Reallohnverlust.» Der Wirtschaft gehe es gut, deshalb müssten jetzt die Löhne erhöht werden. «Das kann nicht sein.» Letztes Jahr hätten die Aktionäre so viel Dividenden erhalten wie noch nie. Eine Lohn-Preis-Spirale drohe nicht. Es gehe nur darum Reallohnverluste zu verhindern. Offen für Atomkraft Für Wüthrich sind die Energiepreise nicht wegen der Energiestrategie, sondern wegen des Krieges in der Ukraine und dem Strommarktdesign an den Strombörsen gestiegen. Ein Atomkraftwerk baue im Moment sowieso niemand, sagt Wüthrich. Doch er ist offen für AKWs: «Ich sage nicht, dass Atomkraft in Zukunft nicht möglich sein soll.» Es sei aber zu früh, die Energiestrategie als gescheitert zu bezeichnen. Müssten die Gewerkschaften nicht wirtschaftsfreundlicher sein, damit es in der Volkswirtschaft Schweiz mehr zu verteilen gäbe? «Schön wäre das, am Schluss landet das Geld in den Säcken der Aktionären.» «Wir verkaufen die Schweiz zu billig», findet Wüthrich. Der Grund seien «Dumping-Steuersätze». Wüthrich verlangt, dass die Unternehmenssteuern «leicht erhöht» werden. «Dann könnten wir allen anderen eine bessere Lebensqualität ermöglichen und die Infrastruktur ausbauen.» Die Schweiz wäre dann immer noch nicht unattraktiv. Diese Politik der tiefen Steuern sei auch für die Zuwanderung verantwortlich. «Die Arbeitgeber machen Blockadepolitik» Wüthrichs Verband Travail Suisse fordert für eine Einigung mit der EU, dass der Lohnschutz vom Nachvollzug von EU-Recht und vom Streitbeilegungsmechanismus mit dem Gerichtshof der EU ausgenommen wird. Weshalb blockieren die Gewerkschaften eine Einigung mit der EU? «Es ist die Arbeitgeberseite, die eine Blockadepolitik macht», findet Wüthrich. Seit 2018 hätten sich die Arbeitgeber geweigert, im Lohnschutz den Gewerkschaften entgegenkommen. Der Lohnschutz dürfe nicht angetastet werden. EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič habe eine «Non-Regression-Klausel» angeboten, also eine Regel, dass der Lohnschutz in der Schweiz nicht verschlechtert werde. Allerdings gebe es dazu nichts Schriftliches der EU. «Šefčovič hat verstanden, dass der Nachvollzug und der Gerichtshof der EU ein Problem darstellen, weil wir nicht wissen, wohin die Entwicklung in der EU geht.» Es brauche einen Schutz des Lohnniveaus in der Schweiz.
Thu, 19 Oct 2023 - 116 - Michael Köpfli: «Die SVP hat ein Problem mit Mobilisierung», Feusi Fédéral, Ep. 116
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Thu, 12 Oct 2023 - 115 - Christian Wasserfallen: «Das Parlament macht blinden Aktivismus», Ep. 115
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Thu, 05 Oct 2023 - 114 - Beni Fischer: «Verantwortlich ist Alain Berset», Feusi Fédéral, Ep. 114
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Thu, 28 Sep 2023 - 113 - Christine Badertscher: «Die Grünen sind nicht gegen alles», Feusi Fédéral, Ep. 113
«Wichtig ist, dass das Klimagesetz angenommen wurde», sagt Christine Badertscher. Es brauche aber zusätzliche Anstrengungen. Die Forderungen der Grünen in ihrer Wahlplattform nach einer Solarpflicht, einem Verbrennerverbot und nach einem Umbau der Landwirtschaft relativiert Badertscher. «Man muss immer hohe Forderungen stellen, damit es einen Kompromiss gibt, mit dem etwas passiert.» Wenn die Grünen aber die Mehrheit hätten, würden sie diese Forderungen umsetzen. Badertscher stammt selber aus der Landwirtschaft. «Wenn man die Rechnung mit dem Treibhausgas bei den Kühen richtig macht, dann es anders aussehen», findet sie. Besonders bei der Schweinehaltung und der Pouletmast brauche es aber Massnahmen. Die Tierhaltung auf Grasland ist für Badertscher jedoch unbestritten. Für Solardachpflicht Den für die Dekarbonisierung benötigten Strom will Badertscher allein mit Erneuerbaren Energien produzieren. Aber gleichzeitig bekämpfen Grüne konkrete Projekte, wie kürzlich grosse Solarprojekte in den Walliser Bergen. «Die Grünen sind nicht gegen alles», betont Badertscher. Sie sei im Zweifel für solche Projekte. Man müsse Lösungen finden. Wichtig sei vor allem, dass auf allen Dächern Solarzellen aufgestellt würden. Die für die Stromproduktion benötigten 4’500 Windräder will Badertscher konzentriert dort aufstellen, wo sie sinnvoll sind. «Wir werden Lösungen finden, müssen aber Kompromisse eingehen.» Es werde niemand mehr ein AKW bauen und die damit verbundenen Investitionsrisiken eingehen. «Die Diskussion ist müssig.» «Gleiche Knackpunkte mit der EU» Badertscher ist Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates. Sie hat grösste Bedenken, dass der Fahrplan des Bundesrates aufgeht, bis im nächsten Sommer mit der EU Abkommen zu unterzeichnen. Es könnte auf ein zweites Rahmenabkommen mit den gleichen Knackpunkten herauslaufen. Eine Lösung mit der EU sei aber dringend. «Wir haben riesige Probleme», findet Christine Badertscher. «Die Bilateralen Verträge erodieren.» Ihr gehe es auch darum, bei der EU mitzureden. Die Rolle des Gerichtshofes der EU werde von den Gegnern hochgespielt. Den Lohnschutz dürfe man allerdings nicht preisgeben, aber es brauche Kompromisse.
Thu, 21 Sep 2023 - 112 - Andrea Gmür: «Wir dürfen die Umverteilung nicht strapazieren», Feusi Fédéral, Ep. 112
«Die Krankenkassenprämien sind für Familien ein grosses Problem», sagt Andrea Gmür, «aber mit der SP-Initiative zur Prämienentlastung wird das nicht gelöst.» Die Initiative will sechs Milliarden mehr in die Entlastung der Prämien stecken. «Wenn Geld gefordert wird, dann muss das irgendjemand zahlen», sagt Gmür. «Ich mache mir Sorgen um den Mittelstand. der wird immer mehr belastet.» Die Lösung sei hingegen die Kostenbremse-initiative der Mitte. Niemand im Gesundheitswesen wolle sparen. «Alle zeigen immer auf die anderen.» Die Initiative und der indirekte Gegenvorschlag dazu gibt dem Bund mehr Einfluss, Massnahmen gegen die steigenden Kosten zu treffen. Für eine Notfallpauschale Zwanzig Prozent der medizinischen Leistungen seien nicht nötig, findet Gmür. Alle im System müssten Abstriche machen, auch die Patienten. Gmür zum Beispiel für eine Notfallpauschale. Wer am Wochenende mit einer Bagatelle auf den Notfall gehe, der müsste sich an den Kosten beteiligen. Zudem soll der Grundleistungskatalog zu überarbeitet werden. Jeder habe auch eine eigene Verantwortung für seine Gesundheit. Gmür verteidigt das Modell über Kopfprämien. «Wir müssen aufpassen, dass wir die Umverteilung nicht überstrapazieren.» Gmür findet, man müsste auch komplett andere Modelle der Finanzierung in Betracht ziehen. «Das Problem im Gesundheitswesen ist doch, dass jeder sagt, der andere ist schuld.» Geld für die Kinderbetreuung, wenn Eltern arbeiten Andrea Gmür ist dafür, mehr Geld für die Kinderbetreuung auszugeben. Aber sie möchte ein System, das die Arbeitgeber und die Ausgleichskassen einbezieht und das Geld den Eltern zukommen lässt statt den Kindertagesstätten. Die Unterstützung ist an die Erwerbstätigkeit der Eltern geknüpft. «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist mir wichtig, aber ich will ein mehrheitsfähiges Modell.» SP verbreite «Fake News» Die SP wolle immer mehr Umverteilung, die Steuerzahler sollen immer noch mehr belastet werden. «Mit der Bewirtschaftung der sogenannten Ungerechtigkeiten, giesst die Partei nur Öl ins Feuer, aber macht nicht vorwärts.» Die Partei verbreite dazu «Fake News». Jeder Franken, den man ausgebe, müsse man zuerst verdient haben. «Der Staat soll Hilfe zur Selbsthilfe leisten und nicht mit der Giesskanne Geld verteilen.»
Thu, 14 Sep 2023 - 111 - Roger Nordmann: «Es ist ein steiniger Weg», Feusi Fédéral, Ep. 111
Der langjährige SP-Fraktionschef hat ein Buch über die Klimapolitik und Energiesicherheit geschrieben. Darin fordert er den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien mit Solaranlagen auf allen Dächern und Fassaden und schweizweit 1000 Windrädern. Nordmann will zudem im Sommer mit Solarstrom synthetisches Gas herstellen, um im Winter weniger Strom zu brauchen. https://www.zytglogge.ch/roger-nordmann-klimaschutz-und-energiesicherheit-978-3-7296-5140-1 «Gewaltige Summe» Dazu sind gemäss Nordmann 429 Milliarden Franken nötig, die er über neue Schulden finanzieren will. «Die Summe ist gewaltig», gibt Nordmann zu. Aber in den Sechziger Jahren habe die Schweiz im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mehr als das in die Energieinfrastruktur investiert. Die Schweiz stehe in der Energiepolitik sowieso vor einem «Investitionsberg». «Auch wenn man mit Fossilen und Atom weiter fahren würde, müsste man investieren.» Schuld dafür sind gemäss Nordmann die Stromkonzerne: Sie hätten den Ausbau der Erneuerbaren im Inland bekämpft, um ihre Renten aus den bestehenden Anlagen zu sichern und dafür im Ausland investiert und von der dortigen Förderung profitiert. AKWs sind «unrealistisch» Warum nicht auf die CO₂-freie Atomkraft setzen? Für Roger Nordmann ist das «unrealistisch». Es dauere 35 Jahre, bis ein neues AKW ans Netz gehen könne. Atomkraftwerke seien zudem «inhärent gefährlich» und das Abfallproblem noch nicht gelöst. «Ich will einen realistischen Weg ohne diese Technologie zeigen.» Nordmann hat gleichzeitig Mühe mit jenen, die Verzicht fordern, um den Klimawandel zu bekämpfen. Es sei einfacher, Menschen dazu zu bewegen, gewisse Gewohnheiten zu ändern, wenn man alles, was technologisch lösbar sei, auch löse. Er wolle nur so viele Restriktionen wie notwendig, sagt Nordmann. «Ich will die Leute nicht bestrafen oder moralisieren.» «Gratwanderung» So gesehen sei sein Buch eine «Gratwanderung zwischen den Verzweifelten und den Leugnern». Er könne weder die «Apokalypse» verantworten, noch das Nichtstun. Ihm sei aber klar, es sei ein steiniger Weg. Sein Buch sei ein detaillierter Plan, aber man könne jederzeit auf Entwicklungen reagieren. Aber warum nicht auf die liberale Bepreisung von Treibhausgasen setzen? Nordmann lehnt das Verursacherprinzip ab, weil es ungerecht sei. Der Markt genüge nicht, das zeige gerade der Strommarkt. «Für alles, was der Markt gut löst, bin ich froh, es gibt schon genug Dinge, die der Markt nicht gut löst und wo wir intervenieren müssen.»
Thu, 07 Sep 2023 - 110 - Stefan Meierhans: «Der Staat soll sich zurückhalten», Ep. 110
Im vergangenen Jahr kehrte die Inflation zurück. Hat die Schweiz ein Preisproblem? «Vor allem staatlich beeinflusste Preise werden dafür sorgen, dass die Inflation weiter hoch bleibt», sagt Preisüberwacher Stefan Meierhans. Dazu zählt er die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Krankenkassenprämien, die Stromkosten, die Mieten. Transparenz hilft dem Wettbewerb Meierhans fordert, dass das Wechseln von Anbietern zum Beispiel bei Banken oder Krankenkassen einfacher wird. Das habe zum Beispiel bei den Mobilfunkanbietern zu mehr Wettbewerb geführt. Und dann brauche es mehr Transparenz für die Konsumenten, damit sie besser vergleichen könnten. Der Preisüberwacher nimmt regelmässig die Preise von Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Energieanbietern unter die Lupe. Oft würden dabei zu hohe Gebühren und damit Abgaben auf Vorrat erhoben. Das sei allerdings nicht zulässig. Freiheit heisst für Meierhans auch, dass die staatlichen Anbieter nicht mehr verlangen als nötig, damit die Menschen das Geld im Portemonnaie hätten. «Lieber im Nachhinein die Gebühren erhöhen, wenn es nötig ist, statt auf Vorrat einkassieren», findet er. «Licht ins Dunkel» Jeder Liberale müsse ein Interesse daran haben, dass der Markt so gut wie möglich funktioniere. «Die Rahmenbedingungen müssen so sein, damit sich der Wettbewerb entfalten kann.» Er versuche, wo immer möglich «Licht ins Dunkel» zu bringen. Nicht immer hat er Erfolg. Meierhans kritisiert das Energiedepartement, weil es eine höhere Verzinsung der Kapitalkosten für das Stromnetz vorgesehen habe. Das führe zu höheren Preisen. Er habe dagegen interveniert. Der Bundesrat habe jedoch die Sicherheit der Stromversorgung ins Feld geführt. «Die wäre meiner Meinung nach auch so gegeben.» Er werde von der Bevölkerung mehr kontaktiert denn je. Es gebe viele Menschen, welche sich Sorgen über steigende Preise machten. «Der Staat hat die besondere Verantwortung, dass er Zurückhaltung übt, wo seine Entscheidungen Einfluss auf Preise haben», findet Meierhans. Man könnte die Leute auch direkt entlasten. Meierhans erwähnt Konzessionsgebühren für Stromleitungen oder hohe Prämien von Gebäudeversicherungen.
Thu, 24 Aug 2023 - 109 - Hans-Peter Portmann: «Die Gewerkschaften vernichten Arbeitsplätze», Ep. 109
Die links-grüne Kampagnenorganisation Campax hat FDP und SVP zu Nazis erklärt. «Das hat mich sehr stinkig gemacht», sagt Hans-Peter Portmann. Der Organisation gehe es nicht um Inhalte, sondern darum, Listenverbindungen zwischen FDP und SVP zu verhindern. Vor vier Jahren habe links-grün ein Dutzend Sitze erhalten, weil die Bürgerlichen nicht zusammen gespannt hätten. «Sie wollen diese Mandate nicht verlieren.» Er habe Campax zu einer Entschuldigung aufgefordert, aber bis jetzt keine Antwort erhalten. Diese Kreise würden mit erhobenem Moralfinger herumlaufen und sich nicht daran halten. Und sie kämen in den Medien immer ungeschoren davon, wie jetzt der Präsident der Grünen, Balthasar Glättli, der im Vorstand von Campax sitze. Steuergeld für links Wahlkämpfe Portmann kritisiert die Finanzierung der Organisation durch das Staatssekretariat für Migration (SEM). «Die Rechnung von Campax ist komplett intransparent.» Portmann fordert eine genaue Untersuchung der Finanzierung von NGOs und den Gewerkschaften. «Viele NGOs hängen am Futtertrog des Staates, aber es geht nicht, dass sie sich damit in Abstimmungskämpfe und Wahlen einmischen. Das muss aufhören.» Sonst würden die Steuerzahler linke Wahlkämpfe finanzieren. Hans-Peter Portmann unterstützt den ambitionierten Fahrplan von Bundesrat Ignazio Cassis bis nächsten Sommer, mit der EU zu einem Verhandlungsresultat über die künftigen Beziehungen zu kommen. Eigentlich hätte er sogar schneller vorwärts gehen wollen. «Ich hätte keine Angst gehabt, das Verhandlungsmandat schon vor den Wahlen auf den Tisch zu legen.» Die Notwendigkeit sei immer noch gegeben. Die Schweiz werde von der EU in heiklen Fragen Ausnahmen bekommen. Gegen GAV-Pflicht und Mindestlöhne Sollten sich allerdings die Gewerkschaften mit ihren Forderungen nach flächendeckenden Gesamtarbeitsverträgen mit Mindestlöhnen durchsetzen, ist Hans-Peter Portmann gegen mögliche neue Verträge. «Das kommt für mich nicht in Frage.» Die Gewerkschaften würden Arbeitsplätze vernichten. Es gehe ihnen bei deiser Forderung nur um ihre Einnahmen aus Zwangsabgaben.
Thu, 17 Aug 2023 - 108 - Philippe Müller: «Sicherheit wollen wir alle», Feusi Fédéral, Ep. 108
Die Zahl der Delikte nimmt gesamtschweizerisch ab. Doch Jugend- und Internetkriminalität nehmen zu. Der Berner Sicherheitsdirektor stellt eine zunehmende Polarisierung fest. Auch die Migration spielt eine Rolle. «Ein Teil der Kriminalität ist importiert», sagt Müller. Gegenüber den Jugendlichen versucht es die Berner Polizei mit Prävention und Repression. Videoüberwachung macht Sinn Müller arbeitet im Auftrag des Kantonsparlamentes daran, sogenannte «Hotspots» mit Videokameras überwachen zu können. «Die Videos würde man nur anschauen, wenn etwas passiert ist.» Das helfe, Delikte aufzuklären. Müller kritisiert den kürzlichen Entscheid des Bundesgerichts, dass die Polizei Cannabis zum Eigenverbrauch nicht konfisziert werden darf. Er akzeptiere den Entscheid, aber in der Sache sehe er es anders. «Das erschwert die Strafverfolgung.» Das Parlament müsse das Gesetz korrigieren, wünscht sich Müller. Mehr Geld für die Armee Er könne nicht nachvollziehen, weshalb links sich ideologisch gegen Sicherheit einsetze. «Sicherheit wollen wir alle und dient der Bevölkerung.» Müller fordert, dass die Schweiz mehr Mittel für die Verteidigung ausgebe. Der Armee fehle zusammengezählt aus den letzten dreissig Jahren zwischen 50 und 100 Milliarden Franken. «Wir müssen nun investieren.» Manchmal habe er den Eindruck, die Schweiz lebe sicherheitspolitisch auf einer «rosaroten Wolke». Der Sozialbereich und der Bildungsbereich seien wichtig, aber jetzt habe die Sicherheit den grösseren Nachholbedarf. Die Zeit des Pazifismus sei vorbei. Wenn man diesen Stimmen gefolgt wäre, dann sähe Europa jetzt anders aus. Man muss aufhören zu träumen. Es werde noch lange keine Ruhe geben. die Autokraten in der Welt haben Zuspruch. «Demokratie ist kein Selbstläufer. Alle rüsten auf, man muss der Realität ins Auge schauen.» 25 nicht mehr benötigte Panzer Leopard würde er an den deutschen Hersteller zurückgeben. Das sei nur wegen der Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes ein Problem, die von SP und Grünen mit der Mitte beschlossen worden sei. Müller gilt als «Hardliner», was das Asylwesen angeht. Er setze nur um, was das Parlament beschlossen habe, betont er im Gespräch. Es gehe um abgewiesene Asylbewerber, bei denen in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt worden sei, dass sie keinen Anspruch darauf hätten, hier bleiben zu können. «Es ist ein sauberes Verfahren.» Er könne sich vorstellen, die Entwicklungshilfe an die Bereitschaft der Länder zu koppeln, abgewiesene Asylbewerber zurückzunehmen. «Wenn man Hardliner ist, wenn man sich ans Gesetz hält, dann bin ich ein Hardliner», sagt Müller.
Thu, 10 Aug 2023 - 107 - Matthias Müller: «Der Staat muss gebändigt werden», Feusi Fédéral, Ep. 107
«Die FDP ist gut beraten, wenn sie auf die Strasse zu den Leuten geht», sagt Matthias Müller zum Wahlkampf. Es bringe nichts, Politik aus dem Büro heraus zu machen. «Die Leute sind liberal und bürgerlich eingestellt.» Das Spitzenpersonal der Partei und die Kandidaten müssten sich zeigen und sich der Debatte stellen. Müller fordert Atomkraftwerke Müller geht mit fünf Themen in den Wahlkampf: Altersvorsorge, Wirtschaftspolitik, Armee, Stromversorgung und Zuwanderung. Die Energiestrategie sei gescheitert. Müller will die Erneuerbaren zubauen und die Rahmenbedingungen für den Bau von Atomkraftwerken verbessern. «Weltweit werden AKWs aus dem Boden gestampft.» Der Staat müsse «gebändigt» werden. Er wachse ungebremst auf Kosten aller anderen. Dafür brauche es einen bürgerlichen Schulterschluss. In der Migration müsse die Schweiz «hart aber fair» sein. Müller kritisiert auch die Personenfreizügigkeit. Deren Folgen seien nicht nur positiv, das müsse man eingestehen. «Wenn es so weitergeht, gewinnt nur die SVP.» Dabei komme man nicht darum herum, mit den Nachbarstaaten und der EU zu reden und Forderungen aufzustellen, zum Beispiel Schutzklauseln. «Freiheit vor Bürokratie» «Ich fände es gut, wenn die Grünen die Wahlen verlieren würden», sagt Müller. «Sie sind eine Verbotspartei ohne Lösungen, wie es besser gehen könnte.» Die Bürgerlichen müssten jedoch als Block zulegen. «Für mich kommt Freiheit vor Bürokratie, Erwirtschaften vor Verteilen, Erfinden vor Verbieten.» Das sei nur mit bürgerlicher Politik zu haben. «Die Klimakleber regen mich auch auf», sagt Müller. Man müsse die Klimakrise anpacken, statt sich auf den Asphalt kleben. «Sie verstossen notorisch gegen das Gesetz, das ist nur destruktiv.» Es brauche marktwirtschaftliche Lösungen in der Klimapolitik. Die Schweiz müsse die Freiheit vergrössern, den Wohlstand vermehren und sozialen Aufstieg ermöglichen. Dies fordert Müller auch in einem kürzlich veröffentlichten Video. https://www.nebelspalter.ch/noch-100-tage-bis-zur-wahl
Thu, 20 Jul 2023 - 106 - Damian Müller: «Wirtschaftsflüchtlinge haben keinen Platz», Feusi Fédéral, Ep. 106
Das Thema Migration beschäftigt den Luzerner Ständerat schon lange. Er findet, dass das geltende Asylgesetz von den Behörden nicht umgesetzt werde. Statt abgewiesene Asylbewerber auszuschaffen, mache Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider mit Containersiedlungen sogar noch Hoffnung, dass sie bleiben könnten. https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20233176 Steigende Unzufriedenheit in der Bevölkerung Müller fordert, dass mit Drittstaaten Abkommen geschlossen werden, um abgewiesene Asylbewerber dorthin zurückzuführen (Link). Das gelte vor allem für Migranten aus Eritrea. «Dort herrscht kein Krieg.» Zudem müsse die Bundesrätin mit Italien und mit der EU «unmissverständliche Gespräche führen», damit die Asylgesetzgebung in der Schweiz nicht ausgehöhlt werde. Sie müsse unbequem sein, auch gegenüber der EU und den Nachbarstaaten. «Nur reden und nichts machen, das führt nur zu noch mehr Unzufriedenheit in der Bevölkerung.» Zusammen mit Inflation, steigenden Wohnkosten und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer dann wird die Unmut grösser. Die FDP wolle eine «harte, aber faire Umsetzung der geltenden Gesetzgebung». Europa müsse klare Zeichen setzen, dass Wirtschaftsflüchtlinge keinen Platz hätten, weil sie das System missbrauchten. Baume-Schneider wolle jedoch mehr humanitäre Visa verteilen. «Nicht auf Pump leben» Bei zahlreichen Problemen gebe das Parlament das Geld der Bürger aus. «Jeder Franken, den man ausgibt, muss zuerst verdient werden.» Diese Eigenschaft und Tugend hätte das Parlament in den letzten Jahren verloren, weil es nur noch über Milliarden rede. «Man kann nicht auf Pump leben», findet Müller. Der Ausbau von Wasser-, Wind- und Solarenergie werde bereits wieder durch links-grüne Organisationen bekämpft. Müller ist für die Verlängerung der Laufzeiten der bestehenden Atomkraftwerke und will die Nuklearenergie ernsthaft diskutieren, wenn neue Entwicklungen marktreif seien. Der Kampf von links-grün gegen Innovation und Technologie bedrohe den Standort Schweiz und den Pioniergeist, der die Schweiz stark gemacht habe. Die Ablehnung des Rahmenabkommens sei vielleicht gar nicht so schlecht gewesen, weil damit der EU klargemacht worden sei, wozu die Schweiz nicht Ja sagen könne. Es brauche Geduld in den Verhandlungen. «Das ist mühsam, aber Politik war noch nie einfach.» Auch in den Verhandlungen müsse man erklären, was nicht gehe. Die «Nachhaltigkeits-Initiative» der SVP lehnt Müller ab. Die Personenfreizügigkeit sorge für Wohlstand. Es greife zu kurz, die Zuwanderung über die Zahl der 10-Millionen-Schweiz zu diskutieren.
Thu, 13 Jul 2023 - 105 - Sarah Wyss: «Das Gesundheitssystem ist krank», Feusi Fédéral, Ep. 105
«Ich war überrascht wie viele andere auch», sagt Sarah Wyss über die Ankündigung von Bundesrat Alain Berset, für die nächste Legislatur nicht mehr anzutreten. Beat Jans sei eine «sehr valable Person» findet Wyss. Aber auch ihre eigenen Ambitionen werde sie sich über den Sommer noch überlegen. Die SP verliere mit Alain Berset einen Bundesrat, der es geschafft habe, Mehrheiten zu schaffen, zum Beispiel bei der AHV-Revision 2020, die dann erst in der Volksabstimmung scheiterte. Die SP habe immer wieder solche Bundesräte gehabt. «Einfach mit Opposition bringen wir das Land nicht vorwärts.» Gleichzeitig kann die SP mittels Referenden in die Opposition gehen. Berset habe im Gesundheitswesen zum ersten Mal die Kosten angeschaut. Er sei aber von den Interessenvertretern blockiert worden. Wie würde Sarah Wyss gegen die steigenden Kosten vorgehen? Sie würde zuerst die Prämienlast anders verteilen. «Wir sind eines der unsozialsten Staaten, was die Finanzierung angeht», findet Wyss. Sie gibt allerdings zu, dass dies nicht an den Kosten ändert. «Positive Verstaatlichung» Dort möchte Wyss weg von der Versorgung mit möglichst viel Leistungen, sondern viel mehr als Qualität in der Versorgung setzen. Es müsse mehr in die Prävention investiert werden, damit die Leute gar nicht erst krank würden – und in die Überlegung, ob man eine Behandlung überhaupt brauche. «Das spart Kosten.» Heute verdiene ein Leistungserbringer mehr, je mehr er verrechne. Daran schuld sei auch die «Privatisierung» im Gesundheitswesen zum Beispiel durch die Ausweitung der Spitallisten. Wyss will das wieder rückgängig machen. Gesundheit ist für Wyss «Service Public». Es brauche eine «positive Verstaatlichung». Wyss schlägt für Ärzte einen Fixlohn vor. Wyss will besonders die Prävention fördern. Nötig sei eine «Gesundheitskompetenz» bei der Bevölkerung. «Niemand profitiert heute von gesunden Menschen», kritisiert Wyss. «Das System ist krank». Anreize für die Versicherten, auf ihre Gesundheit zu achten, lehnt die Baslerin ab. Es brauche «Selbstmotivation» und ein Rucksack mit Kompetenzen, damit sie sich zum Beispiel gesund ernährten. Anreize würden eine «Gesellschaft spalten.» Sie wolle nicht auf das Individuum zielen, sondern auf die ganze Gesellschaft schauen.
Thu, 06 Jul 2023 - 104 - Beat Kappeler: «Mindestlöhne sind gegen die Betroffenen», Feusi Fédéral, Ep. 104
Sein neuestes Buch «Wenn alles reisst, hält die Schweiz?» behandelt die wichtigsten Themen der Gegenwart aus einer liberalen Sicht. Kappeler kritisiert die Schuldenwirtschaft der westlichen Regierungen. Für «jedes Bobo» werde der Staat verantwortlich gemacht und zu Hilfe gerufen. Die Altersvorsorge und das Gesundheitswesen stünden am Abgrund. «Die Notenbanken sind bereit, den ganzen Zauber mit Gelddrucken zu finanzieren», findet Kappeler. Das sei ein Bruch mit den Grundregeln des guten Haushaltens, dass auch ein Staat nicht mehr ausgeben könne als er einnehme. Auch bürgerliche Regierungen des Westens hielten sich nicht mehr an diese Regel. Warum die Schweiz besser dran ist In der Schweiz sei die Lage nicht so schlimm. Die komplizierten Institutionen und die direkte Demokratie würden die Politik bremsen. Der politische Prozess mache aus der Schweiz eine «lernende Organisation». Kappeler kritisiert jedoch die Nationalbank, weil sie Staatsanleihen anderer Staaten gekauft und damit deren Schuldenwirtschaft mitfinanziert hat. «Sie hat damit die Vermögenskonzentration angetrieben.» Kappeler kritisiert die mangelnden Reformen der Altersvorsorge. Er wäre für ein Modell wie in Schweden, wo die Rentenhöhe der Demografie und der Wirtschaftsentwicklung angepasst wird. Der frühere Gewerkschaftssekretär kritisiert die Einführung von Mindestlöhnen. Das dauernde Anheben von Tief- und Mindestlöhnen ist gegen die Interessen der betroffenen Schichten.» «Die massive Zuwanderung ist ein Selbstläufer», findet Kappeler. «Diese Leute brauchen auch eine Infrastruktur und ein Gesundheitssystem. Und in zwanzig Jahren wollen sie auch eine Rente.» Die Lasten und Knappheiten würden einfach weitergegeben. «Immigration ist kein Heilmittel gegen den Fachkräftemangel und die Probleme in der Altersvorsorge, sondern führt sie weiter, aber mit allen Zusatzbelastungen wie Dichtestress, Wohnungsnot und so weiter.» Selbstermächtigung der EU Man müsse hin und wieder einen kleinen wirtschaftlichen Nachteil für die Freiheit und Unabhängigkeit in Kauf nehmen, findet Kappeler im Hinblick auf die Beziehungen zur EU. Die Schweiz solle nicht immer einknicken, sondern einmal die EU fragen, was ihnen die Beziehungen zur Schweiz wert seien. Kappeler kritisiert die EU, dass sie Selbstermächtigung auf Kosten der Mitgliedsstaaten betreibe. Das werde immer so weitergehen.
Thu, 29 Jun 2023 - 103 - Christian Imark: «Netto-Null braucht Kernenergie», Feusi Fédéral, Ep. 103
«Alain Berset hat noch ein paar Sachen hängig», sagt Christian Imark, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission. Untersuchungen ins Besondere bezüglich der Indiskretionen laufen noch. Berset habe Medien bevorzugt, um sie zu seinen Gunsten zu beeinflussen. «Das ist ein Machtgehabe, das man sich in der Schweiz nicht gewöhnt ist.» Die Skandale und Affären seien kaum spurlos an ihm vorbeigegangen und hätten sicher einen Einfluss auf seinen Rücktritt gehabt. «Scheibchenweise» links-grüne Politik Das Ja zum Klimaschutzgesetz habe ihn nicht überrascht, sagt Christian Imark. «Es ist ein verlogenes Gesetz, ein linkes Luftschloss. Es ist völlig unrealistisch, dass das funktioniert.» Das Parlament wolle aus den fossilen Energien aussteigen, AKWs abstellen und den Stromverbrauch pro Kopf nicht erhöhen. «Das geht gegen die Physik.» Imark fordert eine ganzheitliche Sicht statt die «scheibchenweise» Einführung links-grüner Politik. Dann müsse der Bundesrat wie letzten Winter plötzlich mit Notrecht Ölkraftwerke aufstellen. AKWs schneller bewilligen Für eine sichere, umweltfreundliche und bezahlbare Stromversorgung brauche es AKWs. «Kernenergie stösst pro Kilowattstunde am wenigsten CO₂ aus und ist am günstigsten, vor allem im Winter.» Imark möchte nicht nur das Kernenergieverbot aus dem Gesetz kippen, sondern auch das Bewilligungsverfahren vereinfachen. Er findet, Albert Rösti hätte schon im Abstimmungskampf auf die Notwendigkeit hinweisen können, dass es für den Ausstieg aus fossilen Energien weiterhin Kernenergie brauche. Imark regt sich über die Ausnahmebewilligungen auf, welche die links-grüne Stadtregierung links-grünen Demonstrationen erteilt oder toleriert, zum Beispiel bei der Besetzung des Bundesplatzes durch Klimaaktivisten oder beim «feministischen Streik». Deshalb hat er beantragt, dass der Bund den Platz der Stadt abkauft oder die Stadt enteignet. Er ist sicher, dass die SVP nie eine Ausnahmebewilligung für eine Kundgebung während der Session bekäme.
Thu, 22 Jun 2023 - 102 - Andreas Glarner: «Hart aber fair muss die Asylpolitik sein», Feusi Fédéral, Ep. 102
Es sei auch für sein Umfeld nicht immer einfach, sagt Andreas Glarner. Aber er finde, ein Politiker müsse «Sachen aufdecken» und die Dinge beim Namen nennen. «Ich bin nicht gewählt, um beliebt zu sein.» Viele würden sich in ihrem Amt nur bequem einrichten. Er habe einen Auftrag. «Wir müssen die Schweiz retten.» Sexualisierung von Kindern Beim «Gender-Tag» an der Schule in Stäfa störe ihn, dass eine Informationsveranstaltung durch Gender-Ideologie gekapert worden sei. Die Handynummer der Schulsozialarbeiterin sei zudem bereits im Internet veröffentlicht gewesen. «Und die Gemeinde hat nicht gewusst, was die Schulsozialarbeit für ein übles Spiel treibt.» Für Glarner ist das Vorgehen nach 1968 ein neuer Versuch der Sexualisierung von Kindern. Bärendienst für die Frauen Der «feministische Streik» leiste allen normalen Frauen einen Bärendienst. «Eine normale Frau ist schon emanzipiert und hat diesen Streik überhaupt nicht nötig.» Wenn eine Frau tatsächlich weniger Lohn erhalte als ein Mann, dann würde Glarner dies sogar bestrafen. «Mit der Idee der Gleichstellung identifiziere ich mich, aber nicht mit dem Streik.» Glarner würde zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf Monatshygiene abschaffen, aber dann auch auf Rasierzeug. Fehlanreize in der Asylpolitik Die Asylpolitik laufe in die völlig falsche Richtung. Die neue Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider müsse eine harte, aber faire Politik machen. «Sie müsste helfen, die unechten Fälle aus dem Land zu schaffen und für die echten da sein.» Die Schweiz habe in den letzten zehn Jahren über 100’000 abgewiesene Asylbewerber vorläufig aufgenommen. «Davon wurden bereits 7’000 eingebürgert.» Das sei ein Fehlanreiz, der dazu führe, dass noch mehr Flüchtlinge kommen würden, auch wenn sie nicht politisch verfolgt seien. Was ist zu tun? «Wir können das Problem nicht bei uns lösen, wir müssen es in den Herkunftsländern tun», findet Glarner. Warum ist dann die SVP immer gegen die Entwicklungshilfe? Da werde das Falsche gemacht. «Die Hilfe muss besser und gezielter werden und wir müssen alle Gutmenschen entfernen, und durch Unternehmer ersetzen, die Hilfe zur Selbsthilfe machen.» Glarner kritisiert die Wirtschaft, weil sie sich für eine unbeschränkte Zuwanderung aus dem EU-Raum einsetzt. Die Unternehmen brauchten aber nur ein paar Spezialisten davon, der Recht lande in der Sozialhilfe. «Den von Quartalszahlen getriebenen Managern ist das völlig egal.» Die Schweiz laufe in Richtung 10-Millionen-Schweiz. Die SVP werde dagegen eine Initiative lancieren.
Thu, 15 Jun 2023 - 101 - Cédric Wermuth: «Wir müssen die Funktionsweise der Wirtschaft ändern», Feusi Fédéral, Ep. 101
«Wenn die Bürgerlichen eine Steuererhöhung gegen uns durchbringen, dann schlafe ich gut», sagt Cédric Wermuth zu den Umfrageresultaten, die ein Ja zur OECD-Mindeststeuer vorsehen – gegen die Parole der SP. Mindeststeuer: Umsetzung ist «absurde Variante» «Es ist ein Dilemma», räumt Wermuth ein, «wir wollen die Mindeststeuern ja eigentlich.» Aber die vorgeschlagene Umsetzung lehne die Partei ab. Man wolle das Geld direkt in die Konzernzentralen zurückleiten. Die Idee der Mindeststeuer sei eigentlich, dass die gesamte Bevölkerung etwas zurückerhält. «Diese Umsetzung jetzt ist eine absurde Variante.» Die Sozialdemokratie vertrete immer die Interessen der grossen Mehrheit der Menschen. Er frage sich aber manchmal, weshalb das nicht alle erkennen würden. Einmal in jeder Legislatur würden die Bürgerlichen einen Abbau von Regulierung beantragen. Dabei gebe es bereits jetzt 16 Gremien, die sich mit diesem Thema befassen. «Und wenn es ernst wird, dann scheitern Vorschläge immer an den betroffenen Interessenverbänden, sowohl von rechts wie links, da gibt es keinen Unterschied». Die FDP machen nur noch SVP-Politik, findet der SP-Co-Präsident. «Verbote sind der demokratisch richtige Weg» «Wir haben die Ohrfeige mit der Ablehnung des CO₂-Gesetzes sehr ernst genommen», sagt Wermuth. «Jetzt haben wir die Logik umgekehrt und machen ein Angebot mit Innovationsförderung und Heizungsersatz und erst danach schauen wir, wie wir es finanzieren.» Der Rest des Gesetzes sei eine blosse Zieldefinition. «Wir müssen die Funktionsweise der Wirtschaft ändern.» Das Gesetz sei nur ein Einstieg in die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in der Schweiz, sagt Wermuth. Aber über weitere Vorlagen werde man abstimmen können. Dabei werde es Verbote brauchen. «Verbote sind der demokratisch richtige Weg, Abgaben belasten immer jene stärker, die weniger haben.» Banken sind Service Public Es werde immer wieder zu Bankenkrisen kommen, findet Wermuth. Und deshalb müssten Banken auch immer wieder gerettet werden. «Banken sind parastaatliche Organisationen», sagt der SP-Co-Präsident, «sie sind Service public.» Er hoffe, dass man nun nicht nur eine Pseudo-Regulierung machen werde. Der Bundesrat fährt wieder in die Wand Die Forderungen der Gewerkschaften für ein Einlenken bei der EU unterstützt Wermuth vollständig. Die Forderungen seien aber auch ein Bekenntnis zu Europa, aber nicht unter Preisgabe des Lohnschutzes. Wermuth sieht sich bestätigt: Es brauche ein Interimsabkommen mit der Verstetigung der Kohäsionszahlungen vor. Im Gegenzug werden die Beziehungen deblockiert. Danach können wir uns den schwierigen Fragen widmen.» Aber der Bundesrat habe sich entschieden, mit den Fragen, derentwegen schon das Rahmenabkommen gescheitert sei, wieder in die Wand zu fahren.
Thu, 08 Jun 2023 - 100 - Pascal Couchepin: «Freiheit ist immer gefährdet», Feusi Fédéral, Ep. 100
«Im Vergleich mit anderen Ländern ist die Schweiz noch liberal. Ich bin überzeugt, dass sich die Schweiz positiv entwickelt hat.» Die Verfassung habe «Gleichheit und Gleichwertigkeit» hergestellt, Privilegien abgeschafft. Es sei entscheidend, dass Macht geteilt und begrenzt werde. «Wir geniessen noch einen Teil der Weisheit der Gründer der modernen Schweiz.» Die dadurch mögliche individuelle Freiheit werde von allen Seiten angegriffen, findet Couchepin. «Wir haben mehr Freiheit als anderswo, weil wir schlechte Entwicklungen verhindert haben.» «Politiker hören zu oft auf die Medien», findet Couchepin. Man soll die Medien zwar respektieren, aber nicht ständig an sie zu denken. Zudem schauten die Politiker zu stark auf die kommenden Wahlen. Pascal Couchepin ist der Meinung, dass die Geopolitik nie ganz weg war. Es ist klar, dass jede Generation für unsere liberale Gesellschaft kämpfen muss. «Demokratie ist nicht für die Ewigkeit gegeben.» Für den Alt-Bundesrat ist klar, dass die Schweiz mit der internationalen Gesellschaft zusammen arbeiten muss. Auch die Beziehungen zur Europäischen Union müssten verbessert werden, ohne Mitglied zu werden, «wenigstens in den nächsten zwanzig oder dreissig Jahren». Diktatur der Gleichheit Die Alternative nichts zu tun gebe es für ihn nicht. «Gleichheit ist ein wichtiger Wert, aber aus ihr kann eine Diktatur entstehen, das ist nun mit der Woke-Bewegung der Fall.» Im Klimaschutzgesetz sieht Couchepin ein gangbarer Kompromiss. Sogar die sonst sehr ideologischen Grünen hätten dieser Vorlage zugestimmt. Das sei richtig: «Die Schweiz macht lieber Kompromisse als ideologisch reine Politik.»
Thu, 01 Jun 2023 - 99 - Reiner Eichenberger: «Mindestlöhne sind abscheulich», Feusi Fédéral, Ep. 99
«Alle reden über Fachkräftemangel, aber niemand redet darüber, weshalb nicht einfach die Löhne steigen», sagt Reiner Eichenberger. Wir haben ein Systemversagen, offensichtlich profitieren alle vom Fachkräftemangel. Die Arbeitgeber finden die Zuwanderung gut, und die Gewerkschaften können noch mehr Regulierung fordern. «Das ist ihr Business.» «Immer noch mehr Arbeitskräfte» Eichenberger ist überzeugt, dass das Steuersystem Schuld daran ist, dass sich mehr Arbeiten nicht lohnt. Zudem gibt es zahlreiche Wirtschaftsbereiche, in denen die Löhne reguliert sind und deshalb nicht steigen. «Die Zuwanderung braucht immer noch mehr Arbeitskräfte», sagt Eichenberger. Was hält Eichenberger von der Forderungen der Gewerkschaften, GAV-Pflicht und flächendeckend Mindestlöhnen einzuführen? «Wenn wir Mindestlöhne haben, dann gibt es Warteschlangen nach Stellen, die man regulieren muss.» Ausländer ohne Stelle bekämen ein Problem. «Mindestlöhne sind eine Schweinerei.» Ausländer diskriminieren sei verboten, darum mache man es mit Mindestlöhnen. «Jene, die schon im Markt sind, werden geschützt vor allen anderen.» Das sei auch ein Generationenproblem: Die Alten müssten ihre Jungen auf dem Altar der Personenfreizügigkeit opfern. «Das ist abscheulich.» Kostenwahrheit Im Wahlkampf sollten die Bürgerlichen über die Steuern und ihre falschen Anreize reden, und von der korrekten Bepreisung von öffentlichen Gütern. «Es funktioniert nicht, einen Wohlstandvorsprung zu haben, in dem man offene Türen hat.» Die Zuwanderung sollte mit einer «Kurtaxe» besteuert werden, mit der andere Steuern gesenkt würden. Das würde die Schweiz noch attraktiver machen. Eichenberger fordert zudem das passive Wahlrecht für Ausländer, um sie zu integrieren. «Dann haben sie ein Mitspracherecht, und damit mehr zu sagen als in ihrem Heimatland.» Die Schweiz habe das beste politische System, aber sie dürfe diese Vorteile nicht gratis verteilen. Kostenwahrheit in allen Bereichen, das sei die Lösung.
Thu, 25 May 2023 - 98 - Marianne Binder: «Frauen sind keine Opfer!», Feusi Fédéral, Ep. 98
Die Gewerkschaften wollen für ihre Zustimmung zu einem neuen Abkommen mit der EU umfangreiche Zugeständnisse herausholen. Dies geht aus einem fünfseitigen Papier hervor, das sie beim Staatssekretariat für Wirtschaft eingereicht haben. «Es ist eine Erpressung», findet Marianne Binder. Die Schweiz habe ein austariertes System zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das trage zum Wohlstand aller bei. «Diese Forderungen gehen zu weit und stellen das System auf den Kopf.» https://www.nebelspalter.ch/eu-politik-das-fordern-die-gewerkschaften Binder ist für eine Lösung in den Beziehungen mit der EU. Brüssel müsse aber für unser direktdemokratisches System Verständnis zeigen und bei der auf den Gerichtshof der EU ausgerichteten Schiedsgerichtsbarkeit brauche es eine Lösung. Zudem brauche es eine Schutzklausel beim Lohnschutz und bei der Unionsbürgerrichtlinie. Ukraine unterstützen Marianne Binder wäre dafür, die Weitergabe von bereits ins Ausland gelieferten Waffen an die Ukraine möglich zu machen. «Es liegt doch im Interesse der Schweiz, dass wir einen Beitrag zur europäischen Sicherheitsarchitektur leisten», sagt sie. Direkte Waffenlieferungen seien zwar nicht möglich, und in der Ukraine verstehe man das, aber alles andere könne man machen. Die Neutralität schliesse nicht aus, dass man Recht und Unrecht nicht klar benenne. «Wenn man nicht auf der richtigen Seite steht, dann ist man nicht neutral.» https://www.nebelspalter.ch/zwei-forscherinnen-haben-herausgefunden,-was-alle-ahnen-die-meisten-frauen-kuemmern-sich-kaum-um-eine-karriere Steuerabzüge erhöhen Eine Studie der Uni Zürich legt nahe, dass viele Frauen gar keine Karriere machen wollen. Binder wundert sich über den Aufschrei von Feministinnen über die Studie. «Ich habe Mühe, wenn man uns Frauen immer sagen will, was wir zu tun haben.» Familienarbeit und Erwerbsarbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Binder hat eigentlich immer beides gemacht. «Dabei habe ich Skills erworben, die wertvoll waren.» Sie schlägt vor, die Tätigkeiten in der Familie als Managementarbeit anzuerkennen. Frauen seien keine Opfer. «Die Bedingungen für die Kinderbetreuung sind so gut wie nie.» Wenn schon, müsste man über Steuerabzüge reden, findet Binder. «Jetzt zahlen wir Frauen doppelt.» Höhere Steuerabzüge seien das Gerechteste, was man machen könne. —------------------------------------------------- Weinsponsor der Sendung: Vinigma. Charakterstarke Schwe
Thu, 18 May 2023 - 97 - Eric Nussbaumer: «Es ist ein Debakel!», Feusi Fédéral, Ep. 97
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Thu, 11 May 2023 - 96 - Michael Graber: «Klimaziele ohne Massnahmen, das ist perfid», Feusi Fédéral, Ep. 96
«Umfragen sind Umfragen», sagt Michael Graber, Leiter der Kampagne der SVP gegen das Klimaschutzgesetz. Die ersten Werte zur Abstimmung über das Klimaschutzgesetz sehen nicht gut aus. «Abgerechnet wird am 18. Juni» findet Graber. «Ich mache lieber einen Steigerungslauf, als zu verlieren.» «Mit utopischen Zielen die Schweiz umbauen» Den Leuten werde zunehmend bewusst, dass das Gesetz nicht zu finanzieren sei, utopisch sei und nichts bringe. «Wir sind die einzigen, die bei diesem Thema keine ideologische Debatte führen. Wir wollen Technologieoffenheit, auch bei der Stromversorgung.» Die Befürworter aus der links-grünen Ecke wollten hingegen mit utopischen Zielen die Schweiz umbauen. Die Ziele an sich seien schon gut, gibt Graber zu, aber es sei falsch, sie in ein Gesetz schreiben. Die Klimapolitik des Bundesrates sei demokratisch zu wenig abgestützt. Das Pariser Abkommen sei nie dem Volk vorgelegt worden. «Wir haben erst ein einziges Mal über Klimapolitik abgestimmt, und das CO₂-Gesetz wurde abgelehnt.» Jetzt lasse man einfach die konkreten Massnahmen weg und verpacke das Gleiche einfach anders. Das findet Graber «perfid». «Man lässt das Volk so lange abstimmen, bis das Resultat passt.» Hohe Kosten «Selbstverständlich müssen wir als Gesellschaft umweltfreundlicher werden, aber muss man alles ins Gesetz schreiben? Und was kostet es, was bringt es?» Die Befürworter versprechen gemäss Graber die «eierlegende Wollmilchsau». Niemand habe ihm bis jetzt sagen können, was ein Ja am Klimawandel ändere und wie viel Gletscher damit gerettet würden. «Wir haben konkrete Zahlen aus unabhängigen Studien, was die Ziele uns alle kosten.» Graber rechnet mit Gesamtkosten von 387 Milliarden Franken. «Wenn wir unseren Wohlstand behalten wollen, müssen wir über Kernenergie reden.» Er sei für erneuerbare Energie, aber nicht bereit, die ganze Landschaft zu verschandeln. Genau darum brauche es die Kernenergie. «Wir machen jetzt Politik für das gute Gewissen, und was es dann kostet, ist egal.» Wenn die Energie noch teurer werde, würden noch mehr Stellen ins Ausland abwandern, befürchtet Graber. Bundesrat Albert Rösti müsse die Ausrichtung in seinem Departement ändern. Genauso, wie es seine Vorgängerin auch gemacht habe.
Thu, 04 May 2023 - 95 - Gerhard Pfister: «Weiter wie bisher mit den Banken geht nicht», Feusi Fédéral, Ep. 95
Für Gerhard Pfister ist der Untergang der Credit Suisse noch nicht verarbeitet. Der Politik habe man nach der Finanzkrise gesagt, dass mit der Too-big-to-fail-Regulierung genau dieser Fall ausgeschlossen sei. «Da kommen ein paar Fragen auf die Finma, die Nationalbank und den Bundesrat zu.» Vor allem frage er sich, warum man im letzten Herbst nichts gemacht habe. Die Credit Suisse habe den Kulturwechsel nach der Finanzkrise nicht vollzogen, paradoxerweise gerade, weil sie damals keine Staatshilfe brauchte. Es könne nicht sein, dass der Staat immer wieder Banken retten müsse. «Meine Verantwortung als Politiker ist, das zu verhindern.» Er wolle das nicht noch einmal erleben. Pfister ist weiterhin für eine Erhöhung der Eigenkapitalreserven. «Ein Unternehmen muss seine Risiken selber tragen können.» Gerhard Pfister findet, die Lobbyisten der Banken sollten sich nun etwas zurückhalten. Weiter «kutschieren» wie bisher, das gehe nicht. «Wir retten nicht die Welt» Das Klimaschutzgesetz enthält grosse Ziele, aber nur zwei kleine Massnahmen. Ist das nicht unehrlich den Stimmbürgern gegenüber? «Es ist Politik, dass man kleinere Schritte macht. Das ist unbefriedigend.» Die SVP müsse sich überlegten, weshalb sie schon die kleinen Schritte bekämpfe. Die Schweiz müsse einen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten. «Mir ist bewusst, dass wir damit nicht die Welt retten, aber es ist ein Beitrag.» Die Slogans der Ja-Kampagne wie «Mehr Energie» oder «Mehr Sicherheit» seien eine Vereinfachung, wie sie zu einem Abstimmungskampf gehöre. Persönlich sei er die Meinung, dass es eine Bepreisung von Kohlendioxid brauche. Dabei dürfe man die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz nicht gefährden. Es brauche neue Ansätze in der Klima- und Umweltpolitik, weil marktwirtschaftliche Ansätze funktionieren würden.
Thu, 27 Apr 2023 - 94 - Guido Graf: «Das Asylwesen funktioniert nicht», Feusi Fédéral, Ep. 94
«Wir haben nicht viel aus der Asylkrise 2015 gelernt», sagt Guido Graf, seit mehr als zwölf Jahren für die Sozial- und Gesundheitspolitik in Luzern verantwortlich. «Wir haben zu wenig Plätze, und das System ist vor allem komplex und kompliziert. Es kostet viel Geld, aber den Menschen helfen wir praktisch nicht.» Bundesrätin Baume-Schneider nehme man kaum zur Kenntnis. Aber beim Staatssekretariat halte man sich vor allem zurück. «Wir haben Vollbeschäftigung, und wir haben tausende von Leuten, die wir nicht integrieren», kritisiert Graf. Wer in die Schweiz komme, der soll arbeiten, wer sich nicht integrieren lasse, dessen Unterstützung soll verringert werden. «Es braucht auch Druck, damit sich die Leute integrieren.» Jeder soll seinen Lebensunterhalt selber verdienen. «Weiche Asylpolitik» der Schweiz Die Schweiz allein könne das Migrationsproblem nicht lösen. Aber die internationale Zusammenarbeit und das für das Asylwesen wichtige Dublin-Abkommen funktionierten heute nicht. «Wir zahlen Geld nach Italien, aber das Land nimmt niemanden zurück.» Graf findet, man sollte Ideen ausprobieren, das Asylverfahren ausserhalb der Schweiz durchzuführen. Die Rückführung funktioniere trotz Abkommen nicht, die Schweiz mache eine «weiche» Asylpolitik. Krankes Gesundheitswesen Im Herbst drohen wieder überdurchschnittliche Prämienerhöhungen. Der Grund liegt gemäss Graf vor allem in der Verlagerung von den Spitälern in den ambulanten Bereich. Dieser wird heute voll durch die Prämien finanziert. «Das Gesundheitswesen ist krank». Man mache jetzt Druck auf die Leistungserbringer. Ob das etwas nütze, frage er sich. Ob jedes Spital alles anbieten soll, stellt Graf in Frage. «Wir haben dafür gar nicht die Leute und es ist nicht sinnvoll.» Ein Problem sei, dass viele Leute mit Bagatellen in den Notfall der Spitäler gehen statt zum Hausarzt.
Thu, 13 Apr 2023 - 93 - Jürg Grossen: «Die Stromversorgung muss sicher sein», Feusi Fédéral, Ep. 93
Wir wollen bis 2050 auf Netto-Null kommen und eine sichere Energieversorgung in der Schweiz sicherstellen. «Eine unsichere Energieversorgung kommt für uns nicht in Frage.» Man müsse die AKW länger laufen lassen, solange sie sicher sind, die Grünen würden viel früher abschalten, ohne dass sie einen Plan hätten, wie sie die Schweiz sicher versorgen wollen. —------------------------------------------------- Der Wein zum Talk: Apriori 2021 von Vinigma. Grossartige Assemblage aus 50 % Humagne Blance und 50 % Petite Arvine. Weinregion Wallis at its best. Zum Bestellen: https://vinigma.ch/weine/apriori-2021-75cl/ —------------------------------------------------- Mit Solarstrom Gas herstellen Jürg Grossen will dies mit Energieeffizienz und mit einem massiven Ausbau der Solarenergie sicherstellen. Mit den Überschüssen an Solarstrom im Sommer sollen synthetische Treibstoffe und Gas hergestellt werden für den Flugverkehr und für die Stromversorgung im Winter. Grossen, der auch den Lobbyverband Swissolar präsidiert, fordert das Ausnutzen der Hälfte des maximalen Potenzials der Solarenergie. Hinzu kämen Anlagen in den Bergen, besonders für die Versorgung im Winter. Die geforderten Subventionen von 60 Prozent findet Grossen zu hoch. Grossen fordert auch einen Ausbau der Wasserkraft: «Wir müssen die Staumauern erhöhen». Zurückhaltung bei Windenergie Die Grünliberalen fordern 1100 Windturbinen bis 2030. Das würde bedeuten, jedes Jahr hundert Anlagen zu bauen. «In meinem Plan habe ich bewusst zurückhaltend auf Wind gesetzt.» Das Potenzial sei aber grösser als man meine. Grossen ist für alle erneuerbaren Energien. Wir müssen im Landschaftsschutz Konzessionen eingehen. Aber jetzt müsse die Solarenergie den Beweis antreten können. Bei den Beziehungen der Schweiz zur EU geht es Jürg Grossen immer noch zu langsam, obwohl der Bundesrat nun Eckwerte für ein Verhandlungsmandat ausarbeiten will. «Wir sind eigentlich noch keinen Schritt weiter.» Der Bundesrat sei blauäugig unterwegs. «Wir werden Konzessionen machen müssen.» «EU ist ein Moloch» Wir müssen eine selbstbewusste Umsetzung machen und uns nicht hineinreden lassen. In der EU sei das auch so. Die dulden Sachen, die nicht rechtskonform seien. «Ich habe nicht so Angst vor dem Gerichtshof der EU, in der Regel finde man sich vorher.» Die Schweiz übernehme schon heute alles von der EU. «Ich bin einverstanden, dass die EU ein Moloch ist und in Teilen überreguliert ist.» Die Schweiz müsse eine Lösung finden. «Optimal wäre ein direkte Integration in den Binnenmarkt.» Grossen findet, man müsse Ausgleichsmassnahmen in Kauf nehmen.
Thu, 06 Apr 2023 - 92 - Roger Köppel: «Es geht darum, die Schweiz zu verteidigen», Feusi Fédéral, Ep. 92
«Ich hintersinne mich manchmal», sagt Roger Köppel, auf seinen Rücktritt aus dem Nationalrat angesprochen. «Ich habe acht Jahre lang meinen Dienst am Vaterland gemacht.» Er müsse sich jetzt wieder mit der Firma, der Weltwoche, auseinandersetzen. Er habe als Parlamentarier das «Wunder der Schweiz» besser verstehen gelernt. Der Wein zum Video: Jeninser 2019, Gamaret, von Vinigma. Link zum Bestellen: https://vinigma.ch/weine/jeninser-2019/ Kein «Messiassyndrom» Sein Ziel sei die Verhinderung des Rahmenabkommens gewesen, insofern seien es erfolgreiche zwei Legislaturen gewesen. Gleichzeitig sei nie ganz klar, was ein Politker genau bewirke. Er sei nie mit einem «Messiassyndom» nach Bern gekommen. «Ich bilde mir nicht ein, die Wahrheit mit Löffeln gegessen zu haben.» Köppel zitiert dazu Johann Wolfgang Goethe: «Es irrt der Mensch, solang er strebt.» Es gehe nicht darum, als Politiker Spuren zu hinterlassen, sondern die Schweiz zu verteidigen. «Meine Stärke war – und das habe ich immer gerne gemacht – die Leute aus ihrer Selbstgefälligkeit herauszuholen.» Es gebe in Bern einerseits die «subtilen Macher» und andererseits die «grundsätzlichen Typen», die mit einem griffigen Satz aussprächen, was gesagt werden müsse. «Nur wer nichts sagt, kommt überall gut an». «Emotionale Kriegstreiberei» Es sei seine Devise, alles zu hinterfragen. Trotzdem seien seine Haltungen ziemlich konstant. Das gelte auch für Russland. «Die Kriegstreiberei im Westen ist völlig emotional und wird nicht vom Ende her gedacht.» In der Diskussion sei so eine Einseitigkeit und Militanz drin, dass jeder, der das in Frage stelle, ein Landesverräter sei. Die Russen könnten niemals akzeptieren, dass die Ukraine ein Nato-Staat werde. «Wer auf diesen Weg der Konfrontation geht, ist entweder blöd oder hat eine geopolitische Agenda.» Da müsse man sich fragen, was genau das Interesse der Schweiz sei. Niemand rechtfertige irgend einen Krieg, aber der Westen sich in einer blütenreine Wohltäterrolle sehe, dann sei das eine gefährliche Mentalität. Er könne sich auch täuschen. «Da ist es mein Auftrag als Journalist auf diese Gefahren hinzuweisen.» —------------------------------------------------- Weinsponsor der Sendung: Vinigma. Charakterstarke Schweizer Weine mit erfrischender Eigenständigkeit. Jeninser 2019 online bestellen: www.vinigma.ch/shop
Thu, 30 Mar 2023 - 91 - Stephan Rietiker: «Die Volksrechte werden ausgehebelt», Feusi Fédéral, Ep. 91
Der Arzt und Unternehmer Stephan Rietiker ist mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS überhaupt nicht einverstanden. «Die Mitarbeiter müssen die Suppe auslöffeln». Das Schauspiel am Sonntag findet er «pitoyabel». Es sei klar geworden, dass diese Lösung vom Ausland aufoktroyiert worden sei. «Warum soll mit Steuergeld aus der Schweiz amerikanischen und britischen Executives unter die Arme gegriffen werden?» Rietiker befürchtet eine Klagewelle gegen die UBS und gegen die Schweiz. Die WHO arbeitet seit 2021 an einer internationalen Gesundheitsregulierung und einem Pandemiepakt. Seit Anfang März wird über einen konkreten Entwurf verhandelt. Der Bundesrat informiert das Parlament weder über Inhalt noch Stossrichtung des Verhandlungsmandates und verweist darauf, erst im Nachhinein eine Beurteilung vornehmen zu wollen. https://apps.who.int/gb/inb/pdf_files/inb4/A_INB4_3-en.pdf https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20237026 Stephan Rietiker befürchtet aufgrund der bekannt gewordenen Vorschläge, dass über die Länderregierungen hinweg eine «Superregierung» entsteht, die in einer Art Planwirtschaft eine Pandemie erklären könne und bestimme, wie sie bekämpft werden soll. Der Einkauf von Impfstoffen würde kanalisiert. «Das ist ein Businessmodell, das nichts mit Gesundheit zu tun hat.» Verfassungen würden in diesem Bereich ausgehebelt. «Die Schweiz könnte dann nicht mehr entscheiden, ob sie mitmacht, oder nicht. Das dürfen wir auf keinen Fall unterzeichnen.» Früher habe die WHO mit Empfehlungen gearbeitet, jetzt seien rechtsverbindliche Regeln geplant. «Wenn wir diesen Vertrag unterschreiben, dann müssen wir nicht mehr über Neutralität und Souveränität reden. Das ist dann vorbei.» Jetzt mache die WHO politische Medizin, mit dem Ziel, konzertierte Aktionen zu machen, bei der eine kleine Minderheit von Investoren Geld verdienen, findet Rietiker. Die WHO müsse wieder zurück zu den Grundlagen, wie sichere und wirksame Impfstoffe entwickelt und erfolgreich eingesetzt worden seien, zum Beispiel bei der Bekämpfung der Pocken. Rietiker kritisiert die Finanzierung der WHO durch private Investoren, wie die Bill Gates-Stiftung. «Wenn es die alte WHO wäre, dann hätte sie die Massnahmen aufgearbeitet und zugegeben, dass Masken wenig und Lockdowns vor allem Schaden gebracht und der Impfstoff die Erwartungen nicht erfüllt hat, weil er nicht getestet worden ist.»
Thu, 23 Mar 2023 - 90 - Monika Rüegger: «Wir verarmen mit dieser Politik»
Das Parlament hat drei Tage über die künftige Stromversorgung debattiert. Herausgekommen ist eine Vorlage, welche Subventionen für Wind- und Solarenergie verlängert und 15 neue Wasserkraftwerke ermöglicht. Bringt das die «sichere Stromversorgung», die der Bundesrat versprochen hat? «Wir werden immer noch viel zu wenig Strom haben», sagt Monika Rüegger, SVP-Nationalrätin aus Engelberg (OW). Das Parlament habe nun wenigstens die längst fälligen Wasserkraftprojekte deblockiert. «Diese liefert uns den ganzen Winter Energie.» Solar und Wind bringen ihrer Meinung nach im Winter gar nichts. Das Gesetz reiche deshalb nicht für eine sichere Stromversorgung. Ohne Subventionen würden Solar- und Windprojekte gar nicht umgesetzt. Der ganze Umbau der Stromversorgung kostet insgesamt 387 Milliarden Franken. «Das bezahlt die Allgemeinheit.» Das sei für die Volkswirtschaft eine unglaubliche Belastung. «Wir verarmen mit dieser Politik. Die Subventionen werden von der Mittelschicht bezahlt.» Die neuen Regulierungen führen gemäss Rüegger zu höheren Mieten – verursacht werde das von den gleichen Politikern, welche die hohen Mieten vor Kurzem beklagt hätten. Mit dieser Politik werde die Landschaft komplett verschandelt, kritisiert Rüegger. «Ich glaube nicht, dass das Volk das will.» Rüegger stört sich insbesondere, dass die Gemeinden nicht mehr mitentscheiden können. «Das ist gefährlich für den inneren Frieden in der Schweiz. Ich staune, wie Linke und Grüne der Verschandelung der Landschaft zustimmen können.» «Wir hinterlassen eine Katastrophe» Will die SVP einfach alle neuen Energieformen verhindern? Rüegger widerspricht.: «Wir haben einen noch grösseren Ausbau der Wasserkraft beantragt. Das wurde von links-grün abgelehnt.» Links-grün sei es gar nicht ernst mit einer sicheren Stromversorgung. «Sie wollen nur Solarpanels bauen und Windräder über die ganze Schweiz verteilen.» Am Schluss reiche deren Produktion trotzdem nicht. «Wir haben als einzige Partei die Kernkraft wieder aufs Tapet gebracht.» Es sei die Verantwortung der Politiker, dass es genügend Strom gebe und der auch bezahlbar sei. «Ohne Atomkraftwerke hat die Schweiz einfach zu wenig Strom.» Statt Geld in unwirtschaftliche Solar- und Sonnenenergie zu stecken, könnten neue Atomkraftwerke gebaut werden. «Wir hätten genügend Strom und könnten sogar Strom exportieren.» Die Energiepolitik geht für Rüegger nirgends auf. «Wir gehen in ein Schlamassel rein und hinterlassen der nächsten Generation eine Katastrophe.» Der Mangel an Wohnungen hat für Rüegger hauptsächlich mit der Zuwanderung zu tun. «Wenn jedes Jahr 200’000 Menschen in die Schweiz kommen, dann müssen sehr viel mehr Wohnungen gebaut werden.» Rüegger fordert, dass die Zuwanderung gesteuert wird.
Thu, 16 Mar 2023 - 89 - Franziska Roth: «Wir müssen Position beziehen», Feusi Fédéral, Ep. 89
«Wir möchten eine engmaschige Öffnung des Kriegsmaterialgesetzes», sagt Roth, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission. Damit könnten Waffen, die vor Jahren in der Schweiz gekauft worden sind, an die Ukraine weitergeleitet werden. Die Schweiz sei dann immer noch neutral, findet Roth. «Neutralität heisst nicht Passivität». Auch den Verkauf der in der Ostschweiz eingelagerten Leopard-Panzer an den Hersteller in Deutschland befürwortet Roth. «Für die aktuellen Bedrohungsszenarien brauchen wir die Panzer nicht.» «Neutralitätsrechtlich in Ordnung» «Angesichts der Kriegsverbrechen, können wir nicht zurückstehen, sondern müssen Solidarität zeigen mit der Ukraine. Neutralitätsrechtlich ist das in Ordnung. Nach der Haager Konvention dürfen wir lediglich nicht direkt Waffen liefern.» Direkte Lieferungen kommen für Roth denn auch nicht in Frage. Aber die Schweiz soll alles, was neutralitätsrechtlich möglich ist auch tun, um mitzuhelfen, den Krieg zu beenden. Roth kritisiert deswegen den Bundesrat: «Er ist stoisch und macht nichts und das ist gegen aussen ein schlechtes Zeichen, insbesondere gegenüber unseren Partnerländern in der EU, die viel mehr machen.» «Zu wenig bezahlbare Wohnungen» Die Probleme auf dem Immobilienmarkt führt Franziska Roth darauf zurück, dass die bestehenden Gesetze nicht eingehalten werden. «Wir haben zu wenig Wohnungen, die bezahlbar sind für Menschen, die systemrelevante Arbeit machen.» Der Mittelstand könne sich keine gute Wohnung mehr leisten. Die Zuwanderung ist für Franziska Roth allerdings nicht der Grund für die Probleme: «Die Schwarzpeter-Politik lehne ich ab.» Roth wäre aber dafür, verdichtet und in die Höhe zu bauen, um das Angebot zu vergrössern. «Die Frage ist aber, wie wir dann bauen und für wen.» Roth wäre für ein Vorkaufsrecht der Gemeinden bei Immobilien. Die Vorschläge der Grünen, zum Beispiel eine Mindestbelegung bei Wohnungen vorzuschreiben, lehnt Rot ab. «Es ist wichtiger, dass die bestehenden Gesetze eingehalten werden.» Seit Jahren gelte nicht die Kostenmiete gilt, sondern die Marktmiete. Das müsse besser kontrolliert werden.
Thu, 09 Mar 2023 - 88 - Christoph Mäder: «Wir müssen über Kernkraft reden», Feusi Fédéral, Ep. 88
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse unterstützt das Klimaschutzgesetz, den indirekten Gegenvorschlag zur «Gletscher-Initiative». Damit bekomme das Volk die Gelegenheit, sich zum Netto-Null-Ziel 2050 zu äussern, findet Christoph Mäder. Die Reduktion des Ausstosses von klimaschädlichen Gasen auf null sei in der international ausgerichteten Wirtschaft gesetzt. «Investoren, Lieferanten, Kunden und Mitarbeiter erwarten, dass die Wirtschaft alles unternimmt, um das Ziel zu erreichen. «Wir wissen alle nicht, ob das Erreichen des Zieles möglich ist, aber die Ambition muss es sein.» Gegen Technologie- und Denkverbote Das Gesetz allein sei nicht der Heilsbringer. Die Vorlage sei eher ein Rahmengesetz. Wesentlich sei es, die konkreten Massnahmen zu erarbeiten, und mit allen Technologien das Ziel anzustreben. Mit ihrer Zustimmung verpflichte sich die Wirtschaft nicht für einen dreissig jährigen Ablauf, bei dem man keine Änderungen vornehmen könne. Entscheidend sei, dass es bei der Umsetzung keine Technologie- und Denkverbote gebe. «Das Ziel nicht anzustreben, wäre auch ein Denkverbot.» Auf dem Weg zum Ziel werde es harte Diskussionen geben. «Brandgefährlich und illusorisch» Für das Ziel brauche es vor allem genügend Strom. Economiesuisse fordere das seit Jahren. Dabei könne man nicht auf ein paar Technologie und Energieeffizienz setzen. Windenergie werde in der Schweiz in der Nische bleiben. «Solarenergie allein als Lösung anzuschauen, halte ich für brandgefährlich und illusorisch», findet Christoph Mäder. Man müsse Photovoltaik zwar ausbauen, aber auch die Grenzen der Technologie sehen. «Dann sind wir irgendeinmal bei der Kernenergie. Die wird auch in Zukunft eine Rolle spielen.» Die Schweiz müsse nicht nur die Laufzeiten der bestehenden Kernkraftwerke verlängern, sondern jetzt mit der Planung von neuen Werken beginnen. EU-Politik: Es droht ein Desaster Was die Beziehungen der Schweiz zur EU angeht, so fordert Mäder, das Verhältnis zu Europa auf eine solide Grundlage zu stellen. Er hält aber nichts davon, die Gespräche jetzt zu beschleunigen. «Es wird das gemacht, was möglich ist. Dann muss der Bundesrat eine Beurteilung vornehmen, auch im Hinblick auf eine Volksabstimmung.» Wenn man zu schnell vorgehe, drohe ein innenpolitisches Desaster. Es brauche sicher Schutz- und Ventilklauseln, die nicht durch den EuGH aufgehoben werden könnten. Beide Seiten müssten Kompromisse eingehen.
Thu, 02 Mar 2023 - 87 - Esther Friedli: «Links-grün ist die Sicherheit egal», Feusi Fédéral, Ep. 87
Die SVP hat das Referendum gegen das «Klimaschutzgesetz», den indirekten Gegenvorschlag zur «Gletscher-Initiative» ergriffen. Im Juni findet die Abstimmung statt. Ist der SVP der Klimaschutz egal? «Das Klima liegt mir sehr am Herzen», sagt Esther Friedli. «Wir SVPler sind die wahren Grünen, weil wir aus Eigenverantwortung zur Natur schauen, nicht weil es uns der Staat vorschreibt.» Das Gesetz sei ein demokratiepolitisches «Unding». Es sei Mode geworden, auf Initiativen einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten und so die Initiative ohne das Volk zu fragen umzusetzen. Der im Gesetz verankerte Ausstieg aus fossiler Energie führe zu Mehrausgaben von mehreren hundert Milliarden Franken. Das brauche Verbote, Steuern und Lenkungsabgaben, die man aber dem Bürger nicht vorlege. «Wenn man Ziele in Gesetze schreibt, dann muss man doch auch sagen, wie man sie erreicht, alles andere ist nicht ehrliche Politik. Jemand müsse das einmal zahlen. Das Parlament mache Salamitaktik. Was schlägt Esther Friedli vor? «Ich glaube an die Innovationskraft der Wirtschaft und dass sich neue Technologien durchsetzen werden. Der Staat muss nicht eingreifen.» Wenn man den Verkehr, Industrie und Heizung elektrifizieren wolle, dann benötige das unendlich viel Strom. Das müsse zuerst sichergestellt werden. «Ich will nicht jeden Herbst über eine Strommangellage reden.» Die Kinderbetreuung sei keine Bundesaufgabe. Deshalb werde die SVP ein vorgeschlagenes Gesetz in der Frühjahrssession ablehnen. Dafür seien die Kantone und die Gemeinden zuständig. Externe Kinderbetreuung sei eine gute Variante, aber es sei nicht die einzige Variante. «Man will einseitig Kitas bevorzugen, das ist falsch.» Friedli schlägt insbesondere andere Steuermodelle vor, um die richtigen Anreize zu setzen. Bei der Zuwanderung fordert Friedli die Umsetzung des Masseneinwanderungsinitiative von 2014. Aber auch eine Zuwanderungssteuer kann sie sich vorstellen. «Die Schweiz muss die Zuwanderung steuern.» Die Initiativen, die Volk und Stände angenommen hätten und dem Parlament nicht passten, die setze man nicht um. Andere, über die das Volk gar nie abgestimmt habe, wie die Gletscher-Initiative und zahlreiche andere, die würden «im vorauseilenden Gehorsam» umgesetzt. «So funktioniert doch Demokratie nicht.» Das gehe auf Kosten der Glaubwürdigkeit in der Politik. Die Zuwanderung sei keine Lösung für den Fachkräftemangel, sondern verschärfe das Problem noch, findet Friedli. «Wir haben mehr Dichtestress, wir haben Wohnungsnot in den Städten und in der Energiepolitik werden alle unsere Bemühungen mit der Zuwanderung wett gemacht.» Bei den Wahlen in Zürich hat die SVP in den Städten Wähler verloren. Hat die SVP die Städte aufgegeben? Esther Friedli widerspricht. «Wir stehen für die Sicherheit der Menschen in den Städten und Agglomerationen ein.» Diese sei links-grün egal. «In Zürich werden bei linksextremen Krawallen Läden und Büros von unbescholtenen Bürgern zerstört und links-grün schaut einfach zu.» Alle sollen sich in der Schweiz zu jeder Tages- oder Nachtzeiten frei bewegen können. Das könne man nicht einmal mehr in St. Gallen. «Die SVP steht ein für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, dass sie ihr Leben so leben können, wie sie wollen.» Das seien die bekannten Rezepte der Partei, die aber immer noch aktuell seien.
Thu, 23 Feb 2023 - 86 - Josef Dittli: «Solar- und Windenergie allein reichen nicht», Ep. 86
Josef Dittli befürwortet das Klimaschutzgesetz. «Es ist ein Anfang.» Die finanzielle Unterstützung für den Ersatz von Öl- und Gasheizungen mit Wärmepumpen erachtet er jedoch als zu hoch. «Es ist klar, den Grünen kann es nicht genug kosten und die SVP würde am liebsten gar nichts machen.» Für die Stromversorgung der Zukunft brauche es Grosskraftwerke, findet Dittli. Es müsse mehr Strom produziert werden. «Solar und Wind wird mit Sicherheit nicht reichen.» Die Schweiz müsse Gaskombikraftwerke in Reserve halten, die bestehenden AKW länger nutzen und man dürfe den Fortschritt nicht ausser Acht lassen und später neue Kernreaktoren bauen. «Wir müssen offen sein für den Fortschritt, sonst bleiben wir abhängig vom Ausland.» Diese Abhängigkeit sei nur mit Atomenergie zu überwinden. «Im Moment ist die Armee nicht in der Lage, die Schweiz zu verteidigen», sagt der ehemalige Berufsoffizier Dittli. Das müsse sich ändern, um wieder eine glaubwürdige Landesverteidigung zu haben. Die Armee sei heute auf subsidiäre Einsätze ausgerichtet, statt auf Verteidigung. «Ich erwarte, dass der Bundesrat eine massive Veränderung vornimmt, und zwar was die Struktur, die Gliederung, die Doktrin, die Ausrüstung und die Ausbildung angeht.» Mit den jüngsten Entscheiden des Bundesrates, dafür weniger Geld zur Verfügung zu stellen, als das Parlament beschlossen hat, ist Dittli nicht einverstanden. «Sicherheit ist die Grundlage von Freiheit, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.» Die Schweiz müsse auch gegen aussen demonstrieren, dass sie glaubwürdig zur Verteidigung in der Lage sei. Die Vernachlässigung der Armee in den vergangenen Jahrzehnten müsse korrigiert werden. «Darum kommen wir nicht herum.» Dittli befürwortet eine vertiefte Zusammenarbeit mit der Nato, ohne ihr beizutreten. «Die Neutralität ist unter allen Umständen zu halten», sagt Dittli. Ganze Truppenformationen zu Nato-Manövern zu schicken, lehnt Dittli jedoch ab. Übungen von Stäben befürwortet er. «Wir müssen im Kriegsfall in der Lage sein, mit Natotruppen zusammen zu arbeiten.» Die von Maja Riniker (FDP/AG) beantragte Lieferung von 96 im Moment nicht gebrauchten Panzer Leopard 2 ins Ausland lehnt Josef Dittli ab. «Ich möchte die für den Eigengebrauch einsetzen.» Vorstösse, für die Ukraine die Neutralität zu relativieren betrachtet Dittli als «Nonsens». Mitte Links habe die Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes durchgesetzt. Das sei jetzt ein Problem, hauptsächlich für die einheimische Rüstungsindustrie. Dittli befürwortet, dass dies korrigiert wird, denn die Schweiz benötige eine eigene Produktion von Rüstungsgütern.
Thu, 16 Feb 2023 - 85 - Christian Wasserfallen: «Wir haben mehr als ein Jahrzehnt verplempert»
«Das Klimaschutzgesetz bedeutet 3,2 Milliarden Franken an Subventionierungen, mit denen man auf Biegen und Brechen etwas erreichen will, was ich nicht zielführend finde.» Die Wärmepumpensubventionierungen hält Wasserfallen für falsch. «Man hat ein Marktvolumen, das durch die Decke geht, jetzt kommt noch der Bund und gibt 200 Millionen Franken pro Jahr, das ist Unsinn.» Die Subventionen seien reiner Mitnahmeeffekt. Verantwortungslose Politiker Netto-Null im Jahr 2050 sei ohnehin ein ambitioniertes Ziel. Das sei so weit weg, damit es sicher erst die nächste Politikergeneration betreffe. «Es ist verantwortungslos.» Wasserfallen findet, man sollte ehrlich sein und lieber nur auf fünf Jahre planen und dann die Ziele auch erreichen. Warum hat man den Gegenvorschlag überhaupt beschlossen? «Es ist ein teurer Deal, damit die Gletscher-Initiative zurückgezogen wird, obwohl diese chancenlos gewesen wäre», sagt Wasserfallen. Kritik an Economiesuisse Was sagt er dazu, dass auch Wirtschaftsverbände für die Vorlage sind? Schon bei der Energiestrategie und dem CO₂-Gesetz sei der Wirtschaftsdachverband falsch gelegen, sagt der FDP-Nationalrat. Economiesuisse müsse sich überlegen, ob man jedem Unsinn zustimmen wolle, der Mittel am falschen Ort einsetze. «Ich bin der Ansicht nein.» «Seit Fukushima haben wir mehr als ein Jahrzehnt verplempert mit Subventionspolitik, aber an die Versorgungssicherheit hat man nie gedacht.» Die Schweiz sei von Importen abhängig und habe deshalb vor allem im Winter ein Problem. «Photovoltaik ist keine Lösung, sondern wird zum Problem für das Stromnetz.» Das zeigten die Zahlen in Deutschland. Da müsse jetzt mit Kohlekraftwerken ausgeholfen werden. «Das sind Schnellschüsse» Die vom Parlament beschlossenen Offensiven für Solar- und Windenergie sieht Wasserfallen ebenfalls kritisch. Es sei zwar richtig, dass man sich die Frage stelle, wie man die Infrastruktur im Land ausbaue. «Aber sonst sind das Schnellschüsse.» Die Vereinfachung der Beschwerdeverfahren hält Wasserfallen zwar für richtig. Aber das müsse unabhängig davon geschehen, ob es um Windkraft, ein Wasserkraftwerk oder ein Atomkraftwerk gehe. Bei der Windkraft werde masslos übertrieben. «Gemäss einem Positionspapier der Grünliberalen sollen bis ins Jahr 2030 insgesamt 1100 Anlagen gebaut werden.» Das bedeute 80-100 Windparks. Das sei eine Illusion. «Es geht einfach nicht so schnell.» Atomkraftwerke planen Der Bund sieht jedoch noch viel mehr Potenzial in der Windenergie als die Grünliberalen. «Die Potenzialstudien des Bundesamtes für Energie, sind das Papier nicht wert», findet Wasserfallen. Die technische Realisierbarkeit, die Kosten, die Politik spielten nie eine Rolle. «Wir können froh sein, wenn wir irgendwann einmal eine halbe Terawattstunden Windenergie pro Jahr produzieren.» Kurzfristig benötige man leider das Gaskraftwerk in Birr, weil man das Atomkraftwerk in Mühlberg (BE) nicht mehr habe. Man müsse aber unbedingt darüber nachdenken, neue Atomkraftwerke zu bauen. «Das müssen wir jetzt in die Planung einbeziehen.»
Thu, 09 Feb 2023 - 84 - Aline Trede: «Für den Planet geht es zu langsam», Feusi Fédéral, Ep. 84
«Wegen des Referendums der SVP gegen das Klimaschutz-Gesetz gibt es jetzt wieder eine Verzögerung», sagt Aline Trede. «Aber immerhin hat man Ziele definiert und Geld gesprochen.» Nach der Ablehnung des CO₂-Gesetzes müsse man mit kleinen Schritten vorwärts machen. «Rein für den Planet ist das zu langsam», findet Trede. Für Trede gehört Klimapolitik und Energiepolitik zusammen. Sie sagt, dass ihr die Strommangellage nicht egal sei. «Der Punkt ist, dass wir eine Winterstromlücke haben.» Diese sei jedoch gewollt gewesen, um gute Geschäfte zu machen. Solaranlagen auf den Dächern Die Schweiz werde in Zukunft noch viel mehr Strom benötigen. Die Lücke müsse man aber nicht mit Atomkraft füllen. «Wir könnten auf jedem Dach eine Solaranlage haben, dann hätten wir kein Problem.» Den Einwand, dass dies im Winter nicht viel bringen würde, lässt Trede nicht gelten. Es brauche zudem einige Solaranlagen in den Alpen, aber man werde «nicht alles zupflastern.» Auch Windturbinen seien nötig. Auf eine Zahl festlegen will sie sich jedoch nicht. Sie distanziert sich zudem von Nichtregierungsorganisationen, die den Ausbau des Wasserkraftwerkes an der Grimsel blockieren. Aber die Befürworter der abgelehnten Ausstiegsinitiative von 2016 bleibt dabei, dass die Atomkraftwerke abgestellt und nicht ersetzt werden sollten. «Nichts ausser einer Kampagne» Trede kritisiert den Bundesrat über dessen Untätigkeit: «Wieso macht man im Hinblick auf Stromlücke auf Panik, beschliesst dann aber nichts, ausser eine Energiesparkampagne.» Aber grosse Kraftwerke, die mit Gas oder Atom laufen, brauche es nicht. «Wir müssen viel mehr dezentral Strom produzieren, unabhängiger werden und mit «Power to Gas» Strom für den Winter speichern», sagt Trede. Und dann müsse man das Netz ausbauen und intelligente Netze einsetzen. In Genf sei mit einer App sieben Prozent Strom gespart worden. Ihre Ablehnung der Atomkraft ist jedoch nicht endgültig: «Wenn es irgendwann AKW gibt, die wirklich keinen Abfall mehr produzieren und effizienter und kleiner sind und die man dezentral nutzen kann, dann kann ich mir das vorstellen.» Die Schweiz werde wegen der Black-out-Initiative ohnehin wieder über die Atomenergie diskutieren. Studie zu den Speichertechnologien: https://www.nebelspalter.ch/platzt-der-traum-einer-co2-neutralen-gesellschaft-schlumpfs-grafik-38 https://www.nebelspalter.ch/bereits-die-haelfte-der-unterschriften-ist-beisammen
Thu, 02 Feb 2023 - 83 - Peter Grünenfelder: «Linke Symbolpolitik kostet nur Steuergeld», Feusi Fédéral, Ep. 83
Bürger zahlen zu viel Grünenfelder will die Steuern in Zürich um zehn Prozent senken. Die Überschüsse der letzten Jahre zeigten, dass Bürger und Unternehmen «abertausende von Franken» zu viel bezahlt hätten. «Das Geld gehört dem Bürger, nicht der Staatskasse.» Die Regierung mache damit Geschenke zulasten des Steuerzahlers, sie beschliesse etwa einen viel zu hohen Teuerungsausgleich für das Staatspersonal. «Es ist die Privatwirtschaft, die Wertschöpfung schafft, nicht der Staat.» Am vergangenen Freitag war Grünenfelder Gast bei der SVP im Albisgüetli. War es dem Direktor von Avenir Suisse, dem Think Tank der eine Kampagne für das Rahmenabkommen machte wohl bei den EU-Gegnern? Er habe die Unterstützung der SVP und der Bauern, sagt Grünenfelder. «Bei der Europapolitik ist klar, dass wir unterschiedliche Haltungen hatten.» Die Wirtschaft benötige den Marktzugang. Bloss: «Die Hauptblockierer sind jetzt die Gewerkschaften.» Verwaltungsmentalität durchbrechen Grünenfelder kritisiert die bisherigen Regierungsräte scharf. «Wahlkampf heisst, einen Diskurs über die Zukunft zu führen. Aber die Bisherigen sagen: Es ist alles gut.» Es gebe in Zürich eine Verwaltungsmentalität. «Das will ich durchbrechen.» Dass sich die Bisherigen dieser Debatte nicht stellten, sei eine Enttäuschung. «Man muss dem Bürger Red’ und Antwort stehen und das wollen sie offensichtlich nicht.» «Zürich ist kein Windkanton» Vor vier Jahren hat der Grüne Martin Neukom das Baudepartement übernommen und plant Windräder im ganzen Kanton. Zürich sei kein Windkanton, findet Grünenfelder. «Seine Planungen sind linke Symbolpolitik, die nur kostet.» Das eigentliche Problem, die Versorgungssicherheit, taste er nicht an. «Da wird klar, dass diese linke Politik am Schluss nur Steuergeld kostet.»
Thu, 26 Jan 2023 - 82 - Stefan Engler: «Die Medien verlieren ihre Unschuld», Feusi Fédéral, Ep. 82
«Die Nähe von Macht, Politik und Medien ist ein ewiges Thema», sagt Stefan Engler. Der Bündner vertritt seinen Kanton seit elf Jahren in Bern. Ob vom Informationschef von Alain Berset eine Amtsgeheimnisverletzung begangen wurde, müssten Staatsanwälte abklären. «Ich würde es auf der kollegialen Seite sehr problematisch anschauen, wenn damit eine Meinung zu beeinflusst wird.» Das müsse man im Bundesrat ansprechen. Es sei auch ihm aufgefallen, dass vor den entscheiden Sitzungen in den Zeitungen stand, was dann beschlossen werde. Marketing statt Information «Das Übel hat vor Jahren mit dem Aufbau von Stäben angefangen, die nicht zwischen Information, Kommunikation und Marketing für den Chef unterscheiden. das sind die Früchte dieser Entwicklung», findet Engler. Und wenn sich Medien für ein politisches Geschäft instrumentalisieren liessen, dann verlören sie ihre Unschuld und ihre Glaubwürdigkeit. Er könne nicht ausschliessen, dass es nur mit Ringier so läuft. Da muss man schon Lehren daraus ziehen. Der Vorfall sei fatal für die Diskussion über die Medienförderung. «Ich glaube an die Unabhängigkeit der Medien, die Redaktionen müssen für ihre Unabhängigkeit kämpfen.» Gegen das Übersteuern In der Corona-Pandemie ist Engler zur Überzeugung gelangt, dass die Schweiz ein Verfassungsgericht benötigt. Nicht das Parlament, sondern ein Gericht soll in unserem System der Gewaltentrennung, ob die Verfassung eingehalten wird. «Ich stelle die die Freiheitsrechte höher, als den parlamentarischen Dünkel der sagt, die Politik steht über dem Rechtsstaat. Das sei ein liberales Anliegen, die Verteidigung der Freiheitsrechte der Bürger auch gegen das übersteuern durch den Gesetzgeber.» Das Parlament delegiere zu viel Macht an den Bundesrat und die Verwaltung. «Aber das müssen wir besser machen», sagt Engler selbstkritisch. «Wenn wir jeden Lebensbereich reguliert haben, braucht es extrem viele Spezialisten in der Verwaltung und diese haben nur einen Anspruch, ihre Disziplin zur Höchstform zu bringen und dann gibt es noch mehr Verordnungen.» Verantwortung wird abgeschoben Bei den Kantonen sei die Versuchung gross, eine Aufgabe an den Bund zu delegieren, sobald es Geld gebe. «Man hat die Verantwortung und das Risiko nicht und bekommt Geld. davon müssen wir uns verabschieden, wenn wir einen lebendigen Föderalismus wollen.»
Thu, 19 Jan 2023 - 81 - Matthias Aebischer: «Wir können zulegen», Feusi Fédéral, Ep. 81
Wie kommt die SP nach dem historisch schlechten Ergebnis bei den eidgenössischen Wahlen von 2019 wieder aus dem Tief? Matthias Aebischer ist zuversichtlich. Die Partei könne zulegen, je nachdem, welche Themen den Wahlkampf dominierten. «Schade, haben wir nicht grün im Namen» Die grüne Konkurrenz wird sicher mit der Klimapolitik punkten wollen. Mit denen ist die SP allerdings politisch fast deckungsgleich. Nur bringt das der Partei nichts. Matthias Aebischer findet es manchmal «gemein». «Es ist hart, wie die Grünen und Grünliberalen auf der grünen Welle reiten.» Dabei sei «grün» in der DNA der Sozialdemokraten. «Leider haben wir das Wort grün nicht im Namen.» Aebischer schlägt «sozialdemokratische grüne Partei» vor. Richtig sei, wenn die SP verliere, dann zu Grünen und Grünliberalen. Für Aebischer bleiben die sozialen Themen im Vordergrund. Er verteidigt die laufenden Initiativen der SP zur Prämienverbilligung, zum Klimafonds und zur Kinderbetreuung, die hauptsächlich mehr Geld ausgeben wollen. «Die Kaufkraft der Leute muss gestützt werden.» Aebischer will für tiefere Mieten sorgen und den gemeinnützigen Wohnungsbau fördern. Kritik an den Gewinnen von Staatsunternehmen Der SP-Nationalrat kritisiert Staatsunternehmen, die Milliardengewinne machen würden, unter anderem die dem Kanton Bern gehörende BKW, bei denen Verwaltungsräte und CEOs siebenstellige Löhne einstreichen würden. Beim Thema Einbürgerung will Matthias Aebischer das Verfahren vereinheitlichen und erleichtern. «Dass wir so ein Theater machen bei Leuten, die sich einbürgern wollen, das verstehe ich nicht.» Integration muss beurteilt werden Aber auch für ihn ist die Einbürgerung Folge einer erfolgreichen Integration. Diese müsse mit objektiven Kriterien beurteilt werden, vor allem die Sprache. «Aber es darf keine Schikanen geben.» Das in der SP geforderte «Geburtsprinzip», dass jede Person, die in der Schweiz geboren wurde, den Schweizer Pass bekommt, lehnt Aebischer ab.
Thu, 12 Jan 2023 - 80 - Olivier Kessler: «Wir müssen den Verstand einschalten», Feusi Fédéral, Ep. 80
https://www.libinst.ch/?i=books#wissenschaft-und-politik Für Olivier Kessler stellt sich nach der Pandemie die Frage, wie Politik und Wissenschaft sich zueinander verhalten. Er hat zusammen mit Peter Ruch ein Buch zum Thema herausgegeben. Kessler fragt: «Kann uns die Wissenschaft zu einer Wahrheit führen, die man dann nicht hinterfragen darf, oder ist Wissenschaft nicht viel eher ein Prozess, bei dem man sich immer auf dem Weg befindet? Es gebe die Sehnsucht nach einem Organ, dem man blind vertrauen könne, nach einem Wahrheitsministerium, das sagt, was man zu machen habe. «Dann muss man nicht die anstrengende Arbeit machen und den eigenen Verstand einzuschalten.» Doch genau dies sei nötig. Kessler unterscheidet erfahrungsunabhängige Wissenschaften, die man nicht testen muss. Erfahrungsabhängige Wissenschaften lassen sich in harte und weiche Wissenschaften unterteilen. Erstere lassen sich testen und im Experiment überprüfen und nachvollziehen. Bei weichen Wissenschaften geht das nicht, weil Fragen oft zu komplex und Einflüsse zu vielfältig sind. Dementsprechend ist mit ihren Erkenntnissen umzugehen. Olivier Kessler erinnert an den Klimawandel oder ökonomische Vorhersagen. «Die Politik fordert klare Antworten, sie holt oft Experten, die ein subjektives Element einbringen und dann daraus politische Forderungen ableiten», findet Kessler. Das Buch will aufzeigen, was der wahre Wert der Wissenschaft sein soll: eine skeptische Methode, deren Erkenntnisse immer hinterfragt werden. «Heute formuliert man oft Dogmen, die dann nicht hinterfragt werden dürfen, ohne dass man als «Leugner» abgestempelt wird», sagt Kessler. «Wenn man Erkenntnisse nicht testen darf, dann sind es nur Glaubenssätze.» Wissenschaft müsse sich bewusst sein, dass sie sich auch irren kann. Kessler bleibt aber auf lange Sicht optimistisch. «Der Geist der Aufklärung ist aus der Flasche, den kann man nicht zurückstopfen.» Man dürfe der Wissenschaft nicht glauben, fordert Kessler, man müsse sie hinterfragen. «Menschen sind aufgefordert, ihren eigenen Verstand zu nützen.» Die Wissenschaft könne zwar etwas feststellen, aber sie könne nicht der Gesellschaft Vorschriften machen. «Das sind normative Fragen». Diese müssten politisch beantwortet werden. Die Pandemie habe gezeigt: «In einer Technokratie kommen die Menschenrechte unter Druck.»
Thu, 22 Dec 2022 - 79 - Priska Seiler Graf: «SVP und FDP haben ein Päckli gemacht», Feusi Fédéral, Ep. 79
Nur bedingt zufrieden sei sie mit den Bundesratswahlen, sagt Priska Seiler Graf. «Was mir Sorgen macht, ist, dass die städtische Schweiz nicht mehr im Bundesrat vertragen ist.» Seiler gibt zu, dass mit Jositsch ein urbaner Kandidat zur Verfügung gestanden hätte. «Die Fraktion hat das demokratisch ausgemacht, aber sich für ein reines Frauenticket entschieden.» Die Kommunikation der Parteileitung, Männer zum vorne herein auszuschliessen, fand Seiler jedoch «nicht glücklich». Mit dem Rücktritt habe jedoch niemand gerechnet. «Es darf ein Mann sein» Gegenüber von Albert Rösti hat Seiler «gewisse Bedenken», weil er als «Öl-Lobbyist» und «AKW-Turbo» das Umwelt-, Verkehrs- und Energiedepartement erhalten habe. Aber man würde ihm unrecht tun, ihn darauf zu reduzieren, findet Seiler. «Ich bin aber nicht zufrieden, dass wir das UVEK nicht mehr haben, es ist ein absolutes Schlüsseldepartement.» SVP und FDP hätten ein «Päckli» gemacht. Für einen baldigen Rücktritt von Alain Berset sieht Seiler keinen Grund. Wenn er aber zurücktrete, dann sollte dieser Sitz an die Deutschschweiz gehen. «Und es darf ein Mann sein.» Der russische Angriff auf die Ukraine habe alle überrascht. «Ich bin für eine Armee», betont Seiler Graf. Die Bürgerlichen hätten aber die Armee «heruntergefahren». Der Krieg zeige, dass Flugabwehrsysteme viel wichtiger seien als Kampfjets. Die Bürgerlichen hätten ohne Plan mehr Geld für die Armee durchgedrückt. Obwohl Panzer und Artillerie in der Ukraine eine wichtige Rolle spielen würden, findet Seiler Graf, dass dies in der Schweiz anders sei. «Wir sind von der Nato umzingelt, wo soll es da eine Panzerschlacht geben?» Seiler Graf lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine ab, auch von Munition, die bereits an ein anderes Land geliefert worden sei. Die Schweiz müsse sich ans Neutralitätsrecht halten. Aber langfristig müsse die Schweiz bei einer europäischen Sicherheitsarchitektur mitmachen und dann stehe die Neutralität zur Diskussion.
Thu, 15 Dec 2022 - 78 - Marcel Dobler: «Die SP hat sich verschätzt», Ep. 78
«Die Wahl von Elisabeth Baume-Schneider ist eine riesige Überraschung», sagt Nationalrat Marcel Dobler. «Ich wähle immer den besten fürs Land und aus meiner Sicht ist das nicht so heraus gekommen.» «SP wird Wahlen verlieren» Die Unterschiede, was die Kompetenzen angeht, sei den Hearings noch nie so gross gewesen. «Eigentlich war das Ticket der SP ein Einerticket, die SP wollte Eva herzog», vermutet Dobler. Herzog sei deutlich besser gewesen. aber am Schluss hätten Interessen und taktische Überlegungen eine Rolle gespielt. Die SP habe sich verschätzt. Sie werde die taktischen Fehler noch bereuen. «Seit Cédric Wermuth und Mattea Meyer an der Macht sind, verliert die SP nur noch.» Die SP werde in den nächsten Wahlen deutlich verlieren. Dobler fände es «super», wenn Bundesrätin Karin Keller-Sutter das Finanzdepartement übernehmen würde und Albert Rösti das Umwelt- Verkehr- und Energiedepartement. «Für Ignazio Cassis wäre gut, wenn er ein anderes Departement übernehmen könnte.» Gegen Steuererhöhungen Das Finanzdepartement sei ein Querschnittsdepartement und deshalb wichtig. «Bundesrat Ueli Maurer hat einen hervorragenden Job gemacht. Karin Keller-Sutter soll das weiterführen.» Das Parlament gebe aber immer mehr Geld aus. «Es braucht Einsparungen und das würde Keller-Sutter gut machen.» Dobler würde bei der Entwicklungshilfe sparen, aber auch die Beschlüsse des Parlamentes seien nicht zu finanzieren. Steuererhöhungen kommen für Dobler nicht in Frage. Bei der Altersvorsorge wäre Dobler für eine AHV-Schuldenbremse: «Das System kann nicht aufgeben, wenn mehr Leute in Rente gehen als in den Arbeitsprozess.» Der politische Wille, das Nötige zu tun, sei jedoch sehr weit von der Realität entfernt. Energiestrategie erneuern Bei der Stromversorgung will Marcel Dobler alle Technologien anwenden. Man könne Atomenergie nicht ausschliessen. «Die Energiestrategie basiert auf falschen Annahmen, deshalb hat man einen falschen Weg eingeschlagen.»
Thu, 08 Dec 2022 - 77 - Philipp Bregy: «Ich sehe das nicht so krankhaft», Ep. 77
Der Fraktionschef der Mitte über die Bundesratswahlen, die Departementsverteilung, die Geschlechterfrage, die Bundesfinanzen und warum Vergewaltiger nicht nur mit einer bedingten Strafe davon kommen sollen. Nationalrat Philipp Bregy lässt sich nicht in die Karten schauen. Aber wichtig ist dem Fraktionschef der Mitte, dass die beiden neuen Bundesräte die Kollegialität einhalten. Das Rennen sei offen, sowohl bei der SVP, wie bei der SP. Die Geschlechterfrage sieht Bregy nicht so eng wie die SP. Die Geschlechterfrage werde sich mit dem zunehmenden Frauenanteil im Parlament bald gar nicht mehr stellen. «Ich sehe das nicht so krankhaft.» Die Departementverteilung sei «Privatsache» der Bundesräte. Egal, wer Finanzminister werde, in den nächsten Jahren seien Sparprogramme angesagt. Warum spart niemand im Parlament? «Es ist interessanter, Geld auszugeben als zu sparen.» Aber wer die Notwendigkeit zu sparen nicht sehe, der sollte 2023 gar nicht mehr kandidieren. Links schützt Vergewaltiger Im Sexualstrafrecht ist die Mitte für die Widerspruchslösung («Nein, heisst nein»), weil es praktikabler sei. Entscheidend sei, dass die Nötigung nicht mehr im Tatbestand sei. Dass SP und FDP weiterhin bedingte Strafen und Geldstrafen für Vergewaltiger wollten, findet Bregy unerklärlich. «Ein Vergewaltiger sollte verurteilt werden und das nicht mit einer Geldstrafe. Es ist unerklärlich, weshalb da links nicht mitmacht. Das ist Täterschutz!»
Thu, 01 Dec 2022 - 76 - Marco Chiesa: «Im Bundesrat gäbe es eine Mehrheit, um bürgerliche Politik zu machen», Feusi Fédéral, Ep. 76
«Wir haben fünf gute Kandidaten und wollen der Bundesversammlung zwei davon vorschlagen.» Die Kandidaten werden sich am Freitag der Fraktion vorstellen und Fragen beantworten. Das wichtigste Kriterium ist für Marco Chiesa die «Führungskompetenz». «Entweder du führst oder die wirst geführt. Es funktioniert nicht, wenn die Verwaltung für dich entscheidet.» Daniel Jositsch habe diese Kompetenzen, findet der SVP-Präsident. «Er könnte ein glaubwürdiger Kandidat für den Bundesrat sein.» Aber die SP wolle das nicht. Das sei eine Diskriminierung. Die Lage sei ernst. «Wir haben eine Krise in der Energieversorgung, wir haben Probleme bei mit der Zuwanderung und wir haben Inflation. Brauchen wir jetzt eine Genderpolitik oder brauchen wir eine sehr gute Bundesrätin?» Wenn man mit solchen Kriterien anfange, dann werde das kein Ende haben. «Die Frage ist, ob die Fraktionsmitglieder der SP den Mut haben, sich gegen ihre Parteiführung zu wehren.» Im Bundesrat gäbe es eine Mehrheit, um die Departemente zu verteilen», sagt Chiesa. Die Bürgerlichen sollten beide frei werdenden Departemente besetzen. Der SVP-Präsident lässt durchblicken, dass seine Partei gerne das UVEK übernehmen würde. «Ich will nicht den Vorwurf hören, dass wir nicht bereit seien, Lösungen für die Energiekrise zu bringen.» Chiesa kritisiert das Verbot von Atomkraftwerken. «Ohne die Kernkraftwerke müssen wir noch viel mehr Strom ersetzen. Man kann nur dekarbonisieren, wenn die Stromversorgung gewährleistet wird.» Aber auch das Finanzdepartement sei wichtig, weil sich hohe Defizite abzeichneten. Neben der Energiekrise spielt für Marco Chiesa die Zuwanderung eine wichtige Rolle im Wahlkampf vom nächsten Jahr. Die rund 200’000 zusätzlichen Einwohner in diesem bedeuteten, dass es mehr Infrastruktur, mehr Schulen brauche. Er kritisiert die europäische Grenzschutzagentur Frontex und die Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. «Man sollte einfach das umsetzen, was seit 2014 in der Bundesverfassung steht.» Er wolle keine 10-Millionen-Schweiz. Die Zuwanderung müsse nach den Bedürfnissen der Wirtschaft gesteuert werden. «Das ist vernünftig.»
Thu, 17 Nov 2022 - 75 - Marc Bühlmann: «Ein Bundesrat muss Kompromisse machen», Feusi Fédéral, Ep. 75
«Heute geht es nach einem Rücktritt nur wenige Minuten, und schon redet man vom Kandidatenkarusell», sagt Marc Bühlmann. «Diese Geschwindigkeit entspricht nicht unserem politischen System.» Das sei früher anders gewesen. Es habe auch keine «Bundesratstickets» gegeben. Vielmehr habe sich in den Wochen vor einer Wahl langsam herauskristallisiert, wer in Frage komme. «Dass Parteien mit Vorschlägen kommen, das ist eher etwas Neueres.» Und trotz des zunehmenden Tempos bleibe das System bedächtig. «Das langsame System ist zum Glück nach wie vor sehr stark. Egal, was Parteien oder Medien veranstalten, das System kümmert sich nicht um die Aktualität.» Die Bundesratswahl werde vermutlich unspektakulär, aber alles darum herum müsse spektakulär sein, für die Medien, die Parteien und das Publikum. Als Partei möchte man zwar einen Bundesrat, der auf Parteilinie sei, sagt Bühlmann. In der Regierung bringe das aber nichts, weil es eine Kollegialregierung sei. «Es muss eine Person sein, die über den eigenen Schatten springen kann – und das weiss die Bundesversammlung relativ gut. Und trotzdem sagen die Parteien: wir entscheiden, wer da reinkommt.» Die Bundesversammlung sei nicht gezwungen, jemandem vom Ticket der SP zu nehmen. Doch ein Jahr vor den Wahlen wolle niemand eine solche Aktion durchführen. «Ich gehe davon aus, dass jemand von den Tickets gewählt wird und die Parteien so vorausschauend sind, jemanden aufzustellen, der wählbar ist.» Auch wenn gerade die Pol-Parteien SP und SVP gerne einen «Hardliner» in der Regierung hätten, der Bundesrat habe vor allem eine Verwaltungsfunktion, sagt Bühlmann. «Es ist ein Gremium, das um Kompromisse ringen muss. Das ist auf lange Sicht wieder ein Vorteil.» Ist das Konkordanzsystem unter Stress, weil die Grünen und die Grünliberalen nicht im Bundesrat sind? «Konkordanz ist wie eine Käseglocke, da sind alle darunter, aber es stinkt gewaltig, wenn man nicht ab und zu lüftet», findet Bühlmann. In der Realität müsse der Bundesrat auch die Grünen und Grünliberalen berücksichtigen, selbst wenn sie nicht in der Regierung vertreten seien. Bühlmann verteidigt die Langsamkeit der Politik in der Schweiz. «Wenn man Veränderungen sofort will, dann muss man die Gesellschaft ausblenden, dann gehen wir Richtung Diktatur.» Die Alternative sei, die Gesellschaft mitzunehmen. Das entspreche mehr der Grundidee von Demokratie. «Gesellschaftliche Veränderungen sind aber langsam, diese Langsamkeit, die wir in unserem System abbilden, ist ein Vorteil.» Das System erzwinge einen dauernden Dialog zwischen Politik und Gesellschaft. Bühlmann sagt dies sogar, wenn seine Studierenden auf den Klimawandel verweisen.
Thu, 10 Nov 2022 - 74 - Thierry Burkart: «Die Politik hat bei der Energiestrategie versagt», Feusi Fédéral, Ep. 74
«Wenn Albert Rösti auf dem Ticket steht, dann ist die Chance gross, dass er auch gewählt wird», sagt Thierry Burkart. Ein Bundesrat müsse das Handwerk der Politik verstehen. Etwas Weitsicht schade nicht und die Verankerung in der Partei ist Burkart wichtig, auch wenn jemand in der Lage sein müsse, Kompromisse einzugehen. Der Anspruch der Grünen findet Burkart widersprüchlich. Es komme auf die Wahlen im kommenden Jahr an. «Wir wollen Wähler und Sitze gewinnen und die SP überholen», sagt Burkart Thierry Burkart. «SP macht spaltende Politik» Die Schweiz basiere auf einer liberalen Idee. Diese habe dazu geführt, dass es den Leuten gut gehe. «Das will man nicht mit einer traumtänzerischen Politik verspielen, die etwas verspricht, das dann aber nicht eingehalten wird.» Das Programm der SP sei immer sehr einfach. «Man ist für die Armen und gegen die Reichen, man ist für die Frauen gegen die Männer, das ist spaltende Politik» sagt Burkart. Die Schweiz brauche eine Politik, die alle Menschen mitnehme. «Am Schluss ist das Wahlprogramm der SP Klassenkampf wie seit 200 Jahren, das ist der heutigen Zeit nicht angemessen.» «Politikversagen» Dass man in Birr ein mobiles Notkraftwerk für die Stromversorgung aus Flugzeugturbinen erstellen müsse, von denen nur drei schallgedämpft seien und die 70’000 Liter Öl pro Stunde verbrauchen, das ist für den FDP-Präsidenten Symbol für das Politikversagen in der Energiepolitik. Kurzfristig sei das leider nötig. Mittel- und Langfristig brauche man jedoch alle Technologien, um die Versorgung sicherzustellen. Langfristig brauche es grosse Kraftwerke, um den steigenden Strombedarf zu decken. «Mir ist es egal, ob das Kerneregie oder Gaskraftwerke sind.» Aber man müsse heute darüber diskutieren. Glaubt er daran, dass die vorgesehenen Solarkraftwerke in den Alpen tatsächlich gebaut werden? «Das hat man uns versprochen», sagt Burkart. Gleichzeitig weiss er aber auch, dass die Hindernisse, nicht zuletzt beim Anschluss ans Netz hoch sind. «Deutschland lenkt von eigenen Problemen ab» Burkart würde die Lieferung von einst in der Schweiz gekauften Munition durch Deutschland an die Ukraine begrüssen, aber das von Mitte-Links verschärfte Kriegsmaterialgesetz lasse dies nicht zu. «Das Schauspiel, das Deutschland abliefert, ist eine Ablenkung von eigenen Problemen.» Burkart lehnt die Neutralitätsinitiative der SVP ab. «Diese Form der Neutralität hat die Schweiz noch gar nie gelebt.» Die Schweiz habe ihre Neutralitätspolitik immer wieder anders gehandhabt. Es brauche eine gewisse Flexibilität. «Neutralität muss so gelebt werden, dass wir nicht als Rosinenpicker betrachtet werden, die nichts zur Sicherheit in Europa beitragen», findet Burkart. Darum sei es richtig, dass die Schweiz sich an den Sanktionen beteiligt habe. «Aber wir müssen das jedes Mal abwägen.» Hinweis: Das Gespräch wurde vor dem Rücktritt von Bundesrätin Simonetta Sommaruga aufgenommen.
Thu, 03 Nov 2022 - 73 - Olivier Feller: «Die Raumplanung führt zu Wohnungsnot», Feusi Fédéral, Ep. 73
Feller hat Wurzeln in Bern und in der Waadt. Den Links-Drall der Romandie findet er nicht nur schlecht. Es gebe nicht wenige Bürgerliche in der Romandie, die dankbar seien, wenn die Deutschschweiz einer bürgerlichen Frage zum Durchbruch verhelfe. «Wir in der Romandie sind ein wenig staatsgläubiger.» «Klar bürgerliche Linie» In den letzten 10 bis 20 Jahren habe es weniger Unterschiede geben als früher. «Es gibt eher einen Unterschied zwischen Stadt und Land». Auch im Kanton Waadt selbst: Die linke Stadt Lausanne dominiere den Kanton. Das sei ein Problem für die Bürgerlichen. Feller sagt, um die Bürgerlichen ausserhalb Lausannes zu mobilisieren, brauche es eine klar Bürgerliche Politik. «Eine klare bürgerliche Linie brauche es», sagt Feller, «aber intelligent und nicht dogmatisch.» Man muss die klaren Vorteile einer bürgerlichen Politik darlegen. Die Bürgerlichen lancierten vor kurzem zum Beispiel eine Volksinitiative für tiefere Steuern. «Es genügt nicht, die Regierung zu unterstützen, das ist zu wenig, um Wahlen zu gewinnen.» Das gelte auch auf Bundesebene: «Wir dürfen nicht einfach ja und Amen zum Bundesrat sagen, nur weil wir zwei FDPler im Bundesrat haben, wir müssen unsere Werte zeigen.» Vorteil Rösti in der Romandie Der zweite Sitz der SVP im Bundesrat sei in der Romandie kein Thema, sagt Feller. Und das sei gut so. «Sogar die Grünen haben ja Angst, anzutreten.» Was die Kandidaten angehe, habe der Berner Albert Rösti in der Romandie sicher einen Vorteil. Feller setzt sich für eine liberale Wirtschaftspolitik ein. Für ihn bedeutet das Sozialpartnerschaft, weil Lösungen, die verhandelt werden, besser seien als solche, die zentral gesetzlich festgelegt werden. «Die Gewerkschaften werden immer etatistischer», beobachtet Feller. Zu liberaler Wirtschaftspolitik gehört für ihn ein solider Finanzhaushalt. Das habe den Spielraum gegeben, in der Pandemie Firmen zu unterstützen. Für ein Veto gegen die Verwaltung Feller fordert eine massvolle Regulierung. Das beängstige ihn derzeit. «Obwohl das Parlament manchmal mitschuldig ist, kommt die Regulierung oft von der Verwaltung, die über das Gesetz hinausgeht, nicht einmal so sehr vom Bundesrat. Feller befürwortet deshalb ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen. Das bürgerliche Versprechen, dass jeder mit Arbeit Hauseigentum erwerben könne, sei heute nicht mehr gewährleistet, sagt Feller, der dem Hauseigentümerverband der Romandie vorsteht. Grund sei zu viel Regulierung und zu restriktive Raumplanung, welche das Angebot verknappe. Verdichten sei nicht einfach und auch in die Höhe bauen sei oft nicht möglich. «Die Raumplanung führt zu Wohnungsnot.» «Zuwanderung wird Thema» Hinzu komme die Zuwanderung: Sie müsse so gestaltet werden, dass sie den Bedürfnissen der Schweiz entspreche. Eine 10-Millionen-Schweiz sei beängstigend und die Debatte werde wieder aufkommen, auch in linken Kreisen.
Thu, 27 Oct 2022 - 72 - Casimir Platzer: «Eine Maskenpflicht für alle ist falsch», Feusi Fédéral, Ep. 72
Die Gesundheitspolitiker reden bereits wieder von neuen Massnahmen gegen das neue Coronavirus. Casimir Platzer sieht das kritisch: «Im Winter werden wir eine Infektionswelle haben, wie wir es die letzten hundert Jahre immer gehabt haben.» Deutschland mit seinen Massnahmen zeige, dass eine Maskenpflicht nichts nütze. «Es ist wichtig, dass Risikopatienten sich schützen können, aber alle dazu zwingen, ist falsch.» Schweiz soll Massnahmen nicht übernehmen Die Schweiz habe es besser gemacht als alle umliegenden Länder. Die hiesige Kritik an den Massnahmen habe genützt, dadurch blieben zum Beispiel die Skigebiete offen im Unterschied zu allen anderen Ländern. «Und es ist nichts passiert.» Wenn die anderen das Gefühl haben, dass es wieder verrückte Massnahmen brauche, dann müsse das die Schweiz noch lange nicht übernehmen. Platzer erinnert an die absurden Regeln, die mit dem Mikromanagement des Bundesrates während der Pandemie entstanden sind. Restaurants seien nie ein Ansteckungsherd gewesen. «Was die einzelnen Massnahmen gebracht haben, das wissen wir nicht.» Gastrosuisse will die Entschädigungsfrage mit einer Volksinitiative klären. https://entschaedigung-ja.ch/ Falls es wieder zu einer Pandemie kommt, dann müssen die Spielregeln von Anfang an klar sein, findet Platzer. Dazu brauche es eine Überarbeitung des Epidemiengesetzes. «Stromfirmen sind Kartell» Sorgen machen dem Wirtepräsident die enorm gestiegenen Strompreise. Die Wirte müssen bis zu 15-Mal mehr bezahlen für Strom. Das betrifft vor allem Betriebe, welche die Grundversorgung verlassen haben und von günstigen Preisen profitiert haben. «Es braucht einfach Massnahmen», findet Platzer. Der Strommarkt sei kein richtiger Markt und die Branche sei hochgradig subventioniert. «Die Stromfirmen sind ein bewilligtes Kartell», kritisiert Platzer. Der Preis werde an der Strombörse von den letzten Prozent Strom gesetzt, die für eine fiktive Nachfrage produziert würden. «Das ist eine Preisfestlegung von marktmächtigen Unternehmen, der Verbraucher hat nicht wirklich die Möglichkeit auszuwählen. Es gibt keine Ausweichmöglichkeit.» Die Branche sei hochreguliert und hochsubventioniert. Jetzt brauche es Massnahmen, weil sonst 3000 Gastrobetriebe gefährdet seien. Platzer – bei der Abstimmung ein Gegner der Energiestrategie – kritisiert die Umsetzung der Energiestrategie des Bundes. «Wir haben es verschlafen, man hat die Energiestrategie angenommen, aber man baut die Produktion zu wenig auf.» Die Schweiz habe die Versorgungssicherheit aus der Hand gegeben. Es brauchte grosse Kraftwerke: «Wir werden mit dem Bevölkerungswachstum und immer mehr Geräten viel mehr Strom verbrauchen. Rein Solar- und Windenergie werden dafür nicht reichen.» Man bekomme nun genau jene Strompreise, welche die Gegner der Energiestrategie bei der Abstimmung befürchtet hätten. Der Ausstieg aus der Kernenergie sei falsch und dass man auch die neusten Entwicklungen bei der Kernenergie abklemme, das sei «ein grosser Fehler».
Thu, 20 Oct 2022 - 71 - Felix Schneuwly: «Es braucht mehr Freiräume in der Gesundheitspolitik», Feusi Fédéral, Ep. 71
Um 6,6 Prozent steigen die Krankenkassenprämien dieses Jahr durchschnittlich. Felix Schneuwly, Vizepräsident des Bündnis freiheitliches Gesundheitswesen und Head Public Affairs des Vergleichsdienstes Comparis, hat dies schon länger vorhergesehen. Es stimmt nicht, dass Corona verantwortlich ist, wie Alain Berset behauptet, sagt Schneuwly. Ausserordentliche Kostenschübe müssten mit Reserven abgefedert werden, doch die Politik hat die Kassen gezwungen, diese abzubauen. Schon Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin hätten die Kassen gezwungen, Reserven abzubauen, und jedes Mal habe das zu einem Prämienschock geführt. «Dass man einen Fehler macht, ist okay, aber nicht zum dritten mal», findet Schneuwly. Es geht auch ohne Eingriffe Krankenkassen sollten mehr Freiraum haben, fordert Schneuwly. «Keine kann sich leisten, über Jahre zu hohe Prämien zu verlangen, dann verliert sie Kasse Kunden.» Das System würde auch ohne politische Eingriffe funktionieren, «vermutlich sogar besser». Und was macht die Politik? «Die Linke hat eine Strategie, sie will das wettbewerbliche System abschaffen», findet Schneuwly, «sie macht das Schritt für Schritt mit Hilfe der Bürgerlichen, die keine Strategie haben und in der Regel gespalten sind.» Regulierung schafft KVG ab Das Krankenversicherungsgesetz will seit 1996 einen regulierten Wettbewerb. Mit den staatlichen Interventionen werde der Wettbewerb schrittweise abgeschafft, befürchtet Schneuwly. «Die Fachleute an der Front benötigen immer mehr Zeit für Administration statt für die Patienten.» Die letzten Revisionen hätten nur die Bürokratiekosten erhöht. Das System vergüte heute allein die Menge an Leistungen und nicht die Qualität der Arbeit, kritisiert Schneuwly. «Das ist grundsätzlich falsch.» Schneuwly fordert einen Qualitätswettbewerb statt ein Preiswettbewerb. Das Gesetz würde das bereits zulassen, aber Alain Berset reguliere das wieder so, dass der Spielraum dafür immer kleiner werde. «Man müsste Leistungserbringer belohnen für Qualität und Kosteneffizienz. Wenn man nur die Menge bezahlt, dann hat man den umgekehrten Anreiz, je mehr, desto besser.» Bürger bezahlen «Wir Bürger zahlen das alles, entweder über Prämien oder Steuern». Links würde am liebsten alles mit Steuern bezahlen und die Kopfprämie abschaffen, sagt Schneuwly, und gleichzeitig die Krankenkassen aus dem Spiel nehmen. «Dann hätten wir eine Einheitskasse.» «Was die Politik nun macht, bedeutet zunehmend mehr Mikromanagement und weniger Freiräume für die Akteure», kritisiert Schneuwly. Das gelte sowohl für Kassen als auch für Leistungserbringer und dies, obwohl diese alle hoch qualifiziert seien. «Die Gefahr ist gross, dass die Dynamik im Markt abgewürgt statt simuliert wird.»
Thu, 13 Oct 2022 - 70 - Vanessa Meury: «Netto-Null ist nur mit Kernenergie zu erreichen», Feusi Fédéral, Ep. 70
Vor einem Monat hat der Energie Club Schweiz die «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» gestartet. Die Sammlung laufe gut, sagt Vanessa Meury. Die Initiative soll schon nächsten Frühling eingereicht werden. «Wir wollen mit der Initiative klar regeln, dass der Bund für die Versorgungssicherheit zuständig ist – heute schiebt sich die Politik und die Stromfirmen den Schwarzen Peter zu.» Die Initiative fordert, dass jede «klimaschonende» Technologie für die Stromversorgung eingesetzt werden kann. «Wir sagen nicht nein zu erneuerbaren Energien», erläutert Vanessa Meury, «wir sagen nur, dass es falsch ist, mit den Erneuerbaren die Kernenergie ersetzen zu wollen, das geht nicht, wie Deutschland zeigt.» Es sei eine Illusion zu glauben, dass Flatterstrom eine Grundlast im Winter gewährleisten könne. Deutschland zeige: Es brauche ein Backup mit Kohle- und Gaskraftwerken, die massive CO₂-Emissionen bedeutet. «Das ist doch absurd!». Die Initiative fordere nichts anderes als eine sichere Stromversorgung mit einem klimaschonenden Strom-Mix aus allen Technologien. Es braucht mehr Strom als heute «Netto Null bis 2050 ist nur mit Kernenergie zu erreichen», findet deshalb Vanessa Meury. «Wir brauchen viel mehr Strom als heute, wegen der Zuwanderung, aber auch wegen der Dekarbonisierung des Verkehrs.» Die Alternative wären noch mehr Importe im Winter, doch diese seien nicht gewährleistet. «Wir sollten nicht auf Importstrom setzen, sondern auf eine eigenständige Produktion in der Schweiz», findet Meury. «Genug Strom zu haben, ist wichtig für die Schweiz, die ganze Wirtschaft hängt daran.» Dass der Widerstand gegen AKWs gross sei, habe mit der jahrelangen Angstmacherei gegen Kernenergie zu tun. «Wir haben gegen jedes Argument Fakten bereit», sagt Meury. Ihre Aufgabe sei es, die Bevölkerung zu informieren. Meury weist jedoch darauf in, dass bis jetzt alle Volksinitiativen für einen Atomausstieg gescheitert seien, letztmals 2016. Offen für Gegenvorschlag Wie sähe ein indirekter Gegenvorschlag zur Initiative aus? «Das Technologieverbot im Energiegesetz müsste aufgehoben werden und der Bund die Verantwortung für die Stromversorgung übernehmen.» Das seien die wichtigsten Punkte der Volksinitiative, betont Meury. «Das müssten wir zwingend umsetzen.»
Thu, 06 Oct 2022 - 69 - Gregor Rutz: «Wir haben die wirklichen Probleme aus den Augen verloren», Feusi Fédéral, Ep. 69
«Wir haben ein gutes Politiksystem, dazu sollten wir Sorge tragen», findet Gregor Rutz. Seit der Pandemie werde aber immer mehr mit Not- und Dringlichkeitsrecht Politik gemacht. «Man will Gesetze in einer Session durch beide Kammern durchpeitschen.» Doch da gehe verloren, was der entscheidende Vorteil der Schweiz sei: Dass nämlich Gesetze sorgfältig abgewogen und mit den betroffenen Kreisen zusammen ausgearbeitet würden. «Die Eile gibt der Politik und der Exekutive mehr Macht. Da mache ich nicht mit.» Es gehe dabei immer um Bereiche, wo die Politik nicht richtig vorgesorgt habe. «Und dann muss man strampeln, um die Krise zu bewältigen.» Das führe zu absurden Widersprüchen: Einerseits wolle man aus den fossilen Energien aussteigen und gleichzeitig die Atomkraftwerke abstellen. «Links-grün will Solarzellen auf allen Hausdächern, aber gleichzeitig mehr Orts- und Heimatschutz. Man will mehr erneuerbare Energien, aber zusätzlich zu bestehenden Vorschriften eine Biodiversitätsinitiative, die das fast unmöglich macht.» Rutz fordert eine langfristige Strategie für eine sichere und günstige Energieversorgung. Doch diese sei nicht in Sicht. Gendersterne statt Energiepolitik Man habe im Wohlstand vielleicht die wirklichen Probleme aus den Augen verloren, befürchtet Rutz. «Wir reden über Gendersterne, aber eine sichere Energieversorgung schaffen wir nicht.» Das habe damit zu tun, dass immer weniger Mitglieder des Parlaments aus der Wirtschaft kämen. «Ob Gewerbler oder Grossindustrieller: Wenn einer aus der Wirtschaft kommt, dann politisiert er anders, weil er sich immer überlegt, was es kostet und was es bringt.» Den Politikern gefalle es, wenn sie mehr Macht hätten und wenn immer mehr Gesetze für dringlich erklärt würden. Dann gälten sie sofort und das Referendum komme wenn überhaupt erst danach. Politiker könnten dann etwas tun, ohne die Bürger fragen müssen, aber das sei falsch, findet Rutz. «Ich bin gegen jede Dringlichkeit, die Bürger sollen mitreden können.» Terroristen dürfen bleiben Nichts unternehmen will die Politik gegen verurteilte Terroristen. Dies, obwohl National- und Ständerat sie ursprünglich ausschaffen wollte. «Es ist absurd, dass wir Terroristen, die unsere öffentliche Sicherheit gefährden, bei uns behalten müssen, weil sie in ihrem Heimatland vielleicht gefährdet sind.» Der Bundesrat weigerte sich, den Auftrag des Parlaments umzusetzen. «Dabei ist die öffentliche Sicherheit eine der zentralsten Aufgaben des Landes», findet Rutz.
Thu, 29 Sep 2022 - 68 - Simon Stadler: «Ich will nicht die Alpen voll pflastern», Feusi Fédéral, Ep. 68
Gleich mit zwei Vorlagen soll fünf Jahre nach der Abstimmung über die Energiestrategie der Ausbau von Solar- und Windkraftwerken beschleunigt werden. «Es ist gut, dass wir vorwärtsmachen», sagt der Urner Nationalrat Simon Stadler, «ich verstehe, dass man den Natur und Umweltschutz ritzt, aber bei den frei stehenden Solaranlagen bin ich kritisch. Es ist jetzt ein Hyperaktivismus ausgebrochen, um nicht zu sagen, gewissen Kollegen sind die Sicherungen durchgebrannt.» Ein Projekt allein benötige die Fläche von 700 Fussballfeldern. Das gebe ihm zu denken. «Windräder im Mittelland» «Mein Herzensanliegen ist, dass es eine faire Lastenverteilung gibt», sagt Stadler. Der Kanton Uri habe schon viel zu tragen. Darum fordert Stadler andere Regionen auf: «Im Mittelland müssen Windkraftanlagen verwirklicht werden und nicht nur Solarkraftwerke in den Alpen.» Der Ständerat will für die Solaranlagen die Planungspflicht und die Umweltverträglichkeitsprüfung aufheben und einen Vorrang vor allen nationalen kantonalen Interessen beschliessen. Simon Stadler findet das Vorgehen der kleinen Kammer nicht seriös. «Es ist nicht würdig, das so schnell durchzudrücken, es würde auch im Winter noch reichen.» Er ist dagegen, dass man überstürzt unsere Alpen voll pflastert. Es seien sehr einschneidende Eingriffe in die Natur. Der Import von Strom werde weiterhin wichtig bleiben. Die AKWs würden die nächsten zwanzig Jahre Bandenergie bringen. Was dann kommt, lässt Stadler offen. Man müsse offen sein gegenüber allen Technologien, aber momentan wolle niemand ein AKW bauen. Eine grundsätzliche Änderung der Energiepolitik findet Stadler nicht nötig. «Erziehungsdirektoren haben geschlafen» Es sei bedenklich, wenn man unausgebildete Leute unsere Kinder ausbilden lasse, sagt Stadler. «Die Erziehungsdirektoren und die pädagogischen Hochschulen haben die Situation verschlafen». Der Zugang zu den pädagogischen Hochschulen könnte einfacher sein. Das Durchschnittspensum müsse durch die Schulleiter erhöht werden. «Wenn alle Lehrer etwas mehr arbeiten würden, hätten wir keinen Mangel.» Warum hören viele Lehrer auf? Es habe mit den Eltern und der Bürokratie zu tun, findet Stadler. «Gewisse Eltern können einem tagelang beschäftigen», erzählt er. Man sitze viel am Schreibtisch und sei nicht mehr so frei wie früher, sogar für einen Ausflug an den See oder ein Klassenfoto. Treiber des Lehrermangels ist aber die Zuwanderung. «Das Wachstum der Weltbevölkerung wird früher oder später zum Problem. Hier in der Schweiz müssen wir uns bewusst sein, Zuwanderung hat Folgen, wir in Uri sehen das im Stau am Gotthard.» Das Zuwanderungs-Dilemma Muss man die Zuwanderung denn beschränken? Am besten wäre es, wenn die Menschen gar nicht in die Schweiz kommen würden, sagt Stadler. «Ich will keine zehn oder elf Millionen Schweiz.» Gleichzeitig habe die Schweiz einen Fachkräftemangel. «Wir sind auf gewisse Zuwanderung angewiesen.» Es sei ein Dilemma.
Fri, 23 Sep 2022 - 67 - Lars Guggisberg: «Die Bundesfinanzen sind ein Wunschkonzert von Mitte-Links», Ep. 67
Nach dem Ständerat hat diese Woche der Nationalrat die Armeebotschaft bewilligt und Bundesrätin Viola Amherd aufgefordert, den F-35 zu bestellen. Braucht es diese Milliarden für die Verteidigung wirklich? «Die Armee wurde in den letzten 20 Jahren sträflich vernachlässigt», findet Lars Guggisberg. «Am Ende des Kalten Krieges hatte man das Gefühl, der ewige Friede sei ausgebrochen.» Jetzt sei man erwacht aus dem Traum. «Man war zu naiv, die Bedrohungslage hat man völlig falsch eingeschätzt.» Für die vor kurzem eingereichte Initiative von links-grün gegen den Kauf des Kampfjets hat er kein Verständnis. «Wir haben bereits einmal abgestimmt.» Gegen Annäherung an die Nato Und was hält er von der Forderung der FDP, näher an die Nato zu rücken? «Gewisse Kooperationen braucht es, aber wir sind ein neutrales Land und wollen eine eigenständige Armee.» Eine weitere Annäherung an die Nato lehnt Guggisberg ab. «Wir würden die Neutralität schleichend aufgeben.» Mehr Geld für die Armee, Prämienverbilligungen, soziale Wohlfahrt und den Klimaschutz: Können wir uns das leisten? Guggisberg winkt ab. «Parlament hat Ausgaben beschlossen, die nicht finanzierbar sind.» Ab 2027 drohten grosse Defizite. «Seit 30 Jahren geben wir jedes Jahr mehr aus, das ist nicht nachvollziehbar.» Der Staat wachse mehr als die Wirtschaft, das könne nicht gut gehen. Die Schuldenbremse soll deshalb mit einer Regel ergänzt werden, dass der Staat nicht stärker wachsen dürfe als das Bruttoinlandprodukt. «Bundeshaushalt wird Selbstbedienungsladen» «Der Bundeshaushalt wird zum Selbstbedienungsladen, zum Wunschkonzert für Mitte-Links, denn Mitte, SP, Grünliberale und Grüne bilden jeweils die Mehrheiten für die beschlossenen Ausgaben.» Die zusätzlichen Augaben für die Armee und die Subventionen für die Landwirtschaft rechtfertigt Guggisberg damit, dass diese Bereiche vernachlässigt worden seien. Aber wie will Guggisberg dann 25 Prozent der Ausgaben einsparen, wie er fordert? «Ich habe Mü he mit dem Wort sparen», sagt das Mitglied der nationalrätlichen Finanzkommission, «es geht vor allem darum, nicht immer mehr auszugeben, das wäre schon einmal etwas.» Keine Privilegien für Bundesbeamte Die neuen Aufgaben führen nicht nur zu neuen Ausgaben, sondern auch zu mehr Bundespersonal. In den 12 Jahren wurde die Bundesverwaltung von 32’000 Vollzeitstellen auf 38’000 ausgebaut. Das koste 1,5 Milliarden pro Jahr zusätzlich. «Die Bundesangestellten sollen auf Privilegien verzichten und wie alle anderen Arbeitnehmer nach Obligationenrecht angestellt werden», fordert Guggisberg. Der Berner Nationalrat will Finanzbeschlüsse ab einer noch zu bestimmenden Summe einem fakultativen Referendum unterstellen. «Wir geben hier im Parlament nicht unser eigenes Geld aus, sondern das der anderen. Dann sollen doch die Steuerzahler darüber bestimmen, ob sie das Geld ausgeben wollen.» Es werde zwar schwierig, das im Parlament durchzubringen. «Aber man muss es immer wieder versuchen.»
Fri, 16 Sep 2022 - 66 - Markus Ritter: «Der Konsument soll entscheiden», Feusi Fédéral Ep. 66
«In der Schweiz gibt es keine industrielle Tierproduktion», sagt Markus Ritter. «Das Ziel der Initiative, für Tierwohl zu sorgen, ist bereits im Gesetz verankert, die Initiative ist unnötig.» Im internationalen Vergleich gebe es in der Schweiz sehr niedrige Tierbestände. «Wir haben das strengste Tierschutzgesetz der Welt und sind das einzige Land mit verordneten Höchstbeständen.» Beim Fleisch werde heute nur sechs Prozent in Bio-Qualität verkauft. Es koste schon heute rund fünfzig Prozent mehr. Die Initiative wolle alle anderen Konsumenten dazu zwingen, diese Preise zu bezahlen. «Das ist aber richtig, wir sind in einem liberalen Land. Wenn einer ein Stück Fleisch will, dann soll er das essen dürfen.» Die Initianten dürften ihr Weltbild nicht allen vorschreiben, findet Ritter. Konsumenten würden im Ausland einkaufen Was würde bei einem Ja zur Initiative passieren? Ritter geht davon aus, dass zahlreiche Bauernfamilien die Produktion einstellen müssten. Die Preise für alle Nahrungsmittel würden deutlich ansteigen und immer mehr Konsumenten würden im Ausland einkaufen. Und was passiert bei einem Nein? Die Forderungen von links-grün werden nie aufhören», befürchtet Ritter. «Der Unterschied zwischen uns und links-grüner Agrarpolitik ist, dass sie alles auf Gesetzesstufe vorschreiben wollen, wir wollen zwar bessere Gesetze als in Nachbarländern, aber der Konsument soll so viel Wahlfreiheit haben wie möglich. Über diese beiden Konzepte werden wir immer wieder abstimmen. Energiestrategie war «Fehlüberlegung» Was bedeutet die Energiekrise für die Bauern? «Wenn der Strom ausfällt, wird es ganz schwierig.» Die Bauern seien auf Strom angewiesen. «Ich bin dafür, dass wir auf alternative Energien umbauen, aber jetzt steht die Versorgungssicherheit zuoberst.» Es brauche jetzt Investitionen in die Stromproduktion im Inland, damit die Schweiz unabhängiger werde. «Hinter der Energiestrategie stand eine Fehlüberlegung: Wir haben zu wenig investiert und uns auf Importe verlassen», findet Ritter. Das Problem habe es schon vor der Ukraine-Kirise bestanden. Der Bundesrat müsse eine Lagebeurteilung machen, fordert Ritter. «Die Politik muss die Energiestratregie nachjustieren, und zwar als Ganzes, daran kommen wir nicht vorbei.» Die Atomkraftwerke würden dabei eine wichtige Rolle spielen, aber auch die erneuerbaren Energien. «Die links-grüne Politik hat so lange funktioniert, wie man im Ausland billigen Strom einkaufen konnte.» Im Inland hätten SP, Grüne und Naturschutzorganisationen alles verhindert, findet Ritter. «Das passte zur Importstrategie, jetzt wo die Importe nicht mehr funktionieren, braucht es ein Umdenken.»
Fri, 09 Sep 2022 - 65 - Gerhard Pfister: «Die Grossmächte zwingen uns zu Positionsbezügen», Ep. 65
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern. Heute mit Mitte-Präsident Gerhard Pfister.
Fri, 02 Sep 2022 - 64 - Alexandra Janssen: «Die Inflation wird vom Ausland importiert», Feusi Fédéral, Ep. 64
«Inflation ist immer eine Folge der Geldpolitik», sagt Alexandra Janssen. «Es ist die lockere Geldpolitik, welche die Teuerung verursacht.» Die Auswirkungen auf die Menschen seien «brutal». «Es ist wie eine Steuer, aber eine ohne demokratische Legitimation.» Für Leute mit geringem Einkommen sei Inflation extrem hart, viele Politiker unterschätzten, wie hart eine hohe Inflation sei. Während die amerikanische Notenbank die Inflation aktiv bekämpfe, sei die Situation im Euroraum anders. «Die EZB tut sich schwer damit, die Zinsen zu erhöhen, weil sie Angst hat um die Finanzstabilität», beobachtet Janssen. Eigentlich behalte die EZB jene Politik bei, die zum Problem geführt habe. Die Schweizerische Nationalbank gehe mit ihren Zinserhöhungen in die richtige Richtung. «Aber die SNB hat noch eine riesige Bilanz von rund 1000 Milliarden, die auch wieder gesenkt werden muss.» Vorteil unabhängiger Franken Die Inflation in der Schweiz sei vorwiegend vom Ausland importiert. Diese könne einfach durch Aufwertung des Frankens bekämpft werden. «Das ist der Vorteil einer unabhängigen Währung.» Die Normalisierung mit positiven Zinsen sei hauptsächlich gut für die Realwirtschaft. Die künstlich tiefe Zinsen hätten vor allem zu Vermögensverzerrungen geführt, weil nicht alle gleich davon profitiert hätten. Es ist bekannt: Die Probleme der AHV kommen aus dem demographischen Wandel der Gesellschaft. Doch Alexandra Janssen gibt zu bedenken, dass alle Probleme der Altersvorsorge lösbar wären, wenn die Schweiz ein höheres Wirtschaftswachstum hätte. Was den Abstimmungskampf angeht, hält Janssen fest, dass die Frauen in der AHV nicht benachteiligt seien. «Die Gegner verwursteln die erste und die zweite Säule», sagt Janssen. Das sei aber sachlich falsch. Der AHV fehlen 1000 Milliarden Ohne die Reform würde die AHV bis ins Jahr 2045 insgesamt 200 Milliarden Franken an Defizite anhäufen. Die gesamten Rentenversprechen seien 1000 Milliarden. Das ist etwa das, was eine Generation einzahlt, wir haben also eine ganze Generation, die eigentlich nichts mehr bekommt.» Die jetzige Reform sei ein «zentraler Schritt», aber man müsse die Probleme der AHV langfristig lösen. Die Streichung der Verrechnungssteuern bei neuen Obligationen befürwortet Janssen. «Heute werden inländische Herausgeber von Obligationen benachteiligt, das darf nicht sein.» Es würde sofort viel weniger bürokratischer Aufwand anfallen. Und was bringt die Reform an Geschäft in die Schweiz zurück? Es sei sicher so, dass Schweizer Herausgeber von Obligationen lieber ins Ausland gehen und ausländische Herausgeber nicht in die Schweiz kommen würden, sagt Janssen. Aber wie viel von diesem Geschäft in die Schweiz verlagert würde, das sei schwierig zu sagen. «Es gibt keine Garantie, dass sich die Reform lohnen würde, aber wir bekommen ein einfacheres, unbürokratischeres System.»
Fri, 26 Aug 2022 - 63 - Reiner Eichenberger: «Die Sanktionen helfen Putin», Feusi Fédéral, Ep. 63
«Lehrermangel ist ein Ergebnis der steigenden Kinderzahlen», sagt Reiner Eichenberger, Volkswirtschaftsprofessor an der Uni Fribourg. Diese sei der Haupttreiber des Problems und der Grund dafür sei die Zuwanderung durch die Personenfreizügigkeit. Diese habe zur Zuwanderung von jungen Paaren und Kindern geführt. Was die Lehrer angeht, so hat der Lehrplan 21 die Stundenzahl erhöht. «Schweizer Kinder gehen viel zu viel in die Schule», findet Eichenberger. Das sei der Fehler der zuständigen Regierungen. Wenn man den Ausbau der Stunden plane, müsste man auch mehr Lehrer ausbilden. Lehrer sein ist schwer Doch der Lehrerberuf habe ein Problem: Beim Einstieg sei er vergleichsweise sehr gut bezahlt. «Damit zieht man aber Leute an, die gar nicht vorhaben, lange als Lehrer zu arbeiten. Und was jenen fehlt, die bleiben, ist die Möglichkeit, den Lohn zu steigern und sich weiterzuentwickeln.» Das hat Folgen für das Bildungssystem: «Wenn man ein schlechter Lehrer ist, dann muss man einen Burn-out machen, sonst hält man es nicht aus. Und wenn man ein guter Lehrer ist, dann ist es auch eine Option, nach einigen Jahren den Beruf zu verlassen und anderswo mehr zu verdienen.» Allgemeine Lohnerhöhungen seien deshalb der falsche Weg. Das Problem der Teilzeit habe mit der Steuerprogression zu tun: Es lohne sich schlicht nicht, Vollzeit als Lehrer zu arbeiten. Die Zuwanderung führe dazu, dass sich die Schweizer auf Gebiete spezialisieren, in denen sie nicht durch Ausländer konkurrenziert würden: Anwälte, Polizisten oder Kindergärtnerinnen. Darum fehlten Ingenieure und andere Fachleute. Natürlich bringe die Zuwanderung keine Arbeitslosigkeit. Die Probleme seien alle anderen Effekte, zum Beispiel bei der Infrastruktur, der Bildung oder bei der Energie. Das sei die Schweiz an der Kapazitätsgrenze. Sanktionen schaden der Wirtschaft, aber nicht dem Diktator Eichenberger vertritt die These, dass Sanktionen zwar der Wirtschaft schaden, aber ein Regime eher stabilisieren (Link). «Natürlich schwächen Sanktionen die wirtschaftliche Basis eines Landes, aber der Diktator und das Land sind zwei völlig unterschiedliche Sachen», sagt der Ökonom. Das Regime könne einfach seinen Anteil und den Anteil des Militärs an der sinkenden Wirtschaftsleistung seines Landes erhöhen und dann habe er kein Problem mehr. https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-zehn-gruende-warum-sanktionen-autokratische-regime-oft-stabilisieren/28436204.html Die Folge: «Russland geht den Bach hinunter, Putin wird durch die Sanktionen gestärkt. Die Leute werden völlig abhängig vom Regime.» Das kenne man auch aus Kuba, Iran, Nordkorea, Serbien oder dem Irak. Was bedeutet das für unsere Beziehung zu China? Was soll der Westen gegen Autokraten tun, wenn Sanktionen nicht nützen? Man müsse sich zurückbesinnen, wieso wir von der Freiheit und vom liberalen Staat überzeugt seien. Einerseits habe Freiheit einen Eigenwert, sie führe aber auch zu grösserem Wohlstand. «Wir müssen diese Kraft unserer Gesellschaft ausnützen, denn auch Chinesen wollen diesen Wohlstand und Demokratie.» Das beweise insbesondere Taiwan mit seinen direktdemokratischen Instrumenten. «Eingrenzen, aber nicht stürzen« Die Kraft der Wirtschaft bedeute schliesslich auch militärische Stärke. «Der Sieg im Kalten Krieg war auch ein Sieg der wirtschaftlichen Überlegenheit», sagt Eichenberger. Das gelte es, zu nutzen. «Wir müssen diesen Ländern zeigen, dass unser System überlegen ist, aber wir dürfen die Regierungen nicht an die Wand spielen. Wir müssen sie eingrenzen, aber ihnen die Angst nehmen, dass wir sie stürzen.»
Fri, 19 Aug 2022 - 62 - Cédric Wermuth: «Die EU ist auch stur», Ep. 62
Cédric Wermuth kritisiert die EU-Kommission für ihre Politik gegenüber der Schweiz, die Freisinnigen, weil sie den Lohnschutz hätten preisgeben wollen und er verteidigt Energieministerin Simonetta Sommaruga. Für die Energiekrise sei alleine Bundesrat Guy Parmelin verantwortlich.
Fri, 08 Jul 2022 - 61 - Thomas Hefti: «Wir sind Bürger, nicht Untertanen», Ep. 61
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern. Thomas Hefti stammt aus einer bekannten Glarner Politikerfamilie. Der Vater war Ständerat, der Grossvater Regierungsrat und ein Urgrossvater sogar Bundesrat. Am Esstisch wurde immer politisiert. Insofern sei er schon in die Politik hineingeboren, sagt Hefti. Als Bube begleitete er seinen Vater an die Landsgemeinde und hörte den Voten zu. Er habe zwar nicht alles verstanden, erinnert er sich, aber er war gerne dabei. «Der Ring gibt ein Gemeinschaftsgefühl.»
Fri, 01 Jul 2022 - 60 - Kathrin Bertschy: «Ich will Frauenkarrieren, nicht staubsaugende Männer», Ep. 60
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Fri, 24 Jun 2022 - 59 - Heidi Z’graggen: «Wir haben eine extreme Zuwanderung, von der die Bevölkerung nicht profitiert» Ep. 59
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Fri, 17 Jun 2022 - 58 - Christian Wasserfallen: «Es hilft dem Klima nichts, wenn man Geld verpulvert», Ep. 58
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Fri, 10 Jun 2022 - 57 - Werner Salzmann: «Die Sanktionen schaden vor allem Europa», Feusi Fédéral, Ep. 57
Feusi Fédéral ist der wöchentliche Talk des Nebelspalters über Schweizer Politik - direkt und ungeschminkt aus dem legendären Café Fédéral gegenüber dem Bundeshaus in Bern.
Fri, 03 Jun 2022
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